BayStVollzG
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BayStVollzG: Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe (Bayerisches Strafvollzugsgesetz – BayStVollzG) Vom 10. Dezember 2007 (GVBl. S. 866) BayRS 312-2-1-J (Art. 1–209)

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:

Teil 1 Anwendungsbereich

Art. 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und des Strafarrests in Justizvollzugsanstalten.

Teil 2 Vollzug der Freiheitsstrafe

Art. 2 Aufgaben des Vollzugs

¹Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. ²Er soll die Gefangenen befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Behandlungsauftrag).

Art. 3 Behandlung im Vollzug

¹Die Behandlung umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, auf eine künftige deliktfreie Lebensführung hinzuwirken. ²Sie dient der Verhütung weiterer Straftaten und dem Opferschutz. ³Die Behandlung beinhaltet insbesondere schulische und berufliche Bildung, Arbeit, psychologische und sozialpädagogische Maßnahmen, seelsorgerische Betreuung und Freizeitgestaltung. ⁴Art und Umfang der Behandlung orientieren sich an den für die Tat ursächlichen Defiziten der Gefangenen.

Art. 4 Schutz der Allgemeinheit

Der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten wird durch eine sichere Unterbringung und sorgfältige Beaufsichtigung der Gefangenen, eine gründliche Prüfung vollzugsöffnender Maßnahmen sowie geeignete Behandlungsmaßnahmen gewährleistet.

Art. 5 Gestaltung des Vollzugs

(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden.
(2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.
(3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, dass er den Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

Art. 5a Opferbezogene Vollzugsgestaltung

(1) ¹Die Belange der Opfer sind bei der Gestaltung des Vollzugs, insbesondere bei vollzugsöffnenden Maßnahmen sowie bei der Eingliederung und Entlassung der Gefangenen, zu berücksichtigen. ²Dem Schutzinteresse gefährdeter Dritter ist Rechnung zu tragen.
(2) ¹Die Einsicht der Gefangenen in ihre Verantwortung für die Tat, insbesondere für die beim Opfer verschuldeten Tatfolgen, soll geweckt werden. ²Die Gefangenen sind anzuhalten, den durch die Straftat verursachten Schaden wiedergutzumachen. ³Die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs ist in geeigneten Fällen anzustreben.

Art. 6 Stellung der Gefangenen

(1) ¹Die Gefangenen sollen an der Gestaltung ihrer Behandlung und an der Erfüllung des Behandlungsauftrags mitwirken. ²Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.
(2) ¹Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. ²Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.

Art. 7 Aufnahmeverfahren

(1) Beim Aufnahmeverfahren ist das Persönlichkeitsrecht der Gefangenen in besonderem Maße zu wahren.
(2) ¹Die Gefangenen werden über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet. ²Mit den Gefangenen wird ein Zugangsgespräch geführt.
(3) Nach der Aufnahme werden die Gefangenen alsbald ärztlich untersucht.

Art. 8 Behandlungsuntersuchung

(1) ¹Nach dem Aufnahmeverfahren wird damit begonnen, die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse der Gefangenen zu erforschen. ²Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint.
(2) ¹Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf die Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung der Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach ihrer Entlassung notwendig ist. ²Es ist zu prüfen, ob eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung nach Art. 11 Abs. 1 oder 2 oder andere therapeutische Maßnahmen angezeigt sind.

Art. 9 Vollzugsplan, Beteiligung der Gefangenen

(1) ¹Auf Grund der Behandlungsuntersuchung gemäß Art. 8 wird ein Vollzugsplan erstellt. ²Er enthält insbesondere Angaben über vollzugliche, pädagogische und sozialpädagogische sowie therapeutische Maßnahmen. ³Das Nähere regelt das Staatsministerium der Justiz durch Verwaltungsvorschrift.
(2) Der Vollzugsplan ist jeweils nach Ablauf eines Jahres an die Entwicklung der Gefangenen und die weiteren Ergebnisse der Persönlichkeitserforschung anzupassen.
(3) Über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung gemäß Art. 11 Abs. 1 oder 2 ist jeweils nach Ablauf von sechs Monaten neu zu entscheiden.
(4) Die Planung der Behandlung wird mit den Gefangenen erörtert.

Art. 10 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung

(1) Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn
die Behandlung der Gefangenen oder ihre Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird oder
dies aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist.
(2) Gefangene dürfen aus wichtigem Grund in eine andere Anstalt überstellt werden.
(3) Gefangene dürfen befristet dem Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde überlassen werden.

Art. 11 Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung

(1) Gefangene sind in eine sozialtherapeutische Einrichtung zu verlegen, wenn sie wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder § 182 des Strafgesetzbuchs (StGB) zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind und die Behandlung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung angezeigt ist.
(2) Andere Gefangene, von denen schwerwiegende Straftaten gegen Leib oder Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten sind, sollen in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt werden, wenn deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zu ihrer Resozialisierung angezeigt sind.
(3) Vor einer Verlegung nach Abs. 1 oder 2 ist die Bereitschaft der Gefangenen zur Teilnahme an therapeutischen Maßnahmen zu wecken und zu fördern.
(4) Wenn der Zweck der Behandlung aus Gründen, die in der Person der Gefangenen liegen, nicht erreicht werden kann, unterbleibt die Verlegung nach Abs. 1 oder 2; nach einer bereits erfolgten Verlegung sind sie zurückzuverlegen.
(5) Art. 10 und 92 bleiben unberührt.

Art. 12 Geschlossener und offener Vollzug

(1) Gefangene sind im geschlossenen Vollzug unterzubringen.
(2) Gefangene sollen mit ihrer Zustimmung in einer Einrichtung des offenen Vollzugs untergebracht werden, wenn sie den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs genügen und insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.
(3) Gefangene sollen in den geschlossenen Vollzug zurückverlegt werden, wenn dies zu ihrer Behandlung notwendig ist; sie sind zurückzuverlegen, wenn sie den Anforderungen nach Abs. 2 nicht entsprechen.

Art. 13 Lockerungen des Vollzugs

(1) Als Lockerung des Vollzugs kann insbesondere angeordnet werden, dass Gefangene
außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Freigang) nachgehen dürfen oder
für eine bestimmte Tageszeit die Anstalt unter Aufsicht (Ausführung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Ausgang) verlassen dürfen.
(2) Diese Lockerungen dürfen mit Zustimmung der Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass die Gefangenen sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen des Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.

Art. 14 Urlaub aus der Haft

(1) ¹Den Gefangenen kann Urlaub aus der Haft bis zu 21 Kalendertagen im Vollstreckungsjahr gewährt werden. ² Art. 13 Abs. 2 gilt entsprechend.
(2) Der Urlaub soll in der Regel erst gewährt werden, wenn die Gefangenen sich mindestens sechs Monate im Strafvollzug befunden haben.
(3) Zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Gefangene können beurlaubt werden, wenn sie sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zwölf Jahre im Vollzug befunden haben oder wenn sie in den offenen Vollzug überwiesen oder hierfür geeignet sind.
(4) ¹Gefangenen, die zum Freigang (Art. 13 Abs. 1 Nr. 1) zugelassen oder hierfür geeignet sind, kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung weiterer Urlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. ² Art. 17 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung.
(5) Durch den Urlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen.

Art. 15 Besondere Vorschriften für Gewalt- und Sexualstraftäter

¹Bei Gefangenen, gegen die während des laufenden Freiheitsentzugs eine Strafe wegen einer schwerwiegenden Straftat gegen Leib oder Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung mit Ausnahme der §§ 180a und 181a StGB vollzogen wurde oder zu vollziehen ist, ist eine Unterbringung im offenen Vollzug, eine Lockerung des Vollzugs oder eine Gewährung von Urlaub aus dem Vollzug besonders gründlich zu prüfen. ²Bei der Entscheidung sind auch die Feststellungen im Urteil und die im Ermittlungs- oder Strafverfahren erstatteten Gutachten zu berücksichtigen.

Art. 16 Weisungen, Aufhebung von Lockerungen und Urlaub

(1) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann den Gefangenen für Lockerungen und Urlaub Weisungen erteilen.
(2) ¹Er oder sie kann Lockerungen und Urlaub widerrufen, wenn
er oder sie auf Grund nachträglich eingetretener Umstände berechtigt wäre, die Maßnahmen zu versagen,
die Gefangenen die Maßnahmen missbrauchen oder
die Gefangenen einer Weisung nicht nachkommen.
²Er oder sie kann Lockerungen und Urlaub mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben.

Art. 17 Entlassungsvorbereitung

(1) Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Vollzug gelockert werden (Art. 13).
(2) Gefangene können in eine Einrichtung des offenen Vollzugs (Art. 12 Abs. 2) verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient.
(3) ¹Innerhalb von drei Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Sonderurlaub bis zu einer Woche gewährt werden. ² Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.

Art. 18 Entlassungszeitpunkt

(1) Die Gefangenen sollen am letzten Tag der Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag entlassen werden.
(2) Fällt das Strafende auf einen Samstag oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 6. Januar, so können die Gefangenen an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies nach der Länge der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.
(3) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass die Gefangenen zu ihrer Eingliederung hierauf angewiesen sind.

Art. 19 Unterbringung während der Arbeit und Freizeit

(1) ¹Die Gefangenen arbeiten gemeinsam. ²Dasselbe gilt für Berufsausbildung, berufliche Weiterbildung sowie arbeitstherapeutische und sonstige Beschäftigung während der Arbeitszeit.
(2) ¹Während der Freizeit können sich die Gefangenen in der Gemeinschaft mit anderen aufhalten. ²Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen.
(3) Die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit kann eingeschränkt werden, wenn
ein schädlicher Einfluss auf andere Gefangene zu befürchten ist,
die Gefangenen nach Art. 8 untersucht werden, aber nicht länger als zwei Monate,
es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert oder
die Gefangenen zustimmen.

Art. 20 Unterbringung während der Ruhezeit

(1) ¹Gefangene sollen während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht werden. ²Mit ihrer Zustimmung können Gefangene auch während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist.
(2) Auch ohne ihre Zustimmung ist eine gemeinsame Unterbringung zulässig, sofern ein Gefangener oder eine Gefangene hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines oder einer Gefangenen besteht oder die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern.
(3) Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Gefangenen ist nicht zulässig.

Art. 21 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz

(1) ¹Gefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. ²Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert werden ihnen belassen.
(2) Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraums behindern oder in anderer Weise Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können ausgeschlossen werden.

Art. 22 Kleidung

(1) Gefangene tragen Anstaltskleidung.
(2) ¹Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin gestattet den Gefangenen, bei einer Ausführung eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, dass sie nicht entweichen werden. ²Er oder sie kann dies auch sonst gestatten, sofern die Gefangenen für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgen.

Art. 23 Anstaltsverpflegung

¹Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. ²Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. ³Den Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

Art. 24 Einkauf

(1) ¹Die Gefangenen können sich vom Hausgeld (Art. 50) oder Taschengeld (Art. 54) aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. ²Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.
(2) ¹Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können vom Einkauf ausgeschlossen werden. ²Auf ärztliche Anordnung kann den Gefangenen der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genussmittel ganz oder teilweise untersagt werden, wenn zu befürchten ist, dass sie ihre Gesundheit ernsthaft gefährden. ³In Krankenhäusern und Krankenabteilungen kann der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genussmittel auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden.
(3) Verfügen die Gefangenen ohne eigenes Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld, wird ihnen gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld einzukaufen.

Art. 25 Sondereinkauf

(1) Sondereinkauf aus einem durch die Anstalt vermittelten Angebot von Nahrungs- und Genussmitteln ist zugelassen zu Weihnachten, Ostern und einem von den Gefangenen zu wählenden weiteren Zeitpunkt.
(2) Gefangenen, die nicht einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören, kann anstelle des Weihnachts- und des Ostereinkaufs je ein Sondereinkauf zu einem anderen Zeitpunkt gestattet werden.
(3) Für den Sondereinkauf können die Gefangenen in angemessenem Umfang das zu diesem Zweck nach Art. 53 eingezahlte Sondergeld oder ihr Eigengeld (Art. 52) verwenden.
(4) Art. 24 bleibt unberührt.

Art. 26 Grundsatz

¹Gefangene haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu verkehren. ²Der Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt ist zu fördern.

Art. 27 Recht auf Besuch

(1) ¹Gefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. ²Die Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat. ³Das Weitere regelt die Hausordnung.
(2) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung der Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.
(3) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lassen.

Art. 28 Besuchsverbot

Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann Besuche untersagen,
wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
bei Besuchern, die nicht Angehörige des oder der Gefangenen im Sinn des Strafgesetzbuchs sind, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf den Gefangenen oder die Gefangene haben oder deren Eingliederung behindern würden.

Art. 29 Besuche bestimmter Personen

¹Besuche von Verteidigern, Angehörigen der Gerichtshilfe, der Bewährungshilfe und der Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht sowie von Rechtsanwälten oder Notaren in einer den Gefangenen oder die Gefangene betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. ² Art. 27 Abs. 3 gilt entsprechend. ³Eine inhaltliche Überprüfung der vom Verteidiger oder der Verteidigerin mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. ⁴ Art. 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

Art. 30 Überwachung der Besuche

(1) ¹Die Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. ²Die Überwachung und Aufzeichnung mit technischen Mitteln ist zulässig, wenn die Besucher und die Gefangenen vor dem Besuch darauf hingewiesen werden. ³Die Aufzeichnungen sind spätestens mit Ablauf eines Monats zu löschen.
(2) ¹Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus den in Abs. 1 genannten Gründen erforderlich ist. ²Abs. 1 Satz 2 und 3 ist nicht anwendbar.
(3) Zur Verhinderung der Übergabe von unerlaubten Gegenständen kann im Einzelfall angeordnet werden, dass der Besuch unter Verwendung einer Trennvorrichtung abzuwickeln ist.
(4) ¹Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Besucher oder Gefangene gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die auf Grund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen trotz Abmahnung verstoßen. ²Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
(5) Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht.
(6) ¹Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. ²Dies gilt nicht für die bei dem Besuch von Verteidigern übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen sowie für die bei dem Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren zur Erledigung einer den Gefangenen oder die Gefangene betreffenden Rechtssache übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen; bei dem Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden. ³ Art. 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

Art. 31 Recht auf Schriftwechsel

(1) Gefangene haben das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen.
(2) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,
wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
bei Personen, die nicht Angehörige des oder der Gefangenen im Sinn des Strafgesetzbuchs sind, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluss auf den Gefangenen oder die Gefangene hat oder deren Eingliederung behindern würde.
(3) ¹Die Kosten des Schriftverkehrs tragen die Gefangenen. ²Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

Art. 32 Überwachung des Schriftwechsels

(1) ¹Der Schriftwechsel der Gefangenen mit ihren Verteidigern wird nicht überwacht. ²Liegt dem Vollzug der Freiheitsstrafe eine Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB, zugrunde, gelten § 148 Abs. 2, § 148a der Strafprozessordnung (StPO) entsprechend; dies gilt nicht, wenn die Gefangenen sich in einer Einrichtung des offenen Vollzugs befinden oder wenn ihnen Lockerungen des Vollzugs gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 zweite Alternative oder Urlaub gemäß Art. 14 oder Art. 17 Abs. 3 gewährt worden sind und ein Grund, der den Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin nach Art. 16 Abs. 2 zum Widerruf oder zur Rücknahme von Lockerungen und Urlaub ermächtigt, nicht vorliegt. ³Satz 2 gilt auch, wenn gegen Strafgefangene im Anschluss an die dem Vollzug der Freiheitsstrafe zugrunde liegende Verurteilung eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB, zu vollstrecken ist.
(2) ¹Nicht überwacht werden Schreiben der Gefangenen an
Volksvertretungen des Bundes und der Länder und ihre Mitglieder,
die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes,
das Europäische Parlament und seine Mitglieder,
den Europäischen Gerichtshof,
den Europäischen Datenschutzbeauftragten,
den Europäischen Bürgerbeauftragten,
die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte,
die Parlamentarische Versammlung des Europarates,
den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
die Ausschüsse der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
den Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter und den zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung der Folter und
die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter,
soweit die Schreiben an die Anschrift der jeweiligen Stelle gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. ²Eingehende Schreiben, die an Gefangene gerichtet sind, werden nur dann nicht überwacht, sofern zweifelsfrei eine der in Satz 1 genannten Stellen Absender ist.
(3) Der übrige Schriftwechsel darf ohne Anwesenheit der Gefangenen überwacht werden, soweit es aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.

Art. 33 Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung

(1) Gefangene haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(3) Gefangene haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird; sie können sie verschlossen zur Habe geben.

Art. 34 Anhalten von Schreiben

(1) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann Schreiben anhalten, wenn
die Erfüllung des Behandlungsauftrags oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten,
sie grobe Beleidigungen enthalten,
sie die Eingliederung anderer Gefangener gefährden können oder
sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind; ein zwingender Grund zur Abfassung eines Schreibens in einer fremden Sprache liegt in der Regel nicht vor bei einem Schriftwechsel zwischen deutschen Gefangenen und Dritten, die die deutsche Staatsangehörigkeit oder ihren Lebensmittelpunkt im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben.
(2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn der oder die Gefangene auf der Absendung besteht.
(3) ¹Die Anhaltung der Schreiben wird den Gefangenen mitgeteilt. ²Angehaltene Schreiben werden behördlich verwahrt oder an den Absender zurückgegeben.
(4) Schreiben, deren Überwachung nach Art. 32 Abs. 1 und 2 ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.

Art. 35 Telekommunikation

(1) ¹Gefangenen kann nach pflichtgemäßem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung, der räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt sowie der Belange des Opferschutzes, gestattet werden, Telefongespräche zu führen. ²Die Vorschriften über den Besuch gelten entsprechend. ³Ist die Überwachung der Telefongespräche erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern der Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Anstalt oder die Gefangenen mitzuteilen. ⁴Die Gefangenen sind rechtzeitig vor Beginn der Telefongespräche über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten.
(2) ¹Die Aufsichtsbehörde kann andere Formen der Telekommunikation zulassen, soweit die Sicherheit und Ordnung dem nicht entgegenstehen. ²In der Zulassung legt die Aufsichtsbehörde zugleich fest, inwieweit die Bestimmungen über den Schriftwechsel, den Besuch und über Telefongespräche entsprechende Anwendung finden. ³Nach Zulassung anderer Formen der Telekommunikation kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin den Gefangenen insbesondere unter Berücksichtigung der in Abs. 1 Satz 1 genannten Gesichtspunkte gestatten, diese Formen auf ihre Kosten zu nutzen.
(3) ¹Die Kosten der Telekommunikation tragen die Gefangenen. ²Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
(4) ¹Die Anstalt darf technische Geräte zur Störung von Frequenzen betreiben, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen auf dem Anstaltsgelände dienen. ²Sie hat hierbei die von der Bundesnetzagentur gemäß § 91 Abs. 1 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. ³Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Anstalt darf nicht beeinträchtigt werden.

Art. 36 Pakete

(1) ¹Der Empfang von Paketen bedarf der vorherigen Erlaubnis der Anstalt. ²Für den Ausschluss von Gegenständen gilt Art. 24 Abs. 2 Satz 1 entsprechend. ³Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sind ausgeschlossen.
(2) ¹Pakete sind in Gegenwart des oder der Gefangenen zu öffnen. ²Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. ³Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können, dürfen vernichtet werden. ⁴Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden dem oder der Gefangenen eröffnet.
(3) ¹Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. ²Der Inhalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüft werden.
(4) ¹Die Kosten des Paketverkehrs nach Abs. 2 und 3 tragen die Gefangenen. ²Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

Art. 37 Ausgang, Urlaub und Ausführung aus wichtigem Anlass

(1) ¹Aus wichtigem Anlass kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Gefangenen Ausgang gewähren oder sie bis zu sieben Tagen beurlauben; der Urlaub aus anderem wichtigen Anlass als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes Angehöriger darf sieben Tage im Jahr nicht übersteigen. ² Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.
(2) Der Urlaub nach Abs. 1 wird nicht auf den regelmäßigen Urlaub gemäß Art. 14 Abs. 1 angerechnet.
(3) ¹Kann Ausgang oder Urlaub aus den in Art. 13 Abs. 2 genannten Gründen nicht gewährt werden, kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Gefangene ausführen lassen. ²Die Kosten tragen die Gefangenen. ³Der Anspruch ist nicht geltend zu machen, wenn dies die Behandlung oder die Eingliederung behindern würde.
(4) Gefangene dürfen auch ohne ihre Zustimmung ausgeführt werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.

Art. 38 Gerichtliche Termine

(1) ¹Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann Gefangenen zur Teilnahme an einem gerichtlichen Termin Ausgang oder Urlaub erteilen, wenn anzunehmen ist, dass sie der Ladung folgen und keine Entweichungs- oder Missbrauchsgefahr (Art. 13 Abs. 2) besteht. ² Art. 14 Abs. 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.
(2) ¹Wenn Gefangene zu einem gerichtlichen Termin geladen sind und Ausgang oder Urlaub nicht gewährt wird, lässt der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin sie mit ihrer Zustimmung zu dem Termin ausführen, sofern wegen Entweichungs- oder Missbrauchsgefahr (Art. 13 Abs. 2) keine überwiegenden Gründe entgegenstehen. ²Sind die Gefangenen als Partei oder Beteiligte geladen, ist ihre Ausführung nur zu ermöglichen, wenn ihr persönliches Erscheinen durch das Gericht oder von Gesetzes wegen angeordnet ist. ³Die Kosten tragen die Gefangenen. ⁴Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
(3) Auf Ersuchen eines Gerichts lässt der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Gefangene vorführen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt.
(4) Die Anstalt unterrichtet das Gericht über das Veranlasste.

Art. 39 Beschäftigung

(1) Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, Ausbildung und Weiterbildung dienen insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern.
(2) ¹Die Anstalt soll den Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen. ²Sie soll auch im Zusammenwirken mit den Vereinigungen und Stellen des Arbeits- und Wirtschaftslebens dazu beitragen, dass die Gefangenen beruflich gefördert, beraten und vermittelt werden. ³Die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sind zu beachten.
(3) Sind Gefangene zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, sollen sie arbeitstherapeutisch beschäftigt werden.
(4) ¹Geeigneten Gefangenen soll Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden. ²Die Teilnahme an einer dieser Maßnahmen bedarf der Zustimmung des oder der Gefangenen. ³Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden.
(5) ¹Maßnahmen nach Abs. 1 können in von privaten Unternehmen unterhaltenen Betrieben und sonstigen Einrichtungen durchgeführt werden. ²Hierbei kann die technische und fachliche Leitung Angehörigen dieser Unternehmen übertragen werden.

Art. 40 Unterricht

(1) ¹Für geeignete Gefangene, die den erfolgreichen Abschluss der Haupt- oder Mittelschule nicht erreicht haben, soll Unterricht in den zum erfolgreichen Abschluss der Mittelschule führenden Fächern oder ein der Förderschule entsprechender Unterricht vorgesehen werden. ²Bei der beruflichen Ausbildung ist berufsbildender Unterricht vorzusehen; dies gilt auch für die berufliche Weiterbildung, soweit die Art der Maßnahme es erfordert.
(2) Gefangene haben an einem von der Anstalt angebotenen Deutschunterricht teilzunehmen, wenn sie der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, um sich nach ihrer Entlassung im Alltag fließend in deutscher Sprache verständigen zu können, und körperlich sowie geistig dazu in der Lage sind.
(3) ¹Gefangene haben an einem von der Anstalt angebotenen Integrationsunterricht teilzunehmen, wenn sie Integrationsdefizite aufweisen und körperlich sowie geistig dazu in der Lage sind. ²Der Integrationsunterricht dient den in Art. 1 des Bayerischen Integrationsgesetzes genannten Integrationszielen.
(4) Unterricht soll während der Arbeitszeit stattfinden.

Art. 41 Zeugnisse über Bildungsmaßnahmen

Aus dem Zeugnis über eine Bildungsmaßnahme darf die Inhaftierung eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin nicht erkennbar sein.

Art. 42 Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung

(1) ¹Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplans dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen. ² Art. 13 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Art. 15 und 16 bleiben unberührt.
(2) Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.
(3) Die Anstalt kann verlangen, dass ihr das Entgelt zur Gutschrift für den Gefangenen oder die Gefangene überwiesen wird.

Art. 43 Arbeitspflicht

¹Gefangene sind verpflichtet, eine ihnen zugewiesene, ihren Fähigkeiten angemessene Arbeit oder arbeitstherapeutische Beschäftigung auszuüben, soweit sie dazu körperlich und geistig in der Lage sind. ²Sie können zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden. ³Diese Tätigkeiten sollen in der Regel nicht über drei Monate jährlich hinausgehen. ⁴Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind, und nicht für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote zum Schutz erwerbstätiger Mütter bestehen.

Art. 44 Ablösung

Gefangene können von einer Beschäftigung oder einem Unterricht nach Art. 39, 40, 42 oder 43 Satz 2 abgelöst werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder aus Gründen der Behandlung erforderlich ist oder wenn sich herausstellt, dass sie den Anforderungen nicht genügen.

Art. 45 Freistellung von der Arbeitspflicht

(1) ¹Haben die Gefangenen ein Jahr lang eine Beschäftigung nach Art. 39 oder Hilfstätigkeiten nach Art. 43 Satz 2 ausgeübt, so können sie beanspruchen, 18 Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden. ²Zeiten, in denen Gefangene infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert waren, werden bis zu sechs Wochen jährlich angerechnet.
(2) Auf die Zeit der Freistellung wird Urlaub aus der Haft (Art. 14, 37) angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes eines oder einer Angehörigen erteilt worden ist.
(3) Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihre zuletzt gezahlten Bezüge weiter.
(4) Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Strafvollzugs bleiben unberührt.

Art. 46 Arbeitsentgelt, Arbeitsurlaub, Anrechnung der Freistellung auf den Entlassungszeitpunkt

(1) Die Arbeit der Gefangenen wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und eine Freistellung von der Arbeit, die auch als Urlaub aus der Haft (Arbeitsurlaub) genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.
(2) ¹Üben Gefangene eine zugewiesene Arbeit oder eine Hilfstätigkeit nach Art. 43 Satz 2 aus, so erhalten sie ein Arbeitsentgelt. ²Der Bemessung des Arbeitsentgelts sind 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) zugrunde zu legen (Eckvergütung). ³Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt wird nach einem Stundensatz bemessen.
(3) ¹Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung der Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. ²75 v.H. der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen der Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.
(4) Üben Gefangene eine zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhalten sie ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art ihrer Beschäftigung und ihrer Arbeitsleistung entspricht.
(5) Das Arbeitsentgelt ist den Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.
(6) ¹Haben die Gefangenen zwei Monate lang zusammenhängend eine Beschäftigung nach Art. 39 oder eine Hilfstätigkeit nach Art. 43 Satz 2 ausgeübt, so werden sie auf ihren Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. ²Die Regelung des Art. 45 bleibt unberührt. ³Durch Zeiten, in denen die Gefangenen ohne Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihnen zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. ⁴Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.
(7) ¹Die Gefangenen können beantragen, dass die Freistellung nach Abs. 6 in Form von Arbeitsurlaub gewährt wird. ² Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2, 3 und 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.
(8) Art. 45 Abs. 3 gilt entsprechend.
(9) Nehmen die Gefangenen nicht innerhalb eines Jahres nach Vorliegen der Voraussetzungen die Freistellung nach Abs. 6 Satz 1 oder Abs. 7 Satz 1 in Anspruch oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Abs. 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Abs. 6 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet.
(10) Eine Anrechnung nach Abs. 9 ist ausgeschlossen,
soweit eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt wird und ein Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist,
bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,
wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse des oder der Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für ihn oder sie zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,
wenn nach § 456a Abs. 1 StPO von der Vollstreckung abgesehen wird,
wenn der oder die Gefangene im Gnadenweg aus der Haft entlassen wird.
(11) ¹Soweit eine Anrechnung nach Abs. 10 ausgeschlossen ist, erhalten die Gefangenen bei Entlassung für ihre Tätigkeit nach Abs. 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 v.H. des ihnen nach den Abs. 2 und 3 gewährten Entgelts oder der ihnen nach Art. 47 gewährten Ausbildungsbeihilfe. ²Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung. ³Gefangenen, bei denen eine Anrechnung nach Abs. 10 Nr. 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe zum Eigengeld (Art. 52) gutgeschrieben, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen werden; § 57 Abs. 4 StGB gilt entsprechend.

Art. 47 Ausbildungsbeihilfe

(1) ¹Nehmen Gefangene an einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder an einem Unterricht teil und sind sie zu diesem Zweck von der Arbeitspflicht freigestellt, so erhalten sie eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. ²Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird nicht berührt.
(2) Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt Art. 46 Abs. 2 und 3 entsprechend.
(3) Nehmen Gefangene während der Arbeitszeit stunden- oder tageweise am Unterricht oder an anderen zugewiesenen Maßnahmen gemäß Art. 39 Abs. 4 teil, so erhalten sie in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts eine Ausbildungsbeihilfe.

Art. 48 Rechtsverordnung

Das Staatsministerium der Justiz wird ermächtigt, zur Durchführung der Art. 46 und 47 eine Rechtsverordnung über die Vergütungsstufen zu erlassen.

Art. 49 Haftkostenbeitrag

(1) ¹Als Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat (§ 464a Abs. 1 Satz 2 StPO) erhebt die Anstalt von den Gefangenen einen Haftkostenbeitrag. ²Ein Haftkostenbeitrag wird nicht erhoben, wenn der oder die Gefangene
Bezüge nach diesem Gesetz erhält oder
ohne Verschulden nicht arbeiten kann oder
nicht arbeitet, weil er oder sie nicht zur Arbeit verpflichtet ist.
³Haben Gefangene, die ohne Verschulden während eines zusammenhängenden Zeitraums von mehr als einem Monat nicht arbeiten können oder nicht arbeiten, weil sie nicht zur Arbeit verpflichtet sind, auf diese Zeit entfallende Einkünfte, so haben sie den Haftkostenbeitrag für diese Zeit bis zur Höhe der auf sie entfallenden Einkünfte zu entrichten. ⁴Den Gefangenen muss ein Betrag verbleiben, der der Eckvergütung (Art. 46 Abs. 2 Satz 2) entspricht. ⁵Von der Geltendmachung des Anspruchs ist abzusehen, soweit dies notwendig ist, um die Wiedereingliederung der Gefangenen in die Gemeinschaft nicht zu gefährden.
(2) ¹Der Haftkostenbeitrag wird im Kalenderjahr in Höhe des Betrags erhoben, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB IV durchschnittlich zum 1. Oktober des vorhergehenden Jahres zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. ²Bei Selbstverpflegung entfallen die für die Verpflegung vorgesehenen Beträge. ³Für den Wert der Unterkunft ist die festgesetzte Belegungsfähigkeit maßgebend.
(3) Die Selbstbeschäftigung (Art. 42 Abs. 2) kann davon abhängig gemacht werden, dass der oder die Gefangene einen Haftkostenbeitrag bis zur Höhe des in Abs. 2 genannten Satzes monatlich im Voraus entrichtet.

Art. 50 Hausgeld

(1) Gefangene dürfen von ihren in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) für den Einkauf (Art. 24 Abs. 1) oder anderweitig verwenden.
(2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (Art. 42 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (Art. 42 Abs. 2), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.

Art. 51 Überbrückungsgeld

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (Art. 42 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (Art. 42 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Gefangenen und ihrer Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.
(2) ¹Das Überbrückungsgeld wird den Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. ²Die Anstalt kann es auch ganz oder zum Teil den Bewährungshelfern oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an die Gefangenen ausgezahlt wird. ³Die Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. ⁴Mit Zustimmung der Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch den Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.
(3) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann gestatten, dass das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung der Gefangenen dienen.

Art. 52 Eigengeld

(1) ¹Als Eigengeld wird gutgeschrieben
eingebrachtes Geld,
Bezüge der Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden,
Geld, das für die Gefangenen eingezahlt wird.
² Art. 53 bleibt unberührt.
(2) Die Gefangenen können über ihr Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.

Art. 53 Sondergeld

¹Für die Gefangenen kann zum Zweck des Sondereinkaufs gemäß Art. 25, für die Kosten der Telekommunikation gemäß Art. 35 oder für die Kosten einer Krankenbehandlung Geld einbezahlt werden. ²Dieses ist als Sondergeld gutzuschreiben. ³Kann das Geld nicht oder nicht in vollem Umfang für den konkret zu bezeichnenden Zweck eingesetzt werden, ist es zum Eigengeld gutzuschreiben.

Art. 54 Taschengeld

¹Wenn Gefangene ohne Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhalten, wird ihnen auf Antrag ein angemessenes Taschengeld gewährt, falls sie bedürftig sind. ²Das Taschengeld darf für den Einkauf (Art. 24 Abs. 1) oder anderweitig verwendet werden.

Art. 55 Seelsorge

(1) ¹Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. ²Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) ¹Gefangene dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. ²Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Den Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

Art. 56 Religiöse Veranstaltungen

(1) Gefangene haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.
(2) Zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft werden Gefangene zugelassen, wenn deren Seelsorger zustimmen.
(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger oder die Seelsorgerin soll vorher gehört werden.

Art. 57 Weltanschauungsgemeinschaften

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Art. 55 und 56 entsprechend.

Art. 58 Allgemeine Regeln

(1) ¹Für die körperliche und geistige Gesundheit der Gefangenen ist zu sorgen. ² Art. 108 bleibt unberührt.
(2) Die Gefangenen haben die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.
(3) Der Schutz der Nichtraucher ist, soweit es bauliche und organisatorische Maßnahmen ermöglichen, zu gewährleisten.

Art. 59 Gesundheitsuntersuchungen, medizinische Vorsorgeleistungen

(1) Gefangene, die das 35. Lebensjahr vollendet haben, haben jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit.
(2) Gefangene haben höchstens einmal jährlich Anspruch auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen, Frauen frühestens vom Beginn des 20. Lebensjahres an, Männer frühestens vom Beginn des 45. Lebensjahres an.
(3) Voraussetzung für die Untersuchungen nach Abs. 1 und 2 ist, dass
es sich um Krankheiten handelt, die wirksam behandelt werden können,
das Vor- oder Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnostische Maßnahmen erfassbar ist,
die Krankheitszeichen medizinisch-technisch genügend eindeutig zu erfassen sind.
(4) Weibliche Gefangene haben für ihre Kinder, die mit ihnen in der Anstalt untergebracht sind, Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die die körperliche oder geistige Entwicklung ihrer Kinder in nicht geringfügigem Maße gefährden.
(5) Gefangene haben Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind, um
eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,
Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder
Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

Art. 60 Krankenbehandlung

¹Gefangene haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. ²Die Krankenbehandlung umfasst
ärztliche Behandlung,
zahnärztliche Behandlung,
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
Krankenhausbehandlung,
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.

Art. 61 Versorgung mit Hilfsmitteln

(1) ¹Gefangene haben Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, sofern dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des noch verbleibenden Freiheitsentzugs ungerechtfertigt ist und soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. ²Der Anspruch umfasst auch die ohne Verschulden des oder der Gefangenen notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.
(2) ¹Ein Anspruch auf Sehhilfen besteht nur, wenn der oder die Gefangene auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung im Sinn des § 33 Abs. 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufweist. ²Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, können Gefangene Sehhilfen erhalten, wenn sie die Kosten tragen oder wenn sie bedürftig sind. ³Ein Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. ⁴Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. ⁵Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen besteht nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien.

Art. 62 Krankenbehandlung im Urlaub

Während eines Urlaubs oder Ausgangs haben Gefangene nur einen Anspruch auf Krankenbehandlung in der für sie zuständigen Anstalt.

Art. 63 Art und Umfang der Leistungen, Kostenbeteiligung

(1) Für die Art der Gesundheitsuntersuchungen und medizinischen Vorsorgeleistungen sowie für den Umfang dieser Leistungen und der Leistungen zur Krankenbehandlung einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln gelten die entsprechenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs und die auf Grund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen.
(2) ¹Gefangene können an den Kosten der Krankenbehandlung im Sinn des Art. 60 in angemessenem Umfang beteiligt werden. ²Für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden in der Regel die vollen Kosten erhoben.

Art. 64 Ruhen der Ansprüche

Der Anspruch auf Leistungen nach den Art. 59 bis 61 ruht, solang die Gefangenen auf Grund eines freien Beschäftigungsverhältnisses (Art. 42 Abs. 1) krankenversichert sind.

Art. 65 Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung

¹Mit Zustimmung des oder der Gefangenen soll die Anstalt ärztliche Behandlungen, insbesondere Operationen oder prothetische Maßnahmen durchführen lassen, die ihre soziale Eingliederung fördern. ²Die Kosten tragen die Gefangenen. ³Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

Art. 66 Aufenthalt im Freien

Arbeiten Gefangene nicht im Freien, so wird ihnen täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dies zu der festgesetzten Zeit zulässt.

Art. 67 Überstellung, Verlegung

(1) Kranke Gefangene können in ein Anstaltskrankenhaus oder in eine für die Behandlung ihrer Krankheit besser geeignete Anstalt überstellt oder verlegt werden.
(2) Kann die Krankheit in einer Anstalt oder einem Anstaltskrankenhaus nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, die Gefangenen rechtzeitig in ein Anstaltskrankenhaus zu überstellen oder zu verlegen, sind sie in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen.

Art. 68 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall

(1) ¹Werden Gefangene schwer krank, so ist ein Angehöriger, eine Person ihres Vertrauens oder der gesetzliche Vertreter oder die gesetzliche Vertreterin unverzüglich zu benachrichtigen. ²Dasselbe gilt, wenn Gefangene sterben.
(2) Dem Wunsch der Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.

Art. 69 Allgemeines

¹Gefangene erhalten Gelegenheit, sich in ihrer Freizeit sinnvoll zu beschäftigen. ²Im Rahmen des Behandlungsauftrags sollen die Gefangenen Gelegenheit erhalten, eine Bücherei zu benutzen und an sonstigen Freizeitangeboten der Anstalt teilzunehmen, insbesondere an Unterricht, Lehrgängen, sonstigen Veranstaltungen der Weiterbildung, Sport, Freizeitgruppen, Gruppengesprächen sowie kulturellen Veranstaltungen.

Art. 70 Zeitungen und Zeitschriften

(1) Gefangene dürfen Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen.
(2) ¹Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. ²Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können den Gefangenen vorenthalten werden, wenn sie die Erfüllung des Behandlungsauftrags oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden.

Art. 71 Hörfunk und Fernsehen

(1) ¹Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte werden unter den Voraussetzungen des Art. 72 zugelassen. ²Die Betriebskosten können den Gefangenen auferlegt werden.
(2) Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

Art. 72 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung

(1) Gefangene dürfen in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen.
(2) Dies gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstands
mit Strafe oder Geldbuße bedroht wäre oder
die Erfüllung des Behandlungsauftrags oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde; eine solche Gefährdung liegt in der Regel bei elektronischen Unterhaltungsmedien vor.
(3) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Abs. 2 widerrufen werden.

Art. 73 Kostenbeteiligung

Die Gefangenen können in angemessenem Umfang an den Stromkosten, die durch die Nutzung der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände entstehen, beteiligt werden.

Art. 74 Grundsatz

Die Beratungs-, Betreuungs- und Behandlungsangebote der Anstalt dienen dazu, die für die Tat ursächlichen Defizite des oder der Gefangenen abzubauen, zur Lösung persönlicher Schwierigkeiten beizutragen und die Entlassung vorzubereiten.

Art. 75 Soziale Hilfe

Die soziale Hilfe soll darauf gerichtet sein, die Gefangenen in die Lage zu versetzen, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu regeln.

Art. 76 Psychologische Behandlung

(1) Psychologische Behandlungsmaßnahmen setzen eine diagnostische Abklärung und eine Einschätzung des Rückfallrisikos voraus.
(2) Die psychotherapeutischen Behandlungsmethoden haben sich an den nach dem Psychotherapeutengesetz anerkannten Verfahren, die sonstigen psychologischen Behandlungsmaßnahmen an den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Behandlung von Straftätern zu orientieren.

Art. 77 Hilfe bei der Aufnahme

(1) Bei der Aufnahme wird den Gefangenen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und ihre Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen.
(2) Die Gefangenen sind über die Aufrechterhaltung einer Sozialversicherung zu beraten.

Art. 78 Hilfe während des Vollzugs

Die Gefangenen werden in dem Bemühen unterstützt, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen, insbesondere das Wahlrecht auszuüben, sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen.

Art. 79 Hilfe zur Entlassung

¹Um die Entlassung vorzubereiten, sind die Gefangenen bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu beraten. ²Die Beratung erstreckt sich auch auf die Benennung der für Sozialleistungen zuständigen Stellen. ³Den Gefangenen ist insbesondere zu helfen, Arbeit, Unterkunft und persönlichen Beistand für die Zeit nach der Entlassung zu finden.

Art. 80 Entlassungsbeihilfe

(1) Die Gefangenen erhalten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, von der Anstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie eine Überbrückungsbeihilfe und erforderlichenfalls ausreichende Kleidung.
(2) Die Überbrückungsbeihilfe soll die Gefangenen in die Lage versetzen, ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe ihren notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sie ihn anderweitig decken können.
(3) ¹ Art. 51 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. ²Die Überbrückungsbeihilfe kann ganz oder teilweise auch den Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

Art. 81 Hilfe nach Entlassung

Auf Antrag der Gefangenen kann die Anstalt nach deren Entlassung vorübergehend Hilfestellung im Einzelfall gewähren, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden kann und der Erfolg der Behandlung der Gefangenen gefährdet ist.

Art. 82 Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft

(1) ¹Bei einer Schwangeren oder einer Gefangenen, die unlängst entbunden hat, ist auf ihren Zustand Rücksicht zu nehmen. ²Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes über die Gestaltung des Arbeitsplatzes sind entsprechend anzuwenden.
(2) ¹Die Gefangene hat während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung und auf Hebammenhilfe in der Anstalt. ²Zur ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft gehören insbesondere Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft sowie Vorsorgeuntersuchungen einschließlich der laborärztlichen Untersuchungen.
(3) ¹Zur Entbindung ist die Schwangere in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. ²Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt, so ist die Entbindung in einer Anstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen. ³Bei der Entbindung wird Hilfe durch eine Hebamme und, falls erforderlich, durch einen Arzt oder eine Ärztin gewährt.

Art. 83 Arznei-, Verband- und Heilmittel

Bei Schwangerschaftsbeschwerden und im Zusammenhang mit der Entbindung werden Arznei-, Verband- und Heilmittel geleistet.

Art. 84 Art, Umfang und Ruhen der Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft

Art. 62, 63 Abs. 1, Art. 64 und 67 gelten für die Leistungen nach Art. 82 und 83 entsprechend.

Art. 85 Geburtsanzeige

In der Anzeige der Geburt an das Standesamt dürfen die Anstalt als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis der anzeigenden Person zur Anstalt und die Inhaftierung der Mutter nicht vermerkt sein.

Art. 86 Mütter mit Kindern

(1) ¹Ist das Kind einer Gefangenen noch nicht schulpflichtig, so kann es mit Zustimmung der aufenthaltsbestimmungsberechtigten Person in der Anstalt untergebracht werden, in der sich seine Mutter befindet, wenn dies seinem Wohl entspricht. ²Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.
(2) ¹Die Unterbringung einschließlich der Gesundheitsfürsorge erfolgt auf Kosten der für das Kind unterhaltspflichtigen Person. ²Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind gefährdet würde.
(3) ¹Kann die Krankheit eines nach Abs. 1 mit der Mutter in der Anstalt untergebrachten Kindes dort nicht erkannt oder behandelt werden, ist das Kind in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. ²Soweit die Anwesenheit der Mutter medizinisch erforderlich ist und vollzugliche Gründe nicht entgegenstehen, ist auch die Mutter dorthin zu bringen.

Art. 87 Grundsatz

(1) Das Verantwortungsbewusstsein der Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt ist zu wecken und zu fördern.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

Art. 88 Verhaltensvorschriften

(1) ¹Die Gefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten. ²Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.
(2) ¹Die Gefangenen haben die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch sie beschwert fühlen. ²Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(3) Ihren Haftraum und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen haben sie in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) Die Gefangenen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

Art. 89 Ersatz von Aufwendungen

(1) ¹Die Gefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. ²Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach Art. 46 Abs. 2 Satz 2 übersteigender Teil des Hausgeldes in Anspruch genommen werden.
(3) Für die in Abs. 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(4) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Abs. 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Behandlung der Gefangenen oder ihre Eingliederung behindert würde.

Art. 90 Eingebrachte Sachen, persönlicher Gewahrsam

(1) ¹Die Gefangenen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Anstalt oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. ²Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen weder abgeben noch annehmen, außer solche von geringem Wert. ³Die Anstalt kann die Abgabe, Annahme und den Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(2) ¹Eingebrachte Sachen, die die Gefangenen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. ²Den Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen, abzusenden.
(3) Weigern sich Gefangene, eingebrachtes Gut, dessen Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Anstalt zu verbringen, so ist die Anstalt berechtigt, diese Gegenstände auf Kosten der Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.
(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, dürfen von der Anstalt vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

Art. 91 Durchsuchung

(1) ¹Gefangene, ihre Sachen und die Hafträume dürfen durchsucht werden. ²Die Durchsuchung männlicher Gefangener darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Gefangener darf nur von Frauen vorgenommen werden; dies gilt nicht für das Absuchen der Gefangenen mit technischen Mitteln oder mit sonstigen Hilfsmitteln. ³Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) ¹Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. ²Sie darf bei männlichen Gefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. ³Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. ⁴Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann allgemein anordnen, dass Gefangene bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchern und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt nach Abs. 2 zu durchsuchen sind.
(4) ¹Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeichern, die Gefangene ohne Erlaubnis der Anstalt in Gewahrsam haben, dürfen auf schriftliche Anordnung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin im Einzelfall ausgelesen werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen Zwecken oder für die in Art. 197 Abs. 2 genannten Zwecke erforderlich ist. ²Die so erhobenen Daten dürfen nur für die in Satz 1 genannten Zwecke verarbeitet werden.
(5) ¹Nach Abs. 4 erhobene Daten dürfen nicht weiterverarbeitet werden, soweit
sie Inhalte betreffen, über die das Zeugnis nach den §§ 53, 53a StPO verweigert werden könnte, oder sie einem Vertrauensverhältnis mit anderen Berufsgeheimnisträgern zuzuordnen sind oder
sie dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind.
²Für Gefangene gilt Satz 1 Nr. 2 nur, soweit die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der verfolgten Verarbeitungszwecke sowie der Unzulässigkeit des Besitzes und der Nutzung des Datenspeichers für die betroffenen Gefangenen unzumutbar ist. ³Soweit die weitere Verarbeitung nach den Sätzen 1 und 2 unzulässig ist, sind die Daten unverzüglich zu löschen. ⁴Die Erfassung und die Löschung der Daten sind zu dokumentieren. ⁵Für die Dokumentation gilt Art. 199 Abs. 4 entsprechend.
(6) ¹Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren. ²Die Belehrung ist aktenkundig zu machen.

Art. 92 Sichere Unterbringung

Gefangene können in eine Anstalt verlegt werden, die zu ihrer sicheren Unterbringung besser geeignet ist, wenn in erhöhtem Maß Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst ihr Verhalten oder ihr Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt.

Art. 93 Erkennungsdienstliche Maßnahmen

(1) Zur Sicherung des Vollzugs, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zur Identitätsfeststellung sind mit Kenntnis der Gefangenen zulässig
die Aufnahme von Lichtbildern,
die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale,
Messungen,
die Erfassung biometrischer Merkmale von Fingern, Händen, Gesicht und Stimme.
(2) ¹Die hierbei gewonnenen Unterlagen oder Daten werden zu den Gefangenenpersonalakten genommen oder in personenbezogenen Dateien gespeichert. ²Sie können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden. ³Die nach Abs. 1 erhobenen Daten dürfen nur für die in Abs. 1, Art. 95 Abs. 2 und Art. 197 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 genannten Zwecke verarbeitet und genutzt werden. ⁴ Art. 201 Abs. 4 Satz 2 bleibt unberührt.

Art. 94 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum

(1) ¹Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin allgemein oder im Einzelfall Maßnahmen anordnen, die geeignet sind, den Missbrauch von Suchtmitteln festzustellen. ²Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.
(2) Wird Suchtmittelmissbrauch festgestellt, können die Kosten der Maßnahme den Gefangenen auferlegt werden.

Art. 95 Festnahmerecht

(1) Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Anstalt zurückgebracht werden.
(2) Die nach diesem Gesetz erhobenen Daten dürfen den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme der entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltenden Gefangenen erforderlich ist.

Art. 96 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Gegen Gefangene können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maß Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmords oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
die ständige Beobachtung, auch mit technischen Mitteln,
die Absonderung von anderen Gefangenen,
der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und
die Fesselung.
(3) Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Abs. 1 in erhöhtem Maß Fluchtgefahr besteht.
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert.

Art. 97 Einzelhaft

(1) Die unausgesetzte Absonderung eines oder einer Gefangenen (Einzelhaft) ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person des oder der Gefangenen liegen, unerlässlich ist.
(2) Einzelhaft von mehr als drei Monaten Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

Art. 98 Fesselung, Fixierung

(1) ¹Fesseln dürfen nur an den Händen oder an den Füßen, im Ausnahmefall auch an Händen und Füßen angelegt werden; Satz 2 und Abs. 2 bleiben unberührt. ²Im Interesse des oder der Gefangenen kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin eine andere Art der Fesselung anordnen. ³Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.
(2) ¹Eine Fesselung der Gefangenen, durch welche die Bewegungsfreiheit an allen Gliedmaßen aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, wenn und solange sie zur Abwendung einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder des Selbstmords oder der Selbstverletzung unerlässlich ist. ²Es sind zu dokumentieren
die Anordnung der Fixierung und deren Gründe,
Entscheidungen zur Fortdauer,
die Durchführung und Überwachung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen Dienstes und
der Hinweis nach Satz 3.
³Nach Beendigung der Fixierung sind die Gefangenen auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der Fixierung nachträglich gerichtlich überprüfen zu lassen.

Art. 99 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren

(1) ¹Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet vorbehaltlich des Abs. 3 der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin an. ²Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete der Anstalt diese Maßnahmen vorläufig anordnen. ³Die Entscheidung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin ist unverzüglich einzuholen.
(2) ¹Vorher ist der Arzt oder die Ärztin zu hören, wenn
Gefangene ärztlich behandelt oder beobachtet werden,
der seelische Zustand der Gefangenen Anlass der Maßnahme ist oder
eine Fixierung angeordnet werden soll.
²Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die ärztliche Stellungnahme unverzüglich eingeholt.
(3) ¹Die Fixierung bedarf der vorherigen Anordnung des zuständigen Gerichts, es sei denn, es handelt sich um eine kurzfristige Maßnahme. ²Bei Gefahr im Verzug kann ohne vorherige Anordnung nach Satz 1 mit der Fixierung begonnen werden. ³Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen, es sei denn, es ist absehbar, dass die Fixierung vor Erlangung einer richterlichen Entscheidung beendet sein und eine zeitnahe Wiederholung nicht erforderlich werden wird.
(4) ¹Während der Absonderung von anderen Gefangenen, der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum oder der Fixierung sind die Gefangenen in besonderem Maß zu betreuen. ²Sind die Gefangenen fixiert oder während der Absonderung oder der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum sonst gefesselt, sind sie durch geeignete Bedienstete ständig und unmittelbar zu beobachten. ³Bei der Fixierung dürfen nur Bedienstete zur Beobachtung eingesetzt werden, die ärztlich in solche Aufgaben eingewiesen wurden.

Art. 100 Ärztliche Überwachung

(1) ¹Gefangene, die in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt sind (Art. 96 Abs. 2 Nr. 5 und 6), sucht der Arzt oder die Ärztin alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. ²Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports (Art. 96 Abs. 4). ³Bei einer Fixierung stellt der Arzt oder die Ärztin eine angemessene ärztliche Überwachung sicher.
(2) Der Arzt oder die Ärztin ist regelmäßig zu hören, solang Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird.

Art. 101 Allgemeine Voraussetzungen

(1) Bedienstete der Anstalten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.

Art. 102 Begriffsbestimmungen

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln.
(4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.

Art. 103 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

Art. 104 Handeln auf Anordnung

(1) Wird unmittelbarer Zwang von einer vorgesetzten oder sonst befugten Person angeordnet, sind Vollzugsbedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) ¹Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. ²Befolgen Vollzugsbedienstete sie trotzdem, trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) ¹Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben die Vollzugsbediensteten der anordnenden Person gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. ²Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an einen Vorgesetzten (§ 36 Abs. 2 und 3 des Beamtenstatusgesetzes) sind nicht anzuwenden.

Art. 105 Androhung

¹Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. ²Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

Art. 106 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch

(1) ¹Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. ²Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird.
(2) ¹Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten gebrauchen und nur, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. ²Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) ¹Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. ²Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. ³Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

Art. 107 Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch

(1) ¹Gegen Gefangene dürfen Schusswaffen gebraucht werden,
wenn sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen,
wenn sie eine Meuterei (§ 121 StGB) unternehmen oder
um ihre Flucht zu vereiteln oder um sie wieder zu ergreifen.
²Um die Flucht aus einer Einrichtung des offenen Vollzugs zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.
(2) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen.

Art. 108 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind auch gegen den natürlichen Willen der Gefangenen zulässig, um
eine konkrete Gefahr für das Leben oder eine konkrete schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der betroffenen Gefangenen oder
eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer dritten Person
abzuwenden.
(2) Maßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
ärztlich über Art, Dauer, Erfolgsaussichten und Risiken der beabsichtigten Maßnahmen aufgeklärt wurde,
zuvor frühzeitig, ernsthaft und ohne Druck auszuüben versucht wurde, die Zustimmung der Gefangenen zu erhalten,
die Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr geeignet sind,
mildere Mittel keinen Erfolg versprechen,
der zu erwartende Nutzen die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt,
Art und Dauer auf das zwingend erforderliche Maß beschränkt werden und
in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 zusätzlich
die betroffenen Gefangenen krankheitsbedingt nicht zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß dieser Einsicht fähig sind und
der nach § 1827 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu beachtende Wille der Gefangenen nicht entgegensteht.
(3) ¹Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes oder einer Ärztin durchgeführt werden. ²Die Anordnung bedarf der Zustimmung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin. ³Sie gilt höchstens für die Dauer von zwölf Wochen und kann wiederholt getroffen werden. ⁴Das Recht zur Leistung erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt oder eine Ärztin nicht rechtzeitig erreichbar und mit dem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist, bleibt unbeschadet. ⁵Die Maßnahmen sind zu dokumentieren; dabei werden festgehalten:
die Gründe für ihre Anordnung,
ihr Zwangscharakter,
die Art und Weise ihrer Durchführung,
die vorgenommenen Kontrollen,
die ärztliche Überwachung der Wirksamkeit,
die Aufklärung nach Abs. 2 Nr. 1 und der Versuch, die Zustimmung des Gefangenen zu erhalten, nach Abs. 2 Nr. 2,
Erklärungen des oder der Gefangenen, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können.
(4) ¹Die Anordnung der Maßnahme ist vor ihrer Durchführung schriftlich bekannt zu geben
dem oder der Gefangenen und
einem Betreuer oder einem Bevollmächtigten im Sinn des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB; soweit eine solche Person nicht bekannt ist, regt die Justizvollzugsanstalt unverzüglich die Bestellung eines Betreuers bei Gericht an.
²Die Bekanntgabe ist mit der Belehrung zu verbinden, dass gegen die Anordnung bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden kann. ³Die Maßnahme darf erst dann vollzogen werden, wenn der oder die Gefangene und eine Person nach Satz 1 Nr. 2 die Gelegenheit hatten, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
(5) ¹Bei Gefahr in Verzug kann von den Vorgaben gemäß Abs. 2 Nr. 1, 2, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 abgewichen werden. ²Unterbliebene Mitteilungen nach Abs. 2 Nr. 1 sowie Abs. 4 Satz 1 sind unverzüglich nachzuholen.
(6) Die zwangsweise körperliche Untersuchung zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist über die Abs. 1 bis 5 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

Art. 109 Voraussetzungen

(1) Verstoßen Gefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin gegen sie Disziplinarmaßnahmen anordnen.
(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, die Gefangenen zu verwarnen.
(3) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

Art. 110 Arten der Disziplinarmaßnahmen

(1) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind:
Verweis,
die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über das Hausgeld und des Einkaufs gemäß Art. 24 und 25 bis zu drei Monaten,
die Beschränkung oder der Entzug des Hörfunk- und Fernsehempfangs bis zu drei Monaten,
die Beschränkung oder der Entzug der Gegenstände für eine Beschäftigung in der Freizeit oder der Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen bis zu drei Monaten,
die getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier Wochen,
der Entzug der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung bis zu vier Wochen unter Wegfall der in diesem Gesetz geregelten Bezüge,
die Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten,
Arrest bis zu vier Wochen.
(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.

Art. 111 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur Bewährung

(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) Wird die Verfügung über das Hausgeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen.
(4) ¹Wird der Verkehr der Gefangenen mit Personen außerhalb der Anstalt eingeschränkt, ist ihnen Gelegenheit zu geben, dies einer Person, mit der sie im Schriftwechsel stehen oder die sie zu besuchen pflegt, mitzuteilen. ²Der Schriftwechsel mit den in Art. 32 Abs. 1 und 2 genannten Empfängern, mit Gerichten und Justizbehörden in der Bundesrepublik Deutschland sowie mit Rechtsanwälten und Notaren in einer den Gefangenen oder die Gefangene betreffenden Rechtssache bleibt unbeschränkt.
(5) ¹Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. ²Gefangene können in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. ³Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Gefangenen aus den Art. 21, 22, 24, 25, 39, 40 und 70 bis 72.

Art. 112 Disziplinarbefugnis

(1) ¹Disziplinarmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin an. ²Bei einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Anstalt zum Zweck der Verlegung oder bei einer Überstellung ist der Leiter oder die Leiterin der Bestimmungsanstalt zuständig. ³Ist im Fall einer Überstellung die Durchführung des Disziplinarverfahrens dort aus besonderen Gründen nicht möglich, liegt die Disziplinarbefugnis bei dem Leiter oder der Leiterin der Stammanstalt.
(2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung des oder der Gefangenen gegen den Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin richtet.
(3) ¹Disziplinarmaßnahmen, die gegen Gefangene in einer anderen Anstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. ² Art. 111 Abs. 2 bleibt unberührt.

Art. 113 Verfahren

(1) ¹Der Sachverhalt ist zu klären. ²Vor der Anhörung werden die Gefangenen darüber unterrichtet, welche Verfehlung ihnen zur Last gelegt wird und dass es ihnen freisteht, sich zur Sache zu äußern. ³Die Erhebungen, insbesondere die Einlassungen der Gefangenen, werden schriftlich festgehalten.
(2) Bei schweren Verstößen soll der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin sich vor der Entscheidung in einer Konferenz mit Personen besprechen, die bei der Behandlung der Gefangenen mitwirken.
(3) Die Entscheidung wird den Gefangenen mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.

Art. 114 Ärztliche Mitwirkung

(1) ¹Bevor der Arrest vollzogen wird, ist der Arzt oder die Ärztin zu hören. ²Während des Arrests stehen die Gefangenen unter ärztlicher Aufsicht.
(2) Der Vollzug des Arrests unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit der Gefangenen gefährdet würde.

Art. 115 Beschwerde

(1) ¹Gefangene erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an den Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin zu wenden. ²Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.
(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass Gefangene sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

Art. 115a Aufhebung von Maßnahmen

¹Kann der Zweck einer vollzuglichen Maßnahme dauerhaft nicht erreicht werden, so soll sie beendet werden. ²Im Übrigen gelten für den Widerruf und die Rücknahme von Maßnahmen nach diesem Gesetz Art. 48 bis 49a des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält.

Art. 116 Gefangenenmitverantwortung

(1) ¹Den Gefangenen soll ermöglicht werden, an der Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitwirkung eignen. ²Eine weitgehende Übernahme der Mitverantwortung für die alltäglichen Abläufe wird angestrebt.
(2) ¹Die Einrichtung von Mitwirkungsgremien wird von den Anstalten gefördert und begleitet. ²Den Gefangenen soll insbesondere ermöglicht werden, Vertreter zu wählen, die die gemeinsamen Interessen an den Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin und den Beirat herantragen können.

Art. 117 Sozialtherapeutische Einrichtungen

Die Behandlung nach Art. 11 erfolgt in sozialtherapeutischen Anstalten oder Abteilungen (sozialtherapeutische Einrichtungen).

Art. 118 Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung

(1) ¹Gefangenen kann zur Vorbereitung der Entlassung von dem Anstaltsleiter oder der Anstaltsleiterin Sonderurlaub bis zu sechs Monaten gewährt werden. ² Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 5 und Art. 15 gelten entsprechend.
(2) ¹Den Beurlaubten sollen für den Urlaub Weisungen erteilt werden. ²Sie können insbesondere angewiesen werden, sich einer von der Anstalt bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen und jeweils für kurze Zeit in die Anstalt zurückzukehren.
(3) ¹ Art. 16 Abs. 2 gilt entsprechend. ²Der Urlaub wird widerrufen, wenn dies für die Behandlung der Gefangenen notwendig ist.

Art. 119 Nachsorge

Die sozialtherapeutischen Einrichtungen sollen nach Entlassung der Gefangenen die im Vollzug begonnene Betreuung vorübergehend fortführen, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden kann.

Art. 120 Aufnahme auf freiwilliger Grundlage

(1) ¹Frühere Gefangene können auf Antrag vorübergehend wieder in die sozialtherapeutische Einrichtung aufgenommen werden, wenn der Erfolg ihrer Behandlung gefährdet und ein Aufenthalt in der Einrichtung aus diesem Grund gerechtfertigt ist. ²Ein Widerruf des Antrags darf nicht zur Unzeit erfolgen.
(2) ¹Gegen die Aufgenommenen dürfen Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. ² Art. 101 Abs. 2 und 3 bleiben unberührt.

Teil 3 Vollzug der Jugendstrafe

Art. 121 Aufgaben des Jugendstrafvollzugs

¹Der Vollzug der Jugendstrafe dient dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. ²Die Gefangenen im Vollzug der Jugendstrafe (junge Gefangene) sollen dazu erzogen werden, künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel in sozialer Verantwortung zu führen (Erziehungsauftrag).

Art. 122 Anwendung anderer Vorschriften

Für den Vollzug der Jugendstrafe gelten die Vorschriften des Teils 2 über den Vollzug der Freiheitsstrafe entsprechend, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist.

Art. 123 Behandlung im Vollzug der Jugendstrafe

(1) Für die Behandlung gilt Art. 3 entsprechend.
(2) Die jungen Gefangenen sind verpflichtet, an der Erfüllung des Erziehungsauftrags mitzuwirken.
(3) ¹Die jungen Gefangenen sind während der Arbeitszeit zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Maßnahmen oder speziellen Maßnahmen zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung oder zur Arbeit, arbeitstherapeutischen oder sonstigen Beschäftigung verpflichtet, soweit sie dazu körperlich und geistig in der Lage sind. ²Bei gleichermaßen geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung des Erziehungsauftrags hat die Ausbildung Vorrang.
(4) Weibliche junge Gefangene können auch an den Behandlungsmaßnahmen für weibliche erwachsene Gefangene teilnehmen.

Art. 124 Ausstattung des Jugendstrafvollzugs

Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation werden am Erziehungsauftrag und an den besonderen Bedürfnissen junger Gefangener ausgerichtet.

Art. 125 Stellung der jungen Gefangenen

(1) ¹Die jungen Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. ²Soweit dieses Gesetz keine besonderen Regelungen enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer Störung der Ordnung der Jugendstrafvollzugsanstalt erforderlich sind.
(2) Vollzugliche Maßnahmen sollen den jungen Gefangenen erläutert werden.

Art. 126 Zusammenarbeit mit Behörden und freien Trägern

(1) ¹Die Jugendstrafvollzugsanstalten arbeiten mit fachbezogenen außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen eng zusammen. ²Dies gilt insbesondere für Schulen und Schulaufsichtsbehörden, Einrichtungen für berufliche Bildung, Behörden und Stellen der staatlichen und privaten Straffälligenhilfe, die Jugendgerichtshilfe, Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe, Polizeibehörden, Agenturen für Arbeit, Gesundheits- und Ausländerbehörden, Suchtberatungsstellen und Schuldnerberatung, Ausländer- und Integrationsbeauftragte, Träger der Sozialversicherung und der Sozialhilfe, Hilfeeinrichtungen anderer Behörden und Träger der freien Wohlfahrtspflege.
(2) ¹Die Personensorgeberechtigten werden in die Planung und Gestaltung des Vollzugs einbezogen, soweit dies zweckmäßig ist. ²Dies ist zwingend, wenn die Personensorgeberechtigten anders ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen können.

Art. 127 Ehrenamtliche Mitarbeit

(1) Die Jugendstrafvollzugsanstalten arbeiten in besonderer Weise mit Personen und Vereinen, deren Einfluss die Eingliederung der jungen Gefangenen fördern kann, zusammen.
(2) Jungen Gefangenen, die den sozialen Anschluss verloren haben, sollen durch die Anstalt nach Möglichkeit vertrauenswürdige Personen vermittelt werden, die sie bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft unterstützen (ehrenamtliche Betreuer).
(3) Zur Unterstützung bei der Erfüllung des Erziehungsauftrags sollen nach Möglichkeit vertrauenswürdige Personen in der Anstalt mitarbeiten, die in der Lage sind, die Erziehungsmaßnahmen der Jugendstrafvollzugsanstalt sinnvoll zu ergänzen (ehrenamtliche Mitarbeiter).

Art. 128 Aufnahmeverfahren

¹Für das Aufnahmeverfahren gilt Art. 7 entsprechend. ²Das für die Mitwirkung in dem Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) nach § 87b des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständige Jugendamt wird von der Aufnahme unterrichtet. ³Die Personensorgeberechtigten sollen von der Aufnahme unterrichtet werden.

Art. 129 Behandlungsuntersuchung, Beteiligung der jungen Gefangenen, Zugangsabteilung

(1) Nach dem Aufnahmeverfahren werden den jungen Gefangenen der Erziehungsauftrag der Jugendstrafvollzugsanstalt sowie die vorhandenen Unterrichts-, Bildungs-, Arbeits- und Freizeitmaßnahmen erläutert.
(2) ¹Die Untersuchung zur Vorbereitung der Erziehung erstreckt sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse sowie alle Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung und für die Eingliederung nach der Entlassung notwendig erscheint. ²Es ist zu prüfen, ob eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung nach Art. 132 oder andere therapeutische Maßnahmen angezeigt sind.
(3) ¹Die Planung der Behandlung und die Bedeutung des Vollzugsplans werden den jungen Gefangenen mitgeteilt. ²Sie sollen zu sinnvollen Anregungen und Vorschlägen ermutigt werden.
(4) Die jungen Gefangenen sollen bei Strafantritt in der Jugendstrafvollzugsanstalt für wenigstens eine Woche in einer hierfür eingerichteten eigenen Abteilung (Zugangsabteilung) untergebracht werden.

Art. 130 Vollzugsplan

(1) Für den Vollzugsplan gilt Art. 9 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass bei den pädagogischen Maßnahmen auch aufzunehmen ist, welche schulischen, berufsorientierenden, -qualifizierenden oder arbeitstherapeutischen Maßnahmen zu ergreifen sind.
(2) ¹Die Personensorgeberechtigten können Anregungen und Vorschläge einbringen. ²Auf Verlangen können die Regelungen des Vollzugsplans den Personensorgeberechtigten bekannt gegeben werden, wenn hierdurch die Erfüllung des Erziehungsauftrags nicht beeinträchtigt wird.
(3) Über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung gemäß Art. 132 Abs. 1 oder 2 ist jeweils nach Ablauf von sechs Monaten neu zu entscheiden.

Art. 131 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung

(1) ¹Junge Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Jugendstrafvollzugsanstalt verlegt werden, wenn die Erfüllung des Erziehungsauftrags oder die Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird, eine Störung der Ordnung der Jugendstrafvollzugsanstalt auf andere Weise nicht vermieden werden kann oder wenn Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe eine Verlegung erforderlich machen. ²Auf die Struktur der aufnehmenden Anstalt ist Rücksicht zu nehmen.
(2) Junge Gefangene dürfen aus wichtigem Grund, insbesondere zur Erleichterung einer schulischen oder beruflichen Maßnahme, in eine andere Jugendstrafvollzugsanstalt oder in eine Anstalt für den Vollzug von Freiheitsstrafe überstellt werden.
(3) Für die Ausantwortung gilt Art. 10 Abs. 3 entsprechend.
(4) ¹Die Jugendämter werden von der Verlegung unterrichtet. ²Die Personensorgeberechtigten sollen von der Verlegung unterrichtet werden.

Art. 132 Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung

(1) Junge Gefangene sind in eine sozialtherapeutische Einrichtung einer Jugendstrafvollzugsanstalt zu verlegen, wenn die Wiederholung einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder § 182 StGB zu befürchten und die Behandlung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung nach Art. 129 Abs. 2 Satz 2 oder Art. 130 Abs. 3 angezeigt ist.
(2) Andere junge Gefangene, von denen schwerwiegende Straftaten gegen Leib oder Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten sind, sollen in eine sozialtherapeutische Einrichtung einer Jugendstrafvollzugsanstalt verlegt werden, wenn deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zu ihrer Resozialisierung angezeigt sind.
(3) Art. 11 Abs. 3 bis 5 und Art. 117 gelten entsprechend.

Art. 133 Geschlossener Vollzug und offener Vollzug

Art. 12 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass zu einer Unterbringung in einer Einrichtung des offenen Vollzugs die Zustimmung der jungen Gefangenen nicht erforderlich ist.

Art. 134 Lockerungen des Vollzugs

(1) Für die Lockerungen des Vollzugs gilt Art. 13 Abs. 1 entsprechend.
(2) Die Lockerungen dürfen zur Erfüllung des Erziehungsauftrags oder zur Förderung der Wiedereingliederung mit Zustimmung der jungen Gefangenen gewährt werden, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass sie sich nicht dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen und die Lockerungen nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden.
(3) Art. 15 und 16 gelten entsprechend.

Art. 135 Urlaub aus der Haft

(1) Jungen Gefangenen kann Urlaub aus der Haft als Behandlungsmaßnahme bis zu 21 Kalendertagen im Vollstreckungsjahr gewährt werden.
(2) ¹Jungen Gefangenen, die zum Freigang (Art. 13 Abs. 1 Nr. 1) zugelassen sind, kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung weiterer Urlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. ² Art. 136 Abs. 5 Satz 1 findet keine Anwendung.
(3) Art. 15, 16 und 134 Abs. 2 gelten entsprechend.
(4) Durch den Urlaub wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht unterbrochen.

Art. 136 Entlassungsvorbereitung

(1) ¹Rechtzeitig vor dem voraussichtlichen Entlassungstermin arbeiten die Jugendstrafvollzugsanstalten mit vertrauenswürdigen Dritten und Institutionen außerhalb des Vollzugs zusammen, um zu erreichen, dass die jungen Gefangenen bei der Entlassung über eine geeignete Unterbringung und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen. ²Die Jugendämter und, soweit angeordnet, die Bewährungshilfe werden unterrichtet. ³Die Personensorgeberechtigten werden unterrichtet, wenn dies nicht der Erfüllung des Erziehungsauftrags widerspricht.
(2) Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Vollzug gelockert werden (Art. 134).
(3) Junge Gefangene können in den offenen Vollzug (Art. 133 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 2) verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient.
(4) Die Jugendstrafvollzugsanstalten können eigene Abteilungen einrichten, in die die jungen Gefangenen kurz vor ihrer Entlassung verlegt werden (Entlassungsabteilung).
(5) ¹Innerhalb von vier Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Sonderurlaub bis zu einem Monat gewährt werden. ² Art. 15, 16, 134 Abs. 2 und Art. 135 Abs. 4 gelten entsprechend.

Art. 137 Entlassung, Unterbringung auf freiwilliger Grundlage

(1) Für den Entlassungszeitpunkt und die Entlassungsbeihilfe gelten Art. 18 und 80 entsprechend.
(2) ¹Die Jugendstrafvollzugsanstalt kann auf Antrag der jungen Gefangenen nach Entlassung die im Vollzug begonnene Betreuung vorübergehend fortführen, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden kann. ²Hierzu können junge Gefangene auf Antrag auch vorübergehend über den Entlassungszeitpunkt hinaus in einer Abteilung des offenen Vollzugs verbleiben oder in einer solchen nach Entlassung wieder aufgenommen werden, wenn der Erfolg der Erziehung gefährdet und ein Aufenthalt in der Jugendstrafvollzugsanstalt aus diesem Grund gerechtfertigt ist. ³Ein Widerruf des Antrags darf nicht zur Unzeit erfolgen. ⁴Nach dem Entlassungszeitpunkt oder der Wiederaufnahme sind die nach diesem Gesetz geltenden Vorschriften mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden dürfen. ⁵ Art. 101 Abs. 2 und 3 bleiben unberührt.

Art. 138 Unterbringung während der Ausbildung, Arbeit und Freizeit

(1) ¹Unterricht, Berufsausbildung, berufliche Fortbildung, Umschulung, Arbeit sowie arbeitstherapeutische und sonstige Beschäftigung während der Arbeitszeit finden in Gemeinschaft statt. ²Die gemeinsame Schul- und Berufsausbildung weiblicher und männlicher junger Gefangener ist zulässig.
(2) ¹Während der Freizeit können sich die jungen Gefangenen in Gemeinschaft mit anderen aufhalten. ²Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen.
(3) Die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit kann eingeschränkt werden, wenn
ein schädlicher Einfluss auf andere junge Gefangene zu befürchten ist,
junge Gefangene nach Art. 129 untersucht werden, aber nicht länger als zwei Monate,
es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert oder
die jungen Gefangenen zustimmen.
(4) Die gemeinschaftliche Unterbringung kann ferner eingeschränkt werden, wenn dies aus erzieherischen Gründen angezeigt ist.

Art. 139 Unterbringung während der Ruhezeit

(1) Für die Unterbringung in der Ruhezeit gilt Art. 20 entsprechend.
(2) ¹Weibliche junge Gefangene können in getrennten Abteilungen des Strafvollzugs für erwachsene Frauen untergebracht werden. ²Weibliche junge und erwachsene Gefangene, die gemeinsam mit ihren Kindern untergebracht sind (Art. 151 Abs. 1 Satz 1, Art. 86 Abs. 1 Satz 1), können gemeinsam in einer getrennten Abteilung des Strafvollzugs für erwachsene Frauen untergebracht werden. ³Männliche junge Gefangene können vorübergehend in einer Anstalt für den Vollzug von Freiheitsstrafe an erwachsenen Männern untergebracht werden, wenn dies zur Aufnahme oder Fortführung einer schulischen oder beruflichen Ausbildung oder einer Erwerbstätigkeit erforderlich ist. ⁴Der Vollzug erfolgt nach den Vorschriften dieses Teils.

Art. 140 Unterbringung in Wohngruppen

(1) Geeignete junge Gefangene können in Wohngruppen untergebracht werden, deren Größe sich nach dem Erziehungsauftrag bemisst.
(2) Wohngruppenvollzug wird von pädagogisch ausgebildeten Bediensteten geleitet, verfügt über Räume für gemeinschaftliche Beschäftigung und bietet besondere Behandlungs- und Freizeitangebote.
(3) Nicht für die Unterbringung in der Wohngruppe geeignet sind in der Regel junge Gefangene, die auf Grund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind oder eine Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafvollzugsanstalt darstellen oder die die Freiräume der Wohngruppe wiederholt missbrauchen.

Art. 141 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz

Art. 21 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass auch Vorkehrungen und Gegenstände ausgeschlossen werden können, die die Erfüllung des Erziehungsauftrags gefährden.

Art. 142 Kleidung

¹ Art. 22 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin in der Jugendstrafvollzugsanstalt oder in bestimmten Abteilungen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde das Tragen eigener Kleidung allgemein zulassen kann. ²Dies gilt insbesondere in Wohngruppen (Art. 140).

Art. 143 Anstaltsverpflegung

¹Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht und entsprechen den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen. ²Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. ³Den jungen Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

Art. 144 Besuch, Schriftwechsel, Pakete, Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlass

(1) Art. 26 bis 38 gelten entsprechend, soweit sich aus den folgenden Absätzen nicht etwas anderes ergibt.
(2) ¹Abweichend von Art. 27 Abs. 1 Satz 2 beträgt die Gesamtdauer des Besuchs mindestens vier Stunden im Monat. ²Hierauf können Ausführungen oder Ausgänge, die den jungen Gefangenen gewährt wurden, angerechnet werden. ³Abweichend von Art. 28 kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Besuche auch untersagen, wenn bei minderjährigen Gefangenen Personensorgeberechtigte nicht einverstanden sind.
(3) ¹Für Kinder junger Gefangener können Sonderbesuche vorgesehen werden, die auf die Regelbesuchszeiten nicht angerechnet werden, wenn dies mit dem Erziehungsauftrag und dem Kindeswohl vereinbar ist. ²Durch eine Bescheinigung des Jugendamts muss nachgewiesen werden, dass der Sonderbesuch dem Kindeswohl entspricht.
(4) ¹Auf Besuche von Beiständen nach § 69 JGG findet Art. 29 entsprechende Anwendung. ² Art. 29 Satz 1 und 2 gilt auch für Angehörige der Jugendgerichtshilfe. ³Für Besuche der in Satz 1 und 2 genannten Personen gilt Art. 30 Abs. 5 und 6 entsprechend.
(5) Abweichend von Art. 30 Abs. 4 darf ein Besuch auch abgebrochen werden, wenn von der besuchenden Person ein schädlicher Einfluss auf den jungen Gefangenen oder die jungen Gefangene ausgeübt wird.
(6) Abweichend von Art. 31 Abs. 2 kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin den Schriftwechsel mit bestimmten Personen auch untersagen, wenn bei minderjährigen Gefangenen Personensorgeberechtigte nicht einverstanden sind.
(7) Auf den Schriftverkehr mit Beiständen nach § 69 JGG findet Art. 32 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
(8) Art. 37 und 38 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der dort genannten Art. 13 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 5 die Art. 134 Abs. 2 und Art. 135 Abs. 4 treten.

Art. 145 Unterricht, Ausbildung

(1) Dem Unterricht kommt im Jugendstrafvollzug besondere Bedeutung zu.
(2) ¹Schulpflichtige junge Gefangene erhalten Mittelschul-, Förderschul- und Berufsschulunterricht in Anlehnung an die für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften. ²An dem Unterricht können auch nicht schulpflichtige junge Gefangene teilnehmen.
(3) Daneben soll nach Möglichkeit Unterricht zur Erlangung anderer staatlich anerkannter Schulabschlüsse sowie lebenskundlicher Unterricht, soziales Training, berufsbildender Unterricht auf Einzelgebieten und Deutschunterricht erteilt werden.
(4) Bei der beruflichen Ausbildung oder Umschulung ist berufsbildender Unterricht vorzusehen; dies gilt auch für die berufliche Weiterbildung, soweit die Art der Maßnahme es erfordert.
(5) Art. 40 Abs. 4 und Art. 41 gelten entsprechend.

Art. 146 Beschäftigung

(1) Geeigneten jungen Gefangenen soll Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden.
(2) ¹Die in den Einrichtungen des Vollzugs Auszubildenden sollen auf die Abschlussprüfungen nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung vorbereitet werden. ²Die für die Zulassung zur Prüfung erforderliche Bescheinigung wird von der Jugendstrafvollzugsanstalt ausgestellt, wenn der oder die Auszubildende die Voraussetzungen erfüllt.
(3) Art. 39 Abs. 1, 2, 3 und 5, Art. 43 Satz 2, 3 und 4 Alternative 2 sowie Art. 45 gelten für die Arbeit in den Jugendstrafvollzugsanstalten entsprechend.

Art. 147 Freies Beschäftigungsverhältnis

Art. 42 Abs. 1 und 3 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des dort genannten Art. 13 Abs. 2 Art. 134 Abs. 2 tritt.

Art. 148 Ablösung

Art. 44 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass eine Ablösung auch erfolgen kann, wenn dies aus erzieherischen Gründen angezeigt ist.

Art. 149 Arbeitsentgelt, Arbeitsurlaub, Anrechnung der Freistellung auf den Entlassungszeitpunkt, Ausbildungsbeihilfe, Taschengeld

(1) ¹Üben junge Gefangene eine ihnen zugewiesene Arbeit aus, so erhalten sie unbeschadet der Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes über die Akkordarbeit und tempoabhängige Arbeit ein nach Art. 46 Abs. 2 und 3 zu bemessendes Arbeitsentgelt. ²Üben sie eine sonstige zugewiesene Beschäftigung oder Hilfstätigkeit aus, so erhalten sie ein Arbeitsentgelt nach Satz 1, soweit dies der Art ihrer Beschäftigung und ihrer Arbeitsleistung entspricht. ³ Art. 46 Abs. 5 bis 11 gilt entsprechend.
(2) Art. 47 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin den jungen Gefangenen auch dann eine Ausbildungsbeihilfe gewähren kann, wenn sie an therapeutischen Maßnahmen teilnehmen.
(3) Art. 54 gilt für das Taschengeld entsprechend.

Art. 150 Haftkostenbeitrag, Gelder

Art. 49 bis 53 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass
aus besonderen Gründen, insbesondere zur Förderung von Unterhaltszahlungen, Schadenswiedergutmachung, sonstiger Schuldenregulierung oder für besondere Aufwendungen zur Wiedereingliederung, ganz oder teilweise von der Erhebung eines Haftkostenbeitrags abgesehen werden kann,
die Jugendstrafvollzugsanstalt das Überbrückungsgeld ganz oder teilweise auch den Personensorgeberechtigten überweisen kann, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an die jungen Gefangenen ausgezahlt wird.

Art. 151 Gesundheitsfürsorge

(1) ¹ Art. 58, Art. 59 Abs. 2 bis 5, Art. 60, Art. 62 bis 65, Art. 67 und 68 sowie Art. 82 bis 86 gelten entsprechend. ² Art. 61 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass ein Verschulden der jungen Gefangenen in der Regel unbeachtlich bleiben kann und nicht für junge Gefangene gilt, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(2) Junge Gefangene, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können sich zur Verhütung von Zahnerkrankungen einmal in jedem Kalenderhalbjahr zahnärztlich untersuchen lassen.
(3) ¹Die Rechte der Personensorgeberechtigten werden beachtet. ²Insbesondere werden die Personensorgeberechtigten stets von einer schweren Erkrankung oder dem Tod minderjähriger Gefangener benachrichtigt.
(4) Arbeiten junge Gefangene nicht im Freien, so haben sie sich täglich mindestens eine Stunde, an arbeits- und ausbildungsfreien Tagen mindestens zwei Stunden im Freien aufzuhalten, wenn die Witterung dies zu der festgesetzten Zeit zulässt.

Art. 152 Freizeit

(1) ¹Junge Gefangene sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten. ²Sie sollen insbesondere am Unterricht, am Fernunterricht, an Lehrgängen und sonstigen Veranstaltungen der Fortbildung, an Freizeitgruppen und Gruppengesprächen teilnehmen und ermutigt werden, eine Bücherei zu benutzen sowie den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Medien zu erlernen, soweit dies mit der Sicherheit in der Jugendstrafvollzugsanstalt vereinbar ist.
(2) ¹ Art. 70, 72 und 73 gelten entsprechend. ² Art. 71 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin festlegen kann, ob und unter welchen zusätzlichen Voraussetzungen eigene Fernsehgeräte zugelassen werden. ³Elektronische Unterhaltungsmedien, die keinen pädagogischen Wert haben, sind nicht zugelassen.

Art. 153 Sport

(1) ¹Der sportlichen Betätigung kommt im Jugendstrafvollzug besondere Bedeutung zu. ²Hierfür sind ausreichende Angebote vorzuhalten.
(2) Junge Gefangene sind, soweit sie dazu körperlich in der Lage sind, zur Teilnahme an Sportveranstaltungen anzuhalten.
(3) Insbesondere während des Aufenthalts im Freien (Art. 151 Abs. 4) ist den jungen Gefangenen Gelegenheit zur sportlichen Betätigung zu geben.

Art. 154 Sicherheit und Ordnung; unmittelbarer Zwang

(1) Art. 87 bis 100 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass Art. 100 Abs. 2 auch in den Fällen des Art. 97 Abs. 2 anzuwenden ist.
(2) ¹ Art. 108 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass bei minderjährigen Gefangenen die Personensorgeberechtigten an die Stelle der Personen nach Art. 108 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 treten. ²Der Durchführung von Maßnahmen nach Art. 108 Abs. 1 Nr. 1 müssen sie zustimmen. ³Bei Gefahr in Verzug kann von Satz 2 abgewichen werden.

Art. 155 Erzieherische Maßnahmen

(1) ¹Verstoßen junge Gefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, kann unmittelbar auf die Pflichtverletzung eine Maßnahme angeordnet werden, die geeignet ist, ihnen ihr Fehlverhalten bewusst zu machen (erzieherische Maßnahme). ²Erzieherische Maßnahmen sind insbesondere die Erteilung von Weisungen und Auflagen sowie beschränkende Anordnungen in Bezug auf die Freizeit bis zur Dauer einer Woche.
(2) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin legt fest, welche Bediensteten befugt sind, Maßnahmen nach Abs. 1 anzuordnen.

Art. 156 Disziplinarmaßnahmen

(1) Reichen bei schuldhaften Pflichtverstößen Maßnahmen nach Art. 155 nicht aus, kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin gegen junge Gefangene Disziplinarmaßnahmen anordnen.
(2) Art. 109 Abs. 3 gilt entsprechend.
(3) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind:
die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über das Hausgeld und des Einkaufs gemäß Art. 122 in Verbindung mit Art. 24 und 25 bis zu zwei Monaten,
die Beschränkung oder der Entzug des Hörfunk- und Fernsehempfangs bis zu drei Monaten,
die Beschränkung oder der Entzug der Gegenstände für eine Beschäftigung in der Freizeit oder der Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen bis zu drei Monaten,
die getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier Wochen,
der Entzug der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung bis zu vier Wochen unter Wegfall der in diesem Gesetz geregelten Bezüge,
die Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten,
Arrest bis zu zwei Wochen.
(4) Art. 110 Abs. 2 und 3, Art. 111 bis 114 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass die Höchstfrist der Aussetzung zur Bewährung nach Art. 111 Abs. 2 drei Monate beträgt.

Art. 157 Vollzugsbedienstete

Die Bediensteten müssen für die Erfüllung des Erziehungsauftrags geeignet und ausgebildet sein.

Art. 158 Gefangenenvertretung

¹Den jungen Gefangenen soll ermöglicht werden, Vertreter zu wählen, die die gemeinsamen Interessen der jungen Gefangenen an den Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin herantragen. ²Die Vorschläge sollen mit den Vertretern erörtert werden.

Teil 4 Besondere Vorschriften bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung

Art. 159 Gestaltung des Vollzugs

¹Bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung dient der Vollzug der Freiheitsstrafe neben den in Art. 2 genannten Aufgaben dem Ziel, die Gefährlichkeit der Gefangenen für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung oder deren Anordnung möglichst entbehrlich wird. ²Dies erfordert die Mitwirkung der Gefangenen. ³Die Bereitschaft der Gefangenen hierzu ist fortwährend zu wecken und zu fördern. ⁴Die Motivationsmaßnahmen sind zu dokumentieren.

Art. 160 Behandlungsuntersuchung

¹An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung unverzüglich eine umfassende Behandlungsuntersuchung nach Art. 8 unter Berücksichtigung des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse an, die sich auf alle Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung der Gefährlichkeit der Gefangenen zum Schutz der Allgemeinheit und für die Eingliederung nach ihrer Entlassung notwendig ist, erstreckt. ²Im Rahmen der Behandlungsuntersuchung sind insbesondere die Ursachen der Straftaten, die individuellen Risikofaktoren sowie der Behandlungsbedarf, die Behandlungsfähigkeit und die Behandlungsmotivation der Gefangenen festzustellen. ³Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Gefangenen ermittelt werden, deren Stärkung einer Gefährlichkeit für die Allgemeinheit entgegenwirkt. ⁴Erkenntnisse aus vorangegangenen Freiheitsentziehungen sind einzubeziehen.

Art. 161 Vollzugsplan

(1) ¹Auf der Grundlage der in der Behandlungsuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse wird unverzüglich ein Vollzugsplan nach Art. 9 aufgestellt, der die individuellen Behandlungsziele festlegt und die zu ihrem Erreichen geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt. ²Er enthält insbesondere Angaben über
sozialtherapeutische, psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlungsmaßnahmen,
andere Einzel- oder Gruppenbehandlungsmaßnahmen,
Maßnahmen zur Förderung der Behandlungsbereitschaft,
die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung,
die Zuweisung zu Wohngruppen,
Art und Umfang der Beschäftigung,
Vorschläge zur Gestaltung der Freizeit,
Vorschläge zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse,
Vorschläge zur Ordnung der familiären Verhältnisse,
Vorschläge zur Förderung von Außenkontakten,
Maßnahmen zur Vorbereitung eines sozialen Empfangsraums,
Vollzugslockerungen, Urlaub und offener Vollzug,
Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung und Nachsorge.
(2) ¹Der Vollzugsplan ist fortlaufend der Entwicklung der Gefangenen anzupassen und mit weiteren für die Behandlung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. ²Hierfür hat der Vollzugsplan eine angemessene Frist vorzusehen, die sechs Monate nicht übersteigen soll.
(3) An der Behandlung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sollen in die Planung einbezogen werden.
(4) ¹Die Vollzugsplanung wird mit den Gefangenen erörtert. ²Der Vollzugsplan ist ihnen auszuhändigen.

Art. 162 Behandlung, Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung

(1) ¹Den Gefangenen sind die neben Art. 3 erforderlichen Behandlungsmaßnahmen nach § 66c Abs. 2 StGB anzubieten. ²Diese haben wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. ³Bei der Behandlung wirken Bedienstete der verschiedenen Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. ⁴Seelsorgerische Betreuung ist anzubieten. ⁵Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. ⁶Den Gefangenen sollen feste Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
(2) ¹Ist Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten, sind Gefangene bereits während des Vollzugs der Freiheitsstrafe in eine sozialtherapeutische Einrichtung zu verlegen, wenn die Teilnahme an den dortigen Behandlungsprogrammen zur Verringerung ihrer Gefährlichkeit für die Allgemeinheit angezeigt ist. ²Die Verlegung soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, der den Abschluss der Behandlung während des Vollzugs der Freiheitsstrafe erwarten lässt.

Art. 163 Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung, Nachsorge und Aufnahme auf freiwilliger Grundlage

Bei angeordneter und vorbehaltener Sicherungsverwahrung gelten Art. 118 bis 120 entsprechend.

Art. 164 Vorbehaltene Sicherungsverwahrung

¹Ist bei Gefangenen im Vollzug der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, gelten die Vorschriften in Abschnitt 1 entsprechend, soweit Zweck und Eigenart des Vollzugs der Jugendstrafe nicht entgegenstehen. ² § 7 Abs. 3 und § 106 Abs. 5 JGG bleiben unberührt.

Teil 5 Vollzugsbehörden

Art. 165 Justizvollzugsanstalten

Die in Art. 1 genannten Freiheitsentziehungen werden in Justizvollzugsanstalten vollzogen.

Art. 166 Trennung des Vollzugs

(1) Jugendstrafe wird in eigenen Justizvollzugsanstalten (Jugendstrafvollzugsanstalten) vollzogen.
(2) Frauen und Männer sind getrennt voneinander in gesonderten Anstalten oder Abteilungen unterzubringen.
(3) Von der getrennten Unterbringung nach Abs. 2 darf abgewichen werden, um den Gefangenen die Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen in einer anderen Anstalt oder in einer anderen Abteilung zu ermöglichen.

Art. 167 Differenzierung

(1) Für den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe sind Haftplätze in verschiedenen Anstalten oder Abteilungen vorzusehen, die den unterschiedlichen Behandlungsbedürfnissen der Gefangenen und den Sicherheitserfordernissen Rechnung tragen.
(2) ¹In Anstalten des geschlossenen Vollzugs gewährleisten besondere bauliche und technische Vorkehrungen eine sichere Unterbringung der Gefangenen. ²Einrichtungen des offenen Vollzugs sehen nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen vor.

Art. 168 Einrichtungen für Mütter mit Kindern

In Anstalten für Frauen sollen Einrichtungen vorgesehen werden, in denen Mütter mit ihren Kindern untergebracht werden können.

Art. 169 Gestaltung der Anstalten

(1) Justizvollzugsanstalten sind so zu gestalten, dass eine auf die Bedürfnisse der Einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist.
(2) Die Anstalten sollen so gegliedert werden, dass die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefasst werden können.

Art. 170 Größe und Ausgestaltung der Räume

¹Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich oder sonst ihrem Zweck entsprechend auszugestalten. ²Sie müssen hinreichend Luftinhalt haben und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung und Lüftung, Boden- und Fensterfläche ausgestattet sein.

Art. 171 Festsetzung der Belegungsfähigkeit

¹Das Staatsministerium der Justiz setzt die Belegungsfähigkeit für jede Anstalt so fest, dass eine angemessene Unterbringung während der Ruhezeit (Art. 20) gewährleistet ist. ²Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung sowie von Räumen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht.

Art. 172 Verbot der Überbelegung

(1) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als zugelassen belegt werden.
(2) Ausnahmen hiervon sind nur vorübergehend und nur mit Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz zulässig.

Art. 173 Aufsichtsbehörde

(1) Das Staatsministerium der Justiz führt die Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten (Aufsichtsbehörde).
(2) ¹Soweit die Aufsichtsbehörde nicht über eigene Fachkräfte verfügt, ist fachliche Beratung sicherzustellen. ²Hierzu können Fachberater oder Fachberaterinnen bestellt werden.

Art. 174 Vollstreckungsplan

Die Aufsichtsbehörde regelt in dem Vollstreckungsplan für den Freistaat Bayern die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalten nach allgemeinen Merkmalen.

Art. 175 Zusammenarbeit

(1) ¹Alle im Vollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, die Aufgaben des Vollzugs zu erfüllen. ²Die Sicherheit der Anstalt ist durch die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen und geeignete Behandlungsmaßnahmen zu gewährleisten.
(2) Die Anstalten arbeiten mit Behörden, Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, Vereinen und Personen, deren Einfluss die Eingliederung der Gefangenen fördern kann, eng zusammen.
(3) Die Anstalt stellt durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicher, dass die Bundesagentur für Arbeit die ihr obliegenden Aufgaben wie Berufsberatung, Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung durchführen kann.
(4) Soweit erforderlich, ist zur Entlassungsvorbereitung insbesondere mit der Bewährungshilfe, den Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht und den Einrichtungen der Strafentlassenenhilfe frühzeitig Kontakt aufzunehmen.

Art. 176 Vollzugsbedienstete

(1) ¹Die Aufgaben der Justizvollzugsanstalten werden von Vollzugsbeamten wahrgenommen. ²Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten der Justizvollzugsanstalten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.
(2) Für jede Anstalt ist entsprechend ihrer Aufgabe die erforderliche Anzahl von Bediensteten der verschiedenen Berufsgruppen, insbesondere des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Werkdienstes, des Krankenpflegedienstes und des Verwaltungsdienstes, sowie von Seelsorgern, Ärzten, Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeitern vorzusehen.

Art. 177 Anstaltsleiter oder Anstaltsleiterin

(1) ¹Für jede Justizvollzugsanstalt ist ein Beamter oder eine Beamtin, der oder die für ein Amt ab der Besoldungsgruppe A 14 qualifiziert ist, hauptamtlich mit der Leitung zu beauftragen (Anstaltsleiter oder Anstaltsleiterin). ²Aus besonderen Gründen kann eine Anstalt auch von einem Beamten oder einer Beamtin, der oder die für ein Amt ab der Besoldungsgruppe A 10 qualifiziert ist, geleitet werden.
(2) ¹Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin vertritt die Anstalt nach außen. ²Er oder sie trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug, soweit nicht bestimmte Aufgabenbereiche der Verantwortung anderer Vollzugsbediensteter oder ihrer gemeinsamen Verantwortung übertragen sind.
(3) Die Befugnis, die Durchsuchung nach Art. 91 Abs. 2, die besonderen Sicherungsmaßnahmen nach Art. 96 und die Disziplinarmaßnahmen nach Art. 110 anzuordnen oder einer Zwangsmaßnahme auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge nach Art. 108 zuzustimmen, darf nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde übertragen werden.

Art. 178 Seelsorge

(1) Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Abs. 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.
(3) Mit Zustimmung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin dürfen die Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorger von außen zuziehen.
(4) ¹Den Seelsorgern obliegt insbesondere die religiöse Betreuung der Gefangenen. ²Die Seelsorger wirken ferner mit bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, bei der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplans, bei der Freizeitgestaltung der Gefangenen, bei der sozialen Hilfe für die Gefangenen und bei der Aus- und Fortbildung der Vollzugsbediensteten.

Art. 179 Ärztliche Versorgung

(1) ¹Die ärztliche Versorgung ist durch hauptamtliche Ärzte sicherzustellen. ²Sie kann aus besonderen Gründen nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Ärzten übertragen werden.
(2) ¹Die Pflege der Kranken soll von Personen ausgeübt werden, die eine Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz besitzen. ²Solang Personen im Sinn von Satz 1 nicht zur Verfügung stehen, können auch Bedienstete eingesetzt werden, die eine sonstige Ausbildung in der Krankenpflege erfahren haben.
(3) ¹Den Ärzten obliegt insbesondere die Gesundheitsfürsorge für die Gefangenen, die Überwachung der gesundheitlichen und hygienischen Verhältnisse in der Anstalt, die ärztliche Überwachung der Anstaltsverpflegung und die Durchführung von Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge. ²Sie wirken ferner mit bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, bei der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplans, bei der Beurteilung der Gefangenen, bei der Anordnung und beim Vollzug besonderer Sicherungsmaßnahmen und von Disziplinarmaßnahmen in dem vorgesehenen Umfang sowie bei der Aus- und Fortbildung der Vollzugsbediensteten.

Art. 180 Pädagogischer Dienst

(1) ¹Die pädagogische Behandlung ist durch hauptamtliche Lehrkräfte sicherzustellen. ²Aus besonderen Gründen kann sie auch nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Lehrkräften übertragen werden.
(2) ¹Den Lehrkräften obliegt insbesondere die Erteilung von Unterricht und die Organisation der Ausbildung für die Gefangenen, die Sorge für sonstige Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung der Gefangenen sowie die Beratung und Betreuung der Gefangenen in Fragen der Aus- und Weiterbildung. ²Die Lehrkräfte wirken ferner mit bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, bei der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplans, bei der Beurteilung und der Freizeitgestaltung der Gefangenen, der Gestaltung des kulturellen Lebens der Anstalt sowie bei der Aus- und Fortbildung der Vollzugsbediensteten.

Art. 181 Sozialdienst

(1) Die sozialpädagogische Behandlung und Betreuung der Gefangenen ist durch hauptamtliche Sozialarbeiter sicherzustellen.
(2) ¹Den Sozialarbeitern obliegt insbesondere die soziale Hilfe für die Gefangenen. ²Die Sozialarbeiter wirken ferner mit bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, bei der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplans, bei der Beurteilung und der Freizeitgestaltung der Gefangenen sowie bei der Aus- und Fortbildung der Vollzugsbediensteten.

Art. 182 Psychologischer Dienst

(1) ¹Die psychologische Behandlung ist durch hauptamtliche Psychologen sicherzustellen. ²Aus besonderen Gründen kann sie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Psychologen übertragen werden.
(2) ¹Zu den Aufgaben des psychologischen Dienstes gehören insbesondere Diagnostik und Prognostik, Krisenintervention und psychologische Beratung, Psychotherapie sowie Dokumentation und Evaluation. ²Die Psychologen wirken ferner mit bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplans sowie der Personalauswahl, Organisationsentwicklung und Aus- und Fortbildung des Personals.

Art. 183 Konferenzen

Zur Aufstellung und Überprüfung des Vollzugsplans und zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Vollzug führt der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Konferenzen mit den an der Behandlung maßgeblich Beteiligten durch.

Art. 184 Hausordnung

(1) ¹Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin erlässt eine Hausordnung. ²Sie bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(2) In die Hausordnung sind insbesondere die Anordnungen aufzunehmen über
Besuchszeiten, Häufigkeit und Dauer der Besuche,
Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit,
auf der Grundlage dieses Gesetzes besonders auferlegte Pflichten sowie
die Gelegenheit, Anträge und Beschwerden anzubringen, oder sich an Vertreter der Aufsichtsbehörde zu wenden.
(3) Gefangene erhalten einen Abdruck der Hausordnung.

Art. 185 Beiräte

(1) Bei den Justizvollzugsanstalten sind Beiräte zu bilden.
(2) ¹Der oder die Vorsitzende und deren Vertreter werden aus der Mitte des Bayerischen Landtags gewählt. ²Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglieder der Beiräte sein.
(3) Die Mitglieder der Beiräte arbeiten ehrenamtlich.

Art. 186 Aufgaben

¹Die Mitglieder des Beirats wirken bei der Gestaltung des Vollzugs und bei der Betreuung der Gefangenen mit. ²Sie unterstützen den Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung.

Art. 187 Befugnisse

(1) ¹Die Mitglieder des Beirats können insbesondere Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. ²Sie können sich über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung unterrichten sowie die Anstalt und ihre Einrichtungen besichtigen.
(2) ¹Die Mitglieder des Beirats können die Gefangenen in ihren Räumen aufsuchen. ²Aussprache und Schriftwechsel werden nicht überwacht.

Art. 188 Pflicht zur Verschwiegenheit

¹Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Gefangenen, Verschwiegenheit zu bewahren. ²Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.

Art. 189 Kriminologischer Dienst

(1) Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den Vollzug, insbesondere die Behandlungsmethoden, wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen.
(2) Art. 197 Abs. 4a gilt entsprechend.

Teil 6 Vollzug des Strafarrests, Akten, Datenschutz, Arbeitslosenversicherung

Art. 190 Grundsatz

¹Für den Vollzug des Strafarrests in Justizvollzugsanstalten gelten die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (Art. 2 bis 116) entsprechend, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist. ² Art. 49 findet nur in den Fällen einer in Art. 42 erwähnten Beschäftigung Anwendung.

Art. 191 Unterbringung, Besuche und Schriftverkehr

(1) ¹Eine gemeinsame Unterbringung während der Arbeit, Freizeit und Ruhezeit (Art. 19 und 20) ist nur mit Einwilligung der Gefangenen zulässig. ²Dies gilt nicht, wenn Strafarrest in Unterbrechung einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.
(2) Den Gefangenen soll gestattet werden, einmal wöchentlich Besuch zu empfangen.
(3) Besuche und Schriftwechsel dürfen nur untersagt oder überwacht werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt notwendig ist.

Art. 192 Kleidung, Wäsche und Bettzeug

Gefangene dürfen eigene Kleidung, Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, wenn Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen und die Gefangenen für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgen.

Art. 193 Einkauf

Gefangene dürfen Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt auf eigene Kosten erwerben.

Art. 194 Unmittelbarer Zwang

¹Beim Vollzug des Strafarrests dürfen zur Vereitelung einer Flucht oder zur Wiederergreifung (Art. 107 Abs. 1 Nr. 3) keine Schusswaffen gebraucht werden. ²Dies gilt nicht, wenn Strafarrest in Unterbrechung einer Untersuchungshaft, einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.

Art. 195 Akten

(1) Über jeden Gefangenen und jede Gefangene werden Personalakten geführt (Gefangenenpersonalakten).
(2) Für jeden Gefangenen und jede Gefangene sind vom Arzt oder der Ärztin Gesundheitsakten zu führen.
(3) Über die im Rahmen einer Therapie erhobenen Daten im Sinn von Art. 201 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 sind Therapieakten zu führen.
(4) Die in Abs. 1 bis 3 genannten Akten können auch elektronisch geführt werden.

Art. 196 Datenerhebung

(1) ¹Die Anstalt darf personenbezogene Daten erheben, soweit deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. ²Sie darf beim Landesamt für Verfassungsschutz Anfragen nach vorhandenen Erkenntnissen stellen, die für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt erhebliche Bedeutung haben. ³Bei Gefangenen soll von der Abfrage nur abgesehen werden, wenn im Einzelfall auf Grund einer Gesamtwürdigung eine Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt ausgeschlossen wird.
(2) ¹Daten über Personen, die nicht Gefangene sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Anstalt nur erhoben werden, wenn sie für die Behandlung der Gefangenen, die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung des Vollzugs einer Freiheitsstrafe unerlässlich sind und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt. ²Im Übrigen gilt Art. 4 Abs. 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) entsprechend.

Art. 197 Datenweiterverarbeitung

(1) ¹Die Anstalt darf personenbezogene Daten weiterverarbeiten, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. ²Die Anstalt kann Gefangene verpflichten, einen Lichtbildausweis mit sich zu führen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.
(2) ¹Die Verarbeitung personenbezogener Daten für andere Zwecke ist zulässig, soweit dies
zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,
zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person,
zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, durch die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet werden, oder von Straftaten oder
für Maßnahmen der Strafvollstreckung oder strafvollstreckungsrechtliche Entscheidungen
erforderlich ist. ²Die Anstalten können personenbezogene Daten an Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst übermitteln, wenn die Daten konkrete Erkenntnisse zu einer Gefährdung der jeweiligen Rechtsgüter erkennen lassen, die für die Lagebeurteilung nach Maßgabe der Aufgaben der genannten Behörden bedeutsam sind; Art. 24 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes bleibt unberührt.
(3) Eine Verarbeitung für andere Zwecke liegt über die Fälle des Art. 6 Abs. 1 BayDSG hinaus nicht vor, soweit sie dem gerichtlichen Rechtsschutz nach den §§ 109 bis 121 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) dient.
(4) ¹Über die in Abs. 1 und 2 geregelten Zwecke hinaus dürfen zuständigen öffentlichen Stellen personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies für
Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht,
Entscheidungen in Gnadensachen,
Statistiken der Rechtspflege,
sozialrechtliche Maßnahmen,
die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der Gefangenen,
dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldaten,
ausländerrechtliche Maßnahmen oder
die Durchführung der Besteuerung oder die Geltendmachung von sonstigen Forderungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts
erforderlich ist. ²Eine Übermittlung für andere Zwecke ist auch zulässig, soweit eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf personenbezogene Daten über Gefangene bezieht.
(4a) ¹Die Regelungen der Strafprozessordnung für die Übermittlung personenbezogener Daten in Akten an Hochschulen, andere Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, und öffentliche Stellen für wissenschaftliche Zwecke gelten entsprechend. ²Es können auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden. ³Die Übermittlung ist, soweit dies zur Erfüllung des jeweiligen Zwecks ausreicht, auf anonymisierte und pseudonymisierte Daten zu beschränken und kann auch auf elektronischem Wege erfolgen.
(5) ¹Öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen darf die Anstalt auf schriftlichen Antrag mitteilen, ob sich eine Person in Haft befindet sowie ob und wann ihre Entlassung voraussichtlich bevorsteht und wie die Entlassungsadresse lautet, soweit
die Mitteilung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der öffentlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist oder
von nichtöffentlichen Stellen ein berechtigtes Interesse an dieser Mitteilung glaubhaft dargelegt wird und die Gefangenen kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben.
²Verletzten einer Straftat können darüber hinaus auf schriftlichen Antrag Auskünfte über die Vermögensverhältnisse von Gefangenen erteilt werden, wenn die Erteilung zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. ³Die Gefangenen werden vor der Mitteilung gehört, es sei denn, hierdurch droht eine Vereitelung des Zwecks der Mitteilung. ⁴Ist die Anhörung unterblieben, werden die betroffenen Gefangenen über die Mitteilung der Anstalt nachträglich unterrichtet. ⁵Besteht Anlass zu der Besorgnis, dass die Offenlegung von Lebensumständen von Verletzten einer Straftat deren Leib oder Leben gefährdet, kann die Offenlegung gegenüber den Gefangenen ganz unterbleiben. ⁶Die Mitteilung der Anschrift der Verletzten an die Gefangenen bedarf der Einwilligung der Verletzten.
(6) ¹Akten mit personenbezogenen Daten dürfen nur anderen Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen für Sicherungsverwahrung, Jugendarrestanstalten, den zur Dienst- oder Fachaufsicht oder zu dienstlichen Weisungen befugten Stellen, den für strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden; die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. ²Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von der Anstalt mit Gutachten beauftragten Stellen.
(7) Bei der Überwachung der Besuche oder des Schriftwechsels sowie bei der Überwachung des Inhalts von Paketen bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur für die in Abs. 2 aufgeführten Zwecke, für das gerichtliche Verfahren nach den §§ 109 bis 121 StVollzG, zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder nach Anhörung der Gefangenen für Zwecke der Behandlung verarbeitet werden.
(8) Personenbezogene Daten, die gemäß Art. 196 Abs. 2 Satz 1 über Personen, die nicht Gefangene sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszwecks oder für die in Abs. 2 geregelten Zwecke verarbeitet werden.
(9) ¹Daten, die erhoben wurden, ohne dass die Voraussetzungen für ihre Erhebung vorgelegen haben, dürfen nur dann weiterverarbeitet werden, wenn dies erforderlich ist zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
Leben, Gesundheit oder Freiheit oder
Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.
²Über die Verarbeitung nach Satz 1 entscheidet der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin oder der Stellvertreter.
(10) ¹Soweit möglich soll erkennbar werden, ob Daten auf Tatsachen oder persönlichen Einschätzungen beruhen. ²Bei einer Datenverarbeitung soll nach Möglichkeit unterschieden werden, ob die Daten Verdächtige, Verurteilte, Opfer oder andere Personen betreffen.

Art. 198 Allgemeine Regelungen der Datenübermittlung

(1) ¹Die Anstalt unterlässt die Übermittlung personenbezogener Daten, die erkennbar unrichtig, unvollständig oder nicht mehr auf dem gegenwärtigen Stand sind. ²Soweit möglich unterzieht sie die Daten vor Übermittlung einer diesbezüglichen Überprüfung. ³Die empfangende Stelle beurteilt die Richtigkeit, Vollständigkeit, die Zuverlässigkeit und Aktualität der Daten in eigener Zuständigkeit. ⁴Die übermittelnde Stelle fügt nach Möglichkeit die zur Prüfung erforderlichen Informationen bei.
(2) ¹Werden Daten nach ihrer Übermittlung nach Art. 202 Abs. 4 gelöscht oder wird nach Art. 202 Abs. 5 ihre Verarbeitung eingeschränkt, ist dies dem Empfänger unverzüglich mitzuteilen. ²Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unrichtig, sind sie unverzüglich zu berichtigen,
bei einer Übermittlung durch die Anstalt gegenüber der empfangenden Stelle, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Betroffenen erforderlich ist, und
bei einer Übermittlung an die Anstalt gegenüber der übermittelnden Stelle, soweit dies möglich und zumutbar ist.
(3) ¹Erweist sich die Übermittlung personenbezogener Daten als unrechtmäßig, ist dies der empfangenden Stelle unverzüglich mitzuteilen. ²Die Daten dürfen von dieser nicht mehr verarbeitet werden und sind unverzüglich in der Verarbeitung einzuschränken, wenn sie zu Zwecken der Dokumentation noch benötigt werden; andernfalls sind sie von dieser unverzüglich zu löschen.
(4) ¹Die empfangende Stelle darf die übermittelten personenbezogenen Daten nur zu dem Zweck verarbeiten, zu dem sie ihr übermittelt worden sind. ²Die empfangende Stelle darf die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten, soweit sie ihr auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen. ³Bestehen für die Verarbeitung besondere Bedingungen, ist die empfangende Stelle darauf hinzuweisen. ⁴Nicht öffentliche Stellen im Sinn des Art. 1 BayDSG bedürfen für die Weiterverarbeitung nach Satz 2 der Zustimmung der Anstalt; sie sind auf die Regelungen des Halbsatzes 1 sowie der Sätze 1 und 2 hinzuweisen.
(5) Die Anstalt darf auf Empfänger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Staaten, die die Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes auf Grund eines Assoziierungsübereinkommens mit der Europäischen Union über die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes anwenden, sowie auf Organisationen der Europäischen Union keine Bedingungen anwenden, die nicht auch für entsprechende innerstaatliche Datenübermittlungen gelten.

Art. 199 Zentrale Datei, automatisiertes Verfahren

(1) Die gemäß Art. 196 erhobenen Daten können für sämtliche Anstalten im Geltungsbereich dieses Gesetzes in einer zentralen Datei gespeichert werden.
(2) ¹Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Verarbeitung, insbesondere die Übermittlung oder den Abruf personenbezogener Daten aus der zentralen Datei gemäß den Art. 196 Abs. 1 Satz 2, Art. 197 Abs. 2 und 4 ermöglicht, ist zulässig. ²Die automatisierte Übermittlung der für § 32 Abs. 2 Satz 1 des Bundeskriminalamtgesetzes erforderlichen personenbezogenen Daten kann auch anlassunabhängig erfolgen. ³ Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDSG gilt entsprechend.
(3) ¹Folgende Verarbeitungsvorgänge nach Abs. 2 müssen protokolliert werden:
Erhebung,
Veränderung,
Abruf,
Offenlegung einschließlich Übermittlung,
Verknüpfung und
Löschung.
²Die Protokolle über Abrufe und Offenlegungen müssen die dafür maßgeblichen Gründe nennen sowie Datum und Uhrzeit dieser Vorgänge enthalten und, soweit möglich, die Feststellung der Identität der abrufenden oder offenlegenden Person sowie des Empfängers ermöglichen.
(4) ¹Die nach Abs. 3 erstellten Protokolle dürfen nur verwendet werden zur
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung einschließlich der Eigenüberwachung,
Gewährleistung der Integrität und Sicherheit der personenbezogenen Daten,
Verhütung oder Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und
Kontrolle durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz (Landesbeauftragter).
²Sie sind dem Landesbeauftragten auf Anforderung in auswertbarer Weise zur Verfügung zu stellen. ³Soweit sie für Zwecke des Satzes 1 nicht mehr benötigt werden, spätestens aber nach Ablauf des dritten Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, sind sie zu löschen. ⁴Die Auswertung für Zwecke des Satzes 1 Nr. 3 bedarf der Anordnung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin, der oder die die Anordnungsbefugnis allgemein oder im Einzelfall auf Beamte oder Beamtinnen, die die Voraussetzungen für den Einstieg in die vierte Qualifikationsebene erfüllen, delegieren kann.

Art. 200 Datenschutz-Folgenabschätzung und Anhörung des Landesbeauftragten

(1) Soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten automatisiert erfolgt, gelten Art. 35 Abs. 1, 2 und 7 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) und Art. 14 Abs. 1 BayDSG entsprechend.
(2) § 69 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gilt entsprechend.

Art. 201 Besondere Kategorien personenbezogener Daten, Schutz der Daten

(1) ¹Personenbezogene Daten, die
Ärzten, Zahnärzten oder Angehörigen eines solchen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung,
staatlich anerkannten Sozialarbeitern oder staatlich anerkannten Sozialpädagogen
von Gefangenen als Geheimnis anvertraut oder über Gefangene sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Anstalt der Schweigepflicht. ²Die in Satz 1 genannten Personen haben sich gegenüber dem Anstaltsleiter oder der Anstaltsleiterin zu offenbaren, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Anstalt oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben der Gefangenen oder Dritter erforderlich ist. ³Der Arzt oder die Ärztin ist zur Offenbarung ihm oder ihr im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsfürsorge bekannt gewordener Geheimnisse befugt, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Anstalt unerlässlich oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben der Gefangenen oder Dritter erforderlich ist. ⁴Sonstige Offenbarungsbefugnisse, insbesondere nach einer Entbindung von der Schweigepflicht, bleiben unberührt. ⁵Die Gefangenen sind vor der Erhebung über die nach den Sätzen 2 und 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse zu unterrichten.
(2) ¹Die nach Abs. 1 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet oder genutzt werden, unter denen eine in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannte Person selbst hierzu befugt wäre. ²Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Anstaltsbediensteten allgemein zulassen. ³Warnhinweise, die keinen Rückschluss auf konkrete Erkrankungen zulassen, sind zulässig, soweit dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben der Gefangenen oder Dritter erforderlich ist.
(3) Sofern Ärzte oder Psychologen außerhalb des Vollzugs mit der Untersuchung oder Behandlung Gefangener beauftragt werden, gilt Abs. 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass die beauftragte Person auch zur Unterrichtung der in der Anstalt mit der entsprechenden Behandlung betrauten Person befugt ist.
(4) ¹Im Übrigen ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinn des Art. 9 Abs. 1 DSGVO zulässig,
soweit andernfalls die Erfüllung vollzuglicher Aufgaben gefährdet oder wesentlich erschwert ist,
zur Abwehr von Gefahren für ein bedeutendes Rechtsgut,
wenn dies für Maßnahmen der Strafverfolgung und -vollstreckung, der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht sowie für Entscheidungen in Gnadensachen erforderlich ist,
wenn die betroffene Person der Datenverarbeitung zugestimmt hat und die Daten nur für den Zweck verarbeitet werden, zu dem die Zustimmung erteilt wurde,
wenn die betroffene Person sie bereits offensichtlich öffentlich gemacht hat,
wenn dies zu Zwecken der Eigensicherung erforderlich ist oder
soweit dies für die in Art. 197 Abs. 4a und Art. 204 Abs. 4 genannten Zwecke erforderlich ist.
²Solche Daten sollen besonders gekennzeichnet und der Zugriff darauf besonders ausgestaltet werden, wenn und soweit dies der Schutz der betroffenen Personen erfordert. ³Vor Erteilung der Zustimmung nach Satz 1 Nr. 4 ist die betroffene Person über den Zweck der Verarbeitung sowie darüber aufzuklären, dass sie die Zustimmung verweigern sowie jederzeit widerrufen kann; die Zustimmung ist zu dokumentieren. ⁴Gesundheits- und Therapieakten sind getrennt von anderen Unterlagen zu führen und besonders zu sichern.
(5) Andere personenbezogene Daten über die Gefangenen dürfen vorbehaltlich abweichender Regelung innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist.

Art. 202 Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung

(1) ¹Personenbezogene Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. ²Die Berichtigung kann auch eine Ergänzung der Daten erforderlich machen, wenn eine mangelnde Vollständigkeit die Unrichtigkeit der Daten für den Verarbeitungszweck zur Folge hat. ³Ist die Berichtigung nicht möglich oder nicht hinreichend, ist eine weitere Verarbeitung der Daten unzulässig.
(2) Die Anstalt soll angemessene Maßnahmen ergreifen, dass gespeicherte personenbezogene Daten sachlich richtig, vollständig und erforderlichenfalls auf dem neusten Stand sind, und zu diesem Zweck die Qualität der Daten überprüfen.
(3) ¹Die Speicherung von personenbezogenen Daten ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. ²Personenbezogene Daten sind spätestens fünf Jahre nach der Entlassung der Gefangenen oder ihrer Verlegung in eine andere Anstalt zu löschen. ³Bis zum Ablauf einer Aufbewahrungsfrist nach Abs. 6 Satz 1 für die Gefangenenpersonalakten können die Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum der Gefangenen verarbeitet werden, soweit dies für das Auffinden der Gefangenenpersonalakte erforderlich ist.
(4) Personenbezogene Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn
ihre Erhebung oder weitere Verarbeitung unzulässig war oder
sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen.
(5) ¹Die Löschung unterbleibt, soweit und solange
Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden,
die Daten für Beweiszwecke einer weiteren Aufbewahrung bedürfen,
dies zur Verfolgung oder Verhütung von Straftaten erforderlich ist,
dies im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist,
dies zur Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben nach Art. 197 Abs. 4a erforderlich ist oder
ein Fall des Art. 197 Abs. 9 vorliegt.
²In diesen Fällen sind die Daten in der Verarbeitung einzuschränken. ³Sie dürfen nur zu den in Satz 1 Nr. 2, 3, 5 und 6 genannten Zwecken oder mit Einwilligung der betroffenen Person verarbeitet werden.
(6) ¹Die Löschung von Daten in Akten unterbleibt außerdem bis zum Ablauf von in Rechtsvorschriften bestimmten Aufbewahrungsfristen. ²Die Akten können länger aufbewahrt werden, sofern dies im Einzelfall für die in Abs. 5 Satz 1 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. ³Abs. 5 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. ⁴Die Einschränkung der Verarbeitung endet, wenn die Gefangenen erneut zum Vollzug einer Freiheitsstrafe aufgenommen werden oder die betroffene Person einwilligt.
(7) ¹Es ist ein Verfahren festzulegen, das die Einhaltung der Fristen sicherstellt. ²Die archivrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.

Art. 203 Ausübung der Rechte der betroffenen Person

(1) ¹Die Anstalt informiert die Gefangenen und andere betroffene Personen in allgemeiner und verständlicher Form über
die Zwecke, zu denen personenbezogene Daten verarbeitet werden,
ihre Bezeichnung und Kontaktdaten und diejenigen des behördlichen Datenschutzbeauftragten,
die Kontaktdaten des Landesbeauftragten sowie das Recht, sich an ihn zu wenden,
die Rechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten.
²Die Anstalt weist auf Verlangen darüber hinaus in geeigneter Weise auf die Rechtsgrundlage der Datenerhebung sowie auf eine im Einzelfall bestehende gesetzliche Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit der Auskunft hin. ³Über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten wird die betroffene Person unverzüglich unter Angabe dieser Daten unterrichtet.
(2) ¹Die Informationen nach Abs. 1 Satz 2 und 3 können zunächst unterbleiben, soweit und solange
die Erreichung der in Art. 196 Abs. 1 genannten Zwecke auf andere Weise gefährdet oder wesentlich erschwert würde,
dies für die in Art. 197 Abs. 2 genannten Zwecke erforderlich ist oder
anzunehmen ist, dass dies überwiegenden Interessen oder Belangen der betroffenen Person oder Dritter dient.
²Sind die Voraussetzungen nach Satz 1 entfallen, ist die betroffene Person zu benachrichtigen und sind unterbliebene Informationen unverzüglich zu erteilen. ³Die Benachrichtigung hat zumindest die Angaben nach Abs. 1 Satz 1, die Rechtsgrundlage der Datenerhebung und gegebenenfalls der weiteren Verarbeitung, Informationen über die mutmaßliche Dauer der Datenspeicherung oder, falls diese Angabe nicht möglich ist, Kriterien hierfür sowie gegebenenfalls über die Kategorien der Empfänger der Daten zu enthalten. ⁴Bezieht sich die Benachrichtigung auf die Herkunft personenbezogener Daten von oder deren Übermittlung an die Staatsanwaltschaft, Polizei, Finanzverwaltung, Organe der überörtlichen Rechnungsprüfung, den Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst oder andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung, ist sie nur nach Zustimmung dieser Stellen zulässig.
(3) ¹Die betroffene Person kann nach Maßgabe des Art. 202 Abs. 1, 4 und 5 die unverzügliche Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung verlangen. ²Im Fall von Aussagen, Beurteilungen oder anderweitigen Wertungen betrifft die Frage der Richtigkeit nicht deren Inhalt, sondern die Tatsache, ob die Aussage, Beurteilung oder anderweitige Wertung so erfolgt ist. ³Kann die Richtigkeit der Daten nicht erwiesen werden, werden die Daten in der Verarbeitung eingeschränkt. ⁴In diesem Fall wird die betroffene Person unterrichtet, bevor die Einschränkung der Verarbeitung aufgehoben wird. ⁵Bestehen begründete Zweifel an der Identität der antragstellenden Person, kann die Bearbeitung ihres Anliegens von der Erbringung geeigneter Nachweise abhängig gemacht werden.
(4) ¹Die betroffene Person wird unverzüglich darüber in Kenntnis gesetzt, wie mit dem Antrag nach Abs. 3 verfahren wird, falls über ihn nicht unverzüglich entschieden wird. ²Soweit ein Antrag abgelehnt wird, ist die betroffene Person hierüber schriftlich und unter Mitteilung der Gründe zu unterrichten. ³Sie ist darauf hinzuweisen, dass sie Beschwerde bei dem Landesbeauftragten einlegen, ihre Rechte auch über diesen ausüben oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann. ⁴Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bei offensichtlich unbegründeten oder in ungebührlichem Umfang gestellten Anträgen können angemessene Kosten erhoben werden, soweit nicht ausnahmsweise schon von der Bearbeitung abgesehen werden kann.

Art. 204 Auskunftsrecht und Akteneinsicht

(1) ¹Die Anstalt teilt einer Person auf Antrag mit, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. ²Ist dies der Fall, erhält die Person ihrem Antrag entsprechend Auskunft über sie betreffende personenbezogene Daten und über
die Rechtsgrundlage und die Zwecke der Verarbeitung,
verfügbare Informationen zur Herkunft der Daten oder, falls dies im Einzelfall nicht möglich ist, zu den Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden,
die Empfänger, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt wurden,
die für deren Speicherung vorgesehene Dauer oder, falls dies im Einzelfall nicht möglich ist, die Kriterien für deren Festlegung,
die bestehenden Rechte auf Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung und
die Kontaktdaten des Landesbeauftragten und die Möglichkeit, bei ihm Beschwerde einzulegen.
³ Art. 203 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 Satz 5 sowie Art. 10 Abs. 2 BayDSG gelten entsprechend.
(2) ¹ Art. 203 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend. ²Die Gründe für die Ablehnung eines Antrags sind zu dokumentieren. ³Sie sind dem Landesbeauftragten für dessen Kontrolle in auswertbarer Weise zur Verfügung zu stellen, soweit nicht die Aufsichtsbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. ⁴Eine Mitteilung des Landesbeauftragten an die betroffene Person im Beschwerdeverfahren darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Anstalt oder der in Art. 203 Abs. 2 Satz 4 genannten Stellen zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmen.
(3) ¹Soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der betroffenen Person nicht ausreicht und sie hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen ist, erhält sie Akteneinsicht. ²Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Die Mitglieder einer Delegation des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe erhalten während des Besuchs in der Anstalt Einsicht in die Gefangenenpersonalakten und Gesundheitsakten, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben des Ausschusses erforderlich ist.

Art. 205 Weitere Bestimmungen

(1) Die datenschutzrechtlichen Regelungen über Anstalten gelten entsprechend für die Aufsichtsbehörde.
(2) Die §§ 78 bis 81 BDSG gelten entsprechend.
(3) Das Bayerische Datenschutzgesetz findet ergänzend Anwendung.

Art. 206 Einbehaltung von Beitragsteilen

Soweit die Anstalt Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten hat, hat sie von dem Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe einen Betrag einzubehalten, der dem Anteil der Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielten.

Teil 7 Schlussvorschriften

Art. 207 Einschränkung von Grundrechten

Auf Grund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person sowie das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie Art. 10 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 102 Abs. 1, Art. 112 Abs. 1 und Art. 109 der Verfassung) eingeschränkt werden.

Art. 208 Regelungsumfang

Dieses Gesetz ersetzt im Freistaat Bayern § 92 Abs. 1 JGG sowie das Strafvollzugsgesetz mit Ausnahme der Vorschrift des § 43 Abs. 11 Satz 2 Halbsatz 2 StVollzG und der Vorschriften über den Pfändungsschutz (§ 50 Abs. 2 Satz 5, § 51 Abs. 4 und 5, § 75 Abs. 3, §§ 130 und 176 Abs. 4 StVollzG), das gerichtliche Verfahren (§§ 109 bis 121b und 130 StVollzG), die Untersuchungshaft (§ 177 StVollzG), die Sicherungsverwahrung (§§ 129 bis 135 StVollzG), die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt (§§ 136 bis 138 StVollzG), den Vollzug von Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft (§§ 171 bis 175 StVollzG) sowie den unmittelbaren Zwang in Justizvollzugsanstalten beim Vollzug der Untersuchungshaft, der einstweiligen Unterbringung nach § 126a StPO, des Jugendarrests und der Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft (§ 178 Abs. 1 und 2 StVollzG).

Art. 209 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) ¹Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft. ²Abweichend von Satz 1 treten Art. 137 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 am 1. Januar 2011 in Kraft.
(2) Art. 205 Abs. 4 tritt mit Ablauf des 6. Mai 2023 außer Kraft.
München, den 10. Dezember 2007
Dr. Günther Beckstein
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