BayHoPr 2021: Richtlinien für das Programm zur Unterstützung vom Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 betroffener privater Haushalte und Wohnungsunternehmen in Bayern
¹Als Hilfe zur Beseitigung der Schäden, die im Juli 2021 in den bayerischen Regierungsbezirken unmittelbar durch Hochwasser und Starkregen sowie durch wild abfließendes Wasser, Sturzflut, aufsteigendes Grundwasser, überlaufende oder beschädigte Abwasseranlagen, Rückhaltebecken und Einrichtungen zur Wasserversorgung einschließlich Talsperren und Hangrutsch verursacht sind, gewähren der Bund und der Freistaat Bayern Finanzhilfen als Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 BayHO. ²Grundlagen der Finanzhilfen sind das Aufbauhilfegesetz (AufbhG 2021) vom 10. September 2021 (BGBI. I S. 4147), die Aufbauhilfeverordnung 2021 (AufbhV 2021) vom 15. September 2021 (BGBI. I S. 4214) und die dazu zwischen dem Bund und den Ländern geschlossene Verwaltungsvereinbarung. ³Für die Finanzhilfen, die im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfolgen und auf die kein Rechtsanspruch besteht, gelten die nachstehenden Richtlinien.
1. Zweck der Finanzhilfen als Billigkeitsleistungen
Die Hilfen sollen dazu beitragen, den Eigentümern, insbesondere selbstnutzenden Eigentümern, privaten Vermietern und Wohnungsunternehmen bei der Beseitigung und Behebung von Schäden an zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und Eigentumswohnungen sowie bei Schäden am Hausrat von Privathaushalten, insbesondere von Wohnungseigentümern und Mietern, rasch und wirkungsvoll zu helfen.
2. Empfänger der Finanzhilfen
Antragsberechtigt sind bei Schäden
an zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und Eigentumswohnungen private Eigentümer und Wohnungsunternehmen,
an Hausrat von Privathaushalten die Eigentümer und Mieter des Wohnraums, auch für deren Haushaltsangehörige, soweit dieser Hausrat ihnen oder einem der weiteren Haushaltsangehörigen gehört.
3. Gegenstand der Finanzhilfen
3.1
¹Berücksichtigt werden bei Wohngebäuden
Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden an durch Hochwasser beziehungsweise Starkregen beschädigten Wohngebäuden und zur Erneuerung beschädigter oder zerstörter Bauteile (Instandsetzung),
Maßnahmen zur Neuerrichtung oder zum Erwerb von gleichartigen Wohngebäuden als Ersatz von durch Hochwasser beziehungsweise Starkregen zerstörten Wohngebäuden, auch an anderer Stelle (Ersatzvorhaben),
die Reparatur von beschädigten Hausratsgegenständen, soweit deren Aufwendungen den Wert der jeweiligen Sache nicht übersteigen, oder die Wiederbeschaffung zerstörter oder beschädigter Hausratsgegenstände, sofern eine Reparatur unwirtschaftlich ist,
Mietausfälle beziehungsweise die Verringerung von Mieteinnahmen,
die Kosten für begleitende Maßnahmen wie Moderation, Beratung, Austausch und Wissensvermittlung.
²Die teilweise gewerbliche Nutzung eines Gebäudes schließt eine Finanzhilfe für den zum Wohnen genutzten Teil nach Satz 1 nicht aus.
3.2
¹Im Rahmen der Schadensbeseitigung kann in begründeten Fällen auch für Maßnahmen der Modernisierung eine Finanzhilfe gewährt werden, soweit hierfür eine Rechtspflicht besteht oder sie unter den Voraussetzungen von § 3 Abs. 2 AufbhV 2021 zwingend erforderlich sind. ²Die Maßnahmen sind bis zur Höhe des entstandenen Schadens ausgleichsfähig.
3.3
Kosten von Abriss- oder Aufräumarbeiten, einschließlich Entsorgung (inklusive der Beseitigung von schädlichen Bodenverunreinigungen), können nur berücksichtigt werden, soweit sie im unmittelbaren Zusammenhang mit den in Nr. 3.1 genannten Maßnahmen stehen.
3.4
¹Zum Hausrat zählen die zur Haushalts- und Lebensführung notwendigen Möbel, Geräte und sonstigen Bestandteile einer Wohnungseinrichtung, soweit sie nicht über den angemessenen Bedarf hinausgehen. ²Ersetzt wird in der Regel nur der Wert der zerstörten oder beschädigten Hausratsgegenstände und nicht der Wert für eine gleichartige neue Sache. ³Alternativ können angemessene Pauschalen gemäß Nr. 4.3 festgesetzt werden.
3.5
¹Mietausfälle beziehungsweise die Verringerung von Mieteinnahmen, die bei Unternehmen im Sinne des Beihilferechts zu Einkommenseinbußen gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO) führen, werden nicht nach dieser Richtlinie, sondern nach Maßgabe des Hilfsprogramms für die gewerbliche Wirtschaft gemäß Anlage 1 zu der Verwaltungsvereinbarung zur Aufbauhilfe 2021 erstattet. ²Mietausfälle beziehungsweise die Verringerung von Mieteinnahmen, die für private Vermieter zu Einkommenseinbußen führen, können während eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten nach dem als Naturkatastrophe anerkannten Schadensereignis nach Maßgabe dieser Richtlinie erstattet werden.
3.6
Eine Finanzhilfe für die denkmalgerechte Ausführung wird nach den Grundsätzen des Kulturellen Hilfsprogramms gemäß Anlage 7 zu der Verwaltungsvereinbarung zur Aufbauhilfe 2021 gewährt.
4. Art und Umfang der Finanzhilfe
4.1
¹Die Finanzhilfen werden bis zur Höhe von 80 % des entstandenen Schadens unter Beachtung des § 2 Abs. 3 des AufbhG 2021 an die in Nr. 2 genannten Finanzhilfeempfänger für ausgleichsfähige Maßnahmen gewährt. ²Zur Vermeidung von Härtefällen können in begründeten Einzelfällen höhere Beträge gewährt werden.
4.2
Bei einem Ersatzvorhaben an anderer Stelle ist der aktuelle Verkehrswert des bisherigen Anwesens von der Hilfeleistung abzuziehen.
4.3
¹Für die Erneuerung eines vollständigen Hausstands auf Basis des Zeitwerts können folgende Pauschalbeträge als angemessen erachtet werden:
– bei Ein-Personen-Haushalten: 20 000 Euro,
– bei Mehr-Personen-Haushalten: für die erste Person 20 000 Euro,
– für den Ehegatten oder Lebenspartner: 10 000 Euro,
– für jede weitere dort gemeldete Person: 5 000 Euro,
– bei Wohngemeinschaften (zum Beispiel von Studierenden): 5 000 Euro für jede zur Wohngemeinschaft gehörige und dort gemeldete Person.
²Sind nur Teile des Hausrats zerstört worden, ist von den oben angeführten Beträgen ein entsprechender Abschlag vorzunehmen. ³Auch können die Bewilligungsstellen, sofern dies zweckdienlicher erscheint, im Interesse einer einheitlichen Handhabung in ihrem Zuständigkeitsbereich für einzelne vernichtete Hausratsgegenstände, soweit sie als Grundausstattung erforderlich sind, entsprechende Beträge festlegen, die als angemessen anerkannt werden.
4.4
Die Finanzhilfe für Mietausfälle beziehungsweise die Verringerung von Mieteinnahmen, die für private Vermieter zu Einkommenseinbußen führen, beträgt im Regelfall bis zu 80 % des Mietausfalls.
4.5
Schäden, zu deren Beseitigung Ausgaben von weniger als 1 500 Euro je Nutzungseinheit anfallen, sind nicht ausgleichsfähig.
5. Anwendung des EU-Beihilferechts bei Finanzhilfen an Unternehmen
5.1
Für Finanzhilfen an Unternehmen im beihilferechtlichen Sinn gelten gemäß § 2 Abs. 5 Sätze 2 bis 4 in Verbindung mit § 8 AufbhV 2021 die Maßgaben von Art. 50 AGVO.
5.2
¹Nach Art. 50 AGVO sind nur solche Ausgaben beihilfefähig, die durch die als direkte Folge der Naturkatastrophe entstandenen Schäden verursacht und von einem von der zuständigen Behörde anerkannten unabhängigen Sachverständigen oder von einem Versicherungsunternehmen geschätzt wurden. ²Der Sachschaden wird auf der Grundlage der Reparaturkosten oder des wirtschaftlichen Wertes des betroffenen Vermögenswerts vor der Naturkatastrophe berechnet. ³Er darf nicht höher sein als die Reparaturkosten oder die durch die Naturkatastrophe verursachte Minderung des Marktwerts, das heißt die Differenz zwischen dem Wert des Vermögenswerts unmittelbar vor der Naturkatastrophe und seinem Wert unmittelbar danach.
5.3
Die beihilfefähigen Ausgaben sind gemäß Art. 7 Abs. 1 AGVO durch schriftliche Unterlagen zu belegen; diese müssen klar, spezifisch und aktuell sein.
5.4
Gemäß Art. 9 Abs. 1 AGVO in Verbindung mit Anhang II, III der AGVO müssen bestimmte Informationen über jede Einzelbeihilfe an Unternehmen veröffentlicht werden.
5.5
¹Die Europäische Kommission hat das Recht, die Finanzhilfen an Unternehmen auf Grundlage dieser Regelungen zu überprüfen. ²Daher müssen alle für die Finanzhilfen relevanten Unterlagen zehn Jahre lang ab der Gewährung der letzten Beihilfe auf Grundlage dieser Regelungen aufbewahrt werden (Art. 12 AGVO).
6. Kumulierung und Abgrenzung zu anderen Finanzierungen
6.1
Eine früher gewährte Zuwendung oder Billigkeitsleistung für dasselbe Objekt mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten schließt eine nochmalige Hilfsleistung von Maßnahmen im Rahmen dieses Programms nicht aus.
6.2
¹Die Kumulierung von Hilfsleistungen nach diesen Richtlinien mit Mitteln aus anderen Programmen (insbesondere der Wohnraumförderung sowie der Städtebauförderung) für dieselbe Maßnahme ist zulässig, soweit nicht nach den dafür maßgeblichen Richtlinien ein entsprechender Kumulierungsausschluss besteht. ²Für denselben Schaden gewährte Soforthilfen (insbesondere die Soforthilfen „Haushalt/Hausrat“ und „Ölschäden an Gebäuden“) sind anzurechnen.
6.3
Bei der Gewährung von Finanzhilfen an Unternehmen im beihilferechtlichen Sinn sind die Kumulierungsregelungen des Art. 8 AGVO zu beachten.
7. Versicherungsleistungen und Spenden
7.1
Versicherungsleistungen, die der Empfänger der Finanzhilfen für Instandsetzung oder für Ersatzvorhaben erhält, sind ebenso wie zweckgebundene Spenden zur Vermeidung einer Überkompensation bei der Bemessung der Höhe der Finanzhilfen anzurechnen.
7.2
¹In den Fällen, in denen Versicherungsschutz für das beschädigte oder zerstörte Wohngebäude besteht oder zweckgebundene Spenden zu erwarten sind, kann die Höhe der Finanzhilfe zunächst auch ohne Berücksichtigung solcher späteren Leistungen vorläufig festgesetzt werden. ²Dabei sind bereits erfolgte Abschlagszahlungen zu berücksichtigen. ³Nach abschließender Regulierung des Schadens durch die Versicherung erfolgt die endgültige Festsetzung unter Berücksichtigung der Versicherungsleistungen durch einen Schlussbescheid. ⁴Gleiches gilt für die Berücksichtigung zweckgebundener Spenden.
7.3
¹Bewilligungen, die im Hinblick auf späteren Versicherungsleistungen zunächst nur vorläufig erfolgen, sind nur unter der Voraussetzung möglich, dass der Empfänger der Finanzhilfe seine Versicherungsansprüche bis zur Höhe der Finanzhilfe an den Freistaat Bayern abtritt. ²Die abschließende Festsetzung erfolgt nach Maßgabe von Satz 1.
8. Verfahren
8.1
Die Finanzhilfe ist bei der zuständigen Regierung spätestens bis zum 30. Juni 2023 zu beantragen.
8.2
¹Ein Maßnahmenbeginn vor Antragstellung ist unschädlich, sofern die Maßnahme, insbesondere eine unaufschiebbare bauliche Sanierungsmaßnahme oder der Erwerb dringend benötigter Hausratsgegenstände, nicht vor dem Zeitpunkt begonnen wurde, zu dem die Hochwasserschäden eingetreten sind, nicht jedoch vor dem 1. Juli 2021. ²Die Schäden sind zuvor zu dokumentieren.
8.3
¹Für die Antragstellung ist der bei der Regierung erhältliche Vordruck „HWP-I“ (zweifach) zu verwenden, dem unter anderem die Kostenvoranschläge für die notwendigen Maßnahmen beizufügen sind. ²Die Hochwasserschäden sind nachzuweisen oder glaubhaft zu machen; die Erforderlichkeit der Maßnahmen ist auf Verlangen der zuständigen Regierung zu begründen.
8.4
¹Die Regierung prüft, ob die Voraussetzungen gegeben sind und ob im Rahmen ihres Kontingents Mittel vorhanden sind. ²Die Finanzhilfe ist auf volle 100 Euro abzurunden. ³Die Regierung kann im Bewilligungsbescheid zur Vermeidung oder Verminderung von zukünftigen Hochwasserschäden weitere Auflagen vorsehen.
8.5
¹Im Bewilligungsverfahren ist dafür Sorge zu tragen, dass keine Überkompensation von Schäden erfolgt. ²Gegebenenfalls ist eine entsprechende Kürzung der Finanzhilfe vorzunehmen. ³Die Rückforderung für den Fall einer Überkompensation ist im Bescheid vorzubehalten.
8.6
Die Bewilligungen sollen bis zum 31. Dezember 2023 erteilt werden.
9. Auszahlung
9.1
Auszahlungen sind unter Vorlage einer Aufstellung der entstandenen Ausgaben und der Originalrechnungen bei der Regierung zu beantragen.
9.2
¹Die bewilligte Finanzhilfe wird nach Erfüllung der im Bewilligungsbescheid genannten Voraussetzungen in zwei Raten entsprechend dem lnstandsetzungsfortschritt oder dem Erwerb von Hausratsgegenständen wie folgt ausgezahlt:
– 65 % der Finanzhilfe, sobald tatsächlich ausgleichsfähige Ausgaben in der Höhe angefallen sind, dass sie die Auszahlung dieses Betrages nach Maßgabe der Nr. 4.1 oder der Nr. 4.4 rechtfertigen,
– die restlichen 35 % der Finanzhilfe nach Abschluss der Maßnahme und Vorlage des Verwendungsnachweises.
²Beträgt die bewilligte Finanzhilfe mehr als 50 000 Euro, kann eine erste Auszahlung bereits erfolgen, wenn 30 % der ausgleichsfähigen Ausgaben angefallen sind, eine weitere, wenn 65 % der ausgleichsfähigen Ausgaben angefallen sind. ³Die restlichen 35 % der Finanzhilfe werden wie im Verfahren nach Satz 1 ausbezahlt. ⁴Bei Ersatzvorhaben erfolgt die Auszahlung in folgenden vier Teilraten:
– 30 v. H. nach der Fertigstellung der Kellerdecke oder bei nichtunterkellerten Gebäuden nach der Fertigstellung der Bodenplatte,
– 35 v. H. nach der Fertigstellung des Rohbaus einschließlich der Dacheindeckung,
– 25 v. H. nach Erreichen der Bezugsfertigkeit und
– 10 v. H. nach restloser Fertigstellung.
10. Verwendungsnachweis; Prüfungen
10.1
¹Die zweckentsprechende Verwendung der Mittel ist sechs Monate nach Abschluss der Maßnahme, spätestens jedoch zum 30. Juni 2028, gegenüber der Regierung nachzuweisen. ²Dazu ist ein zahlenmäßiger Nachweis, in dem alle im Zusammenhang mit der Gewährung der Finanzhilfe und der Schadensbeseitigung zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben ausgewiesen sind, vorzulegen. ³Der Empfänger der Finanzhilfe ist verpflichtet, die Originalrechnungen für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Einreichung des Verwendungsnachweises aufzubewahren; Nr. 5.5 bleibt unberührt.
10.2
Der Bundesrechnungshof, der Bayerische Oberste Rechnungshof sowie gegebenenfalls von diesen beauftragte Dritte sind berechtigt, bei den Empfängern der Finanzhilfen Prüfungen im Sinne des § 93 BHO beziehungsweise Art. 91 BayHO vorzunehmen; die Prüfrechte sind in den Bewilligungsbescheid aufzunehmen.
10.3
¹Die zweckentsprechende Verwendung der Finanzhilfen ist von den Regierungen in angemessenem Umfang zu prüfen. ²Es sollen mindestens fünf Prozent der bewilligten Anträge nachgelagert geprüft werden. ³Der Prüfumfang ist risikobezogen zu erhöhen.
11. Inkrafttreten; Außerkrafttreten
¹Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 2021 in Kraft. ²Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2028 außer Kraft.
Helmut Schütz
Ministerialdirektor
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