BayAbgrG
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BayAbgrG: Bayerisches Abgrabungsgesetz (BayAbgrG) Vom 27. Dezember 1999 (GVBl. S. 532, 535) BayRS 2132-2-B (Art. 1–10)

Art. 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt für Abgrabungen zur Gewinnung von nicht dem Bergrecht unterliegenden Bodenschätzen und sonstige Abgrabungen einschließlich der Aufschüttungen, die unmittelbare Folge von Abgrabungen sind, sowie der dem Abgrabungsbetrieb dienenden Gebäude und Nebenanlagen.

Art. 2 Allgemeine Anforderungen

¹Abgrabungen sind so auszuführen, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben oder Gesundheit, und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. ²Im Vollzug dieses Gesetzes ist ein bestmöglicher Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an der Gewinnung heimischer Bodenschätze zur Sicherung der Rohstoffversorgung und den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege anzustreben.

Art. 3 Abgrabungsbehörden

¹Untere Abgrabungsbehörden sind die Kreisverwaltungsbehörden. ²Höhere Abgrabungsbehörden sind die Regierungen. ³Oberste Abgrabungsbehörde ist das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr.

Art. 4 Aufgaben und Befugnisse der Abgrabungsbehörden

(1) ¹Die Aufgaben der Abgrabungsbehörden sind Staatsaufgaben. ²Für die Gemeinden sind sie übertragene Aufgaben.
(2) ¹Die Abgrabungsbehörden wachen darüber, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die für die Anlagen nach Art. 1 gelten, sowie die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. ²Sie können in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. ³Abgrabungsaufsichtliche Genehmigungen und Maßnahmen gelten auch für und gegen die Rechtsnachfolger; das Gleiche gilt auch für Personen, die ein Besitzrecht nach Erteilung einer abgrabungsaufsichtlichen Genehmigung oder nach Erlass einer abgrabungsaufsichtlichen Maßnahme erlangt haben. ⁴Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes Beauftragten sind berechtigt, in Ausübung ihres Amts Grundstücke und Anlagen nach Art. 1 auch gegen den Willen der Betroffenen zu betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes, Art. 106 der Verfassung) wird insoweit eingeschränkt.

Art. 5 Sachliche Zuständigkeit

¹Sachlich zuständig ist die untere Abgrabungsbehörde, soweit nichts anderes bestimmt ist. ²Für Anlagen nach Art. 1 ist unter den Voraussetzungen des Art. 73 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) die höhere Abgrabungsbehörde sachlich zuständig.

Art. 6 Genehmigungspflicht

(1) Die Ausführung einer Abgrabung bedarf der Genehmigung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) ¹Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen
Abgrabungen mit einer Grundfläche bis zu 500 m² und einer Tiefe bis zu 2 m,
Abgrabungen, die einer anderen öffentlich-rechtlichen Zulassung bedürfen,
Abgrabungen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinn des § 30 des Baugesetzbuchs (BauGB), wenn
der Bebauungsplan Regelungen über die Zulässigkeit, den Standort und die Größe der Abgrabung enthält,
für die Abgrabung im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans eine nach Art. 8 erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist,
die Abgrabung den Festsetzungen des Bebauungsplans und örtlichen Bauvorschriften nach Art. 81 Abs. 1 BayBO nicht widerspricht,
die Erschließung gesichert ist und
die Gemeinde nicht innerhalb eines Monats nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB beantragt,
Abgrabungen, für die keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Art. 8 durchzuführen ist, unter den Voraussetzungen des Art. 73 Abs. 1 Satz 3 BayBO,
Grabungen im Sinn des Art. 7 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes (DSchG), für die keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Art. 8 durchzuführen ist,
bauliche Anlagen nach Art. 1, wenn sie nach Art. 57 oder 58 BayBO keiner Genehmigung bedürfen.
²In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 darf mit der Ausführung der Abgrabung auch begonnen werden, wenn die Gemeinde vor Ablauf der Frist nach Satz 1 Nr. 3 Buchst. e erklärt, dass sie eine vorläufige Untersagung der Ausführung der Abgrabung nicht beantragen wird.
(3) ¹Die Genehmigungsfreiheit nach Absatz 2 entbindet nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an die Anlagen nach Art. 1 gestellt werden. ²Die abgrabungsaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse und die Verpflichtung, andere öffentlich-rechtliche Gestattungen für die Ausführung oder Verfüllung der Abgrabung oder für die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen nach Art. 1 einzuholen, werden durch die Genehmigungsfreiheit nicht berührt.

Art. 7 Genehmigungsverfahren

(1) ¹Der Abgrabungsantrag ist mit den erforderlichen Unterlagen (Abgrabungsplan) bei der Gemeinde einzureichen. ²Diese legt ihn, sofern sie nicht selbst zuständig ist, mit ihrer Stellungnahme unverzüglich der Abgrabungsbehörde vor.
(2) Das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr wird ermächtigt, zum abgrabungsaufsichtlichen Genehmigungsverfahren durch Rechtsverordnung Vorschriften über Umfang und Inhalt des Abgrabungsplans, die Zahl der einzureichenden Fertigungen sowie die erforderlichen Nachweise zu erlassen.
(3) ¹Die Staatsregierung wird ermächtigt, zur Digitalisierung des abgrabungsaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens durch Rechtsverordnung räumlich bestimmte Abweichungen von den durch oder aufgrund dieses Gesetzes bestehenden Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften vorzusehen. ²Abweichungen nach Satz 1 für Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften können sich auch auf die Einreichung in Papierform erstrecken. ³Soweit die Festlegung des örtlichen Anwendungsbereichs einer Rechtsverordnung nach Satz 1 und 2 betroffen ist, kann die Staatsregierung die Ermächtigung nach Satz 1 und 2 durch Rechtsverordnung auf das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr übertragen.

Art. 8 Umweltverträglichkeitsprüfung

(1) ¹Für nach Art. 6 genehmigungsbedürftige Abgrabungen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Fünften Teil Abschnitt III des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes durchzuführen, wenn eine Abbaufläche von mehr als 10 ha beantragt wird. ²Bei Abgrabungen in einem gemäß der Richtlinie 92/43/EWG oder der Richtlinie 2009/147/EG ausgewiesenen Schutzgebiet oder in Nationalparken (§ 24 Abs. 1 bis 3 des Bundesnaturschutzgesetzes – BNatSchG) oder Naturschutzgebieten (§ 23 BNatSchG) ist die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn eine Abbaufläche von mehr als 1 ha beantragt wird. ³Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch dann durchzuführen, wenn die Abbaufläche zu mehr als 1 ha in einem Biotop im Sinn des § 30 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) liegt.
(2) Absatz 1 gilt auch für Erweiterungen von Abgrabungen,
für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, wenn die Erweiterungsfläche mindestens 50 v.H. der Schwellenwerte nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 aufweist oder zu mehr als 1 ha in einem Biotop im Sinn des § 30 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 BayNatSchG liegt,
die nach dem 13. März 1999 ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt worden sind, wenn die Erweiterungsfläche zusammen mit der bei Abgrabungsbeginn noch nicht rekultivierten oder renaturierten Fläche 10 ha, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 1 ha überschreitet oder zu mehr als 1 ha in einem Biotop im Sinn des § 30 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 BayNatSchG liegt.

Art. 9 Genehmigung

(1) ¹Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn Anlagen nach Art. 1 den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im abgrabungsaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, nicht widersprechen; für dem abgrabungsaufsichtlichen Genehmigungsverfahren unterliegende bauliche Anlagen gelten Art. 59, 60, 62a Abs. 2 Satz 4 und 62b Abs. 2 Satz 2 BayBO entsprechend. ²Die abgrabungsaufsichtliche Erlaubnis erlischt, wenn innerhalb von vier Jahren nach Erteilung mit der Ausführung der Abgrabung nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist. ³ Art. 62 Abs. 1 Satz 4 und Art. 77 Abs. 2 Satz 3 BayBO gelten entsprechend. ⁴Vor Einreichung des Abgrabungsantrags kann auf schriftlichen Antrag zu einzelnen in der Abgrabungsgenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. ⁵Ist ein Abgrabungsantrag eingereicht, so kann die Ausführung von Teilen des Vorhabens auf schriftlichen Antrag schon vor Erteilung der Abgrabungsgenehmigung durch schriftlichen Bescheid (Teilabgrabungsgenehmigung) gestattet werden. ⁶Für Vorbescheid und Teilabgrabungsgenehmigung gelten die Vorschriften über die Abgrabungsgenehmigung sinngemäß.
(2) ¹ Art. 66 BayBO gilt entsprechend, soweit nicht für die Fälle des Art. 8 Abweichendes geregelt ist. ²Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die Genehmigung nach Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 hat keine aufschiebende Wirkung.
(3) Die Genehmigung wird unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt.
(4) ¹Vor Bekanntgabe der Genehmigung darf mit der Ausführung der Abgrabung nicht begonnen werden. ²Der Beginn, bei einer Unterbrechung von mehr als sechs Monaten auch die Fortsetzung der Ausführung, ist der Abgrabungsbehörde mindestens eine Woche zuvor schriftlich mitzuteilen.

Art. 10 Ordnungswidrigkeiten

(1) Mit Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig
eine Abgrabung ohne die nach Art. 6 Abs. 1 erforderliche Genehmigung oder entgegen Art. 9 Abs. 4 Satz 1 ausführt, einer mit der Genehmigung verbundenen vollziehbaren Auflage zuwiderhandelt oder den Beginn der Ausführung der Abgrabung oder der Wiederaufnahme der Abgrabung entgegen Art. 9 Abs. 4 Satz 2 nicht oder nicht rechtzeitig anzeigt,
eine Abgrabung vor Ablauf der Frist nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. e und ohne dass die Gemeinde die Erklärung nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 abgegeben hat, ausführt,
eine Abgrabung ausführt, bevor die erforderlichen Nachweise oder die Bescheinigungen verantwortlicher Sachverständiger erstellt sind,
eine Abgrabung entgegen einer vollziehbaren Anordnung nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 ausführt.
(2) Mit Geldbuße bis zu fünftausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder leichtfertig unrichtige Angaben macht oder unrichtige Pläne oder Unterlagen vorlegt, um einen Verwaltungsakt nach diesem Gesetz zu erwirken oder zu verhindern.
(3) ¹Ist eine vorsätzliche Ordnungswidrigkeit nach Absätzen 1 und 2 begangen worden, so können
Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht, und
Gegenstände, die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind,
eingezogen werden. ² § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist anzuwenden.
München, den 27. Dezember 1999
Dr. Edmund Stoiber
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