BayBlindG: Bayerisches Blindengeldgesetz (BayBlindG) Vom 7. April 1995 (GVBl. S. 150) BayRS 2170-6-A (Art. 1–9)
Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats hiermit bekanntgemacht wird:
Art. 1 Anspruch
(1) Blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen erhalten auf Antrag, soweit sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Bayern haben oder soweit die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 dies vorsieht, zum Ausgleich der durch diese Behinderungen bedingten Mehraufwendungen ein monatliches Blindengeld.
(2) ¹Blind ist, wem das Augenlicht vollständig fehlt. ²Als blind gelten auch Personen,
deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch beidäugig nicht mehr als 1/50 beträgt oder
bei denen durch Nummer 1 nicht erfaßte Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad bestehen, daß sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzuachten sind.
(3) Hochgradig sehbehindert ist, wer nicht blind im Sinne von Abs. 2 ist und
wessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch beidäugig nicht mehr als 1/20 beträgt oder
wer so schwere Störungen des Sehvermögens hat, dass sie einen Grad der Behinderung von 100 nach dem SGB IX bedingen.
(4) Taub im Sinne dieses Gesetzes sind Personen mit einem Hörverlust von mindestens 80 %.
(5) ¹Vorübergehende Seh- oder Hörstörungen sind nicht zu berücksichtigen. ²Als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten.
Art. 2 Höhe der Leistung
(1) ¹ Blinden Menschen wird monatlich ein Blindengeld in Höhe von 85 % des sich jeweils aus § 72 Abs. 2 SGB XII für Volljährige ergebenden Betrags gezahlt; ein nicht auf volle Euro errechneter Betrag ist von 0,50 € an aufzurunden und im Übrigen abzurunden. ²Hochgradig sehbehinderte Menschen erhalten monatlich 30 % des Betrages nach Satz 1. ³Menschen, die zusätzlich taub sind, erhalten jeweils den doppelten Betrag nach Satz 1 oder 2.
(2) ¹Bei Berechtigten, die in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung leben und bei denen die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen werden oder die Mittel einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des SGB XI in Anspruch nehmen, verringert sich das Blindengeld um den aus diesen Mitteln übernommenen Betrag, höchstens jedoch um 50 %. ² Die Regelung nach Satz 1 gilt vom ersten Tag des übernächsten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts.
(3) ¹Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird Blindengeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrags nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert. ²Der Betrag nach Absatz 2 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.
Art. 3 Ausgeschlossener Personenkreis
(1) Keinen Anspruch nach diesem Gesetz haben Personen, die Leistungen wegen ihrer Sehbehinderung erhalten
nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge oder
nach einer den Nrn. 1 bis 3 entsprechenden ausländischen Rechtsvorschrift.
(2) Abs. 1 Nr. 1 findet keine Anwendung soweit ergänzende Blindenhilfe nach § 27d des Bundesversorgungsgesetzes gezahlt wird.
Art. 4 Anrechnung von Pflegeleistungen und von sonstigen Leistungen
(1) ¹Leistungen nach dem SGB XI bei häuslicher Pflege werden auf das Blindengeld angerechnet. ²Bei Pflegebedürftigkeit nach § 15 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB XI (Pflegegrad 2) werden 46 % des Betrags nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI angerechnet, in den übrigen Fällen (Pflegegrade 3 bis 5) 33 % des Betrags nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI. ³Besteht der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege nicht für den vollen Kalendermonat, gilt § 37 Abs. 2 SGB XI entsprechend.
(2) ¹Erhalten Berechtigte Leistungen nach dem SGB XI aus einer privaten Pflegeversicherung, wird an Stelle des Betrags nach Art. 2 Abs. 1 der Betrag gezahlt, der sich durch die Anwendung des Absatzes 1 ergibt. ²Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit nach sonstigen inländischen oder nach ausländischen Rechtsvorschriften werden auf das Blindengeld wie das Pflegegeld nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI mit 46 % angerechnet; dies gilt nicht für Leistungen nach Art. 2 des Bayerischen Landespflegegeldgesetzes.
(3) Leistungen zum Ausgleich der in Art. 1 Abs. 1 genannten Mehraufwendungen nach sonstigen inländischen oder nach ausländischen Rechtsvorschriften werden auf das Blindengeld angerechnet.
(4) Errechnet sich durch die Anrechnung nach den Abs. 1 bis 3 ein geringerer monatlicher Zahlbetrag als 20 €, wird ein Blindengeld in Höhe von 20 € monatlich gezahlt.
Art. 5 Beginn und Ende der Leistung
¹Der Anspruch auf Blindengeld entsteht mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorliegen, frühestens mit dem ersten Tag des Antragsmonats; das Blindengeld wird monatlich im voraus gezahlt. ²Der Anspruch auf Blindengeld entfällt mit Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen weggefallen sind.
Art. 6 Zuständigkeit
Zuständig für den Vollzug dieses Gesetzes ist das Zentrum Bayern Familie und Soziales.
Art. 7 Verfahren
(1) ¹Das SGB I und das SGB X finden Anwendung, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält. ²Abweichend von § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von vier Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden.
(2) § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI gelten entsprechend.
(3) ¹Für Streitigkeiten in Angelegenheiten dieses Gesetzes ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. ²Soweit das Sozialgerichtsgesetz besondere Vorschriften für die Kriegsopferversorgung enthält, gelten diese auch für Streitigkeiten nach Satz 1.
Art. 8 Übergangsvorschrift
¹Wer im Dezember 2016 gleichzeitig Anspruch auf Blindengeld und auf Pflegegeld der Pflegestufe I sowie auf verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nach dem SGB XI hatte, erhält das Blindengeld weiterhin in der im Dezember 2016 gezahlten Höhe, solange er nach Art. 1 anspruchsberechtigt ist. ²Allgemeine Anhebungen des Blindengelds nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 kommen ihm erst zugute, wenn und soweit sich danach auch unter Berücksichtigung von Anrechnungen nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 ein höherer Auszahlungsbetrag ergäbe.
Art. 9 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. April 1995 in Kraft.
München, den 7. April 1995
In Vertretung
Hans Zehetmair
Stellvertreter des Ministerpräsidenten
und
Staatsminister für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
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