BayFamGG
DE - Landesrecht Bayern

BayFamGG: Bayerisches Familiengeldgesetz (BayFamGG) Vom 24. Juli 2018 (GVBl. S. 613, 622) BayRS 2170-7-A (Art. 1–9a)

Art. 1 Zweckbestimmung

¹In Weiterentwicklung des Bayerischen Landeserziehungsgeldes erhalten Eltern mit dem Bayerischen Familiengeld eine vom gewählten Lebensmodell der Familie unabhängige, gesonderte Anerkennung ihrer Erziehungsleistung. ²Eltern erhalten zugleich den nötigen Gestaltungsspielraum, frühe Erziehung und Bildung der Kinder einschließlich gesundheitsförderlicher Maßnahmen in der jeweils von ihnen gewählten Form zu ermöglichen, zu fördern und insbesondere auch entsprechend qualitativ zu gestalten. ³Das Familiengeld dient damit nicht der Existenzsicherung. ⁴Es soll auf existenzsichernde Sozialleistungen nicht angerechnet werden.

Art. 2 Berechtigte

(1) ¹Anspruch auf Familiengeld hat, wer
seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Bayern hat,
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt und
dieses Kind selbst erzieht und für eine förderliche frühkindliche Betreuung des Kindes sorgt.
²Das gilt nicht, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder auf Grund Unionsrechts oder völkerrechtlicher Vereinbarung einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gleich zu behandeln ist. ³Ausgenommen sind ferner ausländische Personen, die im Freistaat Bayern weder Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts.
(2) ¹Anspruch auf Familiengeld hat abweichend von Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auch, wer
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
ein Kind des Ehegatten, der Ehegattin, des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB noch nicht entschieden ist.
²Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunkts der Geburt der Tag der Aufnahme mit dem Ziel der Annahme als Kind bei der berechtigten Person maßgeblich ist.
(3) In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei schwerer Krankheit, Behinderung oder Tod eines Elternteils, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Lebenspartner Anspruch auf Familiengeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllen und von anderen berechtigten Personen Familiengeld nicht in Anspruch genommen wird.
(4) Wer nicht sorgeberechtigt ist, erhält Familiengeld nur, wenn der Sorgeberechtigte zustimmt.
(5) Eine nicht freizügigkeitsberechtigte ausländische Person ist nur anspruchsberechtigt, wenn sie
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU oder eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat oder diese erlaubt, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
zum Zweck einer Au-Pair-Beschäftigung, einer Saisonbeschäftigung oder eines Studiums erteilt,
nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24 oder § 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt und die Person hält sich seit weniger als drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet auf.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d AufenthG in Verbindung mit § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG besitzt.

Art. 3 Höhe, Auszahlung und Bezugszeitraum; Verordnungsermächtigung

(1) ¹Das Familiengeld beträgt für das erste und zweite Kind des Berechtigten jeweils 250 Euro pro Monat, für das dritte und jedes weitere Kind des Berechtigten jeweils 300 Euro pro Monat. ²Soweit sich im weiteren Verlauf die Einstufung des Kindes zum Nachteil des Berechtigten verändert, ist dies unbeachtlich. ³Bei Mehrlingen zählt die höchste Rangstufe für alle Mehrlingskinder. ⁴Das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Fälle, in denen das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat hat, der auf Grund Unionsrechts oder völkerrechtlicher Vereinbarung einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gleich zu behandeln ist, eine an die Kosten der Lebenshaltung am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts angepasste Leistungshöhe zu bestimmen.
(2) Familiengeld wird im Laufe des Lebensmonats gezahlt, für den es bestimmt ist.
(3) Familiengeld kann in der Zeit vom ersten Tag des 13. Lebensmonats bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes bezogen werden.
(4) Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 kann Familiengeld ab dem ersten Tag des 13. Monats der Aufnahme mit dem Ziel der Annahme als Kind bei der berechtigten Person, längstens aber bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes bezogen werden.
(5) ¹Für einen Lebensmonat eines Kindes kann nur ein Berechtigter Familiengeld beziehen. ²Lebensmonate des Kindes, in denen einem Berechtigten nach Art. 4 anzurechnende Leistungen zustehen, gelten als Monate, für die dieser Berechtigte Familiengeld bezieht.
(6) Der Anspruch endet mit dem Ablauf des Lebensmonats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung entfallen ist.

Art. 4 Verhältnis zu anderen Leistungen

¹Auf das Familiengeld angerechnet werden dem Familiengeld vergleichbare Leistungen, auf die eine nach Art. 2 berechtigte Person außerhalb Bayerns oder gegenüber einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung Anspruch hat. ²Solange kein Antrag auf die in Satz 1 genannten vergleichbaren Leistungen gestellt wird, ruht der Anspruch auf Familiengeld bis zur möglichen Höhe der vergleichbaren Leistung.

Art. 5 Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Erfüllen mehrere Personen die Anspruchsvoraussetzungen, so wird das Familiengeld demjenigen gezahlt, den die Sorgeberechtigten zum Berechtigten bestimmen.
(2) Ein Wechsel in der Anspruchsberechtigung wird mit Beginn des folgenden Lebensmonats des Kindes wirksam.

Art. 6 Antragstellung

(1) ¹Familiengeld ist unter Verwendung der bereitgestellten Formulare zu beantragen. ²Wurde oder wird in Bayern Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) bewilligt, gilt der zugrunde liegende Antrag auch als Antrag auf Familiengeld. ³Dabei gilt die Person als berechtigt im Sinne des Art. 5 Abs. 1, für die die überwiegenden Monate Elterngeld bewilligt werden.
(2) Das Familiengeld wird rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats geleistet, in dem der Antrag eingegangen ist.
(3) ¹Unbeschadet der Fälle des Abs. 1 Satz 2 kann der Antrag frühestens drei Monate vor dem beabsichtigten Leistungsbeginn gestellt werden. ²Zuvor gestellte Anträge sind unbeachtlich.
(4) Zur Erleichterung der Antragstellung und zur Überprüfung der Anspruchsberechtigung darf die zuständige Behörde die im Rahmen des Vollzugs des BEEG erhobenen Daten verarbeiten und nutzen.

Art. 7 Verwaltungsverfahren

Soweit dieses Gesetz keine ausdrückliche Regelung trifft, sind bei der Ausführung das Erste Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), § 331 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und das Erste und Zweite Kapitel des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend anzuwenden.

Art. 8 Rechtsweg

¹Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Art. 1 bis 7 entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. ²Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

Art. 9 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Satz 2 SGB I eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder auf Verlangen der zuständigen Behörde der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte nicht zustimmt,
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Satz 2 SGB I eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Satz 2 SGB I auf Verlangen der zuständigen Behörde eine Beweisurkunde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt oder ihrer Vorlage nicht zustimmt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden.

Art. 9a Übergangsvorschrift

(1) ¹Dieses Gesetz gilt für ab dem 1. Oktober 2015 geborene Kinder. ²Familiengeld wird frühestens ab 1. September 2018 gezahlt.
(2) ¹Für den Lebensmonat eines vor dem 1. September 2017 geborenen Kindes, der ab dem 1. September 2018 beginnt, prüft die zuständige Behörde von Amts wegen, ob der berechtigten Person
nach diesem Gesetz oder
auf Grund eines vor dem 1. September 2018 gestellten Antrags oder einer vor dem 1. September 2018 vorgenommenen Bewilligung nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz allein oder in Verbindung mit dem Bayerischen Betreuungsgeldgesetz
die höhere Leistung zusteht. ²Die berechtigte Person erhält ab diesem Lebensmonat die jeweils höhere Leistung. ³Die Sätze 1 bis 2 gelten für Kinder im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 auch dann, wenn die Aufnahme mit dem Ziel der Annahme ab dem 1. September 2017 erfolgt ist. ⁴Ab dem Lebensmonat, zu dem der Anspruch nach diesem Gesetz die nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz allein oder in Verbindung mit dem Bayerischen Betreuungsgeldgesetz zustehenden Leistungen erstmals übersteigt, werden für das jeweilige Kind Leistungen nach diesem Gesetz gewährt. ⁵Ein Anspruch nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz allein oder in Verbindung mit dem Bayerischen Betreuungsgeldgesetz besteht daneben nicht mehr.
(3) Im Übrigen werden Leistungen für Lebensmonate, die bis zum 1. September 2018 beginnen, nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz oder dem Bayerischen Betreuungsgeldgesetz und Leistungen für Lebensmonate, die ab dem 1. September 2018 beginnen, nach diesem Gesetz gewährt.
(4) ¹Für Entscheidungen auf Grund eines bis zum 31. Juli 2019 gestellten Antrags wird vermutet, dass das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 hat. ²Die zuständige Behörde bleibt zur Überprüfung des gewöhnlichen Aufenthalts berechtigt. ³Für Entscheidungen auf Grund eines vor dem 1. September 2018 gestellten Antrags findet Art. 2 Abs. 1 Satz 3 keine Anwendung.
(5) Für Entscheidungen auf Grund eines bis 1. Juli 2019 gestellten Antrags wird vermutet, dass die Voraussetzung nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 vorgelegen hat.
Markierungen
Leseansicht