BayKSG
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BayKSG: Bayerisches Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) Vom 24. Juli 1996 (GVBl. S. 282) BayRS 215-4-1-I (Art. 1–20)

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats hiermit bekanntgemacht wird:

Inhaltsübersicht

I. Abschnitt Aufgaben und Zuständigkeiten

Art. 1 Aufgabe

(1) Die Katastrophenschutzbehörden haben die Aufgabe, Katastrophen abzuwehren und die dafür notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen (Katastrophenschutz).
(2) Eine Katastrophe im Sinn dieses Gesetzes ist ein Geschehen, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen oder die natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutende Sachwerte in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden und die Gefahr nur abgewehrt oder die Störung nur unterbunden und beseitigt werden kann, wenn unter Leitung der Katastrophenschutzbehörde die im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Dienststellen, Organisationen und die eingesetzten Kräfte zusammenwirken.
(3) Die für die im Katastrophenschutz Mitwirkenden sonst geltenden gesetzlichen Bestimmungen bleiben unberührt, soweit dieses Gesetz keine entgegenstehenden Regelungen enthält.

Art. 2 Zuständigkeiten

(1) ¹Katastrophenschutzbehörden sind die Kreisverwaltungsbehörden, die Regierungen und das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration. ²Kreisangehörige Gemeinden, die während einer Katastrophe ohne Verbindung mit der Kreisverwaltungsbehörde sind, nehmen in dieser Zeit die Aufgaben der Katastrophenschutzbehörde wahr.
(2) ¹Befindet sich eine Anlage oder Einrichtung auf dem Gebiet mehrerer Kreisverwaltungsbehörden, so kann die Regierung oder das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration eine der betroffenen Kreisverwaltungsbehörden als örtlich zuständige Katastrophenschutzbehörde bestimmen. ²Dies gilt auch, wenn zu besorgen ist, daß eine Katastrophe Auswirkungen auf das Gebiet mehrerer Kreisverwaltungsbehörden hätte.
(3) ¹Unbeschadet des Absatzes 2 können die Regierung oder das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration die Leitung des Katastropheneinsatzes ganz oder teilweise übernehmen oder einer anderen nachgeordneten Katastrophenschutzbehörde übertragen. ²Sie können sich auch darauf beschränken, das Vorliegen oder das Ende einer Katastrophe festzustellen.

II. Abschnitt Maßnahmen im Katastrophenschutz

Art. 3 Vorbereitende Maßnahmen der Katastrophenschutzbehörden

Die Kreisverwaltungsbehörden und, soweit erforderlich, die übrigen Katastrophenschutzbehörden haben als Vorbereitungsmaßnahmen insbesondere
allgemeine Katastrophenschutzpläne und, soweit erforderlich, besondere Alarm- und Einsatzpläne zu erstellen und fortzuschreiben,
die Katastropheneinsatzleitung zu regeln und dabei auf eine ausreichende Aus- und Fortbildung zu achten,
durch geeignete organisatorische Vorkehrungen die rasche Alarmierung der an der Gefahrenabwehr Beteiligten sicherzustellen und die für die Einsatzleitung notwendige Ausstattung vorzuhalten,
in angemessenem Umfang Katastrophenschutzübungen unter Beteiligung der zur Katastrophenhilfe Verpflichteten durchzuführen.

Art. 3a Externe Notfallpläne

(1) ¹Die Kreisverwaltungsbehörde erstellt innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt der Informationen gemäß Abs. 2 externe Notfallpläne für Betriebe der oberen Klasse im Sinn von Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie 2012/18/EU, soweit sie in den Anwendungsbereich der genannten Richtlinie fallen. ²Sie kann auf Grund der Informationen im Sicherheitsbericht entscheiden, dass sich die Erstellung eines externen Notfallplans erübrigt; die Entscheidung ist zu begründen.
(2) Die Übermittlung der für die Erstellung externer Notfallpläne erforderlichen Informationen an die Kreisverwaltungsbehörde durch den Betreiber bestimmt sich nach den Vorschriften der Störfall-Verordnung.
(3) Der externe Notfallplan wird erstellt, um
Schadensfälle einzudämmen und unter Kontrolle zu bringen, so dass die Folgen möglichst gering gehalten und Schäden für Mensch, natürliche Lebensgrundlagen und Sachen begrenzt werden können;
Maßnahmen zum Schutz von Menschen und den natürlichen Lebensgrundlagen vor den Folgen schwerer Unfälle einzuleiten;
notwendige Informationen an die Öffentlichkeit sowie betroffene Behörden oder Dienststellen in dem betreffenden Gebiet weiterzugeben;
Aufräumarbeiten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen nach einem schweren Unfall einzuleiten.
(4) Der externe Notfallplan muss Angaben enthalten über:
Namen oder Stellung der Personen, die zur Einleitung von Notfallmaßnahmen sowie zur Durchführung und Koordinierung von Maßnahmen außerhalb des Betriebsgeländes ermächtigt sind;
Vorkehrungen zur Entgegennahme von Frühwarnungen sowie zur Alarmauslösung und zur Benachrichtigung der Einsatzkräfte;
Vorkehrungen zur Koordinierung der zur Umsetzung des externen Notfallplans notwendigen Einsatzmittel;
Vorkehrungen zur Unterstützung von Abhilfemaßnahmen auf dem Betriebsgelände;
Vorkehrungen für Abhilfemaßnahmen außerhalb des Betriebsgeländes, einschließlich Reaktionsmaßnahmen auf Szenarien schwerer Unfälle, wie im Sicherheitsbericht beschrieben und Berücksichtigung möglicher Domino-Effekte, einschließlich solcher, die Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen haben;
Vorkehrungen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit und aller benachbarten Betriebe oder Betriebsstätten, die nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2012/18/EU fallen, über den Unfall sowie über das richtige Verhalten;
Vorkehrungen zur Unterrichtung der Einsatzkräfte anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Fall eines schweren Unfalls mit möglichen grenzüberschreitenden Folgen.
(5) ¹ Externe Notfallpläne sind bei der Erstellung oder bei wesentlichen Änderungen frühzeitig zur Anhörung der Öffentlichkeit auf die Dauer eines Monats bei der Kreisverwaltungsbehörde öffentlich auszulegen. ²Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher öffentlich mit dem Hinweis bekannt zu machen, dass während der Auslegungszeit zu den Plänen Stellung genommen werden kann. ³Die Auslegung erfolgt mit den Funktionsbezeichnungen der erfassten Personen; sonstige personenbezogene Daten wie Namen und private Telefonnummern sind unkenntlich zu machen. ⁴Auf Antrag des Betreibers, dem der Entwurf des externen Notfallplans mindestens eine Woche vor der Bekanntgabe nach Satz 2 zu übermitteln ist, sind bisher unveröffentlichte Angaben über den Betrieb unkenntlich zu machen, soweit das Interesse des Betreibers daran das Interesse der Öffentlichkeit an der Offenbarung überwiegt. ⁵Die fristgemäß vorgebrachten Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. ⁶Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt vorgebracht, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(6) ¹Wird der Entwurf des externen Notfallplans nach der Auslegung geändert oder ergänzt, ist er erneut auszulegen. ²Bei der erneuten Auslegung kann bestimmt werden, dass nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen Stellung genommen werden kann; hierauf ist in der erneuten Bekanntmachung nach Abs. 5 Satz 2 hinzuweisen. ³Die Dauer der erneuten Auslegung kann bis auf zwei Wochen verkürzt werden. ⁴Werden durch die Änderung oder Ergänzung des Entwurfs die Grundzüge der Planung nicht berührt oder sind die Änderungen oder Ergänzungen im Umfang geringfügig oder von geringer Bedeutung, kann von einer erneuten öffentlichen Auslegung abgesehen werden.
(7) Die Kreisverwaltungsbehörden wenden den externen Notfallplan unverzüglich an, wenn es zu einem schweren Unfall kommt oder ein solcher zu erwarten ist.
(8) ¹Könnte ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union von den grenzüberschreitenden Wirkungen eines Betriebs im Sinn von Absatz 1 Satz 1 betroffen werden, macht die Kreisverwaltungsbehörde den von dem Mitgliedstaat benannten Behörden ausreichende Informationen zugänglich, damit sie gegebenenfalls die Bestimmungen der Art. 12 bis 14 der in Abs. 1 genannten Richtlinie anwenden können. ²Bei einem nahe am Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gelegenen Betrieb unterrichtet die Kreisverwaltungsbehörde die von dem Mitgliedstaat benannten Behörden über Entscheidungen gemäß Abs. 1 Satz 2. ³Wenn der andere Mitgliedstaat die zu beteiligenden Behörden nicht benannt hat, ist jeweils die oberste für Katastrophenschutz zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaats zu unterrichten.
(9) Die externen Notfallpläne sind in angemessenen Abständen von höchstens drei Jahren durch die Kreisverwaltungsbehörde unter Beteiligung des Betreibers zu überprüfen, zu erproben und unter Berücksichtigung von Veränderungen und neuen Erkenntnissen fortzuschreiben.

Art. 3b Externe Notfallpläne für Abfallentsorgungseinrichtungen

(1) ¹1Die Kreisverwaltungsbehörde erstellt externe Notfallpläne für Abfallentsorgungseinrichtungen der Kategorie A gemäß Anhang III der Richtlinie 2006/21/EG, soweit für diese nicht ein externer Notfallplan nach Art. 3a Abs. 1 Satz 1 zu erstellen ist. ² Art. 3a Abs. 5 und 6 finden entsprechende Anwendung.
(2) ¹Die externen Notfallpläne müssen die im Notfall im Umkreis des jeweiligen Standorts zu ergreifenden Maßnahmen enthalten. ²Mit den externen Notfallplänen werden folgende Ziele verfolgt:
die Begrenzung und Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen und anderen Vorfällen mit dem Ziel, deren Auswirkungen zu minimieren und insbesondere Schäden für die menschliche Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen einzuschränken;
die Durchführung der Maßnahmen, die für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der natürlichen Lebensgrundlagen vor den Folgen schwerer Unfälle und sonstiger Vorfälle erforderlich sind;
die Unterrichtung der Öffentlichkeit und der relevanten Stellen oder Behörden im gebotenen Umfang;
die Sicherstellung der Sanierung, Wiederherstellung und Säuberung der natürlichen Lebensgrundlagen nach einem schweren Unfall.

Art. 4 Feststellung des Vorliegens einer Katastrophe

(1) ¹Die Katastrophenschutzbehörde stellt das Vorliegen und das Ende einer Katastrophe fest. ²Die Feststellung soll unverzüglich der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden.
(2) Die Katastrophenschutzbehörde hat die Aufsichtsbehörde und, soweit notwendig, auch die benachbarten Katastrophenschutzbehörden unverzüglich zu unterrichten.

Art. 5 Einsatzleitung

(1) ¹Die Katastrophenschutzbehörde leitet den Einsatz und stellt dabei sicher, daß alle Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind. ²Sie kann allen für den Einsatzbereich zuständigen staatlichen Behörden und Dienststellen der gleichen oder einer niedrigeren Stufe, mit Ausnahme der obersten Landesbehörden, Weisungen erteilen. ³Das gleiche gilt gegenüber den sonstigen zur Katastrophenhilfe Verpflichteten und den eingesetzten Kräften. ⁴Das Sachweisungsrecht übergeordneter Fachbehörden bleibt unberührt.
(2) Leisten Kräfte des Bundes oder anderer Länder Katastrophenhilfe, so unterstehen auch sie für die Dauer ihrer Mitwirkung den Weisungen der Katastrophenschutzbehörde.

Art. 6 Örtliche Einsatzleitung

(1) ¹Die Katastrophenschutzbehörde soll für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben am Schadensort eine den Einsatz dort leitende Person (Örtlicher Einsatzleiter) bestellen. ²Diese leitet im Rahmen des Auftrags und der Weisungen der Katastrophenschutzbehörde alle Einsatzmaßnahmen vor Ort und kann allen eingesetzten Kräften Weisungen erteilen.
(2) Die Katastrophenschutzbehörde soll vorab fachlich geeignete Personen als Örtliche Einsatzleiter benennen.

III. Abschnitt Mitwirkung im Katastrophenschutz

Art. 7 Katastrophenhilfe

(1) ¹Katastrophenhilfe ist die auf Ersuchen der Katastrophenschutzbehörden zu leistende Mitwirkung im Katastrophenschutz. ²Sie muß geleistet werden, wenn nicht durch die Hilfeleistung die Erfüllung dringender eigener Aufgaben ernstlich gefährdet wird.
(2) ¹Bei der Vorbereitung der Katastrophenabwehr erstreckt sich die Pflicht zur Katastrophenhilfe darauf,
die Katastrophenschutzbehörden bei der Erstellung und Fortschreibung von allgemeinen Katastrophenschutzplänen und von Alarm- und Einsatzplänen zu unterstützen,
auf Anforderung geeignete Personen für die Mitwirkung in der Katastropheneinsatzleitung zu benennen sowie
an Katastrophenschutzübungen mitzuwirken.
²Soweit die in Abs. 3 genannten Behörden, Dienststellen und Organisationen im Vorfeld eines außergewöhnlichen Großereignisses mit hoher Gefahrgeneigtheit und besonderem Schutz- und Koordinierungsbedarf an weitergehenden Vorbereitungsmaßnahmen mitwirken, kann ihnen die Katastrophenschutzbehörde die erforderlichen Weisungen erteilen; werden vorsorglich Einsatzkräfte vorgehalten, soll sie zu deren Koordinierung einen Örtlichen Einsatzleiter entsprechend Art. 6 Abs. 1 bestellen. ³Die Aufgaben und Befugnisse der Polizei bleiben unberührt.
(3) Zur Katastrophenhilfe sind verpflichtet
die Behörden und Dienststellen des Freistaates Bayern,
die Gemeinden, die Landkreise und die Bezirke,
die sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
die Feuerwehren,
die freiwilligen Hilfsorganisationen im Sinn des Art. 2 Abs. 13 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG),
die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege,
auch wenn sie ihren Sitz oder Standort nicht im Zuständigkeitsgebiet der Katastrophenschutzbehörde haben.
(4) ¹Das Ersuchen um Katastrophenhilfe stellt die Katastrophenschutzbehörde für ihr Gebiet. ²Braucht sie Hilfe von auswärts, so stellt sie das Ersuchen über die für den Sitz oder den Standort der zur Katastrophenhilfe Verpflichteten zuständige Katastrophenschutzbehörde. ³Ist Gefahr im Verzug, so kann diese Hilfe unter Benachrichtigung der zuständigen Katastrophenschutzbehörde unmittelbar angefordert werden.
(5) ¹Die zur Katastrophenhilfe Verpflichteten leisten Katastrophenhilfe auch auf Anforderung durch andere Länder. ²Absatz 4 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

Art. 7a

Art. 7b

Art. 8 Sonstige Mitwirkung im Katastrophenschutz

(1) ¹Träger von Krankenhäusern im Sinn von § 108 Nrn. 1 und 2 des Sozialgesetzbuchs, Fünftes Buch, die zur Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten geeignet sind, haben Alarm- und Einsatzpläne, die insbesondere organisatorische Maßnahmen zur Ausweitung der Aufnahme- und Behandlungskapazität vorsehen, aufzustellen und fortzuschreiben. ²Die Pläne sind mit der Katastrophenschutzbehörde und den Trägern benachbarter Krankenhäuser abzustimmen; sie sind diesen und der Integrierten Leitstelle zur Verfügung zu stellen. ³Die Katastrophenschutzbehörde kann von der Verpflichtung nach Satz 1 Ausnahmen zulassen; sie stellt in Zweifelsfällen auch die Eignung eines Krankenhauses im Sinn von Satz 1 fest. ⁴Krankenhausträger sind darüber hinaus verpflichtet, für Schadensereignisse innerhalb der Krankenhäuser Notfallpläne aufzustellen.
(2) Die Betreiber von Anlagen und Einrichtungen, von denen besondere Brand-, Explosions- oder sonstige schwerwiegende Gefahren ausgehen können und die infolgedessen eine Vielzahl von Menschen oder die natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutende Sachwerte zu gefährden geeignet sind, sind verpflichtet, die Katastrophenschutzbehörden bei der Erstellung und Fortschreibung von Alarm- und Einsatzplänen und bei Katastrophenschutzübungen zu unterstützen.
(3) Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk wirkt gemäß ihrer Aufgabenzuweisung nach dem THW-Gesetz im Katastrophenschutz mit.

IV. Abschnitt Besondere Befugnisse gegenüber Dritten

Art. 9 Inanspruchnahme Dritter

(1) ¹Die Katastrophenschutzbehörde kann zur Katastrophenabwehr von jeder Person die Erbringung von Dienst-, Sach- und Werkleistungen verlangen sowie die Inanspruchnahme von Sachen anordnen. ² Art. 7 Abs. 4 gilt entsprechend.
(2) Bei Gefahr in Verzug dürfen die eingesetzten Kräfte Sachen unmittelbar in Anspruch nehmen.

Art. 10 Platzverweisung und Räumung

¹Die Katastrophenschutzbehörde kann das Betreten des Katastrophengebiets verbieten, Personen von dort verweisen und das Katastrophengebiet sperren und räumen, wenn das zur Katastrophenabwehr erforderlich ist. ²Von der Katastrophenschutzbehörde hierzu beauftragte eingesetzte Kräfte haben diese Befugnis bei Gefahr im Verzug, soweit Polizei nicht zur Verfügung steht.

V. Abschnitt Kosten und Entschädigung

Art. 11 Kostentragung

(1) Die Katastrophenschutzbehörden und die zur Katastrophenhilfe Verpflichteten sowie die in Art. 8 Genannten tragen unbeschadet des Absatzes 2 die sich aus der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz ergebenden Aufwendungen selbst.
(2) Die für die Katastrophenabwehr zuständige Katastrophenschutzbehörde trägt die Kosten, die durch den Einsatz von Kräften
des Bundes oder anderer Länder oder
einer Werkfeuerwehr entstanden sind; die Pflicht zum Ersatz der Aufwendungen einer Werkfeuerwehr besteht nicht, wenn der Einsatz im Interesse des Betriebs oder der Einrichtung erfolgte, für die die Werkfeuerwehr besteht.
(3) ¹Sind mehrere Katastrophenschutzbehörden an der Erfüllung der Aufgaben des Katastrophenschutzes beteiligt, so trägt jede die Kosten für die von ihr getroffenen Maßnahmen. ²Die Kreisverwaltungsbehörde, die nach Art. 2 Abs. 2 als zuständige Katastrophenschutzbehörde bestimmt worden ist oder der die Einsatzleitung nach Art. 2 Abs. 3 übertragen wurde, kann von den anderen betroffenen Kreisverwaltungsbehörden Ersatz der ihr dadurch entstandenen Aufwendungen verlangen.

Art. 12 Fonds zur Förderung des Katastrophenschutzes

(1) ¹Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration unterhält einen Fonds zur Förderung des Katastrophenschutzes. ²Der Fonds ist ein staatliches, vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration verwaltetes Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit und wird durch zweckangemessene Beiträge des Staates, der Landkreise und der kreisfreien Gemeinden getragen.
(2) Aus dem Fonds können
Aufwendungen der Katastrophenschutzbehörden und der zur Katastrophenhilfe Verpflichteten für Maßnahmen zur Vorbereitung der Katastrophenabwehr gefördert werden;
den Katastrophenschutzbehörden und den zur Katastrophenhilfe Verpflichteten für Maßnahmen, die der Abwehr einer Katastrophe dienen, Zuschüsse gewährt werden, um unzumutbare Belastungen des Trägers der Aufwendungen abzuwenden, wenn dies nicht durch Inanspruchnahme anderer Leistungen möglich ist.
(3) ¹Die Höhe des zweckangemessenen jährlichen Gesamtbeitrags wird vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat bestimmt und bekanntgemacht. ²Die betroffenen kommunalen Spitzenverbände sind vorab zu hören.
(4) Der Staat trägt zwei Drittel des Gesamtbeitrags, zahlbar in zwei gleichen Teilbeträgen zum 1. Januar und zum 1. Juli.
(5) ¹Die Landkreise und kreisfreien Gemeinden tragen zusammen ein Drittel des Gesamtbeitrags. ²Ihr jeweiliger Einzelbeitrag errechnet sich nach dem Verhältnis ihrer jeweiligen Umlagegrundlagen für die Bezirksumlage. ³Er wird jährlich vom Landesamt für Statistik berechnet, auf volle Euro aufgerundet und entsprechend bis 31. März des jeweiligen Beitragsjahres gegenüber den Landkreisen und kreisfreien Gemeinden durch Beitragsbescheid festgesetzt. ⁴Die Beiträge werden mit der Auszahlung der Finanzzuweisungen für das vierte Vierteljahr fällig, staatlicherseits einbehalten und an den Fonds abgeführt.

Art. 13 Aufwendungsersatz

(1) ¹Die nach Art. 11 Abs. 1 zur Kostentragung Verpflichteten können Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Einsätze bei Katastrophen entstanden sind. ²Ansprüche auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen, insbesondere auch des bürgerlichen Rechts, bleiben hiervon unberührt.
(2) ¹Zum Aufwendungsersatz sind diejenigen verpflichtet, die die zum Einsatz führende Gefahr verursacht haben. ²Geht die zum Einsatz führende Gefahr von einer Sache aus, sind auch die Inhaber der tatsächlichen Gewalt, die Eigentümer und sonst dinglich Verfügungsberechtigte zum Ersatz verpflichtet. ³Zum Aufwendungsersatz verpflichtet sind auch die übrigen in Art. 9 Abs. 1 und 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes genannten Personen. ⁴Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(3) ¹Auf Aufwendungsersatz auf Grund Absatz 1 Satz 1 kann verzichtet werden, soweit eine Inanspruchnahme der Billigkeit widerspräche. ²Ob und inwieweit ein Aufwendungsersatz der Billigkeit widerspräche, entscheidet die für die Katastrophenabwehr zuständige Katastrophenschutzbehörde.

Art. 14 Entschädigung

(1) Wer zu Dienst-, Sach- oder Werkleistungen nach Art. 9 herangezogen wird, die über verkehrsübliche Hilfeleistungen oder über die außerhalb dieses Gesetzes bestehenden Rechtspflichten hinausgehen, oder auf Grund von Maßnahmen nach Art. 9 oder 10 einen nicht zumutbaren Schaden erleidet, ist angemessen in Geld zu entschädigen, wenn er nicht anderweitig Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Zur Entschädigung verpflichtet ist der Träger der für die Katastrophenabwehr zuständigen Katastrophenschutzbehörde.
(3) Im Fall der Tötung ist den Unterhaltsberechtigten in entsprechender Anwendung von § 844 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Entschädigung zu leisten.
(4) ¹Entschädigung nach den Absätzen 1 und 3 wird nur für Vermögensschäden gewährt. ²Dabei sind Vermögensvorteile, die aus der zur Entschädigung verpflichtenden Maßnahme zufließen, sowie ein mitwirkendes Verschulden von Berechtigten zu berücksichtigen.
(5) Entsprechend den Absätzen 1 bis 4 kann Entschädigung gewährt werden, wenn jemand, ohne daß er nach Art. 9 in Anspruch genommen worden ist, Leistungen erbringt, die zur Katastrophenabwehr erforderlich sind.

VI. Abschnitt Sonstige nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr

Art. 15 Örtliche Einsatzleitung bei Schadensereignissen unterhalb der Katastrophenschwelle

(1) ¹Zur Bewältigung größerer Schadensereignisse, die keine Katastrophen sind, kann die Kreisverwaltungsbehörde fachlich geeignete Personen als Örtliche Einsatzleiter bestellen, wenn dadurch das geordnete Zusammenwirken am Einsatzort wesentlich erleichtert wird. ² Art. 6 Abs. 1 Satz 2 findet insoweit entsprechende Anwendung; die Aufgaben und Befugnisse der Polizei bleiben unberührt.
(2) ¹Soweit gemäß Art. 6 Abs. 2 vorab fachlich geeignete Personen als Örtliche Einsatzleiter benannt sind, soll die Kreisverwaltungsbehörde bestimmen, daß diese Personen die Einsatzleitung entsprechend Art. 6 Abs. 1 bereits vor einer Entscheidung über eine Bestellung nach Absatz 1 Satz 1 wahrnehmen dürfen. ²Die nach Satz 1 genannten Personen sind verpflichtet, die Entscheidung der Kreisverwaltungsbehörde unverzüglich herbeizuführen.

VII. Abschnitt Helfer

Art. 16 Rechtsverhältnis

Rechte und Pflichten der nach diesem Gesetz mitwirkenden Helfer richten sich nach den Vorschriften der Organisationen, denen sie angehören, soweit nichts anderes durch Gesetz geregelt ist.

Art. 17 Freistellungs-, Entgeltfortzahlungs- und Erstattungsansprüche

(1) Bei Einsätzen
von ehrenamtlichen Helfern der freiwilligen Hilfsorganisationen oder angeforderter privater Organisationen zur Katastrophenabwehr oder
des Örtlichen Einsatzleiters oder der ehrenamtlichen Mitglieder einer Einheit, die die Kreisverwaltungsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Katastrophenschutz oder im Bereich der sonstigen Gefahrenabwehr aufgestellt hat,
gilt Art. 33a Abs. 1 bis 4 BayRDG entsprechend mit der Maßgabe, dass sich die Ersatz- und Erstattungsansprüche gegen die Organisation oder Kreisverwaltungsbehörde richten, für die sie tätig werden.
(2) Für ehrenamtliche Helfer der freiwilligen Hilfsorganisationen oder privater Organisationen, die über die Integrierte Leitstelle alarmiert werden, um als Mitglieder einer Schnell-Einsatz-Gruppe bei der Abwehr einer konkreten Gefahr Unterstützung zu leisten, gilt Art. 33a BayRDG entsprechend mit der Maßgabe, dass sich die Ansprüche nach Art. 33a Abs. 3 und 4 BayRDG gegen die Organisation richten, für die sie tätig werden.
(3) ¹Stellt ein privater Arbeitgeber eine im Rettungsdienst oder Katastrophenschutz tätige ehrenamtliche Einsatzkraft unter Fortgewährung des Arbeitsentgelts frei, damit sie an einer vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration anerkannten Fortbildungsveranstaltung teilnehmen kann, die aus besonderen Gründen nur während der üblichen Arbeitszeit stattfinden kann und geeignet ist, zu einer spürbaren Steigerung der Einsatz- und Verwendungsfähigkeit der ehrenamtlichen Einsatzkraft zu führen, erhält er das fortgezahlte Arbeitsentgelt ersetzt. ²Die Höhe des Ersatzanspruchs wird nach Art. 10 Satz 1 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes bemessen. ³Beruflich selbständige ehrenamtliche Helfer erhalten entsprechend den Sätzen 1 und 2 ihren Verdienstausfall bis zum Höchstbetrag nach Art. 33a Abs. 3 BayRDG ersetzt. ⁴Alle ehrenamtlichen Helfer erhalten Sachschäden ersetzt, die ihnen ohne eigenen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit bei der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Sinn des Satzes 1 entstanden sind, soweit nicht Dritte Ersatz leisten oder auf andere Weise von Dritten Ersatz erlangt werden kann. ⁵Die Ersatzansprüche richten sich gegen die Organisation, für die die Helfer tätig werden. ⁶Der Staat erstattet den Organisationen die notwendigen Aufwendungen nach Satz 5 bis zur Höhe der Stundenvergütung nach Satz 3.
(4) Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn anderweitige Freistellungs-, Entgeltfortzahlungs- oder Ersatzansprüche nach bayerischem Landesrecht oder dem THW-Gesetz bestehen.

VIII. Abschnitt Schlussvorschriften

Art. 18 Ordnungswidrigkeiten

Mit Geldbuße bis zu fünftausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig
entgegen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 einer vollziehbaren Anordnung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt oder deren Durchführung stört oder
einer vollziehbaren Anordnung nach Art. 10 zuwiderhandelt.

Art. 19 Einschränkung von Grundrechten

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person, die Versammlungsfreiheit, die Freizügigkeit und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Art. 8 Abs. 2, Art. 11, 13 des Grundgesetzes, Art. 102, 106 Abs. 3, Art. 109, 113 der Verfassung) können auf Grund dieses Gesetzes eingeschränkt werden.

Art. 20 Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1997 in Kraft.
(2) Abweichend von Absatz 1 tritt Art. 8 Abs. 1 am 1. Januar 1999 in Kraft.
München, den 24. Juli 1996
Dr. Edmund Stoiber
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