Richtlinien für den Bayerischen Leihverkehr
1. Geltungsbereich
Der Bayerische Leihverkehr dient der allgemeinen und gleichmäßigen Versorgung aller Einwohner des Freistaates Bayern mit Literatur und Information. Er ist eine Gemeinschaftseinrichtung der wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken in Bayern zur Vermittlung und Lieferung von Medien, unabhängig von der physischen Form. Der Leihverkehr dient wissenschaftlichen und beruflichen Zwecken, der Aus- und Fortbildung, sowie der persönlichen Weiterbildung.
2. Teilnahme am Leihverkehr
2.1
Am Bayerischen Leihverkehr können alle öffentlichen Bibliotheken ohne besondere Zulassung teilnehmen, um am Ort nicht vorhandene Literatur zu bestellen. Sie müssen zur Durchführung des Leihverkehrs über die notwendigen elektronischen Kommunikations- und Recherchemöglichkeiten verfügen und durch Einsatz von qualifiziertem Personal eine ordnungsgemäße Abwicklung des Leihverkehrs einschließlich der sachgerechten Verwaltung der aus anderen Bibliotheken entliehenen Medien sicherstellen. Vorrangiges Bestellprinzip ist die Online-Bestellung auf Basis der Bestandsnachweise (einschließlich Verfügbarkeitskontrolle) des Bibliotheksverbundes Bayern. Für die Online-Fernleihe benötigen die Bibliotheken die Zulassung der Fachstellen und des Bibliotheksverbundes Bayern.
2.2
Bibliotheken, die über keine elektronischen Kommunikations- und Recherchemöglichkeiten verfügen, richten ihre Bestellungen per Leihschein an die für sie zuständigen Fachstellen. Für den Bereich der kommunalen öffentlichen Bibliotheken ist dies die Landesfachstelle für das Öffentliche Bibliothekswesen an der Bayerischen Staatsbibliothek, für den Bereich der kirchlichen öffentlichen Büchereien sind dies die zuständigen Fachstellen der kirchlichen Verbände.
2.3
Die am Bayerischen Leihverkehr teilnehmenden Büchereien und Bibliotheken sind verpflichtet, die Richtlinien zur Regelung des regionalen Leihverkehrs und sonstige ergänzende Bestimmungen einzuhalten.
2.4
Der Aufbau regionaler Bestandsverzeichnisse öffentlicher Bibliotheken soll gefördert werden, um längerfristig auch diese Bestände für den regionalen Leihverkehr nutzen zu können.
3. Durchführung des Leihverkehrs
3.1
Die Bestellung ist mit bibliographisch korrekten Angaben zu versehen. Sie erfolgt in standardisierter Form, elektronisch oder maschinenschriftlich. Die Online-Bestellung ist anderen Bestellformen vorzuziehen. Für jede physische Medieneinheit ist in der Regel eine eigene Bestellung erforderlich.
3.2
Für die Erledigung der Bestellungen sollen zunächst die Bestände der eigenen Leihverkehrsregion herangezogen werden. Direkt bei der besitzenden Bibliothek können Medien bestellt werden, die in bayerischen Bestandsnachweisen ermittelt werden. Auf dem Bestellschein sind die Bestandsnachweise und die Sigel der besitzenden Bibliotheken mit Signaturen einzutragen. Dabei sind zuerst die Sigel der näher gelegenen Bibliotheken anzugeben.
3.3
Die nehmende Bibliothek stellt die im Leihverkehr erhaltenen Medien nach ihren eigenen Benutzungsbestimmungen zur Verfügung. Sie ist jedoch an Auflagen der gebenden Bibliothek zwingend gebunden. Abweichungen hiervon sind nur nach vorheriger Zustimmung durch die gebende Bibliothek zulässig.
3.4
Vom Leihverkehr ausgenommen sind Medien, die bei einer anderen öffentlich zugänglichen Bibliothek am Ort verfügbar sind, auch wenn diese Bibliothek nicht zum Leihverkehr zugelassen ist.
Ausgenommen sind auch Medien,
die im Handel zu einem Preis von unter 15,00 EURO erhältlich sind,
Neuerscheinungen, für die ein Nachweis noch nicht zu erwarten ist,
spezifische Handbibliotheksliteratur, z.B. Lexika und Wörterbücher sowie
einzelne Nummern von Zeitschriften und Zeitungen, insbesondere aus dem laufenden Jahrgang.
3.5
Vom Versand im Leihverkehr dürfen ausgenommen werden:
wertvolle Werke,
Werke außergewöhnlichen Formats,
Loseblattausgaben, Zeitschriften- und Zeitungsjahrgänge sowie ungebundene Werke,
Medien, die wegen ihrer Beschaffenheit durch die Versendung gefährdet werden,
Werke in schlechtem Erhaltungszustand und
am Ort besonders viel benützte Werke, insbesondere Bestände der Lehrbuchsammlungen.
3.6
Ausnahmen vom Versand sind im Interesse einer gleichmäßigen Literaturversorgung möglichst zu beschränken und in jedem Fall zu begründen. Statt der Ausleihe des Originals kann die Anfertigung einer Kopie angeboten werden. Aufsätze, Zeitungsartikel, Werke geringeren Umfangs und kleine Teile eines Werkes werden grundsätzlich nur als Kopie geliefert, sofern sie für den privaten Gebrauch bestimmt sind und die Anfertigung urheberrechtlich zulässig ist. Die neuen technischen Kommunikationsmöglichkeiten sollten hierfür vorrangig genutzt werden.
3.7
Kopien von bis zu 20 Vorlageseiten werden ohne zusätzliche Berechnung geliefert. Wird ein Aufsatz größeren Umfangs bestellt, und ist es der gebenden Bibliothek nicht möglich, den Band zu versenden, so kann sie kostenpflichtige Kopien bzw. andere Wiedergabeformen anfertigen, wenn die Bereitschaft zur Kostenübernahme aus der Bestellung hervorgeht.
3.8
Kann eine Bibliothek eine ihr zugeleitete Bestellung nicht ausführen, so gibt sie diese mit einem entsprechenden Vermerk auf dem festgelegten Leitweg weiter bzw. schickt sie bei Beendigung des Leitwegs an die bestellende Bibliothek zurück. Bestellungen auf vom Leihverkehr ausgenommene Medien und solche, die den Bestimmungen der Leihverkehrsordnung nicht entsprechen, können von den Bibliotheken oder der Leihverkehrszentrale unbearbeitet an die bestellende Bibliothek zurückgesandt werden. Der Grund der Rücksendung soll vermerkt werden. An die bestellende Bibliothek werden auch zurückgesandt Bestellungen:
auf denen die kostenpflichtige Lieferung eines Ersatzmediums angeboten wird, aber wegen fehlender oder unzureichender Kostenübernahmeerklärung nicht erledigt werden kann,
bei denen die angegebene Erledigungsfrist überschritten ist
oder
die negativ geblieben sind ohne Überleitungsvermerk.
4. Überleitung in eine andere Leihverkehrsregion
4.1
Eine Überleitung der Bestellung in eine andere Leihverkehrsregion ist auf Antrag der bestellenden Bibliothek möglich, sofern die Bestimmungen der deutschen Leihverkehrsordnung eingehalten werden. Mit dem Überleitungsvermerk bestätigt die bestellende Bibliothek die Einhaltung der Richtlinien für den deutschen Leihverkehr. Die Überleitung erfolgt durch die Bayerische Staatsbibliothek, Bayerische Leihverkehrszentrale. Bestellungen, die nach der deutschen Leihverkehrsordnung unzulässig oder auf die eigene Leihverkehrsregion beschränkt sind, dürfen nicht übergeleitet werden. Sie werden mit entsprechendem Kommentar an die bestellende Bibliothek zurück geschickt.
4.2
Bei Nachweisen in der eigenen Region sollen Bestellungen nur dann in andere Regionen weitergeleitet werden, wenn in der eigenen Region eine angemessene Erledigung nicht möglich ist. Dies gilt insbesondere für solche Medien:
die nicht ausleihbar sind und bei denen dem Benutzer eine Einsichtnahme vor Ort nicht möglich oder nicht zumutbar ist oder
die nur einmal in der Region vorhanden (Alleinbesitz) aber nicht verfügbar sind.
4.3
Von der Weiterleitung über die eigene Region hinaus sind ausgenommen Bestellungen
von Medien, die bei mindestens drei Bibliotheken der eigenen Region vorhanden sind,
von aktuellen Neuerscheinungen, sofern nicht bereits Standortnachweise aus anderen Regionen vorliegen und
von Medien, die elementare oder rein praktische Kenntnisse vermitteln.
5. Versand
5.1
Der Versand bestellter Medien erfolgt unter Nutzung der technischen und organisatorischen Möglichkeiten sachgerecht und ohne Verzögerung. Bei nicht rückgabepflichtigen Medien ist die elektronische Lieferung an die bestellende Bibliothek zu bevorzugen.
5.2
Bei Versand von rückgabepflichtigen Medien ist jeder Einheit der dafür bestimmte Teil des Bestellformulars oder ein entsprechendes Begleitformular beizufügen. Die Lieferungen erfolgen grundsätzlich an die bestellende Bibliothek, diese ist auch für die Übermittlung von Benutzerwünschen an die verleihende Stelle zuständig.
6. Rücksendung und Schadenersatz
6.1
Die nehmende Bibliothek ist für die fristgerechte Rücklieferung der entliehenen Medien verantwortlich, dabei hat die Rücksendung in derselben Versandform wie die Anlieferung zu erfolgen.
6.2
Die Bibliothek haftet der gebenden Bibliothek auch ohne Verschulden für Beschädigung und Verlust der Werke, auch wenn der Schaden auf dem Versandweg entsteht. Als Schadenersatz hat sie nach Rücksprache mit der verleihenden Bibliothek ein gleichwertiges Ersatzexemplar zu beschaffen. Ist dies nicht möglich, so bestimmt die gebende Bibliothek nach pflichtgemäßem Ermessen Art und Höhe des Schadenersatzes. Im Falle der Beschädigung kann die gebende Bibliothek anstelle der Ersatzbeschaffung Reparatur oder Ersatz der Reparaturkosten verlangen.
7. Kosten
7.1
Für den Leihverkehr kann durch die nehmende Bibliothek eine vom jeweiligen Unterhaltsträger festzusetzende Auslagenpauschale vom Benutzer erhoben werden.
7.2
Außergewöhnliche Kosten für umfangreiche Kopienlieferungen, zum Verbleib angeforderte Ersatzmedien etc. werden der gebenden Bibliothek auf Verlangen erstattet.
8. Schlussbestimmungen
8.1
Diese Richtlinien treten am 1. Juli 2008 in Kraft.
8.2
Gleichzeitig treten die Richtlinien für den Bayerischen Leihverkehr (RLBayLV) vom 24. Mai 1991 (KWMBl I S. 145) außer Kraft.
Dr. Friedrich Wilhelm Rothenpieler
Ministerialdirektor
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