Abkommen über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten Vom 30. Juni 1994 (Art. 1–7)
Das Land Baden-Württemberg,
der Freistaat Bayern,
das Land Berlin,
das Land Brandenburg,
die Freie Hansestadt Bremen,
die Freie und Hansestadt Hamburg,
das Land Hessen,
das Land Mecklenburg-Vorpommern,
das Land Niedersachsen,
das Land Nordrhein-Westfalen,
das Land Rheinland-Pfalz,
das Saarland,
der Freistaat Sachsen,
das Land Sachsen-Anhalt,
das Land Schleswig-Holstein,
der Freistaat Thüringen
– nachstehend „Länder“ genannt –
schließen, vorbehaltlich der etwa erforderlichen Zustimmung ihrer gesetzgebenden Körperschaften, nachstehendes Abkommen über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten:
Artikel 1 Allgemeines
Das Land Nordrhein-Westfalen errichtet die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) als eine dem für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen unterstehende Einrichtung in Bonn.
Artikel 2 Aufgaben
(1) Die ZLG nimmt Aufgaben der Länder im Medizinprodukte- und Arzneimittelbereich nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 wahr.
(2) ¹Die ZLG vollzieht im Bereich der Medizinprodukte die Aufgaben der Länder im Dritten Abschnitt des Gesetzes über Medizinprodukte (MPG) vom 2. August 1994 in der Neufassung vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3147) und die Aufgaben der Befugnis erteilenden Behörde im Gesetz über die Akkreditierungsstelle (AkkStelleG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2625) in den jeweils geltenden Fassungen. ²Der ZLG obliegen insbesondere folgende Aufgaben:
Benennung und Überwachung der Benannten Stellen,
Bekanntmachung der deutschen Benannten Stellen,
Anerkennung und Überwachung von Prüflaboratorien,
Benennung und Überwachung von Konformitätsbewertungsstellen für Drittstaaten,
Rücknahme, Widerruf und Ruhen der Benennung und Anerkennung,
Anordnungen zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße,
Begutachtung und Überwachung im Rahmen von Akkreditierungsverfahren,
Mitwirkung im Akkreditierungsausschuss.
(3) ¹Die ZLG ist Geschäftsstelle für den Erfahrungsaustausch der anerkannten Laboratorien und Benannten Stellen. ²Sie nimmt teil am Erfahrungsaustausch auf der Ebene der Europäischen Union und an Konsultationen im Rahmen der Drittstaaten-Abkommen und arbeitet an vertrauensbildenden Maßnahmen und in Arbeitsgruppen der Gemischten Ausschüsse mit.
(4) ¹Die ZLG ist zentrale Koordinierungsstelle für die Medizinprodukteüberwachung und für die sich aus der Verordnung (EG) 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates vom 9. Juli 2008 (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30) ergebenden Aufgaben der Länder im Bereich der Marktüberwachung. ²Ihr obliegen insbesondere folgende Aufgaben:
Koordinierung der Weiterentwicklung des Qualitätssicherungssystems der Medizinprodukteüberwachung,
Koordinierung von Schwerpunkten für die Überwachung auf Veranlassung der Europäischen Union,
Koordinierung der Erstellung und Aktualisierung des sektorspezifischen Marktüberwachungsprogramms für Medizinprodukte, das der Europäischen Kommission, den Mitgliedsstaaten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen ist,
Koordinierung der Prüfung und Bewertung der Überwachungstätigkeit,
nationale Kontaktstelle im Rahmen der Marktüberwachung zur Koordinierung des Informationsaustausches zu den Marktüberwachungsbehörden der anderen Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und Drittstaaten,
Prüfung von Medizinprodukteangeboten und von -werbung im Internet sowie die Bereitstellung entsprechenden speziellen Sachverstandes,
nationale Kontaktstelle für Amtshilfeersuchen anderer Mitgliedstaaten,
Koordinierung der Erstellung von Risikoprofilen für die Zollbehörden.
(5) ¹Die ZLG ist zentrale Koordinierungsstelle für den Arzneimittelbereich. ²Ihr obliegen insbesondere folgende Aufgaben:
Pflege und Mitwirkung bei der Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsystems der Behörden der Länder sowie aktive Beteiligung daran im Rahmen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Arzneimittelgesetzes,
Mitwirkung bei der Vertretung der Länder auf europäischer und internationaler Ebene zu Fragen der Arzneimittelüberwachung und -untersuchung einschließlich des Internethandels sowie der Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen,
Sammlung, Aufbereitung und Bereitstellung von aktuellen Informationen zu nationalen, europäischen und internationalen Entwicklungen im Arzneimittelbereich einschließlich der Bereitstellung und Pflege eines Internetauftritts sowie der Sammlung von Entscheidungen zur Zulassungs- oder Registrierungspflicht,
zentraler Informationsaustausch als nationale Kontaktstelle mit europäischen Überwachungseinrichtungen, solchen staatlichen Stellen, mit denen eine gegenseitige Anerkennung von pharmazeutischen Inspektionen vereinbart ist, und Behörden weiterer Drittstaaten,
Koordinierung und fachliche Unterstützung von Gremien und Expertenfachgruppen,
Prüfung von Arzneimittelangeboten und von Arzneimittelwerbung im Internet sowie die Bereitstellung entsprechenden speziellen Sachverstandes,
Koordinierung von länderübergreifenden Maßnahmen und von Inspektionen im zentralen Zulassungsverfahren,
Koordinierung der Aktivitäten der Arzneimitteluntersuchungsstellen der Länder einschließlich deren Berichterstattung und Koordinierung des zentralen Probenzugs von Arzneimitteln im Auftrag des Europäischen Direktorates für die Qualität von Arzneimitteln,
Aufbereitung von Informationen und Entscheidungen von länderübergreifender Relevanz und Koordinierung einer abgestimmten Haltung für nationale, europäische und internationale Gremien, Behörden und sonstige Akteure,
Mitwirkung bei der Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken einschließlich Koordinierung der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit auch beim grenzüberschreitenden Verkehr mit Arzneimitteln, Wirkstoffen und anderen Stoffen mit pharmakologischerWirkung.
(6) ¹Die zentralen Koordinierungsstellen werden tätig im Auftrag der Länder oder eigeninitiativ in Abstimmung mit den Ländern. ²Sie arbeiten mit anderen, in den oben genannten Aufgabengebieten Tätigen zusammen.
(7) Die Landesregierungen werden ermächtigt, der ZLG durch Verwaltungsabkommen weitere Aufgaben zu übertragen.
Artikel 3 Beirat
(1) Zur Beratung der ZLG sowie als Instrument zur Mitwirkung der Länder wird ein Beirat eingerichtet.
(2) ¹Jedes Land entsendet ein Mitglied in den Beirat. ²Das Beiratsmitglied wird von dem für den Gesundheitsschutz zuständigen Ministerium bestellt.
(3) ¹Der Beirat ist über die Tätigkeit der ZLG zu informieren. ²Zu diesem Zweck erstellt die ZLG spätestens bis zum 31. März des laufenden Jahres einen Jahresbericht über das Vorjahr. ³Auf Verlangen sind dem Beirat Unterlagen unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zur Verfügung zu stellen.
(4) ¹Der Beirat erarbeitet Richtlinien für die Tätigkeit der ZLG. ²Die ZLG legt diese Richtlinien ihrer Tätigkeit zugrunde.
(5) Der von der ZLG erstellte Haushaltsentwurf wird vom Beirat vorberaten.
(6) ¹Jedes Mitglied des Beirates hat eine Stimme. ²Der Beirat ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. ³Er faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder. ⁴Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.
(7) Die Bundesministerien haben ein Gast- und Rederecht, soweit ihre fachspezifischen Belange berührt sind.
(8) Eine schriftliche Beschlußfassung ist möglich, wenn nicht mehr als drei Mitglieder widersprechen; Absatz 6 gilt entsprechend.
(9) ¹Der Beirat wählt aus seiner Mitte ein Mitglied, das für die Dauer von zwei Jahren den Vorsitz führt. ²Ebenfalls durch Wahl wird eine Person bestimmt, die die Stellvertretung wahrnimmt. ³Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.
(10) ¹Der Beirat tritt mindestens einmal jährlich zu einer ordentlichen Sitzung zusammen. ²Auf Antrag von mindestens drei Mitgliedern muß er zu einer außerordentlichen Sitzung zusammentreten. ³Das vorsitzführende Mitglied beruft die Sitzung ein und leitet sie; die Tagesordnung wird von ihm aufgestellt.
Protokollnotiz zu Artikel 3 des Abkommens:
Der Beirat soll zu gegebener Zeit prüfen und gegenüber der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) und der Finanzministerkonferenz (FMK) eine empfehlende Stellungnahme darüber abgeben, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen die ZLG durch Änderung des Abkommens in die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts übergeführt werden soll.
Artikel 4 Sektorkomitees
¹Bei der ZLG können Sektorkomitees gebildet werden. ²Die Sektorkomitees können bei der Erarbeitung von Anforderungen mitwirken, die an Prüflaboratorien und Benannte Stellen zu stellen sind. ³Hierzu gehört auch die vergleichende Aufbereitung der Rechtsvorschriften der Drittstaaten mit den europäischen Bestimmungen. ⁴Den Sektorkomitees können Sachverständige aus den Behörden der Länder und des Bundes sowie aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und aus der Ärzte-, Zahnärzte- und Apothekerschaft sowie aus dem Krankenhausbereich und den Verbraucherverbänden angehören.
Artikel 5 Finanzierung
(1) ¹Die ZLG erhebt für ihre Tätigkeit im Rahmen der Benennung, Überwachung und Anerkennung kostendeckende Gebühren und Auslagen. ²Für ihre Tätigkeiten im Rahmen des Gesetzes über die Akkreditierungsstelle macht die ZLG den kostendeckenden Aufwand bei der nationalen Akkreditierungsstelle geltend.
(2) ¹Soweit die ZLG darüber hinaus Aufgaben wahrnimmt, die Gebührentatbeständen und -schuldnern nicht konkret zugerechnet werden können, wird im Rahmen der jährlichen Haushaltsverhandlungen ein Pauschalbetrag bestimmt und zwischen den Ländern aufgeteilt. ²Das Sitzland trägt vorweg eine Sitzlandquote. ³Diese beträgt zehn von Hundert des ungedeckten Finanzbedarfs nach Satz 1. ⁴Der vom Beirat vorberatene Haushaltsentwurf bedarf ab dem Haushalt 1994 der Zustimmung der Finanzministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen. ⁵Das Sitzland verpflichtet sich, den Haushalt der ZLG entsprechend dem Beschluß der Finanzministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder in seinen Haushaltsplan aufzunehmen.
(3) ¹Das Anteilsverhältnis unter allen Ländern wird zu zwei Dritteln nach dem Verhältnis ihrer Steuereinnahmen und zu einem Drittel nach dem Verhältnis ihrer Bevölkerungszahl errechnet. ²Die Steuereinnahmen erhöhen und vermindern sich um die Beträge, welche die Länder im Rahmen eines allgemeinen Finanzausgleichs von anderen Ländern erhalten oder an andere Länder abführen. ³Als Steuereinnahmen gelten die im Länderfinanzausgleich zugrundegelegten Steuereinnahmen der Länder. ⁴Maßgebend sind die Steuereinnahmen des dem Haushaltsjahr zwei Jahre vorhergehenden Haushaltsjahres und die vom Statistischen Bundesamt für den 30. Juni desselben Jahres festgestellte Bevölkerungszahl.
(4) ¹Die Beiträge der Länder werden im Laufe eines jeden Haushaltsjahres zum 31. Mai nach den Ansätzen des Haushaltsplanes fällig. ²Über- und Minderzahlungen gegenüber dem sich nach der Jahresrechnung ergebenden Finanzbedarf werden im ersten der Abrechnung folgenden Haushaltsjahr ausgeglichen.
Artikel 6 Schiedsklausel
¹Streitigkeiten aus diesem Abkommen werden durch ein Schiedsgericht entschieden. ²Es gilt der als
Artikel 7 Schlußvorschriften
(1) Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der dem Monat folgt, in dem die letzte Mitteilung der vertragschließenden Länder, daß die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Abkommens erfüllt sind, dem für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen zugeht.
(2) ¹Dieses Abkommen gilt für unbestimmte Zeit. ²Es kann von jedem Land durch schriftliche Erklärung gegenüber dem für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen unter gleichzeitiger Benachrichtigung der übrigen Länder zum Schluß des Kalenderjahres mit einer Frist von einem Jahr gekündigt werden, erstmals zum 31. Dezember 1995.
(3) ¹Das kündigende Land bleibt verpflichtet, zu dem Finanzbedarf der ZLG solange und insoweit beizutragen, als der Finanzbedarf infolge seiner Beteiligung erforderlich geworden ist. ²Nach dem Ausscheiden anfallende Kosten, die dem Zeitraum der Mitgliedschaft zuzurechnen sind, sind anteilig vom kündigenden Land zu übernehmen.
Berlin, den 30. Juni 1994
Erwin Teufel
Dr. Edmund Stoiber
Eberhard Diepgen
Hans Otto Bräutigam
Klaus Wedemeier
Thomas Mirow
Hans Eichel
Dr. Gabriele Wurzel
Gerhard Schröder
Wolfgang Clement
Rudolf Scharping
Oskar Lafontaine
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Dr. Christoph Bergner
Heide Simonis
Dr. Bernhard Vogel
Artikel 1 Allgemeines
¹Alle sich aus dem Abkommen über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Medizinprodukten (ZLG) ergebenden Rechtsstreitigkeiten werden der Entscheidung eines Schiedsgerichts unterworfen. ²Auf das Verfahren finden die Vorschriften des zehnten Buches der Zivilprozeßordnung Anwendung.
Artikel 2 Schiedsgericht
¹Das Schiedsgericht besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen als Vorsitzendem Mitglied und aus zwei Mitgliedern des Beirates, die von den streitenden Beteiligten gemeinsam benannt werden, ihnen jedoch nicht angehören dürfen. ²Für den Fall, daß wegen der Streitlage die Benennung einer Kandidatin oder eines Kandidaten oder beider Kandidatinnen oder Kandidaten nicht möglich ist, bestimmt die Präsidentin oder der Präsident ein Mitglied oder zwei Mitglieder des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen durch Los aus einer von dem Präsidialrat aufzustellenden Liste der Richterinnen und der Richter. ³Lehnt die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen die Übernahme des Vorsitzes ab, so bestimmt sie oder er eine Vorsitzende Richterin oder einen Vorsitzenden Richter des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen durch Los aus einer von dem Präsidialrat aufzustellenden Liste der Vorsitzenden Richterinnen und Richter als vorsitzführendes Mitglied. ⁴Die Aufnahme in die Liste bedarf der Einwilligung der Richterinnen und Richter und der Vorsitzenden Richterrinnen und Richter.
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