RiJAVollzO: 3122.2.3-J Richtlinien zur Jugendarrestvollzugsordnung (RiJAVollzO) Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 1. Juni 1977, Az. 4411 - VII a - 2921/76 (JMBl. S. 184)
Die Landesjustizverwaltungen haben zu der Verordnung über den Vollzug des Jugendarrestes (JAVollzO) vom 12. August 1966 (BGBl I S. 505), geändert durch Verordnung vom 18. August 1976 (BGBl I S. 2349), in der Bekanntmachung vom 30. November 1976 (BGBl I S. 3270), die Neufassung der nachstehend veröffentlichten Richtlinien (RiJAVollzO) vereinbart.
Die Richtlinien zu der Verordnung über den Vollzug des Jugendarrestes werden mit Wirkung vom 1. Juli 1977 für das Land Bayern in Kraft gesetzt.
Mit dem In-Kraft-Treten der Richtlinien zu der Verordnung über den Vollzug des Jugendarrestes wird die Bekanntmachung über die Einführung von Richtlinien zur Verordnung über den Vollzug des Jugendarrestes (RiJAVollzO) vom 1. September 1966 (JMBl S. 107) aufgehoben.
Richtlinien zur Jugendarrestvollzugsordnung (RiJAVollzO)
Zu § 1
1
Die Arresträume und sonstigen Aufenthaltsräume für die Jugendlichen sollen einfach eingerichtet, hell und freundlich sein. Sie sollen, soweit es den Luftinhalt, die Lüftung, die Boden und Fensterfläche sowie die Heizung betrifft, den an die Hafträume in einer Jugendstrafanstalt zu stellenden Anforderungen entsprechen. Arbeitet der Jugendliche in einem Arrestraum, ist für eine diesem Zweck entsprechende Beleuchtung zu sorgen.
2
Die Fenster der Arresträume sind in der Regel durch bauliche Vorkehrungen zu sichern.
Zu § 2
Der Vollzugsleiter legt schriftlich fest, welche Mitarbeiter in seinem Auftrag Entscheidungen treffen können.
Zu § 3
1
Mit der Aufsicht über weibliche Jugendliche kann auch die Ehefrau eines Vollzugsbediensteten betraut werden, wenn eine weibliche Aufsichtsbedienstete nicht zur Verfügung steht.
2
Werden ehrenamtliche Kräfte herangezogen, so muss ihre Verschwiegenheit gewährleistet sein.
Zu § 4
Von dem Grundsatz sofortiger Vollziehung des Jugendarrestes soll, sofern nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 vorliegen oder der Jugendliche vollzugsuntauglich ist, nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen abgewichen werden. Bei der Entscheidung sind die Belange des Jugendlichen - insbesondere sein Interesse an der Erhaltung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes - dagegen abzuwägen, dass der Erfolg des Jugendarrestes in besonderem Maße von der sofortigen Vollziehung abhängt. Die Angaben des Jugendlichen sind sorgfältig zu prüfen.
Zu § 5
Eingebrachte Sachen, die der Jugendliche bei der Aufnahme abgegeben hat, werden ihm bei der Entlassung gegen Empfangsbescheinigung wieder ausgehändigt.
Zu § 7
1
Wesentliche Wahrnehmungen, die während des Vollzuges gemacht werden, sind schriftlich festzuhalten.
2
Der Persönlichkeitserforschung, insbesondere der Vorbereitung der ersten Aussprache mit dem Jugendlichen, kann es dienen, wenn der Jugendliche seinen Lebenslauf niederschreibt und sich schriftlich mit seiner Tat auseinandersetzt.
Zu § 8
Über die Meldung wichtiger Wahrnehmungen an den Vollzugsleiter hinaus kann es geboten sein, solche Wahrnehmungen auch anderen Mitarbeitern unverzüglich mitzuteilen.
Zu § 9
Die Verhaltensvorschriften sollen mindestens folgende Punkte enthalten:
Das Leben in der Jugendarrestanstalt verlangt stetige gegenseitige Rücksichtnahme und unbedingte Einhaltung der Hausordnung.
Der Jugendliche hat sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten. Er hat nach dem Wecken sofort aufzustehen, sich anzuziehen, sein Bett zu machen und den Arrestraum zu reinigen und aufzuräumen. Tagsüber darf er das Bettlager ohne Erlaubnis nicht benutzen. Das Wecken findet nicht vor 6.00 Uhr statt; die Nachtruhe beginnt frühestens um 20.00 Uhr.
Der Jugendliche hat auf Körperhygiene zu achten.
Jedes ruhestörende Verhalten ist zu unterlassen.
Der Jugendliche hat die Anstaltsräume und deren Einrichtung sowie Kleidung, Arbeitsstoffe, Werkzeuge, Bücher und sonstige Sachen, die ihm belassen oder überlassen sind, schonend zu behandeln und die Sachen vorschriftsmäßig zu verwahren.
Den Arrestraum und dessen Einrichtung sowie seine Kleidung und Schuhe hat der Jugendliche sauber und in Ordnung zu halten.
Der Jugendliche darf andere als die ihm belassenen oder überlassenen Sachen nicht in Besitz haben, vor allem nicht heimlich zurückbehalten, aufbewahren und benutzen. Fundsachen hat er unverzüglich abzugeben.
Die Jugendlichen dürfen untereinander keine Geschäfte tätigen und ohne Erlaubnis des Vollzugsleiters von anderen Jugendlichen oder von Besuchern der Anstalt nichts annehmen und diesen nichts aushändigen.
Der Jugendliche hat eine Erkrankung, eine Verletzung, einen Hautausschlag oder andere Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer Person bedeuten können, unverzüglich zu melden.
Zu § 10
1
Der Vollzugsleiter soll die Aussprache so führen, dass es dem Jugendlichen möglich wird, sich vertrauensvoll auszusprechen.
2
Bei den Aussprachen ist auf körperliche und seelische Auffälligkeiten zu achten. Gegebenenfalls ist der Arzt zu Rate zu ziehen.
3
Es kann zweckmäßig sein, neben Aussprachen mit dem Jugendlichen Gespräche mit den Eltern, dem Ausbilder oder dem Arbeitgeber des Jugendlichen zu führen. Über jede Aussprache soll der Vollzugsleiter alsbald einen Vermerk zu den Akten bringen.
Zu § 11
1
Dem Jugendlichen soll, soweit möglich, erzieherisch wertvolle Arbeit zugewiesen werden. Der Beschaffung solcher Arbeit, die auch Außenarbeit sein kann, kommt daher besondere Bedeutung zu.
2
Die Vorschriften des Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (JArbSchG) sind zu beachten (§ 62 JArbSchG).
Zu § 12
1
Die Pflicht zur Untersuchung der in der Küche Beschäftigten nach dem Bundesseuchengesetz ist zu beachten.
2
Wird das Rauchen gestattet, ist auf die Belange der Nichtraucher Rücksicht zu nehmen. Das Rauchen in Schlafräumen soll nur gestattet werden, wenn diese ausreichend belüftet werden können. Während der Benutzung des Bettes ist das Rauchen verboten.
3
Dem Jugendlichen werden im Dauerarrest und im Kurzarrest von mehr als zwei Tagen immer, im Übrigen soweit geboten, die zur Körperpflege nötigen Mittel, vor allem Seife, Handtuch, Zahnbürste, Zahnputzmittel und Kamm zur Verfügung gestellt. Seife, Zahnbürste und Zahnputzmittel werden ihm als Eigentum belassen. Der Jugendliche erhält wöchentlich mindestens einmal Gelegenheit zu duschen oder zu baden. Haare schneiden in erforderlichem Umfang geschieht auf Kosten der Anstalt.
Zu § 17
1
Der Jugendliche, der Dauerarrest verbüßt, wird bei der Aufnahme und bei der Entlassung gewogen.
2
Wird die Vollstreckung des Arrestes wegen Erkrankung des Jugendlichen unterbrochen, so benachrichtigt der Vollzugsleiter den zuständigen Träger der Sozialhilfe, wenn der Jugendliche hilfsbedürftig ist.
3
Die Vollstreckung des Arrestes soll in der Regel nur dann unterbrochen werden, wenn der Gesundheitszustand des Jugendlichen nach dem Gutachten des Arztes einen Aufschub der in der Anstalt nicht durchzuführenden Behandlung nicht zulässt.
Zu § 18
Ein Teil der Freizeit soll für sportliche Übungen verwendet werden.
Zu § 19
Nach Möglichkeit sollen Seelsorger auch für vertrauliche Gespräche mit den Jugendlichen gewonnen werden.
Zu § 23
1
Von einer Hausstrafe ist abzusehen, wenn es ausreicht, den Jugendlichen zu belehren, zu ermahnen oder zu verwarnen. Dies wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Verstoß nicht auf Böswilligkeit oder Leichtfertigkeit beruht, sondern das Verschulden als gering anzusehen ist.
2
Hausstrafen werden in der Regel sofort vollstreckt.
Zu § 24
Sprechstunden sollen regelmäßig stattfinden.
Zu § 27
1
Bei der Erstellung des Schlussberichtes wertet der Vollzugsleiter auch die Beobachtungen der mit dem Jugendlichen befassten Mitarbeiter aus.
2
Die Aufsichtsbehörde kann bestimmen, dass der Schlussbericht auch anderen als den vorgeschriebenen Stellen zuzuleiten ist.
3
Ist bei Schülern nach Nr. 34 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen der Schulbehörde eine Mitteilung gemacht worden, so kann es zweckmäßig sein, ihr eine Abschrift des Schlussberichtes zuzuleiten. Von der Verständigung der Schulbehörde ist abzusehen, wenn hiervon Nachteile für den Jugendlichen zu befürchten sind.
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