2012.1-I Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes
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2012.1-I Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 28. August 1978, Az. IC2-2808.1-1 (MABl. S. 629)

Für den Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes vom 24. August 1978 (GVBl S. 561) wird Folgendes bestimmt:

I. Allgemeine Vorschriften

1 Zu Art. 1 (Begriff der Polizei)

Im Vollzug tätig sind diejenigen einer Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes angehörenden Dienstkräfte der Polizei, die - nicht nur im innerdienstlichen Bereich (ohne Außenwirkung) - für Aufgaben im Sinn des Art. 2 eingesetzt oder hierfür bereitgehalten werden. Beamte der Bereitschaftspolizei sind daher Polizei im Sinn des PAG, sobald sie nach ihrem Ausbildungsstand für den Vollzugsdienst (Einzeldienst oder Einsatz im geschlossenen Verband) bereitstehen.

2 Zu Art. 2 (Aufgaben der Polizei)

2.1

Art. 2 Abs. 1 bis 3 grenzt den Tätigkeitsbereich der Polizei ab. Außerhalb dieses Tätigkeitsbereiches darf die Polizei nur tätig werden, wenn das eine Rechtsvorschrift ausdrücklich bestimmt. Nach Art. 2 allein kann sich die Zulässigkeit einer polizeilichen Handlung nur bestimmen, wenn diese nicht in fremde Rechte eingreift. Eine Handlung greift dann in fremde Rechte ein, wenn sie gegen den Willen des Betroffenen oder ohne seinen erkennbaren Willen getroffen wird; sie wird in diesem Gesetz als „Maßnahme“ bezeichnet.

2.2

Öffentliche Sicherheit im Sinn des Art. 2 Abs. 1 umfasst die Unversehrtheit des Lebens, der Gesundheit, Ehre, Freiheit und des Vermögens, der Rechtsordnung und der Einrichtungen des Staates und sonstiger Träger von Hoheitsgewalt einschließlich der ungehinderten Ausübung der Hoheitsgewalt.
Soweit jedoch in den Befugnisvorschriften der Begriff der Gefahr verwendet wird, ist darunter allein die konkrete Gefahr zu verstehen (vgl. Art. 11).

2.3

Die Voraussetzungen für den Schutz privater Rechte nach Art. 2 sind ohne Bedeutung, wenn die Gefahr für private Rechte zugleich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt (z.B. Abwehr eines Diebstahls oder Hausfriedensbruchs).

2.4

Hinsichtlich der Vollzugshilfe wird auf die Erläuterung zu den Art. 50 bis 52

2.5

Andere Rechtsvorschriften, durch die der Polizei besondere Aufgaben zugewiesen werden, sind insbesondere
– § 131 Abs. 2 Satz 2, § 158 Abs. 1 Satz 1, § 159 Abs. 1, §§ 161 und 163 der Strafprozessordnung
– §§ 53 und 57 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und § 4 Abs. 2 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ordnungswidrigkeitenrecht in Verbindung mit § 47 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten
– Art. 44, 46 BayKJHG
– Art. 30 Abs. 1 Satz 2 und Art. 37 Abs. 2 und 3 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes
– Art. 8 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 2 des Unterbringungsgesetzes
– § 9 Abs. 2, §§ 12, 13 Abs. 1, § 15 Abs. 2 und 3 des Versammlungsgesetzes in Verbindung mit Art. 7 des Gesetzes zur Ausführung des Versammlungsgesetzes und § 18 Abs. 2 des Versammlungsgesetzes
– § 44 Abs. 3 des Wehrpflichtgesetzes und § 23 a des Zivildienstgesetzes
– § 1 Abs. 9 der Verordnung zur Ausführung des Waffengesetzes und § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes und des Sprengwesens
– § 26 des Straßenverkehrsgesetzes und §§ 36 und 44 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung
– § 758 Abs. 3 und § 759 der Zivilprozessordnung und § 70 g Abs. 5 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

2.6

Soweit der Polizei durch andere Rechtsvorschriften Aufgaben zugewiesen sind, richtet sich die Tätigkeit der Polizei nach diesen Spezialvorschriften, soweit nicht Art. 11 Abs. 3 eingreift.

3 Zu Art. 3 (Verhältnis zu anderen Behörden)

3.1

Neben der Polizei sind auch die Sicherheitsbehörden (Art. 6 Landesstraf- und Verordnungsgesetz) für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständig. Für spezielle Bereiche, beispielsweise Waffenrecht, Sprengstoffwesen, Bauaufsicht, Wasseraufsicht nehmen ferner sonstige Behörden Aufgaben der Gefahrenabwehr wahr. Der Polizei obliegen daher die Aufgaben der Gefahrenabwehr nur, soweit diese Aufgaben (insbesondere die Durchführung von Erlaubnisverfahren oder der Erlass von Anordnungen) nicht anderen Behörden durch Rechtsvorschrift vorbehalten sind.

3.2

Soweit die Gefahrenabwehr auch anderen Behörden obliegt, braucht die Polizei hierfür nur tätig zu werden, wenn aus ihrer Sicht die ebenfalls für die Gefahrenabwehr zuständige Behörde nicht oder nicht rechtzeitig tätig werden kann. Eine andere Behörde kann insbesondere dann zur Gefahrenabwehr im Einzelfall nicht tätig werden, wenn ihr - anders als der Polizei - die erforderlichen Befugnisse fehlen, wenn die Behörde nicht über die erforderlichen Mittel zur Durchsetzung der Maßnahme - beispielsweise Hilfsmittel des unmittelbaren Zwangs oder Waffen - oder über die erforderliche Sachkenntnis verfügt. Kann die andere Behörde, weil sie nicht rechtzeitig erreichbar ist, nicht rechtzeitig tätig werden, so soll die weitere Durchführung der Maßnahme der anderen Behörde überlassen werden, sobald die andere Behörde tätig werden kann. Maßgebend für die Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche zwischen der Polizei und den anderen Behörden und damit für die Zuständigkeit der Polizei ist nicht der tatsächliche Sachverhalt, sondern die Sachlage, wie sie sich der Polizei bei vernünftiger Einschätzung darstellt.
Ist für die Maßnahme an sich auch eine andere Behörde zuständig, so ist sie möglichst schnell zu unterrichten. Das gilt insbesondere, wenn es in Betracht kommt, dass die andere Behörde im Anschluss an polizeiliche Maßnahmen weitere Maßnahmen zu treffen hat.

4 Zu Art. 4 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)

4.1

Der Grundsatz des Übermaßverbotes hat Verfassungsrang. Art. 4 ist bei jeder Maßnahme heranzuziehen, auch dann, wenn eine Befugnisnorm unter Anführung verschiedener Kriterien zu einer Eingriffsmaßnahme ermächtigt; das gilt auch für die Anwendung unmittelbaren Zwangs.

4.2

Maßnahmen müssen geeignet und inhaltlich hinreichend bestimmt sein; dem Adressaten muss erkennbar sein, was ihm abverlangt wird. Dabei kann dem Adressaten die Wahl zwischen mehreren geeigneten Mitteln zur Abwehr der Gefahr überlassen bleiben. Die Polizei braucht, wenn mehrere Mittel in Betracht kommen, jedoch zunächst nur eines dieser Mittel zu bestimmen (vgl. Art. 5 Abs. 2).
Das dem Adressaten aufgegebene Tun oder Unterlassen muss tatsächlich möglich und rechtlich zulässig sein. Der Adressat darf nicht zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet werden, das ihm physisch oder psychisch nicht möglich ist. Wirtschaftliches Unvermögen begründet allein keine Unmöglichkeit in diesem Sinn; allerdings ist hierbei Art. 4 Abs. 2 zu beachten.

4.3

Die Maßnahme muss das mildeste Mittel sein. Eine Maßnahme, die nach vernünftiger Einschätzung der Sachlage durch den Polizeibeamten eine größere Beeinträchtigung mit sich bringt als eine andere, die ebenso geeignet ist, darf nicht getroffen werden.

4.4

Eine Maßnahme ist dann unverhältnismäßig, wenn sie nach vernünftiger Einschätzung der Sachlage einen größeren Schaden bewirken dürfte, als den, der entsteht, wenn die polizeiliche Maßnahme unterbleibt. Die Nachteile, die durch die Maßnahme abgewendet werden sollen, sind gegen die Nachteile abzuwägen, die durch die Maßnahme verursacht werden. Eine Maßnahme muss daher unterbleiben, wenn die durch sie voraussichtlich verursachten Nachteile erkennbar erheblich wertvollere Interessen oder Güter des Einzelnen oder der Allgemeinheit in erheblich größerem Umfang beeinträchtigen als der Nachteil, der abgewendet werden soll.

4.5

Das polizeiliche Handeln muss sich dem jeweiligen Stand der Situation anpassen. Polizeiliche Maßnahmen können aus diesem Grunde aufgehoben, geändert oder durch andere Maßnahmen ersetzt werden. Maßnahmen mit Dauerwirkung sind aufzuheben, wenn ihre tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen entfallen, insbesondere wenn die Gefahr abgewehrt oder der Zweck der Maßnahme sonst erreicht ist, wenn sich im Verlauf der Maßnahme herausstellt, dass der Zweck auf diese Weise nicht erreicht werden kann oder wenn die Belastung des Adressaten durch das Andauern der Maßnahme unverhältnismäßig wird.

5 Zu Art. 5 (Ermessen, Wahl der Mittel)

5.1

Der Polizei steht beim Vollzug dieses Gesetzes grundsätzlich ein Ermessen zu, ob sie eine zulässige Maßnahme trifft und welche von mehreren zulässigen Maßnahmen sie wählt. Von einer zulässigen Maßnahme kann insbesondere abgesehen werden, wenn mehrere Gefahren zugleich abzuwehren sind und die vorhandenen Kräfte und Mittel nur zur Abwehr einer dieser Gefahren oder einiger dieser Gefahren ausreichen, ferner dann, wenn die Gefahrenabwehr durch eine andere Stelle gesichert erscheint, schließlich auch dann, wenn es sich um Bagatellfälle handelt.

5.2

Handelt es sich um schwere Sicherheitsgefahren, insbesondere um Gefahren für Leib oder Leben oder für erhebliche Vermögenswerte, oder ist sonst die Intensität der Gefahr besonders groß, so ist die Polizei zum Einschreiten gegen die Gefahr verpflichtet.

5.3

Dem Betroffenen darf die Anwendung eines anderen Mittels als dem angeordneten (Art 5 Abs. 2 Satz 2) nur gestattet werden, wenn dieses Mittel gleich geeignet ist und Dritte nicht mehr belastet.

6 Zu Art. 6 (Ausweispflicht des Polizeibeamten)

Die Legitimationspflicht des Polizeibeamten ist in der Bekanntmachung vom 26. September 1977 (MABl S. 700) geregelt.

7 Zu Art. 7 (Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen)

7.1

Die Art. 7, 8 und 10 sind keine Befugnisgrundlagen, sie bestimmen lediglich, gegen wen Maßnahmen gerichtet werden dürfen. Personen im Sinn dieser Vorschriften können natürliche oder juristische Personen sein. Auch Hoheitsträger unterliegen materiell dem Recht der Gefahrenabwehr. Von Eingriffsmaßnahmen gegen Hoheitsträger in deren hoheitlichem Tätigkeitsbereich ist jedoch grundsätzlich abzusehen; in solchen Fällen hat sich die Polizei darauf zu beschränken, den Hoheitsträger auf die Gefahr hinzuweisen und notfalls dessen Aufsichtsbehörde zu unterrichten.

7.2

Die Art. 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden, soweit die typisierten Befugnisbestimmungen (vgl. Art. 12 ff.) oder andere Rechtsvorschriften (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 2) bestimmen, gegen wen eine Maßnahme gerichtet werden kann.

7.3

Art. 7 Abs. 1 setzt voraus, dass eine Person unmittelbar durch ihr Verhalten oder ihren Zustand die Gefahr hervorgerufen hat. Ein Unterlassen einer Handlung kann nur dann eine Gefahr im Sinn des Art. 7 Abs. 1 verursachen, wenn der Betreffende rechtlich zum Handeln verpflichtet ist. Auch wer durch sein Verhalten eine Situation absichtlich herbeiführt, in der zwangsläufig von Dritten eine Gefahr ausgeht, verursacht im Sinn des Art. 7 Abs. 1 diese Gefahr. Auf Verschulden oder ein Mindestalter kommt es für Art. 7 Abs. 1 nicht an.

7.4

Die Pflicht zur Aufsicht über eine Person im Sinn vom Art. 7 Abs. 2 kann sich aus Gesetz, Vertrag oder vorangegangenem Tun (tatsächliche Übernahme der Aufsicht) ergeben.

7.5

Die Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn nach Art. 7 Abs. 3 bezieht sich nur auf Handlungen des Gehilfen in Ausführung, nicht lediglich bei der Gelegenheit der Verrichtung.

7.6

Auch mehrere Personen können zugleich verantwortlich nach Art. 7 sein. Von mehreren Verantwortlichen soll zunächst derjenige in Anspruch genommen werden, der die Gefahr am schnellsten und sichersten abwenden oder beseitigen kann; Art. 4 ist dabei zu beachten.

8 Zu Art. 8 (Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen)

8.1

Auf Nummer 7.1 und 7.2 wird hingewiesen.

8.2

Auch Tiere, Flüssigkeiten, gasförmige Stoffe und Sachgesamtheiten sind Sachen im Sinn des Art. 8.

8.3

Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist derjenige, der die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit - berechtigt oder unberechtigt - auf die Sache hat.

8.4

Die Gefahr kann von der dauernden oder vorübergehenden Beschaffenheit einer Sache ausgehen, aber auch von der Lage, in der sich eine an sich ungefährliche Sache befindet.

8.5

Auf ein Verschulden für die Beschaffenheit oder Lage der Sache kommt es nicht an; die Gefahr, die von der Sache ausgeht, kann auch durch höhere Gewalt oder durch Veränderungen der Sache durch Umwelteinwirkungen oder durch Schädigungen seitens Dritter entstanden sein.

8.6

Art. 8 Abs. 2 setzt voraus, dass andere als der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über die Sache an dieser berechtigt sind; die Berechtigung kann dinglicher Natur (Eigentum, Nießbrauch) oder schuldrechtlicher Art (Miete, Pacht, Verwahrung, Auftrag) sein. Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt übt diese auch dann ohne Willen des Eigentümers oder sonstigen Berechtigten im Sinn des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 aus, wenn er die tatsächliche Gewalt gegen den Willen des Berechtigten ausübt.

8.7

Art. 8 Abs. 3 setzt voraus, dass jemand das Eigentum an einer Sache, von der eine Gefahr ausgeht, gemäß §§ 928, 959 BGB aufgegeben hat. Art. 8 Abs. 3 setzt voraus, dass die Gefahr bereits vor der Aufgabe des Eigentums von der Sache ausging oder durch die Aufgabe des Eigentums verursacht worden ist.

8.8

Die Verantwortlichkeit entfällt
im Fall des Art. 8 Abs. 1, wenn die tatsächliche Sachherrschaft des Verantwortlichen endet,
im Fall des Art. 8 Abs. 2, wenn die Berechtigung an der Sache endet,
im Fall des Art. 8 Abs. 3, wenn ein Dritter die tatsächliche Sachherrschaft an der herrenlosen Sache begründet.
Ist eine neue Anordnung gegen einen Verantwortlichen getroffen worden, dessen Verantwortlichkeit später entfällt, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Anordnung unter der stillschweigenden Bedingung der Sachherrschaft oder Berechtigung getroffen worden ist; mit dem Wegfall der Verantwortlichkeit wird die Anordnung daher ungültig; sie geht nicht auf einen neuen Verantwortlichen über, so dass erforderlichenfalls gegen den neuen Verantwortlichen eine neue Anordnung zu erlassen ist.

8.9

Nummer 7.6 gilt entsprechend. Sind Personen nach Art. 7 und Art. 8 nebeneinander verantwortlich, so soll zunächst der nach Art. 7 Verantwortliche in Anspruch genommen werden, es sei denn, dass die Inanspruchnahme des Verantwortlichen nach Art. 8 zweckmäßig und verhältnismäßig ist. Dabei sollen als Kriterien die sachliche und örtliche Nähe zur Gefahrenquelle, die Eignung, das Ausmaß der Nachteile, die der Allgemeinheit und den in Anspruch zunehmenden Verantwortlichen erwachsen, und die persönliche und sachliche Leistungsfähigkeit möglichst berücksichtigt werden.

9 Zu Art. 9 (Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme)

9.1

Grundsätzlich ist der Verantwortliche durch Anordnung zur Abwehr der Gefahren zu verpflichten. Nur wenn aus der Sicht des Polizeibeamten der Gefahr durch den Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt werden würde, darf die Polizei durch unmittelbare Tatmaßnahmen selbst oder durch einen Beauftragten die Gefahr abwehren. Die unmittelbare Ausführung kommt daher in Betracht, wenn der Verantwortliche nicht zugegen und nicht rechtzeitig erreichbar ist oder nicht in der Lage ist, die Gefahr rechtzeitig abzuwehren oder nicht willens ist, die Gefahr rechtzeitig abzuwehren und wenn eine vorausgehende Anordnung nicht rechtzeitig zwangsweise durchsetzbar wäre.

9.2

Art. 9 gibt keine Befugnis, einen Dritten als Beauftragten zur Beseitigung der Gefahr heranzuziehen. Eine solche Befugnis kann sich jedoch aus Art. 11 in Verbindung mit Art. 10 ergeben.

9.3

Die nach Art. 7 und Art. 8 Verantwortlichen haften für die Kosten als Gesamtschuldner. Sind Personen nach Art. 7 und Art. 8 nebeneinander verantwortlich, so ist der nach Art. 7 Verantwortliche vorrangig in Anspruch zu nehmen. Der nach Art. 8 Verantwortliche kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der nach Art. 7 Verantwortliche trotz eingehender polizeilicher Ermittlungen nicht festzustellen oder nicht leistungsfähig ist.

10 Zu Art. 10 (Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen)

10.1

Maßnahmen gegen Nichtverantwortliche dürfen nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 10 oder soweit eine Befugnisbestimmung Maßnahmen gegen Nichtverantwortliche zulässt (Art. 10 Abs. 3) getroffen werden.

10.2

Eine gegenwärtige erhebliche Gefahr im Sinn des Absatzes 1 Nr. 1 liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht und die Gefahr einem bedeutsamen Rechtsgut (insbesondere Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person, Wohnungsfreiheit, öffentliche Versorgungsanlagen, wichtige öffentliche Einrichtungen und unersetzliche Kulturgüter) droht.

10.3

Eine erheblich eigene Gefährdung im Sinn des Absatzes 1 Nr. 4 ist insbesondere gegeben, wenn durch die Maßnahme gegen den Nichtverantwortlichen dessen Leben oder Gesundheit gefährdet würde. Eine Gefahr für das Vermögen des Nichtverantwortlichen ist im Hinblick auf Art. 70

10.4

Die Beurteilung, ob eine Pflicht höherwertig im Sinn des Art. 10 Abs. 1 Nr. 4 ist, orientiert sich an den Rechtsgütern, deren Schutz die Pflicht dient.

10.5

Fällt nach einer Anordnung gegen einen Nichtverantwortlichen eine der Voraussetzungen nach Art. 10 Abs. 1 nachträglich weg, so ist die Anordnung zurückzunehmen (Art. 10 Abs. 2). Eine Anordnung nach Art. 10 Abs. 1 befreit die Polizei nicht von der Pflicht, die zur Gefahrenabwehr notwendigen Kräfte und Mittel selbst bereitzustellen. Hat die Anordnung Dauerwirkung, so muss die Polizei das Geschehen fortlaufend überwachen, damit die Maßnahme zum frühestmöglichen Zeitpunkt zurückgenommen wird.

11 Zu Art. 11 (Allgemeine Befugnisse)

11.1

Polizeiliche Maßnahmen (vgl. Nr. 2.1) bedürfen der besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Solche gesetzliche Ermächtigungen stellen die Art. 11 bis 29

11.2

Art. 11 Abs. 1 und 2 gelten nicht für Maßnahmen, die in Art. 13 bis 29
Die Art. 11 bis 29

11.3

Soweit die Art. 11 bis 29

11.4

Gefahr im Sinn des Absatzes 1 und des Absatzes 2 Nr. 3 ist die konkrete Gefahr. Darunter ist eine Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden (einer Verletzung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung) führt. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Der Eintritt des Schadens braucht nicht unmittelbar bevorzustehen.
Gefahr in diesem Sinn ist auch die so genannte Anscheinsgefahr, also eine Sachlage, die bei verständiger Betrachtung objektiv den Anschein oder den dringenden Verdacht einer Gefahr erweckt.
Zur Gefahrenabwehr gehört auch die Beseitigung einer bereits eingetretenen Beeinträchtigung (Störung) der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, wenn von ihr eine fortwirkende Gefährdung für diese Rechtsgüter ausgeht. Eine Gefahr in diesem Sinn ist auch gegeben, wenn der Tatbestand einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verwirklicht wird, ohne dass im Einzelfall eine zusätzliche konkrete Gefahr vorzuliegen braucht.

11.5

Art. 11 Abs. 2 erläutert den Begriff der Gefahrenabwehr im Sinn des Absatzes 1 beispielhaft. Diese nicht abschließende gesetzliche Definition des Begriffs der Gefahrenabwehr, die sich an das bisherige bayerische Polizeirecht anlehnt, deckt mit ihren Beispielen den Bereich nach Absatz 1 nahezu völlig ab. Die Polizei wird daher bei der Anwendung des Art. 11 Abs. 1 fast immer die Kriterien nach Absatz 2 zugrunde legen können. Soweit Absatz 1 über Absatz 2 hinausgeht, wird es sich im Wesentlichen um Gefahren für die öffentliche Ordnung handeln.
Aus Absatz 2 Nr. 2 folgt, dass durch eine Straftat, Ordnungswidrigkeit oder verfassungsfeindliche Handlung verursachte Zustände eine fortwirkende Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen.
Eine Handlung ist dann darauf gerichtet, die verfassungsmäßige Ordnung im Sinn des Art. 11 Abs. 2 Satz 4 „auf verfassungswidrige Weise“ zu stören oder zu ändern, wenn durch sie eine Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung angestrebt wird, die durch die Verfassung nicht zugelassen ist (vgl. Art. 79 GG).

12 Zu Art. 12 (Auskunftspflicht)

12.1

Satz 1 gibt der Polizei die Befugnis, eine Person nach deren Wahrnehmung zu tatsächlichen Ereignissen oder Personen zu befragen, wenn anzunehmen ist, dass sie sachdienliche Angaben zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe nach Art. 2 machen kann. Beispiele hierfür sind der Zufallszeuge einer Gefahrenlage oder der Nachbar eines Störers. Satz 1 stellt klar, dass Befragungen auch unbeteiligter Dritter zulässig und nicht etwa auf die Ausnahmefälle des Art. 10 beschränkt sind.

12.2

Eine Auskunftspflicht der befragten Person zur Sache gegenüber der Polizei besteht aber nur im Rahmen der für die Person geltenden gesetzlichen Handlungspflichten. Nur soweit besondere gesetzliche Handlungspflichten (z.B. Garantenstellung, Nichtanzeige geplanter Straftaten § 138 StGB oder unterlassene Hilfeleistung § 323 c StGB) bestehen, ist die befragte Person auch der Polizei gegenüber zu Auskünften in der Sache verpflichtet. Die in der Strafprozessordnung geregelten Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechte (§§ 52 bis 55 StPO) gelten nur für den Bereich der Strafverfolgung. Verweigert eine befragte Person Angaben zur Sache, so sind deren Personalien – soweit zur Aufgabenerfüllung im konkreten Fall erforderlich – nach Satz 1 aufzunehmen, um spätere richterliche Feststellungen in einem etwaigen nachfolgenden gerichtlichen Verfahren zu erleichtern. § 111 OWiG bleibt unberührt.

12.3

Satz 3 sieht vor, dass die Polizei den Betroffenen für die Dauer der Befragung anhalten kann. Eine Mitnahme zur Dienststelle ist nur unter den Voraussetzungen der Identitätsfeststellung nach Art. 13 Abs. 2 Satz 3 zulässig.

13 Zu Art. 13 (Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen)

13.1

Identitätsfeststellung bedeutet die Vergewisserung, welche Personalien (vgl. § 111 Abs. 1 OWiG: Vor-, Familien- oder Geburtsnamen, Ort und Tag der Geburt, Familienstand, Beruf, Wohnort, Wohnungsanschrift, Staatsangehörigkeit) eine bestimmte Person hat; nach Absatz 2 umfasst die Befugnis zur Identitätsfeststellung insbesondere die Anhaltung, das Befragen nach den Personalien und das Verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung ausgehändigt werden. Ferner kann die Polizei zur Identitätsfeststellung die Echtheit und Unverfälschtheit der Ausweispapiere prüfen. Auch Gegenüberstellungen sind ein Mittel der Identitätsfeststellung.
Die erkennungsdienstliche Behandlung, die auch der Identitätsfeststellung dienen kann, ist in Art. 13

13.2

Die Vorschriften der Strafprozessordnung, die zur Identitätsfeststellung ermächtigen (§§ 111, 163 b, 163 c StPO), stellen eine abschließende Regelung der Identitätsfeststellung für Zwecke der Strafverfolgung dar. Diese Vorschriften gelten gemäß § 46 Abs. 1 OWiG entsprechend auch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten. Art. 13

13.3

Eine Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 kommt daher beispielsweise in Betracht, wenn der Täter oder ein Zeuge einer verfassungsfeindlichen Handlung festgestellt werden soll, wenn die Identitätsfeststellung geeignet erscheint, diese Tat zu beenden oder künftige Taten dieser Art zu verhindern.

13.4

Eine Identitätsfeststellung nach Art. 13

13.4.1

Aufenthaltserlaubnis im Sinn des Absatzes 1 Nr. 2 Buchst. a, bb ist insbesondere die ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnis, aber auch die durch das Lösen einer Fahrkarte erwirkte Aufenthaltserlaubnis für Verkehrsanlagen, soweit für diese Anlagen eine öffentlich-rechtliche Regelung (z.B. Gemeindesatzung) besteht. Straftäter im Sinne der Nummer 2 Buchst. a, cc sind Personen, die wegen einer Straftat verurteilt worden sind (ggf. auch durch Strafbefehl). Für den Begriff „der Prostitution nachgehen“ (Nummer 2 Buchst. b) genügen Handlungen, die unmittelbar auf sexuelle Betätigungen gegen Entgelt abzielen, so die für den sog. Straßenstrich typischen Anbahnungshandlungen.

13.5

Absatz 1 Nr. 3 (so genannte gefährdete Objekte) setzt nicht voraus, dass sich die tatsächlichen Anhaltspunkte gerade auf das Objekt beziehen, das durch die Identitätsfeststellungen geschützt werden soll. Die Voraussetzungen nach dieser Vorschrift sind bereits gegeben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Objekt dieser Art gefährdet ist, ohne dass schon erkennbar ist, welchem einzelnen Objekt die Gefahr droht. Die Straftat muss gegen das Objekt selbst, gegen dessen Einrichtungen oder gegen Personen in diesen Objekten oder in deren unmittelbarer Nähe gerichtet sein, die dessen besondere Gefährdung teilen (z.B. Sprengstoffanschläge, nicht jedoch Taschendiebstähle). Wenn eine solche Gefährdungsgrundlage hinsichtlich solcher Objekte gegeben ist, ist für die Befugnis nach Art. 13
Andere besonders gefährdete Objekte im Sinn dieser Vorschrift können auch im Bau befindliche Kernkraftwerke oder Kernforschungsanlagen, Vertretungen ausländischer Staaten und ausländischer Verkehrs- und Handelsbüros sein.

13.6

Art. 13

13.7

Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 enthält eine verdachts- und ereignisunabhängige Befugnis zur Personenkontrolle in den dort genannten Bereichen.
Die Vorschrift deckt auch - in der Alternative „zur Verhütung oder Unterbindung der unerlaubten Überschreitung der Landesgrenze“ - die herkömmliche Grenzkontrolle ab, soweit und solange sie nicht nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen oder anderen in innerstaatliches Recht umgesetzten völkerrechtlichen Vereinbarungen entfällt.
Außerhalb der Grenzübertrittskontrolle werden Art und Umfang der Kontrollen durch die Zielsetzung der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und der Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts bestimmt. Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei dem Einsatz mobiler Fahndungstrupps auf den Durchgangsstraßen und in den öffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs zu. Durchgangstraßen des internationalen Verkehrs sind neben den Bundesautobahnen und den Europastraßen andere Straßen, die von erheblicher Bedeutung für den grenzüberschreitenden Verkehr sind und damit auch Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität haben. Dabei wird nicht auf bestimmte Straßenklassen abgestellt, sondern auf die wandelbaren tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie nach dem polizeilichen Lagebild zu erkennen sind. Öffentliche Einrichtungen des internationalen Verkehrs können Flughäfen, Bahnhöfe und Züge, aber auch Tank- und Rastanlagen sein.
An die Befugnis zu Personenkontrollen angebunden ist die Befugnis zur Durchsuchung von Personen und Sachen (vgl. Art. 21 Abs. 1 Nr. 3, Art. 22 Abs. 1 Nr. 4). Der Umfang der im Einzelfall zur Verfolgung des Kontrollzwecks gebotenen Maßnahmen wird durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 4) begrenzt.

13.8

Die Identitätsfeststellung nach Absatz 1 Nr. 6 kommt in Betracht, wenn sie geeignet ist, die Wahrnehmung privater Rechte zu sichern, sofern ohne sofortige Identitätsfeststellung die Verwirklichung des Rechts in Frage gestellt wäre. Insbesondere kommt diese Befugnis dann zum Tragen, wenn jemand fahrlässig eine Sache beschädigt hat, seine Personalien dem Geschädigten nicht bekannt gibt und sich entfernen will. Für eine Identitätsfeststellung in solchen Fällen ist es nicht erforderlich, dass der Geschädigte sie beantragt.

13.9

Das Anhalten (Art. 13

13.10

Die Pflicht nach Art. 13
Die Identität kann an Ort und Stelle nicht festgestellt werden, wenn der Betroffene Angaben über seine Person verweigert oder nicht machen kann und über hinreichende Ausweise nicht verfügt oder wenn im Einzelfall Zweifel an deren Echtheit oder Gültigkeit bestehen und wenn vertrauenswürdige Gewährspersonen oder andere zuverlässige Anhaltspunkte nicht vorhanden sind.
Erhebliche Schwierigkeiten im Sinn des Art. 13

13.11

Die Durchsuchung nach Art. 13

13.12

Berechtigungsscheine im Sinn des Art. 13

14 Zu Art. 14 (Erkennungsdienstliche Maßnahmen)

14.1

Erkennungsdienstliche Maßnahmen nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 kommen nur in Betracht, wenn andere Möglichkeiten der Identitätsfeststellung mit zumutbarem Aufwand im Einzelfall nicht bestehen. Er setzt voraus, dass auch die Voraussetzungen nach Art. 13 zur Identitätsfeststellung vorliegen.

14.2

Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 ergänzt § 81 b der Strafprozessordnung. Er kommt insbesondere in Betracht, wenn ein Strafunmündiger verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben oder die Beschuldigteneigenschaft wegen rechtskräftiger Verurteilung weggefallen ist, und wenn Wiederholungsgefahr besteht.

14.3

Zum Zweck der erkennungsdienstlichen Behandlung kann der Betroffene zur Dienststelle mitgenommen werden.

14.4

Erkennungsdienstliche Unterlagen dürfen grundsätzlich aufbewahrt werden. Sie sind jedoch zu vernichten, wenn die Voraussetzungen des § 81 b Strafprozessordnung oder die Voraussetzung nach Art. 14 Abs. 1 nicht mehr vorliegen und der Betroffene einen Antrag stellt (Absatz 2). Die Richtlinien über kriminalpolizeiliche Sammlungen bleiben unberührt.

14.5

Die Aufzählung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen im Absatz 3 ist nicht abschließend. Andere als die dort bezeichneten Maßnahmen sind nur zulässig, wenn und soweit sie hinsichtlich der Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Betroffenen jenen vergleichbar sind.

15 Zu Art. 15 (Vorladung)

15.1

Absatz 1 Nr. 1 setzt voraus, dass im Einzelfall Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Die polizeiliche Aufgabe in diesem Sinn kann sich auch aus anderen Rechtsvorschriften ergeben; jedoch nicht aus der StPO oder dem OWiG. Eine Vorladung zum Zweck einer allgemeinen Ausforschung ist nicht zulässig. Eine Vorladung ist nicht erforderlich und damit unzulässig, wenn die gewünschte Aufklärung auf anderem Wege rechtzeitig und ohne größeren Aufwand beschafft werden kann. Als Betroffene kommen auch Nichtverantwortliche in Betracht.
Da der Vorgeführte nicht verpflichtet ist, zur Sache auszusagen, ist eine Vorladung auch dann nicht zulässig, wenn die Personalien des Betroffenen bekannt sind und nach den Umständen nicht zu erwarten ist, dass der Betroffene zur Sache Angaben macht.

15.2

Von der Angabe des Grundes der Vorladung kann abgesehen werden, wenn dadurch der Vorladungszweck gefährdet würde. Eine Pflicht nach Absatz 2 Satz 2 besteht nicht, wenn das öffentliche Interesse an einer sofortigen Auskunft (Intensität oder Ausmaß der Gefahr, die abgewehrt werden soll) das private Interesse des Betroffenen (berufliche und sonstige Verpflichtungen, Verkehrsverhältnisse) überwiegt.

15.3

Zur zwangsweisen Durchsetzung (insbesondere Vorführung) einer auf Art. 15 Abs. 1 beruhenden Vorladung ist die Polizei nur in den Fällen des Absatzes 3 befugt. Zur Zeit der zwangsweisen Durchsetzung der Vorladung müssen neben den Voraussetzungen des Absatzes 3 auch die nach Absatz 1 noch gegeben sein. Auch Absatz 2 ist bei der zwangsweisen Durchsetzung von Vorladungen zu beachten.
Ein hinreichender Grund, einer Vorladung nicht Folge zu leisten, kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Betroffene krank oder zu dem Zeitpunkt, für den er vorgeladen ist, durch unaufschiebbare berufliche oder persönliche Angelegenheiten verhindert ist. Freilich findet insoweit eine Güterabwägung statt: Bei großer Intensität der Gefahr, die durch die Befragung (Vorladung) abgewendet werden soll, müssen unter Umständen auch wichtige berufliche und persönliche Angelegenheiten zurücktreten.

15.4

Wegen der Mittel zur Durchsetzung der Vorladung (Abs. 3) wird auf die Art. 53

15.5

Art. 14

16 Zu Art. 16 (Platzverweisung)

16.1

Eine Anordnung nach Art. 16 kann sich auch auf Fahrzeuge oder andere Sachen (z.B. Tiere) erstrecken, die die Betroffenen bei sich haben; erforderlichenfalls sind die Betroffenen hierauf ausdrücklich hinzuweisen.

16.2

Die Platzverweisung kann auch in Räumen erfolgen. Der Inhaber einer Wohnung im Sinn des Art. 23
Die Art. 7, 8 und 10 sind zu beachten. Ist eine Menschenmenge von einem Ort zu verweisen oder ist ihr das Betreten eines Ortes zu verbieten, weil einzelne Personen in der Menschenmenge durch ihr Verhalten eine konkrete Gefahr verursachen, so sind auch die anderen Personen in der Menschenmenge im Sinn des Art. 7 verantwortlich, weil sie durch ihre Gegenwart die Gefahr verstärken. Soweit die Gefahr dadurch abgewendet werden kann, ist die Platzverweisung jedoch in erster Linie gegen die Personen zu richten, die die Gefahr verursacht haben.

16.3

Art. 16

17 Zu Art. 17 (Gewahrsam)

17.1

Art. 17

17.2

Der Gewahrsam nach Absatz 1 Nr. 1 dient ausschließlich dem Schutz des Betroffenen. Absatz 1 Nr. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 2 des Unterbringungsgesetzes gegeben sind, der als spezielle Vorschrift vorgeht. Die Gefahr braucht nicht gegenwärtig zu sein. Es kommt nicht darauf an, ob sich der Gefährdete selbst - schuldhaft oder schuldlos - in die Gefahr begeben hat. Die Gefahr kann von Dritten ausgehen, durch Naturereignisse oder sonstige Fälle höherer Gewalt verursacht sein.

17.3.1

Der Gewahrsam nach Absatz 1 Nr. 2 ist nur zulässig, wenn die Polizei kein milderes Mittel hat, um die Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern.
Eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit steht unmittelbar bevor, wenn mit der Ausführung bereits begonnen wurde, oder sie in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die Bedeutung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit ist erheblich für die Allgemeinheit, wenn ein Schaden für ein besonders bedeutsames Rechtsgut (Leben, Gesundheit, Freiheit, unersetzliche Vermögenswerte) oder für andere Rechtsgüter in erheblichem Umfang oder für den Bestand des Staates und von dessen Einrichtungen zu befürchten sind oder wenn die betreffende Vorschrift ein sonstiges bedeutsames Interesse der Allgemeinheit schützt.

17.3.2

Die in Art. 17
In Buchstabe a) werden Personen erfasst, die öffentlich, d.h. mit Hilfe von Transparenten, Flugblättern oder sonstigen Gegenständen, zu rechtswidrigen Aktionen im Zusammenhang mit Demonstrationen auffordern (vgl. § 111 StGB) oder solche Aktionen befürworten. Das Mitführen derartiger Kundgebungsmittel lässt den Schluss zu, dass die betroffenen Personen nicht ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG ausüben, sondern Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit begehen wollen. Das Mitführen einzelner Flugblätter strafbaren Inhalts, die dem Betroffenen von Dritten zugesteckt worden sind, reicht hingegen als Voraussetzung für eine Ingewahrsamnahme nicht aus.
In Buchstabe b) werden typische Gegenstände oder Waffen, deren Mitnahme zu öffentlichen Versammlungen (§ 2 Abs. 3 Versammlungsgesetz) verboten ist (wie Molotow-Cocktails, Schutzbewaffnung, Bankräubermasken), als Indizien dafür aufgeführt, dass die Träger nicht friedlich im Sinn des Art. 8 GG demonstrieren wollen. Die Anwendung des Buchstaben b) auf andere Personen setzt zunächst voraus, dass die Begleitperson, die die o. g. Gegenstände mit sich führt, Störer im Sinn des PAG ist. Eine Zurechnung des Verhaltens der Begleitperson darf nur dann erfolgen, wenn im Einzelfall nach Gesamtwürdigung der objektiv feststellbaren Umstände die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass die betroffene Person Kenntnis von dem Mitführen der Gegenstände haben musste. Bei Insassen eines Personenwagens wird man das in der Regel annehmen können, bei Insassen eines Omnibusses dagegen im Allgemeinen nicht. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist von der Anordnung des Unterbringungsgewahrsams abzusehen, wenn eine Sicherstellung der o. g. Gegenstände oder andere polizeiliche Maßnahmen (z.B. eine Platzverweisung) zur Abwehr der Gefahr ausreichen.
Buchstabe c) sieht eine Gefahrenprognose aufgrund früheren Verhaltens vor. Voraussetzung hierfür ist, dass sich durch vorhandene Unterlagen oder sonstige Beweismittel nachweisen lässt, dass die betreffende Person bereits früher mehrfach aus vergleichbarem Anlass als Störer bei der Begehung entsprechender Taten in Erscheinung getreten ist und aufgrund der Umstände des Einzelfalls von einer Wiederholung dieser Verhaltensweise auszugehen ist. Der Nachweis, dass die betroffene Person bereits früher als Störer in Erscheinung getreten ist, kann sich auf rechtskräftige Verurteilungen im In- und Ausland, auf andere behördliche Entscheidungen (Bußgeldbescheide, Verwaltungsakte, insbesondere frühere polizeiliche Maßnahmen), zivilrechtliche Rechtshandlungen (Hausverbote, Stadionverbote) sowie auf alle sonstigen Beweismittel stützen.

17.4

Der Gewahrsam nach Absatz 1 Nr. 3 ist nur zulässig, wenn der Polizei kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um eine Platzverweisung nach Art. 16

17.5

Der Gewahrsam von Minderjährigen nach Absatz 2 dient dem vorübergehenden Zweck, sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen. Nicht erforderlich ist es, dass von dem Minderjährigen eine konkrete Gefahr ausgeht oder dass eine solche ihm droht.

17.6

Der Gewahrsam nach Absatz 3 dient dem Zweck, die Entwichenen in die Anstalt zurückzubringen. Nicht erforderlich ist, dass eine besondere Gefahr von dem Entwichenen ausgeht. Entscheidend ist, dass sich die betreffende Person unerlaubt außerhalb der Anstalt aufhält. Der Eingriff ist auch dann zulässig, wenn noch kein Ersuchen der Vollzugsanstalt vorliegt.

18 Zu Art. 18 (Richterliche Entscheidung)

18.1

Art. 18

18.2

Die richterliche Entscheidung ist bereits vor der Ingewahrsamnahme herbeizuführen, wenn dadurch der Erfolg der Maßnahme nicht gefährdet wird.

18.3

Würde die Herbeiführung einer vorherigen richterlichen Entscheidung den Zweck der Maßnahme gefährden, so ist die Entscheidung ohne jede Verzögerung, die nicht aus sachlichen Gründen geboten ist, (unverzüglich) nachzuholen, wenn nicht anzunehmen ist, dass die Entscheidung des Richters erst nach Wegfall des Grundes der polizeilichen Maßnahmen ergehen würde.

18.4

Nach einer Entlassung aus dem Gewahrsam ist die richterliche Entscheidung nicht mehr nachzuholen.

18.5

Art. 18

18.6

Art. 18

19 Zu Art. 19 (Behandlung festgehaltener Personen)

19.1

Dem in Gewahrsam Genommenen ist der Grund des Gewahrsams zum frühestmöglichen Zeitpunkt bekannt zugeben, nicht erst beispielsweise auf der Dienststelle. Die Bekanntgabe setzt voraus, dass der Betroffene physisch in der Lage ist, die Mitteilung zu verstehen. Zur Bekanntgabe des Grundes gehört auch die Mitteilung, aus welchem Sachverhalt die Polizei die Berechtigung zur Freiheitsentziehung herleitet. Die Rechtsgrundlage braucht nicht in Einzelheiten erörtert zu werden. Sofern eine richterliche Entscheidung herbeigeführt wird, ist auch dies dem Betroffene unverzüglich mitzuteilen.

19.2

Zu den Vertrauenspersonen, die gemäß Absatz 2 benachrichtigt werden dürfen, zählen vor allem Rechtsanwälte, Angehörige, Freunde, Verlobte. Wird die Benachrichtigung von der Polizei übernommen, soll eine möglichst schnelle Unterrichtung gewährleistet werden (fernmündlich, Telegramm).
Das Benachrichtigungsrecht des Betroffenen darf den Zweck der Freiheitsentziehung nicht vereiteln. Der Zweck wird beispielsweise dann gefährdet, wenn durch die Benachrichtigung die Unterbindung einer beabsichtigten Straftat in Frage gestellt würde. Eine Benachrichtigung ist zu verweigern, wenn das Benachrichtigungsrecht offensichtlich missbraucht werden soll (Benennung einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die zum Betroffenen in keinerlei Beziehungen steht).
Der Betroffene ist auf sein Benachrichtigungsrecht hinzuweisen. Wünscht der Betroffene keine Benachrichtigung, so ist dem Rechnung zu tragen, wen es sich nicht um Fälle des Absatzes 2 Satz 4 handelt.
Ist jemand allein wegen Trunkenheit in Gewahrsam genommen worden, so sollen die Angehörigen im Allgemeinen nicht während später Nachtstunden durch die Polizei verständigt werden. Eine Benachrichtigung erübrigt sich, wenn die Vertrauensperson erst nach der Beendigung des polizeilichen Gewahrsams erreicht werden könnte.

19.3

Von den Vorschriften nach Absatz 3 Satz 1 und 2 darf nur abgewichen werden, wenn tatsächliche Gegebenheiten entgegenstehen. Nach Möglichkeit sollen auch Minderjährige, Kranke und Süchtige gesondert untergebracht werden.
Beschränkungen im Sinn des Absatzes 3 Satz 3 sind beispielsweise Fesselung, Verbot des Schreibens, Entzug mitgeführter Sachen.

20 Zu Art. 20 (Dauer der Freiheitsentziehung)

20.1

Die Polizei hat von Amts wegen ständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Freiheitsentziehung entfallen sind. Sie hat von sich aus darauf hinzuwirken, dass der Betroffene sobald wie möglich entlassen werden kann.

20.2

Über das Ende des Tages nach dem Ergreifen hinaus darf die Polizei in keinem Fall aus eigener Machtvollkommenheit eine Person festhalten.

20.3

Bei richterlicher Entscheidung beträgt die höchstzulässige Dauer der Freiheitsentziehung zwei Wochen. Dieser Rahmen darf im Fall des Art. 17

21 Zu Art. 21 (Durchsuchung von Personen)

21.1

Die Durchsuchung nach Art. 21

21.2 Zu Art. 21 Abs. 1

21.2.1

Art. 21
– eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Art. 25
– die missbräuchliche Verwendung dieser Sache durch eine festgehaltene Person zu verhindern (Art. 25
– den Eigentümer vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen (Art. 25
Bloße Vermutungen reichen für eine Durchsuchung nach Absatz 1 nicht aus.

21.2.2

Die Durchsuchung hilfloser Personen nach Absatz 1 Nr. 2 beschränkt sich nach dem Zweck der Maßnahme auf die Suche nach Identitätspapieren oder -hinweisen, um gegebenenfalls Angehörige benachrichtigen zu können, und auf die Suche nach Unfallausweisen und auf Hinweise für den Grund des körperlichen Zustandes, um dem Hilflosen zweckmäßigen Beistand leisten zu können.

21.2.3

Die Durchsuchung in den Fällen des Absatz 1 Nr. 3 und 4 muss sich an dem Zweck der Maßnahme orientieren; Zweck der Maßnahme ist die Feststellung von Sachen, die sichergestellt werden können, an den in Art. 13

21.3

Die Durchsuchung nach Absatz 2 dient der Eigensicherung der Beamten und dem Schutz Dritter, beispielsweise von Personen, mit denen zusammen der Betroffene im Gewahrsam zu halten ist. Sie ist zulässig, wenn die Identität der Betroffenen nach Art. 13

21.4

Bei einer Durchsuchung aufgefundene Gegenstände sind dem Betroffenen zu belassen, wenn sie weder sichergestellt (Art. 25

21.5

Leibesgefahr im Sinn des Absatzes 3 ist nur die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des Beamten oder eines Dritten.

22 Zu Art. 22 (Durchsuchung von Sachen)

22.1

Sache im Sinn dieser Vorschrift ist jeder körperliche Gegenstand, sofern es sich nicht um am Körper befindliche Kleidungsstücke und deren Inhalt handelt (vgl. Nummer 21.1

22.2

Für die Durchsuchung im befriedeten Besitztum gelten die Art. 23 und 24

22.3

Die Durchsuchung nach Absatz 1 Nr. 1 muss sich an Art. 21

22.4

Die Durchsuchung nach Abs. 1 Nr. 2 beschränkt sich auf die Suche nach der Person, die Durchsuchung nach Absatz 1 Nr. 3 auf die Suche nach der anderen Sache. Die Durchsuchung nach Absatz 1 Nr. 4 richtet sich auf die Feststellung der Identität und auf Hinweise auf Straftaten und auf die Feststellung der Prostitution. Nach Art. 22

23 Zu Art. 23 (Betreten und Durchsuchen von Wohnungen)

23.1

Die Befugnis zum Betreten einer Wohnung schließt die Befugnis ein, von Personen, Sachen und Zuständen, die ohne jeglichen Aufwand wahrgenommen werden können, Kenntnis zu nehmen. Soweit es für die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erforderlich ist, umfasst das Betreten auch das Befahren mit Fahrzeugen.

23.2

Durchsuchen ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen nach Personen oder Sachen oder die Ermittlung einer Gefahrenquelle in einer Wohnung.

23.3

Wohnung ist jede tatsächlich bewohnte oder Wohn-, Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftszwecken dienende Räumlichkeit, ferner anderes befriedetes Besitztum. Wohnungen sind demnach auch zu den genannten Zwecken genutzte bewegliche Sachen wie Schiffe, Wohnwagen, Zelte, Schlafkojen in Lastkraftwagen. Zum befriedeten Besitztum gehören auch eingefriedete Grundstücke.

23.4

Inhaber einer Wohnung ist diejenige natürliche oder juristische Person, die rechtmäßig die tatsächliche Gewalt über die Räumlichkeit ausübt, also auch Mieter, Untermieter, Hotelgäste. Bei Gemeinschaftsunterkünften, Internaten, Obdachlosenasylen sind nur die Leiter oder deren Beauftragte Inhaber.

23.5

Die Einwilligung kann neben dem oder für den Inhaber auch dessen gesetzlicher oder bevollmächtigter Vertreter erteilen.

23.6

Art. 23

23.7

Art. 23

23.8

Wegen des Begriffs der gegenwärtigen Gefahr im Sinn des Art. 23

23.9

Die Durchsuchung einer Wohnung muss sich auf die Suche dessen beschränken, was Anlass und Zweck der Durchsuchung ist. Sollen Personen oder Sachen in der Wohnung durchsucht werden, so sind hierfür die Art. 21 bzw. 22

23.10

Das Betretungsrecht nach Art. 23

23.11

Der Öffentlichkeit zugänglich im Sinn des Art. 23

24 Zu Art. 24 (Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen)

24.1

Art. 24

24.2

Vertreter im Sinn des Absatzes 2 Satz 2 ist derjenige, der von dem Inhaber der Wohnung als sein Vertreter bestimmt worden ist oder von dem das nach den Umständen anzunehmen ist. Die Zuziehung eines Vertreters oder einer anderen in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Personen ist auch erforderlich, wenn der Inhaber wegen Behinderung der Durchsuchung entfernt werden musste.

24.3

Der Wohnungsinhaber oder dessen Vertreter soll darauf hingewiesen werden, dass er eine Abschrift der Niederschrift über die Durchsuchung verlangen kann.

24.4

Betroffener im Sinn des Absatzes 5 ist der Wohnungsinhaber oder dessen Vertreter.

25 Zu Art. 25 (Sicherstellung)

25.1

Art. 25

25.2

Sicherstellung im Sinn des Art. 25

25.3

Wegen des Begriffs der gegenwärtigen Gefahr (Art. 25
Die Gefahr kann ausgehen
– von der Sache selbst (Beschaffenheit oder Lage im Raum),
– vom Zustand des Besitzers (körperlicher Zustand, Stand der Persönlichkeitsentwicklung),
– von der Absicht des Besitzers (Sache als Werkzeug oder Gegenstand eines die Gefahr begründenden Verhaltens).
Eine Sicherstellung nach Art. 25
– sich Schusswaffen oder Explosivmittel im Besitz Nichtsachkundiger befinden,
– Giftmüll unsachgemäß gelagert wird,
– jemand eine Sache besitzt, mit der eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen werden soll oder begangen wird,
– jemand durch den Besitz einer Sache den Tatbestand einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verwirklicht.
Die Sicherstellung eines Kraftfahrzeugs kann nach Art. 25
– es verbotswidrig abgestellt ist und den Verkehr behindert oder gefährdet und der Verantwortliche nicht erreichbar oder nicht willens ist, das Fahrzeug wegzuschaffen und ein geeigneter Abstellplatz auf öffentlichem Straßengrund nicht vorhanden ist,
– es als Unfallfahrzeug ein Verkehrshindernis darstellt und der Verantwortliche nicht willens oder nicht in der Lage ist, das Fahrzeug zu beseitigen,
– das Fahrzeug nicht verkehrssicher ist, nicht zugelassen ist oder keine Betriebserlaubnis besitzt, wenn nur auf diese Weise Gefahren oder wesentliche Belästigungen für die Allgemeinheit verhindert werden können,
– das Fahren durch einen Fahruntüchtigen nicht auf andere Weise, z.B. durch Sicherstellung der Fahrzeugpapiere oder des Zündschlüssels, verhindert werden kann.
Ist das Abschleppen eines Fahrzeugs erforderlich, sind die Voraussetzungen zur Sicherstellung jedoch nicht gegeben, so kommt als Rechtsgrundlage für das Abschleppen Art. 11 in Betracht.

25.4

Die Anwendung des Art. 25
– eine Hausbesetzung droht,
– eine wertvolle Sache dem direkten Zugriff Dritter ungeschützt ausgesetzt ist,
– ein Tier entlaufen ist.

25.5

Art. 25

26 Zu Art. 26 (Verwahrung)

26.1

Verwahrung im Sinn des Art. 26

26.2

Die Beschaffenheit einer Sache lässt deren Aufbewahrung bei der Polizei insbesondere dann nicht zu, wenn wegen der Größe oder des Gewichts des Gegenstandes ein Transport undurchführbar ist oder wenn die Sache, um Gefahren oder den Verderb zu verhindern, nur mit besonderen Sicherungsvorkehrungen gelagert werden kann.

26.3

Die Aufbewahrung einer sichergestellten Sache durch Dritte ist insbesondere dann zweckmäßig, wenn der Dritte, jedoch nicht die Polizei über Einrichtungen verfügt, die eine sachgemäße Aufbewahrung gewährleisten (beispielsweise Aufbewahrung von Tieren, verderblichen Gütern).

26.4

Die Bescheinigung nach Art. 26

26.5

Eine Bescheinigung kann insbesondere dann nicht ausgestellt werden, wenn der Betroffene nicht rechtzeitig ermittelt werden kann. Die nach Art. 26

26.6

Die Sorgfaltspflicht der Polizei nach Absatz 3 Satz 1 besteht auch dann, wenn die Polizei die Sache durch einen Dritten verwahren lässt, sofern diese Art der Verwahrung nicht auf Verlangen des Berechtigten gewählt worden ist. Unter Wertminderung im Sinn des Absatzes 3 Satz 1 sind nur Beeinträchtigungen zu verstehen, die die Substanz der Sache angreifen. Veränderungen, die den Marktwert betreffen, bleiben außer Betracht. Die Pflicht, Wertminderungen vorzubeugen, erstreckt sich insbesondere auf sachgerechte Lagerung, Wartung und Pflege und auf den Schutz gegen Beeinträchtigungen durch Dritte. Außergewöhnliche Schutzmaßnahmen und Maßnahmen, deren Kosten den Wert der Sache übersteigen, sind nicht erforderlich. Die Pflege der Sache kann dem Betroffenen selbst oder einem von ihm Beauftragten überlassen werden, wenn der Zweck der Sicherstellung das zulässt.

27 Zu Art. 27 (Verwertung, Vernichtung)

27.1

Wegen des Begriffs der Wertminderung wirf auf Nummer 26.6

27.2

Art. 27

27.3

Berechtigter im Sinn des Art. 27

27.4

Art. 27

27.5

Die Anhörung nach Absatz 2 soll in der Regel schriftlich erfolgen, wenn die Verwertung nicht besonders eilbedürftig ist. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn sich Berechtigte nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln lassen oder durch die durch Anhörung bewirkte Verzögerung der Verwertung der voraussichtliche Erlös vermindert würde.

27.6

Die Anordnung des freihändigen Verkaufs nach Art. 27

27.7

Eine Sache wird dann im Sinn des Absatzes 4 unbrauchbar gemacht, wenn sie so geändert wird, dass sie ihrer ursprünglichen objektiven Zweckbestimmung, mit der Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung verbunden sind, nicht mehr dienen kann. Nach der Unbrauchbarmachung ist die Sache an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden ist (Art. 28

28 Zu Art. 28 (Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten)

28.1

Die Herausgabe an denjenigen, bei dem die Sache sichergestellt worden ist, ist dann nicht möglich, wenn die Person des Betroffenen oder dessen Aufenthaltsort unbekannt sind und auch nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist.

28.2

Machen mehrere Personen ihre Berechtigung im Sinn des Absatzes 1 Satz 2 glaubhaft, so soll die Sache demjenigen herausgegeben werden, dessen Besitzrecht am stärksten ist.

28.3

Kostenschuldner nach Art. 28

28.4

Ist ein Berechtigter im Sinn von Absatz 1 oder dessen Aufenthaltsort nicht bekannt oder nicht mit angemessenem Aufwand zu ermitteln, so kommt nach Absatz 4 eine Verwertung nur über § 983 BGB in Betracht. Nach dieser Vorschrift finden die §§ 979 bis 982 BGB entsprechende Anwendung. Die Polizei hat öffentlich bekannt zumachen, dass die nach ihrer Art näher zu berechnende Sache öffentlich versteigert wird. Gegebenenfalls ist auch bekannt zumachen, wer als Berechtigter in Betracht kommt. In der Bekanntmachung ist dem Berechtigten eine Frist zu setzen, innerhalb derer er sein Recht anmelden kann. Die Bekanntmachung kann unterbleiben, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder deren Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Nach Ablauf der Frist kann die Sache öffentlich versteigert werden. Die Polizei kann die Versteigerung selbst vornehmen. Meldet sich rechtzeitig ein Empfangsberechtigter, so ist die Versteigerung unzulässig. Ist eine vorherige öffentliche Bekanntmachung unterblieben, so ist die Tatsache der Versteigerung nachträglich öffentlich bekannt zumachen. Vom Versteigerungserlös werden die Kosten abgezogen. Der verbleibende Betrag ist für eventuelle Berechtigte zu hinterlegen. Nach Ablauf von drei Jahren, vom Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung an gerechnet, verfällt der verbleibende Erlös dem Fiskus, wenn sich während dieser Frist ein Berechtigter nicht gemeldet hat.

29 Zu Art. 29 (Befugnisse für Aufgaben der Grenzkontrolle und Sicherung von Anlagen)

29.1

Die in Art. 29

29.2

Die Befugnis nach Art. 29

29.3

Das Betretungsrecht nach Absatz 1 Nr. 1 umfasst nicht die Befugnis zum Durchsuchen. Es bezieht sich auch auf befriedetes Besitztum mit Ausnahmen von Gebäuden.

29.4

Die Befugnis nach Art. 29

29.5

Verkehrsunternehmen im Sinn des Art. 29

29.6

Zu der Tätigkeit im Sinn des Absatzes 2 Nr. 2 gehören auch notwendige Rückreisen, bei denen keine Kontrollen vorgenommen werden.

29.7

Diensträume im Sinn des Absatzes 2 Nr. 4 sind auch Dienstabteile in fahrenden Zügen. Selbstkosten im Sinn dieser Vorschrift sind die Aufwendungen, welche dem Verkehrsunternehmen nicht erwüchsen, wenn sie die Diensträume nicht zur Verfügung stellen müssten. Zu den Diensträumen gehören nicht nur Geschäftszimmer, sondern auch Räume, in denen sich Polizeibeamte während ihrer dienstfreien Zeit ausruhen können, ferner Nebenräume wie Toiletten. Das Zur-Verfügung-Stellen umfasst auch das Unterhalten und Reinigen der Diensträume.

29.8

Die Pflicht nach Absatz 2 Nr. 4 Satz 1, Diensträume und Parkplätze zur Verfügung zu stellen, bezieht sich nicht nur auf diejenigen Polizeibeamten, die den grenzüberschreitenden Verkehr kontrollieren, sondern auch diejenigen Beamten, die Verkehrslagen - insbesondere Flugplätze - sichern.

30 Zu Art. 30 (Grundsätze der Datenerhebung)

30.1

Personenbezogene Daten (Art. 5 Abs. 1 BayDSG), d.h. Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), dürfen von der Polizei nur erhoben werden, soweit das PAG oder besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes dies zulassen. Unter Datenerhebung ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen zu verstehen.

30.2

Personenbezogene Daten sind grundsätzlich bei dem Betroffenen (vgl. Art. 31 Abs. 1) zu erheben (Abs. 2 Satz 1, so genannter Unmittelbarkeitsgrundsatz). Dieser Grundsatz findet keine Anwendung, wenn die Datenerhebung beim Betroffenen nicht (z.B. bei Abwesenheit) oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand (z.B. großer Zeitverlust oder Personalaufwand) möglich ist oder die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet würde (Nichtantreffen eines Hundehalters oder eines Fahrzeugführers). In diesen Fällen kann die Polizei personenbezogene Daten des Betroffenen auch bei Behörden (z.B. Kraftfahrzeugzulassungsstellen, Meldebehörden, Ausländerbehörden, Waffen- oder Jagdbehörden) oder bei Dritten (z.B. Arbeitgebern, Schulleitern, Ausbildern oder Nachbarn) erheben.

30.3

Absatz 3 Satz 1 regelt, dass die Polizei personenbezogene Daten grundsätzlich offen, d.h. für den Betroffenen erkennbar erheben soll. Ausnahmen hiervon enthält Satz 2. Beispielsweise kann eine Nachfrage eines Beamten in Zivil, die beim Befragten nicht als polizeiliche Maßnahme erkennbar ist, für den Betroffenen weniger beeinträchtigend sein als die Befragung von Nachbarn durch uniformierte Polizeibeamte.
Eine verdeckte Datenerhebung nach Satz 2 unter einer Legende ist nur unter den Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 3 zulässig. Kurzfristig verdeckt auftretende Polizeibeamte sind keine verdeckten Ermittler im Sinne von Art. 35, da ihnen keine Legende verliehen ist.

30.4

Bei einem notwendigen sofortigen polizeilichen Zugriff kann nach Satz 2 der Hinweis zunächst unterbleiben. Er ist jedoch nachzuholen, sobald dies die jeweilige Situation zulässt.

30.5

Absatz 5 konkretisiert den Begriff „Straftat von erheblicher Bedeutung“ durch eine nicht abschließende Aufzählung von Delikten, insbesondere aus dem Bereich der organisierten Kriminalität und der Rauschgiftkriminalität; es sind dies alle Verbrechen (vgl. § 12 Abs. 1 StGB) und die besonders aufgeführten Vergehen. Außer den genannten Katalogstraftaten („insbesondere“) kommen Straftaten mit gleicher oder zumindest vergleichbarer Bedeutung in Betracht. Der Wortlaut des Abs. 5 stellt auch klar, dass die besondere Bedeutung einer Straftat im Sinne der Art. 30 ff. nicht dadurch entfällt, dass sich durch Änderungen des Strafgesetzbuches die Nummern der Paragraphen ändern (dynamische Verweisung).

30.6

Auch bei der Erhebung personenbezogener Daten sind die Grundsätze polizeilichen Handelns, insbesondere Art. 4 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) und Art. 5 (Ermessen, Wahl der Mittel) zu beachten.

31 Zu Art. 31 (Datenerhebung)

31.1

Absatz 1 enthält eine Generalklausel für die Erhebung personenbezogener Daten durch die Polizei auch über andere Personen (unbeteiligte Dritte) als die in Art. 7, 8 und 10 genannten Personen. Soweit Datenerhebungen der Polizei gegenüber dem Betroffenem keinen Rechtseingriff darstellen, etwa die Datenerhebung aus allgemein zugänglichen Quellen (z.B. Telefon- oder Adressbücher), bedarf es keiner Befugnisnorm für die Polizei.

31.2

Absatz 1 gilt nicht für Datenerhebungsmaßnahmen der Polizei, die in den Art. 11 bis 48 besonders geregelt sind.

31.3

Der in Abs. 1 enthaltene Katalog für die Erhebung personenbezogener Daten durch die Polizei stimmt mit den polizeilichen Aufgaben in Art. 2 überein. Zur Verdeutlichung ist in Nr. 1 auch die „vorbeugende Bekämpfung von Straftaten“ als Unterfall der Gefahrenabwehr genannt, da insoweit Zweifel an der Zuordnung zum Bundesrecht (Strafverfolgung) oder Landesrecht (Gefahrenabwehr) aufgetreten sind.

31.4

Absatz 1 Nr. 1 bestimmt, dass polizeiliche Datenerhebungen zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten zulässig sind, auch wenn nicht oder noch nicht von dem Vorliegen einer im Einzelfall bestehenden (konkreten) Gefahr ausgegangen werden kann. Für die verdeckte Datenerhebung nach Art. 33 ist aber das Vorliegen einer konkreten Gefahr erforderlich.

31.5

Die Befugnisse zur Erhebung personenbezogener Daten durch die Polizei zum Schutz privater Rechte (Abs. 1 Nr. 2) und zur Vollzugshilfe (Nr. 3) ergeben sich als Folge zur Aufgabenstellung der Polizei in Art. 2 Abs. 2 und 3. Eine Erweiterung der eingeschränkten polizeilichen Befugnisse zum Schutz privater Rechte tritt durch Abs. 1 nicht ein.

31.6

Absatz 1 Nr. 4 regelt die Erhebung personenbezogener Daten zur Erfüllung anderer der Polizei durch Rechtsvorschrift übertragener Aufgaben. Andere Rechtvorschriften, durch die der Polizei Aufgaben zur Erfüllung zugewiesen sind, sind insbesondere die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (§§ 36, 44), des Meldegesetzes (Art. 27, 28 und 31) und des Unterbringungsgesetzes (Art. 9, 16 und 18). Die Datenerhebung ist in solchen Fällen nach Art. 31 Abs. 1 Nr. 4 zulässig, wenn die jeweilige besondere Rechtsvorschrift der Polizei Aufgaben zuweist, zu deren Erfüllung es einer polizeilichen Erhebung personenbezogener Daten bedarf, und sofern die besondere Rechtsvorschrift nicht selbst die Erhebung personenbezogener Daten regelt (Art. 11 Abs. 3).
Die Datenerhebung im Rahmen der Strafverfolgung (§ 152 Abs. 2 StPO) richtet sich ausschließlich nach den Regeln der StPO, insbesondere der Ermittlungsgeneralklausel (§§ 161, 163 StPO). Die spezifischen Voraussetzungen der Datenerhebung für Zwecke der Gefahrenabwehr gelten insoweit nicht.

31.7

Absatz 2 regelt die polizeiliche Datenerhebung im Vorfeld polizeilicher Gefahrenlagen. Danach können Daten über Verantwortliche für technische Anlagen oder Einrichtungen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann (z.B. Flughäfen, Müllverbrennungsanlagen, Industrieanlagen, Kraftwerke), erhoben werden, soweit diese zur Vorbereitung für die Hilfeleistung in Gefahrenfällen erforderlich sind, etwa die Erreichbarkeit technischer Leiter oder ihrer Vertreter zur Nachtzeit, an Wochenenden und Feiertagen.

31.8

Das gleiche gilt für Verantwortliche von Anlagen und Einrichtungen, die nach der polizeilichen Erfahrung besonderen Gefährdungen ausgesetzt sind (z.B. Kasernen, Munitionslager, Polizeidienststellen, Justizvollzugsanstalten).

31.9

Absatz 2 Nr. 3 lässt die Erhebung von Daten über Personen zu, die für die Sicherheit von Veranstaltungen in der Öffentlichkeit mit großem Publikumsandrang verantwortlich sind (z.B. Sportveranstaltungen, Popfestivals, so genannte Open-Air-Veranstaltungen). Soweit diese Veranstaltungen einer Erlaubnis (z.B. nach Art. 19 LStVG) bedürfen, erhält die Polizei einen Abdruck des Erlaubnisbescheids durch die Sicherheitsbehörde.

31.10

Absatz 2 Nr. 4 regelt die Datenerhebung über Personen, die über besondere, insbesondere technische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Gefahrenabwehr benötigt werden (z.B. Umweltingenieure, Rettungsdienstleiter, Betriebsleiter, Angehörige des Technischen Hilfswerks und der Feuerwehr).
Der Katalog der zu erhebenden Daten folgt aus Abs. 2 letzter Halbsatz.

32 Zu Art. 32 (Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen sowie an besonders gefährdeten Objekten)

32.1

Der Anwendungsbereich des Art. 32 erstreckt sich nach Abs. 5 nicht auf Versammlungen und Aufzüge nach dem Versammlungsgesetz. Für Versammlungen und Aufzüge ist die Zulässigkeit von Bild- und Tonaufnahmen und darüber hinaus von sämtlichen Formen der personenbezogenen Informationserhebung durch die Polizei für den Bereich der Abwehr versammlungsspezifischer Gefahren in den §§ 12 a und 19 a des Versammlungsgesetzes abschließend spezialgesetzlich geregelt (vgl. Gesetz vom 9.6.1989, BGBl I S. 1059 ff.) Art. 32 gilt für sonstige öffentliche Veranstaltungen, Ansammlungen sowie für polizeiliche Maßnahmen in den Fällen und an den Orten, die in Absatz 2 und 3 genannt sind.

32.2

Absatz 1 regelt die Befugnis der Polizei, Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen über die für eine Gefahr verantwortlichen Personen anzufertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden (z.B. in Fankurven der Sportstadien und deren Zugängen).

32.3

Die Maßnahmen nach Absatz 2 (nachfolgend „Videoüberwachung“) sind Bestandteil eines polizeilichen Gesamtkonzeptes zur Gefahrenabwehr und zur Verhütung und Bekämpfung von Störungen und Straftaten im öffentlichen Bereich. Die Videoüberwachung ergänzt somit das Spektrum der möglichen polizeilichen Maßnahmen. Sie trägt daneben zur Verbesserung der Beweislage im Strafverfahren bei, indem sie es ermöglicht, beweiskräftige Dokumentationen zu erstellen, Tatverdächtige zu identifizieren und neue Fahndungsansätze zu verfolgen. Ihr kommt generell kein Vorrang vor der polizeilichen Präsenz vor Ort zu.
Absatz 2 gibt der Polizei die Befugnis, zur Abwehr einer konkreten Gefahr oder an öffentlich zugänglichen gefährlichen Orten im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 oder an öffentlich zugänglichen Orten, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung (Nr. 32.2 VollzBek PAG) begangen werden, offen Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen anzufertigen.
Die Videoüberwachung kann
Bei der Wahrnehmung der Befugnisse nach Absatz 2 ist der
Eine
Der Vorgabe nach Absatz 2 Satz 2 soll durch entsprechende

32.4

Absatz 3 erstreckt die polizeiliche Befugnis zur Fertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen auf Störer oder andere Personen, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an oder in den in Art 13 Abs. 1 Nr. 3 genannten Anlagen (z.B. Bahnhöfe, Versorgungsanlagen, Amtsgebäude) oder anderen besonders gefährdeten Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, diese Objekte oder andere darin befindliche Sachen gefährdet werden.

32.5

Bild- und Tonaufnahmen ohne unmittelbaren Personenbezug für Zwecke der Dokumentation des polizeilichen Einsatzgeschehens oder der Aus- und Fortbildung bleiben von Art. 32 Abs. 4 unberührt. Einzelangaben mit unmittelbarem Personenbezug sind zu löschen oder unkenntlich zu machen.

33 Zu Art. 33 (besondere Mittel der Datenerhebung)

33.1

Absatz 1 enthält Legaldefinitionen für die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel und den Einsatz von Polizeibeamten als Verdeckte Ermittler. Der Einsatz dieser Mittel und der Einsatz einer Vertrauensperson setzt das Bestehen einer besonderen polizeilichen Gefahr voraus. Soweit die Gefahrenlage auch den gesetzlichen Aufgabenbereich des Landesamtes für Verfassungsschutz tangiert, ist der Einsatz dieser Mittel mit dieser Behörde abzustimmen.

33.2

Der Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Abs. 1 kann gegenüber dem Betroffenen einen erheblichen Eingriff in dessen Grundrechte (allgemeines Persönlichkeitsrecht und Unverletzlichkeit der Wohnung) darstellen. Die in Art. 33 und 34 enthaltenen materiellen und formellen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung gehen deshalb von einer Stufenregelung aus, die sich an der Intensität des jeweiligen Grundrechtseingriffs bemisst. Die polizeirechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit sind strikt zu beachten. Soweit zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen (§ 152 Abs. 2 StPO), gilt die Strafprozessordnung.

33.3

Der Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. V-Personen sind keine staatlichen Organe, sondern Private ohne Hoheitsbefugnisse. Die Inanspruchnahme von V-Personen im Bereich der Gefahrenabwehr ist unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 1 Nr. 1 und des Art. 30 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 zulässig. Daneben ist bei der Inanspruchnahme von Vertrauenspersonen die Gemeinsame Bekanntmachung der Staatsministerien der Justiz und des Innern vom 27. März 1986 (MABl 1986 S. 208 ff.) zu berücksichtigen.
Die Inanspruchnahme von V-Personen kommt demnach auch bei der Gefahrenabwehr vor allem im Bereich der

33.4

Eine längerfristige Observation (Abs. 1 Nr. 1) ist nach Abs. 2 zulässig, wenn die Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe auf andere Weise gefährdet oder erheblich erschwert würde. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine kurzfristige Observation ergeben sich aus Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 30 Abs. 2 und 3.

33.5

Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen (Abs. 1 Nr. 2) außerhalb von Wohnungen ist nach Abs. 2 zulässig, wenn die Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe auf andere Weise gefährdet oder erheblich erschwert würde.

33.6

Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zum Abhören oder zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes (Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz) außerhalb von Wohnungen sowie der Einsatz Verdeckter Ermittler (Abs. 1 Nr. 3) ist unter den in Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 genannten Voraussetzungen zulässig. Betroffen von den Maßnahmen können nach Nr. 1 Störer (Art. 7 und 8) und Nichtstörer (Art. 10) sowie unter den Voraussetzungen der Nr. 2 auch sonstige Personen sein. Nach Abs. 3 Nr. 2 können diese besonderen Mittel der Datenerhebung auch gegen Kontakt- und Begleitpersonen angewandt werden, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Art. 30 Abs. 5) erforderlich ist. Kontakt- oder Begleitpersonen sind Personen, die mit Straftatverdächtigen im Sinne von Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung stehen, ohne dass ihre Beteiligung an strafbaren Handlungen für die Polizei zu diesem Zeitpunkt feststellbar ist.

33.7

Die in den Abs. 2 und 3 genannten besonderen Mittel der Datenerhebung dürfen nach Abs. 4 auch dann angewandt werden, wenn es sich nicht vermeiden lässt, dass unbeteiligte Dritte von den Maßnahmen betroffen werden (z.B. Passanten, Besucher).

33.8

Absatz 5 regelt die formellen Voraussetzungen für den Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung. Mit Ausnahme des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zu Anfertigung von Bildaufnahmen (Lichtbildern) ist die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung wegen der Schwere des Grundrechtseingriffes den in Abs. 5 Satz 1 genannten

33.9

Nach Satz 3 hat die Anordnung für eine eventuelle gerichtliche oder datenschutzrechtliche Nachprüfung schriftlich unter Angabe der für sie maßgeblichen Gründe zu erfolgen. Die Schriftform soll den Behördenleiter zu einer kritischen Wertung der vorliegenden Verdachtsgründe veranlassen und seine Entscheidung für eine etwaige gerichtliche Überprüfung nachvollziehbar machen. Die Anordnung ist entsprechend den Grundsätzen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit zu befristen.

34 Zu Art. 34 (besondere Bestimmungen über den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen)

34.1

Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Erhebung personenbezogener Daten

34.2

Zum Begriff der Wohnung vgl. Nr. 23.3.

34.3

Die Maßnahme darf nur durch den zuständigen Richter beim Amtsgericht angeordnet werden. Nach Abs. 2 Satz 2 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Wohnung liegt (vgl. Art. 24 Abs. 1 Satz 2). Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend (Art. 24 Abs. 1 Satz 3). Die Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen; sie kann um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate verlängert werden. In Ausnahmefällen, z.B. im Rahmen von umfangreichen Strukturermittlungen, besteht somit nach Abs. 2 Satz 1 eine - gegebenenfalls auch wiederholte - Verlängerungsmöglichkeit.

34.4

Bei Gefahr im Verzug (vgl. 24.1) kann die Maßnahme

34.5

Nach Abs. 3 bedarf es einer richterlichen Anordnung ausnahmsweise dann nicht, wenn die technischen Mittel ausschließlich zum Schutz der im polizeilichen Einsatz tätigen Personen mitgeführt oder verwendet werden (z.B.

34.6

Bild- und Tonaufzeichnungen, die mittels eines selbsttätigen Aufzeichnungsgerätes in oder aus Wohnungen angefertigt wurden und nur Personen betreffen, gegen die sich die polizeilichen Maßnahmen nicht richteten, sind unverzüglich zu vernichten, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden (Abs. 4).

34.7

Nach Abs. 5 ist der Betroffene von der Maßnahme zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, der eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten, der Möglichkeit ihrer weiteren Verwendung oder der öffentlichen Sicherheit geschehen kann.
Die Benachrichtigung unterbleibt nach Abs. 5 Satz 2, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist; von diesem Zeitpunkt an gelten die Vorschriften der Strafprozessordnung.
Die Unterrichtungspflicht bei Gefahrenabwehrmaßnahmen obliegt der Polizei; sie hat das anordnende Gericht vor der Unterrichtung des Betroffenen zu beteiligen.

34.8

Von der Berichtspflicht des Absatzes 6 sind alle technischen Überwachungsmaßnahmen in Wohnräumen zu präventiv-polizeilichen Zwecken erfasst, soweit sie richterlich überprüfungsbedürftig sind. Dies sind neben der Anordnung technischer Maßnahmen zur Wohnraumüberwachung zu präventiv-polizeilichen Zwecken auch die Einsätze eines Personenschutzsenders, bei denen die Erkenntnisse anschließend zu anderen präventiven Zwecken verwendet werden. Erfolgt eine Verwertung zu repressiven Zwecken, richten sich die Berichtspflichten nach der Strafprozessordnung.

34.9

Eingriffe in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis sind nur aufgrund der bundesrechtlichen Vorschriften zulässig. Telefonüberwachungen und Postbeschlagnahme können nicht auf das PAG gestützt werden.

35 Zu Art. 35 (besondere Bestimmungen über den Einsatz verdeckter Ermittler)

35.1

Die Legaldefinition und die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Einsatz verdeckter Ermittler ergeben sich aus Art. 33 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3. Als Legende gilt nicht das kurzfristige Vorgeben einer anderen Identität.

35.2

Absatz 1 Satz 1 bestimmt, dass beim Einsatz Verdeckter Ermittler entsprechende Urkunden (z.B. Pässe, Personalausweise, Führerscheine, Kraftfahrzeugzulassungsscheine)

35.3

Der Verdeckte Ermittler darf zur Erfüllung seines Auftrages unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen, um seiner möglichen Enttarnung vorzubeugen.

35.4

Ein verdeckter Ermittler darf unter der Legende mit Einverständnis des Berechtigten dessen Wohnung betreten (Abs. 2 Satz 1).

35.5

Die sonstigen Befugnisse eines Verdeckten Ermittlers richten sich nach den Bestimmungen des PAG und der Strafprozessordnung (Abs. 2 Satz 2). Daneben gelten - soweit unmittelbar oder für die Gefahrenabwehr entsprechend anwendbar - die in Nr. 2 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Justiz und des Innern vom 27. März 1986 (MABl 1986 S. 208 ff.) festgelegten Grundsätze.

36 Zu Art. 36 (Polizeiliche Beobachtung)

36.1

Im Gegensatz zur gezielten Beobachtung einer verdächtigen Person (Observation) stellt die polizeiliche Beobachtung ein Zusammentragen von polizeilichen Zufallserkenntnissen über das Antreffen einer Person dar.

36.2

Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung kommt insbesondere beim Verdacht von Rauschgift-, Waffen-, Falschgeld- und Eigentumsdelikten sowie bei kriminellen Vereinigungen und im Bereich des Terrorismus in Betracht. Dies gilt auch für Straftaten nach § 129 a Abs. 3 und § 138 Abs. 2 StGB.

36.3

Die Annahme, dass die auszuschreibende Person Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird, muss sich auf Tatsachen stützen können. Vermutungen oder die kriminalpolizeiliche Erfahrung reichen für die nach Abs. 1 Nr. 2 erforderliche Prognoseentscheidung

36.4

Absatz 2 gewährt die Befugnis, Erkenntnisse über das Antreffen der ausgeschriebenen Person sowie über Kontakt- und Begleitpersonen (vgl. Nr. 33.6) und über mitgeführte Sachen der zu beobachtenden Person an die ausschreibende Polizeidienststelle zu übermitteln.

36.5

Die Anordnung des Dienststellenleiters ist aktenkundig zu machen und auf

36.6

Wenn die Voraussetzungen für die Anordnung nicht mehr vorliegen, ist die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung unverzüglich zu löschen.

37 Zu Art. 37 (allgemeine Regeln der Datenspeicherung, Datenveränderung und Datennutzung)

37.1

Unter den Begriff „Speichern“ fällt das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Daten auf einen Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verwendung (vgl. Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 BayDSG).
Dabei macht es im Polizeiaufgabengesetz keinen Unterschied, ob die Daten in Dateien, Karteien, Mikrofilmen, Akten oder sonstigen Unterlagen aufgenommen worden sind.

37.2

Nach Abs. 2 Satz 1 darf die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zu dem Zweck erfolgen, zu dem diese Daten erhoben worden sind (so genanntes Zweckbindungsgebot). Wegen der umfassenden Aufgabenstellung der Polizei lässt Abs. 2 Satz 2 jedoch die Nutzung einschließlich einer erneuten Speicherung oder einer Veränderung

37.3

Für automatisierte Dateien schreibt Abs. 3 Satz 2 die Festlegung von

37.4

Anderweitige Rechtsvorschriften über die Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung im Sinn des Abs. 4 sind insbesondere die Vorschriften im Bereich des Strafverfahrens (Ermittlungsgeneralklausel §§ 161, 163 StPO), des Ordnungswidrigkeitenrechts und des Straßenverkehrsrechts (ZEVIS).

38 Zu Art. 38 (Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten)

38.1

Absatz 1 enthält eine Generalklausel zur Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten durch die Polizei in Akten oder Dateien. Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung ist zulässig, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben (Art. 2 Abs. 1 bis 4) für eine zeitlich befristete Dokumentation (z.B. Aufzeichnungen von Gesprächen über Notruf 110) oder zur Vorgangsverwaltung (Aktenregistratur auf EDV-Basis) erforderlich ist. Dies bestimmt sich insbesondere nach den Richtlinien für die Führung kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen (KpS) und den Errichtungsanordnungen in ihrer jeweils gültigen Fassung.

38.2

Absatz 1 stellt insbesondere die Rechtsgrundlage für die Führung von Kriminalakten über Störer und Straftatenverdächtige dar. Dabei spielt es keine Rolle, welche Art von Datenträger für die Speicherung verwendet wird.

38.3

Als Ausnahme von dem in Art. 37 Abs. 2 Satz 1 enthaltenen Zweckbindungsgebot stellt Art. 38 Abs. 2 Satz 1 klar, dass eine Übernahme von Strafermittlungsdaten in kriminalpolizeiliche Sammlungen für Zwecke der Gefahrenabwehr, insbesondere der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (vgl. Art. 31 Abs. 1 Nr. 1), zulässig ist.

38.4

Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn der der Speicherung zugrunde liegende Tatverdacht entfallen ist. Dies kommt insbesondere bei einem rechtskräftigen gerichtlichen Freispruch oder beim Wegfall des ursprünglichen Tatverdachts infolge der Überführung des tatsächlichen Täters in Betracht. Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO beseitigt für sich allein den Tatverdacht der Polizei nicht.

38.5

Die nach Art. 37 Abs. 3 festzulegenden Prüfungstermine (Speicherung in Dateien) oder Aufbewahrungsfristen (Speicherung in Akten) sind für Erwachsene auf

38.6

Absatz 3 bestimmt, dass in den in Art. 36 Abs. 1 genannten Fällen abweichend von den in Abs. 2 genannten Regelfristen längere Fristen festgelegt werden können. Bei Beschuldigten oder Tatverdächtigen einer Sexualstraftat, insbesondere des Kindsmissbrauchs (13. Abschnitt des Strafgesetzbuches, ausgenommen §§ 183 a, 184 Abs. 1 und 2, 184 a, 184 b StGB) oder Gewaltdelikten mit sexuellem Hintergrund (insbesondere Straftaten gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit - 16. und 17. Abschnitt des StGB), sind die in Art. 36 Abs. 1 genannten Prognosekriterien in der Regel erfüllt. Die Aussonderungsprüffrist für Fälle nach Satz 2 beträgt in der Regel 20 Jahre. Bei Jugendlichen ist im besonderen Maße zu prüfen, ob im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles von der Vorgabe der verlängerten Frist abzusehen ist (z.B. bei typischen Jugendverfehlungen). Bei tatverdächtigen Kindern kann in begründeten Einzelfällen (z.B. Schwere der Tat, besondere Umstände der Tatausführung, begründete Wiederholungsgefahr) die Aussonderungsprüffrist ebenfalls auf 20 Jahre verlängert werden. In den übrigen in Art. 36 Abs. 1 genannten Fällen (insbes. Organisierte Kriminalität, Rauschgiftkriminalität, Terrorismus) kann die Regelfrist von vornherein um drei Jahre verlängert werden. Soll nach Ablauf der Regelfrist oder der verlängerten Frist in begründeten Fällen die Speicherung fortgesetzt werden, so hat nach spätestens drei Jahren die Prüfung der Möglichkeit einer Aussonderung erneut zu erfolgen.

38.7

Nach Abs. 4 kann die Polizei personenbezogene Daten (so genannte „Eckdaten“) auch zur Aus- und Fortbildung nutzen. Diese Daten sind jedoch

39 Zu Art. 39 (Allgemeine Regelungen der Datenübermittlung)

39.1

Nach Abs. 1 liegt die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Datenübermittlung bei der übermittelnden Stelle. Soweit eine Polizeidienststelle um Datenübermittlung ersucht, prüft die übermittelnde Stelle nur, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgabenstellung des Empfängers liegt. Soweit die Datenübermittlung durch automatisierten Abruf (

39.2

Absatz 2 bestimmt, dass der Empfänger personenbezogener Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, diese nur zu dem Zweck verarbeiten und nutzen darf, zu dem sie ihm, gegebenenfalls auf Ersuchen, übermittelt worden sind. Ein Ersuchen um Übermittlung von Daten, die im Wege der Übermittlung erlangt wurden, ist mit dem Hinweis auf die originär speichernde Stelle abzulehnen.

39.3

Das Berufs- oder besondere Amtsgeheimnis entspricht dem des § 53 StPO für Geistliche, Verteidiger, Rechtsanwälte, Ärzte, Bundes- und Landtagsabgeordnete und Journalisten.

39.4

Datenübermittlungen zwischen Polizeidienststellen und dem Landesamt für Verfassungsschutz richten sich nach den Art. 12 ff. des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 24. August 1990 (GVBl S. 323).

39.5

Andere Rechtsvorschriften über die Datenübermittlung (z.B. Strafprozessordnung, Straßenverkehrsgesetz, Sozialgesetzbuch, Meldegesetz, Pass- und Personalausweisgesetz) bleiben unberührt.

40 Zu Art. 40 (Datenübermittlung innerhalb des öffentlichen Bereichs)

40.1

Absatz 1 Satz 1 enthält eine Generalklausel zur Übermittlung personenbezogener Daten zwischen Polizeidienststellen. Sie ist zulässig, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben (Art. 2 Abs. 1 bis 4) erforderlich ist. Abs. 1 Satz 2 stellt klar, dass die Übermittlungsgeneralklausel auch für Datenübermittlungen an Polizeidienststellen anderer Länder oder des Bundes (Bundeskriminalamt, Bundesgrenzschutz, Bahnpolizei) gilt. Die Datenübermittlung an Strafverfolgungsbehörden nach der Strafprozessordnung bleibt unberührt.

40.2

Die Polizei kann von sich aus personenbezogene Daten an die in Abs. 2 genannten Stellen übermitteln (so genannte

40.3

Nach Abs. 3 sind Initiativübermittlungen der Polizei auch an andere für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden oder öffentliche Stellen zulässig, soweit der Polizei die Kenntnis dieser Daten zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich erscheint. Insbesondere die in Art. 6 LStVG und Art. 9 Abs. 1 POG genannten Sicherheitsbehörden (Gemeinden, Landratsämter, Regierungen) können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie von der Polizei auch die notwendigen Informationen erhalten. In Fällen, für die eine polizeiliche Zuständigkeit mangels Unaufschiebbarkeit der Maßnahme (vgl. Art. 3) nicht besteht, die Sicherheitsbehörden aber gefahrenabwehrend tätig werden müssen, ist die Übermittlung auch personenbezogener Daten geboten.

40.4

Absatz 4 regelt die Fälle, in denen die Polizei von anderen Behörden oder öffentlichen Stellen um die Übermittlung personenbezogener Daten

40.5

Absatz 5 lässt ausnahmsweise auch die Datenübermittlung an Behörden und sonstige Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes zu. Beispiele für Abs. 5 Satz 2 sind Datenübermittlungen an Staaten mit Diktaturen, durch die der Betroffene in die Gefahr der politischen Verfolgung geraten könnte. Bei Datenübermittlungen an ausländische Polizeidienststellen hat deshalb

41 Zu Art. 41 (Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs)

41.1

Art. 41 gibt der Polizei die Befugnis, personenbezogene Daten ausnahmsweise auch an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs zu übermitteln.

41.2

Von sich aus kann die Polizei personenbezogene Daten an Personen oder Stellen

41.3

Auf Antrag von Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs kann eine Datenübermittlung durch die Polizei nur dann erfolgen, soweit der Auskunftsbegehrende ein

42 Zu Art. 42 (Datenübermittlung an die Polizei)

42.1

Die Übermittlung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen an die Polizei ist zulässig, wenn anzunehmen ist, dass die Datenübermittlung zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich sein kann. Dies gilt insbesondere, wenn öffentliche Stellen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Bevorstehen oder Vorliegen einer Straftat haben. In diesen Fällen sind die öffentlichen Stellen berechtigt, in bestimmten Fällen (vgl. §§ 138, 323 c StGB oder Garantenstellung eines Bediensteten, z.B. als Amtsvormund) sogar verpflichtet, die Daten über die bevorstehende Gefahr beziehungsweise die bereits eingetretene Störung oder die bevorstehende Begehung einer Straftat der Polizei zu übermitteln.

42.2

In Abs. 1 Satz 2 findet der auch in Art. 30 Abs. 1 und Art. 37 Abs. 1 enthaltene datenschutzrechtliche Grundsatz, wonach Datenspeicherungen durch die Polizei „auf Vorrat“ unzulässig sind, eine spezialgesetzliche Ausprägung.
Soweit übermittelte Daten zur polizeilichen Aufgabenerfüllung offensichtlich nicht mehr benötigt werden, schreibt Abs. 1 Satz 2 deren Vernichtung vor. Die Verpflichtung zur Datenübermittlung an die Staatsanwaltschaft (§ 163 Abs. 2 Satz 1 StPO) bleibt unberührt.

42.3

Absatz 2 Satz 1 regelt den Fall des Ersuchens einer Polizeidienststelle an eine öffentliche Stelle um Übermittlung personenbezogener Daten. Abgesehen von den im Sozialgesetzbuch oder in gerichtlichen Verfahrensordnungen enthaltenen Sondervorschriften hat die ersuchte Stelle nur zu prüfen, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben der Polizei (Art. 2 Abs. 1 bis 4) liegt. Soweit im Einzelfall Anlass hierzu besteht, prüft sie auch die Rechtmäßigkeit des Ersuchens; dabei sind die zur Prüfung erforderlichen Angaben von der Polizei zu machen.

42.4

Absatz 2 Satz 5 bestimmt, dass die ersuchte öffentliche Stelle die erbetenen personenbezogenen Daten an die Polizei zu übermitteln hat, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Polizei und ersuchter Behörde entscheidet die für die ersuchte Behörde zuständige Aufsichtsbehörde über die Zulässigkeit der Datenübermittlung.

42.5

Unberührt bleibt die Übermittlung von Daten an Strafverfolgungsbehörden.

43 Zu Art. 43 (Datenabgleich innerhalb der Polizei)

43.1

Absatz 1 gibt der Polizei die Befugnis, personenbezogene Daten eines in Art. 7 oder 8 genannten Störers mit dem Inhalt polizeilicher Dateien (z.B. dem Kriminalaktennachweis) mit Hilfe der automatisierten Datenverarbeitung abzugleichen (polizeilicher Datenabgleich).

43.2

Für Personen, die nicht unter Art. 7 oder 8 fallen, lässt Satz 2 einen Datenabgleich nur dann zu, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen (vgl. Nr. 36.3), dass der Datenabgleich zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich ist (z.B. zur Grenzkontrolle, Flughafenkontrolle).

43.3

Absatz 1 Satz 3 gibt der Polizei die Befugnis, die im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangten personenbezogenen Daten auch mit dem aktuellen Fahndungsbestand (INPOL) abzugleichen. Fahndungsbestand sind die jeweils aktuellen Fahndungsdaten, die in die entsprechenden Dateien des Bundes- oder des Landeskriminalamtes eingestellt sind.

43.4

Absatz 1 Satz 4 bestimmt, dass der Betroffene für die Dauer des Datenabgleichs angehalten werden kann. Dies gilt nicht für den Fall einer Befragung nach Art. 12. Darüber hinausgehende Freiheitsbeschränkungen sind nur unter den Voraussetzungen des Art. 13 zulässig.

44 Zu Art. 44 (Rasterfahndung)

44.1

Die Vorschrift regelt die Rasterfahndung im Gefahrenabwehrbereich. Im Gegensatz zum polizeiinternen Datenabgleich nach Art. 43 gibt die Rasterfahndung der Polizei die Befugnis, auch auf externe Datenbestände (z.B. Elektrizitätswerke, Gasversorgungsunternehmen, kommunale Rechenzentren, Banken) zuzugreifen.

44.2

Als Anwendungsfälle des Abs. 1 Satz 1 kommen insbesondere drohende Staatsschutzverbrechen, Geiselnahmen, terroristische Gewaltverbrechen oder organisierte Verbrechen und Vergehen im Rauschgiftmilieu in Betracht (vgl. Art. 30 Abs. 5).

44.3

Die Vorschriften über ein besonderes Berufs- oder Amtsgeheimnis (entsprechend § 53 StPO) sind auch bei einer Rasterfahndung zu beachten.

44.4

Wegen der landesweiten Bedeutung und der Vielzahl der betroffenen Personen, des Kosten- und des Personalaufwands dürfen Rasterfahndungen nur durch die in Art. 33 Abs. 5 genannten Dienststellenleiter angeordnet werden. Vor der Anordnung ist die Zustimmung des Staatsministeriums des Innern einzuholen. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist von einer angeordneten Rasterfahndung unverzüglich zu unterrichten, damit er seinen Prüfungsaufgaben genügen kann.

44.5

Nichtöffentliche Stellen sind berechtigt, die ihnen aus Anlass des Datenabgleichs entstandenen Kosten gegenüber der Polizei als Entschädigungsanspruch (Art. 70 Abs. 1) geltend zu machen.

45 Zu Art. 45 (Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten)

45.1

Nach Abs. 1 Satz 1 sind personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn sie entweder von Anfang an unrichtig waren oder nach ihrer Speicherung unrichtig geworden sind.

45.2

Absatz 1 Satz 3 enthält eine Berichtigungspflicht gegenüber dem Empfänger übermittelter Daten für die Fälle, in denen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung durch die Polizei als unrichtig erweisen und die Berichtigung zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Betroffenen erforderlich ist.

45.3

In Dateien suchfähig gespeicherte Informationen sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war (Abs. 2 Nr. 1) oder bei der zu bestimmten Fristen oder Terminen vorzunehmenden Überprüfung festgestellt wird, dass Ihre Kenntnis für die speichernde Stelle nicht mehr erforderlich ist. In diesem Fall sind auch die zu dem Betroffenen geführten Akten zu vernichten.

45.4

Statt der Lösung und Vernichtung sind die personenbezogenen Daten nach Abs. 3 zu sperren, d.h. zu kennzeichnen, um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzung einzuschränken.

45.5

Für die Archivierung polizeilicher Unterlagen gelten die Vorschriften des Bayerischen Archivgesetzes. Der Umfang der den staatlichen Archiven nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Archivgesetzes anzubietenden Unterlagen ist in einer nach Art. 6 Abs. 2 des Bayerischen Archivgesetzes abzuschließenden Vereinbarung festzulegen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass tatsächlich nur die polizeilichen Unterlagen den staatlichen Archiven angeboten und von diesen übernommen werden, an deren Archivierung ein besonderes Interesse besteht. Für Unterlagen von geringerer Bedeutung und Routinefälle der Gefahrenabwehr gilt der Grundsatz „Vernichtung geht vor Aufbewahrung“.

46 Zu Art. 46 (Automatisiertes Abrufverfahren)

46.1

Absatz 1 Satz 1 regelt die Zulässigkeit der Einrichtung von automatisierten Verfahren, die die Übermittlung personenbezogener Daten durch maschinellen Abruf ermöglichen (so genanntes online-Verfahren). Anwendungsfälle des online-Verfahrens sind insbesondere der Abruf von Daten aus dem Melderegister (§ 8 BayMeldeDÜV), dem Ausländerzentralregister und dem Kraftfahrtbundesamt (ZEVIS) sowie polizeiinterne automatisierte Abrufe zwischen dem Landeskriminalamt und den Polizeidienststellen (vgl. Nr. 40.1).

46.2

Die notwendigen technischen und organisatorischen Sicherungseinrichtungen (vgl. Art. 15 BayDSG), insbesondere um Unbefugte vom Zugang zu den Datenverarbeitungsanlagen fernzuhalten (Zugangskontrollen) und gegen die Mitnahme von Datenträgern beim Verlassen der Datenverarbeitungsanlage

46.3

Protokollbestände, die nach einer automatisierten Abfrage eingerichtet worden sind, dienen vorwiegend der Datensicherung. Abs. 3 lässt jedoch in Einzelfällen die Auswertung der Protokollbestände zu Zwecken der Kriminalitätsbekämpfung zu. Die Auswertung für Zwecke der Kriminalitätsbekämpfung bedarf einer Anordnung der in Art. 33 Abs. 5 genannten Dienststellenleiter.

46.4

Absatz 4 gibt dem Staatsministerium des Innern die Befugnis, mit den Polizeien der anderen Länder und des Bundes, insbesondere dem Bundeskriminalamt einen Datenverbund (z.B. Inpol, Bundes-KAN) zu vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung ermöglicht.

47 Zu Art. 47 (Errichtungsanordnung für Dateien)

47.1

Für den erstmaligen Einsatz von automatisierten Verfahren, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, sind in einer Errichtungsanordnung die in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 10 genannten inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb der Datei festzulegen. Automatisierte Verfahren sind solche, in denen wesentliche Verfahrensschritte (z.B. Erfassung, Speicherung, Übermittlung, Veränderung) für einen bestimmten polizeilichen Aufgabenbereich (z.B. Vorgangsverwaltung, Ermittlungsunterstützung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung) mit Hilfe programmgesteuerter Geräte ablaufen.

47.2

Die Errichtungsanordnung bedarf der Zustimmung des Staatsministeriums des Innern. Hat das Staatsministerium des Innern dem erstmaligen Einsatz für einen bestimmten Aufgabenbereich zugestimmt, so kann es andere Polizeidienststellen ermächtigen

47.3

Neben der Zustimmung des Staatsministeriums des Innern ist eine datenschutzrechtliche Freigabe nach Art. 26 Abs. 2 BayDSG nicht erforderlich.

47.4

Die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung ihrer Dateien hat die speichernde Stelle eigenverantwortlich in angemessenen Abständen zu prüfen.

48 Zu Art. 48 (Auskunftsrecht)

48.1

Auf Antrag ist dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen (Abs. 1 Satz 1).

48.2

In dem Antrag sollen die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, und der Grund des Auskunftsverlangens näher bezeichnet werden. Geschäftsfähigkeit ist nicht erforderlich, wohl aber Einsichts- und Urteilsfähigkeit.

48.3

Das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, wird von den Polizeipräsidien und dem Landeskriminalamt nach den Richtlinien über die Führung kriminalpolizeilicher Sammlungen bestimmt. Kosten für die Auskunftserteilung werden von der Polizei nicht erhoben (Art. 76).

48.4

Absatz 2 erhält eine Aufzählung von Versagungsgründen, in denen eine Auskunft unterbleibt. Soweit der Versagungsgrund nur für einen Teil der gespeicherten personenbezogenen Daten gilt, ist im Übrigen eine Auskunft zu erteilen

48.5

Wird die Auskunftserteilung bei Vorliegen eines Versagungsgrundes abgelehnt, bedarf die Ablehnung keiner Begründung. Der Betroffene ist jedoch nach Abs. 3 Satz 2 darauf hinzuweisen, dass er sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann.

48.6

Unterbleibt die Auskunft, so ist sie auf Verlangen dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu erteilen. Dieser bestätigt entweder die Auskunftsverweigerung oder erteilt die beantragte Auskunft oder regt die Löschung des betreffenden Datensatzes an.

48.7

Art. 48 gilt nicht für den Bereich der Strafverfolgung (vgl. auch Art. 8 Abs. 2 Nr. 3 BayDSG), da insoweit die besonderen Regelungen des Strafverfahrensrechts Anwendung finden.

49 Zu Art. 49 (Anwendung des Bayerischen Datenschutzgesetzes)

Soweit dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften (insbesondere Strafprozessordnung, Ordnungswidrigkeitengesetz, Straßenverkehrsgesetz, Meldegesetz) keine besonderen Regelungen enthalten, findet das Bayerische Datenschutzgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung. Das Bayerische Datenschutzgesetz hat für alle Bereiche der polizeilichen Datenerhebung und -verarbeitung subsidiäre Geltung.

50 Zu Art. 50 (Vollzugshilfe)

50.1

Vollzugshilfe im Sinn des Gesetzes ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch die Polizei zur Durchsetzung von Verwaltungsakten auf Ersuchen anderer Behörden, ferner die Vorführung von Personen vor Gericht oder vor die Staatsanwaltschaft und die Unterstützung der Gerichtsvorsitzenden bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung (so genannte Justizhilfe als Unterfall der Vollzugshilfe).

50.2

Fälle der Vollzugshilfe nach besonderen Rechtsvorschriften sind insbesondere
– Art. 37 Abs. 2 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes
– Art. 8 Abs. 2 des Unterbringungsgesetzes
– § 44 Abs. 3 des Wehrpflichtgesetzes, § 23 a des Zivildienstgesetzes
– §§ 51, 134, 161 a Abs. 2 Satz 1 und § 163 a Abs. 3 Satz 2 der Strafprozessordnung
– § 372 a Abs. 2, § 380 Abs. 2, § 613 Abs. 2, §§ 671, 758 Abs. 3 und § 759 der Zivilprozessordnung
– § 101 Abs. 2 und § 106 Abs. 1 Satz 1 der Konkursordnung
– § 70 g Abs. 5 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und § 5 Abs. 1 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen
– Art. 7 Abs. 3 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes.
Soweit sich aus diesen Rechtsvorschriften nichts anderes ergibt, sind in diesen Fällen die Art. 5

50.3

Vollzugshilfe in diesem Sinn ist nicht gegeben, wenn die Polizei Gerichten oder Behörden Hilfe leistet, ohne dass die Voraussetzungen nach Art. 50

50.4

Behörden im Sinn des Art. 50

50.5

Das Ersuchen kann sich auf einen bestimmten Einzelfall, eine Fallgruppe oder eine Vielzahl von Fällen beziehen. Das Ersuchen muss die Umstände aufzeigen, deren Kenntnis für die Prüfung und die Durchführung des Ersuchens notwendig ist.

50.6

Eine Behörde kann um Vollzugshilfe ersuchen, wenn sie
– aus rechtlichen Gründen unmittelbaren Zwang nicht selbst anwenden kann,
– über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte nicht verfügt oder
– ihre Maßnahme nicht auf andere Weise (z.B. Ersatzvornahme, Zwangsgeld) rechtzeitig selbst durchsetzen kann.

50.7

Die Befugnisse zu Eingriffsmaßnahmen der Vollzugshilfe haben ihre Grundlage nicht in Art. 50

50.8

Eine Pflicht zu Vollzugshilfe ist nicht erst dann gegeben, wenn die erforderliche Anwendung unmittelbaren Zwangs unmittelbar bevorsteht, sondern bereits dann, wenn nach den Umständen voraussichtlich ohne Anwendung unmittelbaren Zwangs durch die Polizei eine Anordnung der Verwaltungsbehörde nicht rechtzeitig durchgesetzt, oder derjenige, der die Amtshandlung vornehmen soll, angegriffen oder an der Vornahme der Amtshandlung gehindert werden würde. Diese Prognose muss auf den Einzelfall abstellen. Eine Mitwirkung der Polizei ist im Allgemeinen erforderlich, wenn die Amtshandlung an der ausdrücklichen - nicht nur stillschweigenden - Weigerung des Betroffenen gescheitert ist oder das bisherige Verhalten des Betroffenen erwarten lässt, dass ohne polizeiliche Mitwirkung die Amtshandlung nicht durchzusetzen ist.

50.9

Die Voraussetzungen für Vollzugshilfe sind nicht gegeben, wenn eine andere Behörde die Hilfe wesentlich einfacher oder mit wesentlich geringerem Aufwand leisten kann, ferner wenn durch die Hilfeleistung die Erfüllung vordringlicher polizeilicher Aufgaben gefährdet würde.

50.10

Die Polizei darf die Vollzugshilfe nicht deshalb verweigern, weil sie die beabsichtigte Maßnahme für unzweckmäßig hält.

50.11

Hält die Polizei ein an sie gerichtetes Ersuchen für nicht zulässig, so teilt sie das der ersuchenden Behörde mit. Besteht diese auf der Vollzugshilfe, so entscheidet über die Pflicht zur Vollzugshilfe das Staatsministerium des Innern. Lassen die Umstände nach Auffassung der ersuchenden Behörde keinen Aufschub bis zur Entscheidung durch die Aufsichtsbehörde zu, so hat die Polizei dem Ersuchen zu entsprechen, falls keine vordringlicheren Aufgaben die Polizei daran hindern, und unverzüglich dem Staatsministerium des Innern zu berichten.

50.12

Wird die Polizei in Vollzugshilfe tätig, so soll sie das nach außen zu erkennen geben, sofern es nicht offensichtlich ist.

50.13

Die Zulässigkeit der Maßnahme, die durch die Vollzugshilfe verwirklicht werden soll, richtet sich nach dem für die ersuchende Behörde geltenden Recht. Die ersuchende Behörde trägt daher die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der durchzusetzenden Maßnahme. Die Polizei ist nicht verpflichtet, die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme zu prüfen. Die Maßnahme wird hinsichtlich der Zuständigkeit in den Rechtsbehelfsverfahren der ersuchenden Stelle zugerechnet (Art. 12 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 4 Nr. 2 POG).

50.14

Für die Kosten der Amtshilfe, soweit sie nicht bei der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten geleistet wird, gilt Art. 8 des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

50.15

Neben der Vollzugshilfe bleibt die Pflicht der Polizei unberührt, Vollzugsbeamten anderer Behörden auf Ersuchen erforderlichen persönlichen Schutz zu gewähren. Der Polizeibeamte hat sich in diesem Fall von der Zuständigkeit des Vollzugsorgans durch Einsicht in dessen Dienstausweis und den etwa erforderlichen schriftlichen Vollzugsauftrag zu überzeugen.

51 Zu Art. 51 (Verfahren der Vollzugshilfe)

In den Fällen der Justizhilfe (Art. 50

52 Zu Art. 52 (Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung)

52.1

Die in Vollzugshilfe durchgeführte Freiheitsentziehung ist als Maßnahme der ersuchenden Behörde anzusehen (vgl. Nummer 50.13

52.2

Legt die ersuchende Behörde eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung nicht vor und bezeichnet sie auch nicht eine solche Entscheidung, so hat sich die Polizei sofort zu vergewissern, ob die ersuchende Behörde unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeiführt.

52.3

Die Art. 19 und 20

53 Zu Art. 53 (Zulässigkeit des Verwaltungszwangs)

53.1

Rechtsmittel gegen Verwaltungsakte der Polizei haben gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 2 und Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung keine aufschiebende Wirkung, wenn es sich um unaufschiebbare Maßnahmen der Polizei handelt und das Gericht nicht durch Anordnung die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels wieder hergestellt hat.

53.2

Art. 53

54 Zu Art. 54 (Zwangsmittel)

Die Zwangsmittel stimmen mit denen des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes überein. Die Ersatzzwangshaft ist in Art. 54

55 Zu Art. 55 (Ersatzvornahme)

55.1

Art. 55

55.2

Vertretbar ist eine Handlung, wenn sie nicht nur vom Betroffenen persönlich (z.B. Abgabe einer Erklärung), sondern ohne Änderung ihres Inhalts auch von einem anderen vorgenommen werden kann.

55.3

Nach Art. 55

56 Zu Art. 56 (Zwangsgeld)

56.1

Die Festsetzung eines Zwangsgeldes durch die Polizei wird nur in seltensten Fällen in Betracht kommen, da mit diesem Zwangsmittel die Gefahren, die die Polizei abzuwenden hat, in aller Regel nicht rechtzeitig abgewehrt werden können, so dass dieses Zwangsmittel keinen Erfolg verspricht.

56.2

Bei der Bestimmung der Höhe des Zwangsgeldes sind die Hartnäckigkeit des Betroffenen, seine finanzielle Leistungsfähigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen.

56.3

Der Betrag des Zwangsgeldes muss in bestimmter Höhe (also nicht „bis zu 150 €“) festgesetzt werden.

57 Zu Art. 57 (Ersatzzwangshaft)

Das Zwangsgeld ist dann uneinbringlich, wenn die Beitreibung des Zwangsgeldes ohne Erfolg versucht worden ist oder wenn feststeht, dass sie keinen Erfolg haben wird.

58 Zu Art. 58 (Unmittelbarer Zwang)

58.1

Der Begriff des unmittelbaren Zwangs ist in Art. 61

58.2

Andere Zwangsmittel sind auch dann unzweckmäßig, wenn sie dem Betroffenen einen größeren Nachteil verursachen würden als die Anwendung unmittelbaren Zwangs.

58.3

Die Kostenpflicht gilt nur für die Anwendung unmittelbaren Zwangs im Bereich der Gefahrenabwehr. Kostenpflichtig ist der Veranlasser im Sinn von Art. 2 Abs. 1 des Kostengesetzes (Art. 58 Abs. 3 Satz 2).

58.4

Die Kostenpflicht nach Art. 58

59 Zu Art. 59 (Androhung der Zwangsmittel)

59.1

Eine schriftliche Androhung ist auch dann nicht möglich, wenn durch die dadurch bewirkte Verzögerung der Anwendung des Zwangsmittels die Gefahr nicht rechtzeitig abgewendet würde. Ist eine schriftliche Androhung des Zwangsmittels möglich, so ist sie nach Maßgabe des Zweiten Abschnitts des VwZVG zuzustellen.

59.2

Die Rechtmäßigkeit der Androhung ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Anwendung des Zwangsmittels. Daher sind die Anforderungen des Art. 60

59.3

Wird bei der Androhung einer Ersatzvornahme der voraussichtliche Aufwand nicht angegeben, so ist eine solche Androhung gleichwohl rechtswirksam.
Ist eine Androhung mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden, so ist sie nur mit ihm anfechtbar.

60 Zu Art. 60 (Rechtliche Grundlagen der Anwendung unmittelbaren Zwangs)

60.1

Der 2. Unterabschnitt gilt auch für andere Tätigkeitsbereiche der Polizei als die Gefahrenabwehr, insbesondere gilt er für die polizeiliche Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, soweit die Strafprozessordnung keine besondere Regelung des unmittelbaren Zwangs enthält.

60.2

Von den „übrigen“ Vorschriften dieses Gesetzes im Sinn des Art. 60

60.3

Art. 60

61 Zu Art. 61 (Begriffsbestimmung des unmittelbaren Zwangs)

61.1

Dass Reizstoffe gegenüber dem bisherigen Recht nicht mehr als Waffen, sonder als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt anzusehen sind, hat keine praktische Bedeutung.

61.2

Wegen der in Art. 61

61.3

Einsatz von Tränengas und Nebelerzeugern

61.3.1

Tränengas-Wurfkörper und Nebelwurfkörper (Nebelbüchsen) sind keine Handgranaten im Sinn des Art. 61

61.3.2

Das Verschießen von Tränengas- oder Nebelkörpern ist kein Schusswaffengebrauch im Sinn dieses Gesetzes (vgl. Art. 61

61.4

Hinsichtlich der Maschinengewehre und Handgranaten wird auf Art. 69

61.5

Diensthunde müssen für ihre Aufgaben abgerichtet sein; sie dürfen nur von einem ausgebildeten Diensthundeführer eingesetzt werden. Dienstpferde dürfen nur von ausgebildeten Reitern eingesetzt werden. Zum Abdrängen einer Menschenmenge dürfen Dienstpferde nur gebraucht werden, wenn ihre Abrichtung diese Verwendung umfasst hat. Einzelheiten der Abrichtung und des Einsatzes von Diensthunden und Dienstpferden regeln Dienstvorschriften.

61.6

Dienstfahrzeuge dürfen gegen Menschen eingesetzt werden, um Straßen, Plätze oder andere Grundstücke zu räumen. Der Einsatz ist nicht zulässig in der Absicht, Menschen zu verletzen.

61.7

Zum Absperren von Straßen, Plätzen oder anderem Gelände ist die Verwendung dafür geeigneter Hilfsmittel, z.B. von Seilen, Draht, Stacheldraht, Spanischen Reitern, Dienstfahrzeugen, Nagelböden und -bändern und Sperrgittern zulässig.

61.8

Wasserwerfer dürfen gegen Menschen eingesetzt werden, wenn weniger beeinträchtigende Maßnahmen keinen Erfolg versprechen. Der Einsatz von Wasser aus Wasserwerfern oder aus anderen Geräten kommt insbesondere in Betracht, wenn eine Menschenmenge aufgelöst werden soll, weil sie polizeiliche Anordnungen nicht befolgt.

61.9

Reizstoffe (z.B. Tränengas) dürfen nur gebraucht werden, wenn der Einsatz anderer Hilfsmittel oder einfacher körperlicher Gewalt (Zurückdrängen) keinen Erfolg verspricht oder wenn durch den Einsatz von Reizstoffen die Anwendung von Waffen vermieden werden kann. Der Gebrauch von Reizstoffen kann insbesondere zulässig sein gegen eine Menschenmenge, die sich polizeilichen Anordnungen widersetzt. In geschlossenen Räumen dürfen Reizstoffe in aller Regel nur angewendet werden, wenn sich jemand gegen eine Festnahme gewaltsam, insbesondere mit Waffen, zur Wehr setzt.

61.10

In jedem Fall der Anwendung unmittelbaren Zwangs ist Art. 4 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) besonders zu berücksichtigen.

62 Zu Art. 62 (Handeln auf Anordnung)

62.1

Bevor Polizei geschlossen eingesetzt wird, sind die eingesetzten Polizeibeamten über die Weisungsbefugnisse zu unterrichten. Insbesondere muss jedem eingesetzten Polizeibeamten bekannt sein, wer den Einsatz leitet, wer Stellvertreter des Einsatzleiters und wer sein Unterführer ist.

62.2

Wird Polizei geschlossen eingesetzt, so steht die Befugnis, zur Anwendung unmittelbaren Zwangs anzuweisen, grundsätzlich dem Beamten zu, der den Einsatz leitet. Fallen der den Einsatz leitende Beamte und sein Vertreter aus, so tritt der dienstranghöchste anwesende Vollzugsbeamte aus dem Einsatzbereich an seine Stelle. Ist nicht sofort feststellbar, wer das ist, darf jeder der hiernach in Betracht kommenden Beamten die Führung einstweilen übernehmen; er hat das bekannt zugeben.

62.3

Die Befugnisse vorgesetzter oder sonst dazu befugter Stellen, Weisungen zur Anwendung unmittelbaren Zwangs zu erteilen, bleibt unberührt.

62.4

Befindet sich jemand, der Weisung erteilt, nicht am Ort des Vollzugs, so darf er zur Anwendung unmittelbaren Zwangs nur anweisen, wenn er sich ein so genaues Bild von den am Ort des Vollzugs herrschenden Verhältnissen verschafft hat, dass ein Irrtum über die Voraussetzungen der Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht zu befürchten ist. Ändern sich zwischen der Weisung und ihrer Ausführung die tatsächlichen Verhältnisse und kann vor der Ausführung nicht mehr rückgefragt werden, so entscheidet der am Ort leitende Beamte über die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Die weisungsgebende Stelle ist unverzüglich zu verständigen. Die Weisung, Schusswaffen zu gebrauchen, darf nur an Ort und Stelle gegeben werden.

62.5

Wenn die Polizei in geschlossenem Einsatz Personen in Gewahrsam nimmt, müssen - soweit möglich - Zeit, Ort und Grund der Festnahme und der Name der Polizeibeamten, die den Störer festgenommen haben, an Ort und Stelle schriftlich festgehalten werden.

62.6

Zur Anwendung unmittelbaren Zwangs kann auch von einer sonst dazu befugten Person angewiesen werden, z.B. einem Staatsanwalt.

63 Zu Art. 63 (Hilfeleistung für Verletzte)

Die Pflicht, Verletzten Beistand zu leisten und erforderliche ärztliche Hilfe zu verschaffen, ist vordringlicher als die Pflicht, den Tatort (zur Beweissicherung) unverändert zu lassen und als die Pflicht, dem Vorgesetzten zu berichten.

64 Zu Art. 64 (Androhung unmittelbaren Zwangs)

64.1

Dem Schusswaffengebrauch soll, wenn dadurch der Zweck der Maßnahme nicht vereitelt wird, eine Androhung vorausgehen, deren Befolgung den Schusswaffengebrauch erübrigt, insbesondere die Weisung zu halten. Diese Weisung wird durch den Anruf „Halt! Polizei!“ erteilt. Würde eine solche Weisung nicht verstanden werden und wird sie deshalb durch einen Warnschuss ersetzt und nicht befolgt, so ist zur Androhung des Schusswaffengebrauchs ein zweiter Warnschuss abzugeben.

64.2

In den Fällen des Art. 67
Kommt jemand aus einem der in Art. 67

64.3

Warnschüsse dürfen nur abgegeben werden, wenn für den Fall der Erfolglosigkeit der Warnung die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch gegeben sind. Warnschüsse sind steil in die Luft zu richten. Der Schusswaffengebrauch gegen ein Wasserfahrzeug ist durch mindestens zwei Warnschüsse anzudrohen.

64.4

Die Androhung der Zwangsmaßnahme soll der Anwendung unmittelbar vorausgehen; auch in anderen Fällen als dem des Art. 64

65 Zu Art. 65 (Fesselung von Personen)

65.1

Festhaltung im Sinn von Art. 65

65.2

Art. 65

65.3

Gefesselt werden soll mit den zugewiesenen Schließketten oder Schließzangen. Stehen solche Hilfsmittel nicht zur Verfügung, können sonstige geeignete Fesselungsmittel benützt werden. Sind auch diese nicht vorhanden oder reichen sie nicht aus, so ist der mit der Fesselung verfolgte Zweck auf andere Weise anzustreben (z.B. durch Abnahme der Hosenträger oder Schuhbänder).

65.4

Mehrere Personen sollen nicht zusammengeschlossen werden, wenn ein Nachteil für Ermittlungen in einer Strafsache zu befürchten ist oder wenn durch eine Zusammenschließung die Gesundheit eines zu Fesselnden gefährdet werden oder sie eine erniedrigende Behandlung bedeuten würde. Menschen verschiedenen Geschlechts sollen möglichst nicht zusammengeschlossen werden. Bei strenger Kälte ist darauf zu achten, dass die Hände der Gefesselten vor Frost geschützt sind.

66 Zu Art. 66 (Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch)

66.1

Der Schusswaffengebrauch gegen Menschen ist die äußerste Maßnahme des unmittelbaren Zwangs. Der Polizeibeamte hat daher vorher Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit besonders sorgfältig zu prüfen.

66.2

Wird die Schusswaffe gegen Menschen gebraucht, so ist nach Möglichkeit auf die Beine zu zielen. Hierbei ist zu bedenken, dass ein Fehlschuss Menschenleben gefährden kann. Soll jemand fluchtunfähig gemacht werden, so ist vom Schusswaffengebrauch abzusehen, wenn der Polizeibeamte ohne Verletzung anderer Pflichten durch Nachteile oder durch Hilfsmittel körperlicher Gewalt (z.B. Diensthunde) oder durch Zwangsangwendung gegen Sachen den Flüchtenden anhalten kann. Richtet sich der Schusswaffengebrauch gegen ein fahrendes Fahrzeug, so ist die Wirkung eines solchen Schusswaffengebrauchs auf die Insassen des Fahrzeugs und auf sonstige Personen besonders zu berücksichtigen. Führt der Schusswaffengebrauch gegen ein Fahrzeug voraussichtlich zu einer Gefahr für Leib oder Leben von Personen, so ist er nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur zulässig, wenn der Schusswaffengebrauch gegen die Person selbst nach den Art. 66 und 67

66.3

Art. 66

66.4

Bestehen Zweifel, ob jemand noch im Kindesalter ist, so ist davon auszugehen, dass es sich um ein Kind handelt.

66.5

Unbeteiligter im Sinn des Art. 66

67 Zu Art. 67 (Schusswaffengebrauch gegen Personen)

67.1

Für die Befugnis zum Schusswaffengebrauch nach Art. 67

67.2

§ 100 Strafvollzugsgesetz wendet sich nur an Bedienstete der Justizvollzugsanstalten. Durch Art. 67

68 Zu Art. 68 (Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge)

68.1

Menschenmenge im Sinn des Art. 68

68.2

Schwerwiegende Gewalttat im Sinn dieser Vorschrift sind mit Strafe bedrohte Handlungen, die unter Anwendung von Gewalt begangen werden und besonders wichtige Rechtgüter oder für die Allgemeinheit wichtige Einrichtungen verletzen, insbesondere Körperverletzungsdelikte, gemeingefährliche Verbrechen oder Vergehen aller Art (§ 106 ff. StGB), Nötigung von Verfassungsorganen unter Gewaltanwendung (§§ 105 und 106 StGB), vorsätzliche erhebliche Sachbeschädigung lebensnotwendiger Einrichtungen (insbesondere von Versorgungsanlagen oder Kernenergieanlagen), von Behördengebäuden oder von unersetzlichen Kulturgütern. Solche Gewalttaten müssen, damit die Befugnisse nach Art. 68

68.3

Für den Fall eins Schusswaffengebrauchs gegen Personen in einer Menschenmenge kommt der Androhung des Schusswaffengebrauchs besondere Bedeutung zu. Zwischen den Warnschüssen soll möglichst so viel Zeit verstreichen, dass sich insbesondere Unbeteiligte aus der Menge entfernen können.

69 Zu Art. 69 (Besondere Waffen, Sprengmittel)

69.1

Der Gebrauch der besonderen Waffen im Sinn des Art. 69

69.2

Ähnliche Explosionsmittel im Sinn des Art. 69

69.3

Andere Waffen im Sinn des Art. 69

69.4

Bei den für die Anwendung von Handgranaten entsprechend anzuwendenden Vorschriften über den Schusswaffengebrauch (Art. 69 Abs. 3) handelt es sich um Art. 66

70 Zu den Art. 70 bis 73 (Entschädigungs-, Erstattungs- und Ersatzansprüche)

Die Art. 70 bis 73

71 Zu Art. 76 (Verhältnis zum Kostengesetz)

71.1

Der Vorrang der Kostenbestimmungen des Polizeiaufgabengesetzes vor den Regelungen über die grundsätzliche Kostenfreiheit polizeilicher Amtshandlungen gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 des Kostengesetzes wird durch Art. 76

71.2

In der Polizeikostenverordnung vom 2. März 1994 (GVBl S. 177) sind die nach dem Polizeiaufgabengesetz zu erhebenden Gebühren bestimmt und die pauschale Abgeltung bestimmter Auslagen geregelt.

72 Zu Art. 77 (Begriff der Polizeibehörde)

Aufgrund des Art. 77
73 Die Bek. vom 24. Januar 1975 (MABl S. 202), geändert durch die Bek. vom 5. Oktober 1976 (MABl S. 842), wird aufgehoben.
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