Verordnung des Wirtschaftsministeriums über die Beaufsichtigung der berufsständischen Versorgungswerke unter der Versicherungsaufsicht des Wirtschaftsministeriums (Versorgungswerkeaufsichtsverordnung - VersWerkAufsVO BW) Vom 22. März 2018
§ 1 Grundlagen des Geschäftsbetriebs
(1) Die Versorgungswerke werden auf der Grundlage ihrer Satzung und ihres Geschäftsplans zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags tätig. Sie dürfen nur solche Geschäfte betreiben, die hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
(2) Vor Aufnahme des Geschäftsbetriebs ist der Geschäftsplan der Versicherungsaufsichtsbehörde einzureichen. Der Geschäftsplan enthält sämtliche für den Geschäftsbetrieb notwendigen Angaben über:
1.
die Grundsätze für die Berechnung ausreichender mathematischer Rückstellungen einschließlich der verwendeten Rechnungsgrundlagen und mathematischen Formeln,
2.
die Maßnahmen, mit denen die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Mitgliedern dauerhaft sichergestellt wird,
3.
Verträge, durch die die Bestandsverwaltung, die Leistungsbearbeitung, das Rechnungswesen, die Vermögensanlage oder die Vermögensverwaltung ganz oder zu einem wesentlichen Teil einem anderen Unternehmen auf Dauer übertragen werden,
4.
eine beabsichtigte Rückversicherung und
5.
die Bildung einer Rücklage zur Deckung eines außergewöhnlichen Verlustes aus dem Geschäftsbetrieb, die Beträge, die hierfür jährlich zurückzulegen sind, und darüber, welchen Mindestbetrag diese Rücklage erreichen sollte.
Geschäftsplan und Geschäftsplanänderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Versicherungsaufsichtsbehörde. Verträge nach Nummer 3 sind der Versicherungsaufsichtsbehörde vorzulegen.
(3) Vor Aufnahme des Geschäftsbetriebs ist die Satzung der Versicherungsaufsichtsbehörde einzureichen. Die Satzung enthält sämtliche für den Geschäftsbetrieb notwendigen Angaben über:
1.
die Ereignisse, bei deren Eintritt das Versorgungswerk zu einer Leistung verpflichtet ist, und die Fälle, in denen aus besonderen Gründen diese Pflicht ausgeschlossen oder aufgehoben sein soll,
2.
die Art, den Umfang und die Fälligkeit der Leistungen des Versorgungswerks,
3.
die Fälligkeit der Beiträge und die Rechtsfolgen eines Verzugs,
4.
die Gestaltungsrechte der Mitglieder und der sonstigen Leistungsberechtigten sowie die Obliegenheiten und Anzeigepflichten vor und nach Eintritt des Versorgungsfalles,
5.
den Verlust von Ansprüchen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zum Versorgungswerk, wenn Fristen versäumt werden,
6.
die Grundsätze der Verteilung der Überschüsse des Versorgungswerks,
7.
die Grundsätze für die Vermögensanlage, und
8.
das Organ, das die Wahl und unverzüglich danach die Bestellung des Abschlussprüfers vorzunehmen hat.
(4) Die hauptamtlichen Geschäftsführer eines Versorgungswerks müssen zuverlässig und fachlich geeignet sein. Das Versorgungswerk hat der Versicherungsaufsichtsbehörde die Bestellung und das Ausscheiden eines hauptamtlichen Geschäftsführers anzuzeigen. Die ehrenamtlichen Mitglieder der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane müssen zuverlässig sein und die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderliche Sachkunde besitzen. Das Nähere regelt die Versicherungsaufsichtsbehörde.
§ 2 Risikomanagement, Kapitalausstattung
(1) Die Versorgungswerke müssen über ein angemessenes Risikomanagement verfügen. Hierzu zählen die Identifikation und Bewertung von Risiken, eine Beurteilung der Risikotragfähigkeit, eine Risikosteuerung und eine Risikostrategie. Hierüber ist jährlich ein Risikobericht anzufertigen.
(2) Die Versorgungswerke haben zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit ihrer Leistungsverpflichtungen freie unbelastete Eigenmittel mindestens in Höhe einer Solvabilitätsspanne zu bilden.
(3) Als freie unbelastete Eigenmittel sind anzusehen:
1.
die Verlustrücklage,
2.
der Anteil der Rückstellung für Beitragsrückerstattung, der noch nicht für die Überschussverteilung festgelegt ist, und
3.
stille Reserven, soweit diese nicht Ausnahmecharakter haben.
Von der Summe der sich nach Satz 1 ergebenden Beträge sind ein Verlustvortrag und die in der Bilanz ausgewiesenen immateriellen Werte abzusetzen.
(4) Die Höhe der Solvabilitätsspanne bemisst sich nach den Risiken des gesamten Geschäftsbetriebs und soll mindestens 2,5 Prozent der Deckungsrückstellung betragen. Das Nähere regelt die Versicherungsaufsichtsbehörde. Die Versorgungswerke können eigene Modelle entwickeln, die der Zustimmung der Versicherungsaufsichtsbehörde bedürfen.
(5) Mit dem Jahresabschluss sind der Versicherungsaufsichtsbehörde der Risikobericht sowie eine Berechnung der Solvabilitätsspanne vorzulegen und die Eigenmittel nachzuweisen.
§ 3 Vermögensanlage
(1) Die Bestände des Sicherungsvermögens sind so anzulegen, dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität des Versorgungswerks unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung erreicht wird. Der Einsatz von Termingeschäften, Optionen und ähnlichen Finanzinstrumenten ist gestattet, wenn sie der Absicherung von Kurs- oder Zinsänderungsrisiken bei bereits vorhandenen Vermögenswerten oder dem späteren Erwerb von Wertpapieren dienen sollen oder wenn aus vorhandenen Wertpapieren ein zusätzlicher Ertrag erzielt werden soll, ohne dass bei Erfüllung von Lieferverpflichtungen eine Unterdeckung des Sicherungsvermögens eintreten kann. Eine Nachschusspflicht darf hierdurch nicht entstehen. Die Aufnahme von Fremdmitteln ist grundsätzlich nicht zulässig.
(2) Art und Umfang der zulässigen Anlage des Sicherungsvermögens ergeben sich aus § 215
Absatz 1 und 2 Satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und der Anlageverordnung in der jeweils geltenden Fassung. Die Versicherungsaufsichtsbehörde kann Abweichungen zulassen.
(3) Die Versorgungswerke haben über ihre gesamten Vermögensanlagen, aufgegliedert in Neuanlagen und Bestände, in den von der Versicherungsaufsichtsbehörde festzulegenden Formen und Fristen zu berichten.
§ 4 Rechnungslegung, Berichterstattung
Die Versorgungswerke haben in entsprechender Anwendung von § 37 Absatz 1, 3 und 4, § 38
Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung Rechnung zu legen und Bericht zu erstatten. Das Wertaufholungsgebot nach § 253
Absatz 5 des Handelsgesetzbuches ist nicht anzuwenden.
§ 5 Jahresabschlussprüfung
(1) Die Versorgungswerke haben den Jahresabschluss und den Lagebericht durch einen Abschlussprüfer gemäß § 341k
Absatz 1 und 3 des Handelsgesetzbuchs prüfen zu lassen.
(2) Der Abschlussprüfer soll vor Ablauf des Geschäftsjahres, auf das sich seine Prüfungstätigkeit erstreckt, gewählt werden.
(3) Der vom Versorgungswerk bestimmte Abschlussprüfer ist der Versicherungsaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen. Diese kann, wenn sie gegen den Abschlussprüfer des Jahresabschlusses Bedenken hat, innerhalb eines Monats nach Eingang der Prüferanzeige verlangen, dass innerhalb einer angemessenen Frist ein anderer Abschlussprüfer bestimmt wird. Unterbleibt das oder hat die Versicherungsaufsichtsbehörde auch gegen diesen Abschlussprüfer Bedenken, so hat sie den Abschlussprüfer selbst zu bestimmen. In diesem Fall gilt § 318
Absatz 1 Satz 4 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe, dass das Versorgungswerk den Prüfungsauftrag unverzüglich dem von der Versicherungsaufsichtsbehörde bestimmten Abschlussprüfer zu erteilen hat.
(4) Für die inhaltliche Ausgestaltung der Prüfungsberichte zu den Jahresabschlüssen der Versorgungswerke gilt die Prüfungsberichteverordnung vom 19. Juli 2017 (BGBl. I S. 2846) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. Die Versicherungsaufsichtsbehörde kann Abweichungen zulassen.
(5) Bei der Prüfung des Jahresabschlusses hat der Abschlussprüfer festzustellen, ob das Versorgungswerk die Anzeigepflichten gemäß § 1 Absatz 4 Satz 2 dieser Verordnung erfüllt hat. Das Ergebnis ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen. Auf Verlangen der Versicherungsaufsichtsbehörde hat der Abschlussprüfer auch sonstige, bei der Prüfung bekannt gewordene Tatsachen mitzuteilen, die gegen eine ordnungsgemäße Durchführung der Geschäfte des Versorgungswerks sprechen.
(6) Das Versorgungswerk hat der Versicherungsaufsichtsbehörde eine Ausfertigung des Berichts des Abschlussprüfers unverzüglich nach der Feststellung des Jahresabschlusses vorzulegen. Die Versicherungsaufsichtsbehörde kann den Bericht mit dem Abschlussprüfer erörtern und, wenn nötig, Ergänzungen der Prüfung und des Berichts auf Kosten des Versorgungswerks veranlassen.
§ 6 Ziele und Befugnisse der Versicherungsaufsicht
(1) Die Versicherungsaufsichtsbehörde achtet auf die ordnungsgemäße Durchführung des Geschäftsbetriebs der Versorgungswerke und die ausreichende Wahrung der Belange der Mitglieder. Dabei achtet sie insbesondere auf die dauernde Erfüllbarkeit der Leistungsverpflichtungen der Versorgungswerke gegenüber ihren Mitgliedern, die Bildung ausreichender versicherungstechnischer Rückstellungen, die Anlage des Vermögens in entsprechend geeignete Vermögenswerte, die Einhaltung der kaufmännischen Grundsätze einschließlich einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung, Rechnungslegung und angemessenen Kontrolle, die Solvabilität des Versorgungswerks und die Einhaltung der übrigen finanziellen Grundlagen des Geschäftsplans.
(2) Die Versicherungsaufsichtsbehörde kann gegenüber den Versorgungswerken alle Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Missstände zu vermeiden oder zu beseitigen. Missstand ist jedes Verhalten eines Versorgungswerks, das den in Absatz 1 genannten Aufsichtszielen widerspricht. Insbesondere kann die Versicherungsaufsichtsbehörde:
1.
eine Änderung des Geschäftsplans verlangen, soweit dies zur Erreichung der Aufsichtsziele erforderlich ist,
2.
die Vorlage eines Plans zur Wiederherstellung gesunder Finanzverhältnisse (Solvabilitätsplan) verlangen, soweit die Eigenmittel geringer als die Solvabilitätsspanne sind,
3.
geeignete Anordnungen treffen, soweit eine Vermögensanlage die Zahlungsfähigkeit des Versorgungswerks gefährden kann und zwar auch dann, wenn die Vermögensanlage nicht zum Sicherungsvermögen gehört, und
4.
dem Versorgungswerk oder den Organen des Versorgungswerks die freie Verfügung über die Vermögensgegenstände untersagen oder einschränken, soweit ein Versorgungswerk keine ausreichenden versicherungstechnischen Rückstellungen bildet oder seine versicherungstechnischen Rückstellungen unzureichend bedeckt.
(3) Die Versicherungsaufsichtsbehörde ist befugt:
1.
von den Versorgungswerken Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten sowie Vorlage oder Übersendung aller Geschäftsunterlagen zu verlangen,
2.
auch ohne besonderen Anlass in den Geschäftsräumen der Versorgungswerke Prüfungen des Geschäftsbetriebs vorzunehmen,
3.
Prüfungen auch so vorzunehmen, dass sie an einer von den Versorgungswerken nach § 341k
des Handelsgesetzbuchs veranlassten Prüfung teilnimmt und selbst die Feststellungen trifft, die sie für nötig hält,
4.
zu Prüfungen nach den Nummern 2 und 3 Personen hinzuzuziehen, die nach § 341k in Verbindung mit § 319
des Handelsgesetzbuchs zu Abschlussprüfern bestimmt werden können, und
5.
zu den Sitzungen der Aufsichts- und Mitgliederorgane der Versorgungswerke Vertreter zu entsenden, denen auf Verlangen das Wort zu erteilen ist.
Eine Prüfung nach Nummer 2 ist rechtzeitig anzukündigen. Eine Prüfungsankündigung kann unterbleiben, wenn durch sie der Prüfungszweck gefährdet würde. Für Personen nach Nummer 4 gilt die Bestimmung des § 323
des Handelsgesetzbuchs für Abschlussprüfer sinngemäß. Die Termine der Sitzungen der Aufsichts- und Mitgliederorgane der Versorgungswerke und die jeweilige Tagesordnung sind der Versicherungsaufsichtsbehörde unter Einhaltung der für die Ladung geltenden satzungsgemäßen Fristen mitzuteilen. Nach der Sitzung ist der Versicherungsaufsichtsbehörde das Protokoll zu übersenden.
§ 7 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.
STUTTGART, den 22. März 2018 |
DR. HOFFMEISTER-KRAUT |
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