SGB11§ 76V BW
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle nach § 76 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Schiedsstellenverordnung - SGB XI) Vom 13. März 1995

§ 1 Bildung und Aufgaben der Schiedsstelle

(1) Für das Land Baden-Württemberg ist eine Schiedsstelle zu bilden (§ 76 Abs. 1
SGB XI).
(2) Die Schiedsstelle entscheidet in den ihr nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch zugewiesenen Angelegenheiten.

§ 2 Mitglieder

(1) Die Schiedsstelle besteht aus einer unparteiischen Person, die den Vorsitz führt, und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Darüber hinaus gehören der Schiedsstelle fünf Mitglieder für die Pflegekassen (Leistungsträger), einschließlich je einer Vertretung des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. und des überörtlichen oder eines örtlichen Trägers der Sozialhilfe sowie fünf Mitglieder für die Pflegeeinrichtungen an.
(2) Die vorsitzende Person und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder haben je eine Person zu ihrer Stellvertretung. Die übrigen Mitglieder haben mindestens zwei und höchstens drei Personen zu ihrer Stellvertretung. Wer die Stellvertretung wahrnimmt, hat bei Verhinderung des Mitglieds dessen Rechte und Pflichten.

§ 3 Bestellung der Mitglieder

(1) Die Person, die den Vorsitz führt, und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertretungen werden von den beteiligten Organisationen gemeinsam bestellt. Kommt eine Einigung nicht zustande, werden sie durch Los bestimmt. Soweit beteiligte Organisationen keine Person zu ihrer Vertretung bestellen und keinen Kandidaten für das Amt der vorsitzenden Person oder der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder benennen, bestellt das Sozialministerium (Ministerium) auf Antrag einer der beteiligten Organisationen die Personen, die die Vertretung wahrnehmen, und benennt die Kandidaten.
(2) Die Bestellung bedarf des Einverständnisses und der Schriftform.
(3) Die Bestellung ist der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen; sie wird mit Eingang bei der Geschäftsstelle wirksam. Diese unterrichtet schriftlich die beteiligten Organisationen und das Ministerium.

§ 4 Amtsperiode

(1) Eine Amtsperiode der Schiedsstelle beträgt vier Jahre.
(2) Die Amtszeit der vorsitzenden Person und der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertretungen beträgt zwei Jahre. Die beteiligten Organisationen können die vorsitzende Person und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder mit der Maßgabe bestellen, daß nach Ablauf der Amtszeit der vorsitzenden Person und eines der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder jede die Funktion der andern übernimmt. Die beteiligten Organisationen können die Bestellung nur gemeinsam ändern.
(3) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zu ihrer Stellvertretung bestellt sind, werden für die Dauer der Amtsperiode der Schiedsstelle bestellt.
(4) Scheidet ein Mitglied oder eine Person, die zur Stellvertretung bestellt ist, vor Ablauf der maßgebenden Amtszeit aus, so wird die nachfolgende Person für den Rest der Amtszeit bestellt.
(5) Erneute Bestellung ist möglich.

§ 5 Abberufung und Amtsniederlegung

(1) Die vorsitzende Person und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertretungen können von den beteiligten Organisationen gemeinsam abberufen werden. Sie können auf Antrag einer der beteiligten Organisationen aus wichtigem Grund vom Ministerium abberufen werden.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zur Stellvertretung bestellt sind, können von den Organisationen abberufen werden, für die sie bestellt worden sind. Die Abberufung einer Person, die vom Ministerium bestellt worden ist, wird erst mit der Bestellung der nachfolgenden Person wirksam.
(3) Wer abberufen werden soll, ist zuvor anzuhören. Will das Ministerium abberufen, so sind auch die beteiligten Organisationen anzuhören. Die Abberufung bedarf der Schriftform. Sie ist auch der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen.
(4) Die Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zu ihrer Stellvertretung bestellt sind, können durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle ihr Amt niederlegen.
(5) Die Geschäftsstelle unterrichtet die beteiligten Organisationen und das Ministerium schriftlich von der Abberufung und der Niederlegung des Amtes. Für die Wirksamkeit einer Abberufung und einer Amtsniederlegung gilt § 3 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz entsprechend; Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

§ 6 Amtsführung

(1) Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind in der Ausübung ihres Amtes an Weisungen nicht gebunden.
(2) Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen der Schiedsstelle teilzunehmen.
(3) Ein an der Teilnahme verhindertes Mitglied muß unverzüglich nach Bekanntgabe des Sitzungstermins eine Person, die zu seiner Stellvertretung bestellt ist, zur Teilnahme an der Sitzung auffordern und seine Verhinderung sowie die Person, die die Stellvertretung wahrnehmen soll, der Geschäftsstelle mitteilen. In der Einladung soll auf diese Pflicht hingewiesen werden.

§ 7 Geschäftsordnung

Die Schiedsstelle kann sich eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Zustimmung des Ministeriums.

§ 8 Antrag

(1) Das Schiedsverfahren beginnt mit dem schriftlichen Antrag einer Vertragspartei. Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle einzureichen.
(2) Der Antrag hat die Vertragsparteien zu bezeichnen, den Sachverhalt und das Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen darzulegen sowie die Gegenstände aufzuführen, über die eine Vereinbarung nicht zustande gekommen ist. Die in den Verhandlungen vorgelegten Nachweise und sonstigen Unterlagen sind beizufügen.
(3) Auf Verlangen der vorsitzenden Person ist eine Vertragspartei verpflichtet, zusätzliche Unterlagen vorzulegen und die Auskünfte zu erteilen, die für die Entscheidung der Schiedsstelle erforderlich sind.

§ 9 Vorbereitung und Leitung der Sitzungen

(1) Die vorsitzende Person legt Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzungen der Schiedsstelle fest.
(2) Von dem Termin jeder Sitzung sollen die Mitglieder der Schiedsstelle möglichst drei Wochen vorher in Kenntnis gesetzt werden. Die Einladung selbst muß spätestens zwei Wochen vor der Sitzung zur Post gegeben werden. Sie enthält die Angaben von Ort und Zeit sowie die Tagesordnung und die Beratungsunterlagen.

§ 10 Mündliche Verhandlung

(1) Die Schiedsstelle entscheidet unverzüglich über den Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Zu der mündlichen Verhandlung sind die Vertragsparteien zu laden. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche. Es kann in Abwesenheit der Vertragsparteien verhandelt werden, wenn in der Ladung darauf hingewiesen worden ist.
(3) Die mündliche Verhandlung ist nichtöffentlich. Die stellvertretende vorsitzende Person und die stellvertretenden Mitglieder können als Zuhörer ohne Rederecht teilnehmen. Die Sitzungsteilnehmer sind zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet.
(4) Die Schiedsstelle kann Zeugen und Sachverständige hinzuziehen.
(5) Über die mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift zu fertigen. Die Niederschrift muß Angaben enthalten über
1.
den Ort und den Tag der Sitzung, 2.
die Namen der vorsitzenden Person und der anwesenden Mitglieder,
3.
den behandelten Gegenstand und die gestellten Anträge.

§ 11 Beratung und Entscheidung

(1) Die Schiedsstelle ist beschlußfähig, wenn neben der vorsitzenden Person mindestens je drei Personen anwesend sind, die die Leistungsträger und die Einrichtungen vertreten.
(2) Die Schiedsstelle berät und entscheidet nichtöffentlich in Abwesenheit der Vertragsparteien. § 10 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. Entschieden wird mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder; jedes Mitglied hat eine Stimme. Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Ergibt sich keine Mehrheit, so gibt die Stimme der vorsitzenden Person den Ausschlag. Stellvertretende Mitglieder und die stellvertretende vorsitzende Person können als Zuhörende ohne Rede- und Stimmrecht teilnehmen.
(3) Die Entscheidung ist schriftlich zu erlassen und zu begründen sowie von der vorsitzenden Person zu unterzeichnen. Sie ist den Vertragsparteien zuzustellen.

§ 12 Geschäftsstelle

(1) Für die Schiedsstelle wird eine Geschäftsstelle eingerichtet.
(2) Die Geschäftsstelle wird in regelmäßigem Wechsel bei einer Vereinigung der Leistungsträger in Baden-Württemberg und einer Vereinigung der Träger der Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg geführt. Die beteiligten Organisationen legen die geschäftsführenden Vereinigungen und den Wechselturnus gemeinsam fest. Die Festlegungen können nur gemeinsam geändert werden.
(3) Wer in der Geschäftsstelle mitarbeitet, unterliegt den Weisungen der vorsitzenden Person.

§ 13 Entschädigung

(1) Die vorsitzende Person und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder erhalten Reisekosten nach den für Beamte des Landes geltenden reisekostenrechtlichen Vorschriften nach der Reisekostenstufe C. Für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand erhalten sie einen Pauschalbetrag, dessen Höhe die beteiligten Organisationen gemeinsam festlegen. Kommt eine Regelung nicht zustande, so wird der Pauschalbetrag auf Antrag einer der beteiligten Organisationen vom Ministerium festgesetzt.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle erhalten Reisekosten sowie Ersatz für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand von den Organisationen, die sie bestellt haben, nach deren Regelungen.
(3) Sachverständige und Zeugen erhalten Entschädigung entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen.
(4) Ansprüche auf Entschädigung nach den Absätzen 1 und 3 sind bei der Geschäftsstelle geltend zu machen.

§ 14 Kosten

(1) Für das Verfahren der Schiedsstelle erhebt die Geschäftsstelle Gebühren. Das Nähere hierzu, insbesondere zum Mindest- und Höchstbetrag, zur Auferlegung auf die Vertragsparteien und die Bemessungsmaßstäbe, legen die beteiligten Organisationen gemeinsam fest. Sie können Festlegungen nur gemeinsam ändern oder aufheben. Die Festlegungen bedürfen der Zustimmung des Ministeriums.
(2) Die durch die Gebühren nicht gedeckten Kosten der Schiedsstelle einschließlich der Geschäftsstelle tragen die beteiligten Organisationen als Gesamtschuldner, untereinander nach dem Verhältnis der Anzahl der von ihnen zu bestellenden Vertreter. § 13 Abs. 2 bleibt unberührt.

§ 15 Inkrafttreten, Übergangsvorschrift

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Die erste Amtsperiode der Schiedsstelle beginnt am 1. April 1995; die vorsitzende Person und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder müssen innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten bestellt sein.
Stuttgart, den 13. März 1995

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Teufel
Dr. Spöri
Birzele
von Trotha
Mayer-Vorfelder
Solinger
Schaufler
Wabro
Weinmann
Dr. Vetter
Dr. Schultz-Hector
Dr. Schäuble
Weiser
Schäfer
Unger-Soyka
Baumhauer
Reinelt
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