Gesetz zur Ausführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (AGTierNebG) Vom 19. März 2020
§ 1 Anwendungsbereich und Gesetzeszweck
Dieses Gesetz dient der Umsetzung und Durchführung des Rechts der Europäischen Union sowie des Bundesrechts im Bereich der Beseitigung tierischer Nebenprodukte.
§ 2 Zuständigkeiten
(1) Zuständige Behörden im Sinne des § 2
TierNebG sind:
1.
das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium als oberste Verwaltungsbehörde,
2.
die Regierungspräsidien als höhere Verwaltungsbehörden und
3.
die unteren Verwaltungsbehörden mit Ausnahme der Großen Kreisstädte und Verwaltungsgemeinschaften.
(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die Behörden nach Absatz 1 Nummer 3 zuständig. Dies gilt auch für die Vollstreckung der von den übergeordneten Behörden erlassenen Verwaltungsakte.
(3) Das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium wird ermächtigt, davon abweichend einzelne Zuständigkeiten durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wenn und soweit dies zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens oder wegen der Bedeutung der Maßnahmen für eine wirksame Umsetzung des Tierische Nebenprodukterechts zweckmäßig ist.
(4) Die übergeordneten Behörden können im Rahmen ihrer Fachaufsicht im Einzelfall oder in mehreren gleichgelagerten Fällen Angelegenheiten der nachgeordneten Behörden zur notwendigen Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen an sich ziehen und die erforderlichen Maßnahmen im eigenen Namen treffen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn in Fällen kreisübergreifender, landesweiter und landesübergreifender Bedeutung eine einheitliche Wahrnehmung der Dienstaufgaben durch eine übergeordnete Behörde erforderlich ist.
§ 3 Beseitigungspflicht
(1) Die Stadt- und Landkreise als Beseitigungspflichtige sind zuständige Behörden im Sinne des § 3
Absatz 1 Satz 1 TierNebG. Sie nehmen diese Aufgabe als weisungsfreie Pflichtaufgabe wahr. Das Gesetz über kommunale Zusammenarbeit bleibt unberührt.
(2) Im Rahmen ihrer Beseitigungspflicht sind die Beseitigungspflichtigen nach Absatz 1 auch zuständige Behörde für
1.
die Entgegennahme der Meldungen nach § 7
Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 TierNebG,
2.
die Entgegennahme abgelieferter verendeter Tiere nach § 7
Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 TierNebG und die Geltendmachung der Überlassung der tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte nach § 7
Absatz 4 Satz 1 TierNebG,
3.
die Abholung, Sammlung, Kennzeichnung, Beförderung und Lagerung nach § 8
Absatz 1 Satz 1 TierNebG, die Abholung nach § 8
Absatz 2 TierNebG und die Geltendmachung der Unterstützung nach § 8
Absatz 3 Satz 2 TierNebG und
4.
die Abholung tierischer Nebenprodukte oder Folgeprodukte nach § 9
Absatz 2 TierNebG.
(3) Die Beseitigungspflichtigen nach Absatz 1 können sich zur Erfüllung ihrer Beseitigungspflicht nach § 3
Absatz 1 Satz 4 TierNebG mit Zustimmung des Regierungspräsidiums Dritter bedienen. Die Beauftragung von Dritten nach § 3
Absatz 1 Satz 4 TierNebG setzt voraus, dass diese einen Verarbeitungsbetrieb, eine Verbrennungsanlage oder eine Mitverbrennungsanlage im Sinne des § 3
Absatz 3 TierNebG betreiben.
(4) Tierkörper von Heimtieren gemäß Artikel 3
Nummer 8 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 1; ber. ABl. L 348 vom 4.12.2014, S. 31), die zuletzt durch Verordnung (EU) Nr. 2019/1009 (ABl. L170 vom 5.06.2019, S. 1) geändert worden ist, unterfallen nicht der Einzugsbereichsregelung nach § 4 Absatz 1 und unterliegen nicht der Beseitigungspflicht durch die gemäß § 3 Absatz 1 dieses Gesetzes zuständige Behörde, wenn sie
1.
auf hierfür besonders zugelassenen Plätzen vergraben oder
2.
auf eigenem Gelände, nicht jedoch in Wasserschutzgebieten und nicht in unmittelbarer Nähe öffentlicher Wege und Plätze, unter einer mindestens 50 cm starken Erdschicht vergraben werden.
§ 4 Einzugsbereiche
(1) Die Einzugsbereiche werden nach § 6
Absatz 1 TierNebG vom für das Veterinärwesen zuständigen Ministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium nach Anhörung der Beseitigungspflichtigen durch Rechtsverordnung bestimmt.
(2) Das in § 3
Absatz 1 Satz 1 TierNebG bezeichnete Material kann mit Zustimmung des Regierungspräsidiums auch in Verarbeitungsbetrieben, Verbrennungsanlagen oder Mitverbrennungsanlagen außerhalb der nach Absatz 1 bestimmten Einzugsbereiche behandelt, verarbeitet oder beseitigt werden, wenn
1.
der Betrieb oder die Anlage von dem Beseitigungspflichtigen nach § 3 Absatz 3 als Dritter im Sinne des § 3
Absatz 1 Satz 4 TierNebG beauftragt wird oder
2.
ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, insbesondere im Fall eines Tierseuchenausbruchs.
§ 5 Gebühren und Entgelte
(1) Für die Abholung, Sammlung, Kennzeichnung, Beförderung, Lagerung, Behandlung und Verarbeitung (Entfernung und Beseitigung) der in § 3
Absatz 1 Satz 1 TierNebG bezeichneten tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte können die Beseitigungspflichtigen oder die von ihnen gebildeten Zweckverbände unbeschadet der nachfolgenden Absätze Benutzungsgebühren aufgrund einer Satzung nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes erheben. Bei der Bemessung der Gebühren sind die Verwertungserlöse zu berücksichtigen.
(2) Zur Deckung der gemäß Absatz 1 Satz 1 entstehenden Kosten für die Entfernung und Beseitigung von Tieren, einschließlich Wildtieren, die auf behördliche Anordnung aufgrund des Ausbruchs einer in der Liste der Tierseuchen der Weltorganisation Tiergesundheit oder der Liste der Tierseuchen und Zoonosen gemäß den Anhängen I und II der Verordnung (EU) Nr. 652/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S.1; ber. ABl. L 137 vom 24.5.2017, S. 40), die zuletzt durch Verordnung (EU) 2017/2393 (ABl. L 350 vom 13.12.2017, S. 15) geändert worden ist, getötet oder beseitigt werden, von gefallenen Tieren, für die eine Verpflichtung zur Durchführung von TSE-Tests im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmisibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147 vom 31.5.2001, S. 1; ber. ABl. L 325 vom 8.12.2001, S. 31), die zuletzt durch Verordnung (EU) Nr. 2019/1091 (ABl. 173 vom 27.6.2019, S. 42) geändert worden ist, besteht, sowie von verendeten Wildtieren, wenn die unschädliche Beseitigung aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung behördlich angeordnet wurde und keine Aneignung des Wildes im jagdrechtlichen Sinne erfolgt ist, werden keine Gebühren erhoben.
(3) Für Tierkörper von Vieh im Sinne des Tiergesundheitsgesetzes in der Fassung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938), das durch Artikel 100 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626, 1685) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die nicht unter die Regelungen in Absatz 2 fallen, werden Gebühren in Höhe von 25 Prozent der Kosten für die Lagerung, Verarbeitung und endgültige Beseitigung erhoben. Für die Entfernung der Tierkörper werden keine Gebühren erhoben.
(4) Für die Beseitigung einzelner Körper von Ferkeln unter 20 kg, von Kaninchen, von unter 6 Wochen alten Schaf- und Ziegenlämmern sowie von Geflügel können zusätzlich zu den Gebühren nach Absatz 3 Gebühren für das Sammeln und den Transport erhoben werden.
(5) An Stelle der Erhebung von Benutzungsgebühren können die anteiligen Kosten nach Absatz 3 auch durch Erhebung einer Umlage bei den Tierbesitzerinnen und Tierbesitzern gedeckt werden, soweit das Recht der Europäischen Union dies zulässt. Die Beseitigungspflichtigen oder die von ihnen gebildeten Zweckverbände können die Erhebung der Umlage durch Vereinbarung der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg übertragen.
(6) Übersteigen die Verwertungserlöse die Kosten für die Beseitigung der tierischen Nebenprodukte wesentlich, ist ein Entgelt nach Maßgabe einer Satzung zu gewähren. Bei der Bemessung des Entgelts sind die Kosten für die Abholung, Sammlung, Kennzeichnung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung und die Verwertungserlöse zu berücksichtigen. § 48
der Landkreisordnung und § 102
der Gemeindeordnung bleiben unberührt.
(7) Im Falle der Übertragung nach § 3
Absatz 3 TierNebG gelten die Absätze 1 bis 6 entsprechend mit der Maßgabe, dass an Stelle von Benutzungsgebühren ein privatrechtliches Entgelt verlangt werden kann.
(8) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Besitzer von abholpflichtigem Vieh, bei denen es sich um Unternehmen handelt, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind.
§ 6 Satzungen
Satzungen, die von den Beseitigungspflichtigen oder den von ihnen gebildeten Zweckverbänden zur Durchführung der in § 1 genannten Vorschriften erlassen werden, bedürfen der Genehmigung durch das Regierungspräsidium.
§ 7 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz zur Ausführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes vom 14. Dezember 2004 (GBl. S. 914), das durch Artikel 58 der Verordnung vom 23. Februar 2017 (GBl. S. 99, 106) geändert worden ist, außer Kraft.
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