SchwAlbBioGebV BW
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum über das Biosphärengebiet »Schwäbische Alb« Vom 31. Januar 2008

§ 1 Errichtung des Biosphärengebiets

In der Raumschaft zwischen Weilheim an der Teck im Norden, Zwiefalten im Süden, Schelklingen im Osten und Reutlingen im Westen wird ein Biosphärengebiet errichtet. Dieses Gebiet trägt den Namen »Biosphärengebiet Schwäbische Alb«.

§ 2 Bereich des Biosphärengebiets

(1) Das Biosphärengebiet hat eine Größe von ca. 85 300 ha. Das Biosphärengebiet umfasst die Traufzone der »Mittleren Alb« zwischen Reutlingen im Westen über Bad Urach, Neuffen, Lenningen bis Weilheim im Osten einschließlich der zum Neckar entwässernden Taleinschnitte und das dortige Albvorland, die südlich anschließende »Mittlere Kuppenalb« im Bereich St. Johann, Gomadingen, Münsingen und Römerstein, die »Mittlere Flächenalb« im Bereich Hayingen, Zwiefalten und Schelklingen sowie die Übergänge zur Donau im »Teutschbuch und Landgericht« insbesondere im Bereich Lauterach und Ehingen einschließlich der zur Donau entwässernden Gewässersysteme.
(2) Das Biosphärengebiet umfasst die Gemarkungen oder Teile der Gemarkungen folgender Gemeinden:
-
Im Alb-Donau-Kreis:
Ehingen
Lauterach
Schelklingen
Westerheim -
Im Landkreis Esslingen:
Beuren
Bissingen a. d. Teck
Dettingen u. Teck
Erkenbrechtsweiler
Kohlberg
Lenningen
Neidlingen
Neuffen
Owen
Weilheim a. d. Teck -
Im Landkreis Reutlingen:
Bad Urach
Dettingen/Erms
Eningen
Gomadingen
Grabenstetten
Hayingen
Hülben
Lichtenstein
Metzingen
Münsingen
Pfullingen
Reutlingen
Römerstein
St. Johann
Zwiefalten -
sowie die Fläche des Gutsbezirks Münsingen.
(3) Die Außengrenzen des Biosphärengebietes sind in den beiliegenden Karten (Karte 1: Gesamtkarte im Maßstab 1:60000; Karten 2-39: Gemeindekarten im Maßstab 1:10000) mit magentafarbener Linie eingetragen. Die Flächen der Kernzonen sind violett gerastert dargestellt. Die Flächen der Pflegezonen sind ockerfarben eingetragen. Die übrigen Flächen des Biosphärengebiets sind Entwicklungszonen. Soweit die Abgrenzung auf Straßen oder Wegen verläuft, liegen diese außerhalb des abgegrenzten Gebiets.
Die Karten sind Bestandteil dieser Verordnung. Die Verordnung mit Karten wird beim Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, bei den Regierungspräsidien Tübingen und Stuttgart, bei den Landratsämtern Reutlingen, Esslingen und Alb-Donau-Kreis sowie bei den Großen Kreisstädten Reutlingen, Metzingen und Ehingen/Donau und der Verwaltungsgemeinschaft Kirchheim/Teck auf die Dauer von 2 Wochen, beginnend am Tag nach Verkündung dieser Verordnung im Gesetzblatt, zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt. Zusätzlich liegt die Verordnung mit der entsprechenden Ortskarte auch bei den Bürgermeisterämtern der in Absatz 2 genannten Gemeinden aus.
(4) Die Verordnung mit Karten ist nach Ablauf der Auslegungsfrist bei den in Absatz 3 Satz 7 bezeichneten Stellen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten niedergelegt.

§ 3 Gegenstand und Ziele des Biosphärengebiets Schwäbische Alb

(1) Die beteiligten Gemeinden haben sich zusammengeschlossen, um im Biosphärengebiet Schwäbische Alb zusammen mit dem Land den Schutz der Natur mit der nachhaltigen wirtschaftlichen Nutzung im Rahmen einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung in Einklang zu bringen. Dafür werden Strategien und Projekte entwickelt und umgesetzt. Motor für die Entwicklung des Biosphärengebiets sind das Land sowie die beteiligten Landkreise und Kommunen mit den hier lebenden Bürgerinnen und Bürgern sowie den Verbänden. Sie sind gefordert, zur Schaffung einer Identifikation mit dem Biosphärengebiet und der Konkretisierung eines Leitbildes, ihre Ideen einzubringen.
(2) Die durch vielfältige Nutzung geprägte Landschaft mit der darin historisch gewachsenen Arten- und Biotopvielfalt, einschließlich von Wild- und früheren Kulturformen wirtschaftlich genutzter und nutzbarer Tier- und Pflanzenarten soll erhalten, entwickelt und wo nötig wiederhergestellt werden (§ 28
NatSchG). Die Kulturlandschaften des Biosphärengebiets sind auch als attraktive Erholungsräume zur Stärkung des Tourismus zu erhalten und zu entwickeln. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Stärkung der Wirtschaft durch nachhaltige Weiterentwicklung der Wohn-, Gewerbe-, Dienstleistungs- und Industriestandorte sowie von Infrastrukturanlagen. Im Vordergrund steht hierbei das Bemühen der wirtschaftenden Menschen, zu einem harmonischen Miteinander mit der Natur zu gelangen. Den Anforderungen des Naturschutzes wird ebenso hohe Aufmerksamkeit wie den ökonomischen, sozialen, kulturellen und ethnischen Aspekten gewidmet.
(3) Neben den für die dicht besiedelten Bereiche des Biosphärengebietes typischen Wohn- und Gewerbegebieten, Dienstleistungs- und Industriestandorten sind insbesondere folgende Elemente für das Biosphärengebiet prägend:
-
der steil abfallende Albtrauf mit seinen standörtlich bedingten unterschiedlichen Waldformationen und Sonderstandorten
-
die dem Albtrauf vorgelagerten Streuobstwiesen -
die Albtäler mit ihren teilweise naturnahen Fließgewässern
-
die Albhochfläche mit ihren land- und forstwirtschaftlich genutzten Teilen
-
die unzerschnittene Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes mit seinen durch die militärische Nutzung entstandenen Lebensräumen
-
die geologischen Besonderheiten.
Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb beinhaltet geologische, natürliche und kulturhistorisch bedingte Lebensräume. Charakteristisch sind insbesondere:
1.
Buchenwälder der unterschiedlichen standörtlichen Ausprägung am Albtrauf und auf der Albhochfläche
2.
Schluchtwälder in feuchten Lagen am Albtrauf und in Tallagen
3.
Block- und Hangschuttwälder im Umfeld von Felsen
4.
Eichenwälder der unterschiedlichen standörtlichen Ausprägung an südexponierten Hangbereichen und auf tonigen Standorten im Albvorland
5.
Offene Block- und Schutthalden sowie Felsen 6.
Kalk-Pionierrasen 7.
Quellfluren 8.
Natürliche und naturnahe Fließgewässer einschließlich ihrer Begleitvegetation
9.
Hochstaudenfluren 10.
Mittel- und Hutewälder 11.
Acker- und Wirtschaftsgrünland einschließlich des Grünlands in Talauen
12.
Magere Flachland- und Bergmähwiesen 13.
Streuobstwiesen 14.
Kalkmagerrasen 15.
Wacholderheiden 16.
Steinriegel, Feldraine und Hecken 17.
Hülen 18.
Dolinen 19.
Höhlen
(4) Das Biosphärengebiet ist in Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen gegliedert.

§ 4 Kernzonen

(1) In den Kernzonen soll sich die Natur weitgehend unbeeinflusst vom Menschen entwickeln. Die Kernzonen dienen dem Schutz von Natur und natürlichen Prozessen sowie dem Erhalt genetischer Ressourcen, charakteristischer Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräume. Die Kernzonen sind durch diese Verordnung rechtlich geschützt.
(2) Soweit in den nachfolgenden Absätzen nicht ausdrücklich zugelassen, sind Nutzungen in den Kernzonen nicht zulässig.
Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung der Kernzone oder ihres Waldbestands und der Bodenvegetation sowie zu einer nachhaltigen Störung oder zu einer Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Erforschung des Gebietes führen oder führen können sind unzulässig. Insbesondere ist es verboten,
a)
den Waldbestand forstwirtschaftlich zu nutzen oder Holz anderweitig zu entnehmen;
b)
das Schutzgebiet außerhalb der ausgewiesenen Wege zu betreten
c)
Standorte besonders geschützter Pflanzen aufzusuchen oder Pflanzen und Pflanzenteile einzubringen, zu entnehmen oder zu beschädigen;
d)
wild lebende Tiere einzubringen, zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder anderweitig zu stören;
e)
stehende und fließende Gewässer anzulegen, zu beseitigen oder deren Wasserhaushalt durch Entwässerungs- oder andere Maßnahmen zu verändern;
f)
zu reiten; g)
die Bodengestalt zu verändern; h)
Feuer zu entfachen und zu unterhalten; i)
bauliche Anlagen zu errichten oder gleichgestellte Maßnahmen durchzuführen;
j)
Hunde frei laufen zu lassen.
(3) Das Betreten der Kernzonen ist nur auf den dafür ausgewiesenen Wegen zulässig. Es erfolgt auf eigene Gefahr; besondere Verkehrssicherungspflichten werden hierdurch nicht begründet. Die Ausweisung von Wegen und deren Benutzung in der Kernzone erfolgt spätestens bis zur Anerkennung des Gebiets durch die UNESCO durch Allgemeinverfügung oder durch Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen im Benehmen mit den Kommunen und Verbänden. Bis zur Ausweisung des Wegenetzes dürfen die bislang genutzten Wege weiter gegangen werden. Soweit sich die Kernzonen auf der Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen befinden, erfolgt das Betreten nach Maßgabe der gemeinsamen Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen und des Landratsamts Reutlingen zur Beschränkung des Betretens auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen (Landkreis Reutlingen) vom 4. April 2006 (GBl. S. 177) in der jeweils gültigen Fassung.
(4) Forstwirtschaftlich genutzte Flächen in den einzelnen Kernzonen dürfen bis zur Anerkennung des Biosphärengebiets durch die UNESCO weiter nachhaltig gepflegt werden. Um den Bestand im Sinne der Zielsetzungen des Biosphärengebiets und der Kernzone zu gestalten und Schäden an den benachbarten Waldbeständen zu vermeiden, kann für naturferne Bestandteile, insbesondere Nadelholzbestände, in Kernzonen ausnahmsweise eine zeitlich befristete, weitergehende Bewirtschaftung mit dem Ziel des Umbaus der Bestände im Einvernehmen zwischen dem Regierungspräsidium Tübingen und dem Waldeigentümer vereinbart werden. Hierbei sind die Eingriffe auf ein Mindestmaß zu beschränken.
(5) Zur Sicherung einer natürlichen Verjüngung der vorkommenden Waldgesellschaften, der Erhaltung der Natura-2000-Lebensräume und -Habitate sowie zur Vermeidung von erheblichen Wildschäden in der angrenzenden Landwirtschaft ist die Jagd auf Schalenwild, Füchse, Neozoen insbesondere durch Drückjagden zulässig. Soweit hierfür Jagdeinrichtungen zwingend erforderlich sind, sind sie in einfachster und landschaftsangepasster Ausführung zu errichten. Wildfütterungen, Ablenkungsfütterungen und Kirrungen sind nicht zulässig. Das Regierungspräsidium Tübingen kann die Jagd in den einzelnen Kernzonen durch Allgemeinverfügung regeln.
(6) Die Verbote der Absätze 2 und 3 gelten nicht für folgende im Einvernehmen mit der Höheren Forstbehörde und der Höheren Naturschutzbehörde durchgeführte Maßnahmen:
a)
für Verkehrssicherungsmaßnahmen an ausgewiesenen Wegen und an den Außenrändern der Kernzonen;
b)
für wissenschaftliche Untersuchungen und die dazu benötigten Einrichtungen;
c)
für die ordnungsgemäße Unterhaltung und Erneuerung von Ver- und Entsorgungseinrichtungen samt dazugehöriger Nebenanlagen sowie der ausgewiesenen Wege;
d)
für behördlich angeordnete und zugelassene Beschilderungen.

§ 5 Pflegezonen

(1) Die Pflegezonen umgeben und verbinden die einzelnen Kernzonen. Sie dienen dem Schutz artenreicher Kulturlandschaften und landschaftstypischer Lebensräume. Ihre Ökosysteme werden überwiegend durch menschliche Nutzung erhalten, gepflegt und entwickelt.
(2) Die Pflegezonen sind durch diese Verordnung und durch bestehende Rechtsverordnungen im Sinne des § 11 dieser Verordnung rechtlich geschützt. In den Pflegezonen sind Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, nachhaltig stören oder die wissenschaftliche Forschung beeinträchtigen. Auf § 32
Absätze 3 und 4 des Landeswaldgesetzes wird verwiesen.
(3) Die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie die Jagd ist in den Pflegezonen zulässig, soweit sie der guten fachlichen Praxis einschließlich des § 12
Abs. 3 bis 6 des Naturschutzgesetzes beziehungsweise den Grundsätzen der Waidgerechtigkeit und Hege entspricht. § 32
Abs. 5 des Landeswaldgesetzes bleibt unberührt.
(4) Der Schutzzweck nach Abs.1 wird insbesondere durch die Erhaltung extensiver Bewirtschaftungsweisen und durch die beispielhafte innovative, nachhaltige Entwicklung anderer, die Naturgüter besonders schonender Nutzungs- und Vermarktungsformen verfolgt. Unberührt bleibt die bisher rechtmäßig ausgeübte Nutzung und Pflege der Grundstücke und Gewässer sowie der rechtmäßig bestehenden Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang sowie deren Unterhaltung und Instandsetzung.
(5) Dem Schutzzweck dieser Verordnung stehen die Erweiterung und der Neubau nach § 35
Abs.1 Nr.1 BauGB privilegierter baulicher Anlagen und örtlicher Versorgungsanlagen nach § 35
Abs.1 Nr. 3 BauGB grundsätzlich nicht entgegen. Sonstige Anlagen können zugelassen werden, wenn sie der Bewirtschaftung von Flächen in der Pflegezone dienen. In Flurneuordnungsverfahren erfolgt die Abstimmung über Veränderungen im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde im Wege- und Gewässerplan (Plan nach § 41
FlurbG).
(6) Die Erholungsnutzung ist in den Pflegezonen zulässig mit der Maßgabe, dass nur auf den hierfür ausgewiesenen Wegen geritten und nur auf befestigten Wegen Fahrrad gefahren wird. Bis zu einer Regelung nach Absatz 7 gelten alle geeigneten Wirtschaftswege als zum Reiten ausgewiesen, soweit § 52
Abs.1 NatSchG und § 37 Abs. 3 LWaldG nicht entgegenstehen. Soweit sich die Pflegezonen auf der Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen befinden, erfolgt das Betreten nach Maßgabe der gemeinsamen Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen und des Landratsamtes Reutlingen zur Beschränkung des Betretens auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen (Landkreis Reutlingen) vom 4. April 2006 (GBl. S.177) in der jeweils gültigen Fassung.
(7) Die Ausweisung des Reitwegenetzes in der Pflegezone erfolgt bei Bedarf für einzelne Gebiete durch Allgemeinverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen im Benehmen mit den Kommunen und Verbänden.

§ 6 Entwicklungszonen

Die Entwicklungszonen bilden den Schwerpunkt des Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraums für die Bevölkerung im Biosphärengebiet. Grundlage für den Erfolg des Biosphärengebiets ist eine prosperierende wirtschaftliche Entwicklung. Daher sollen in den Entwicklungszonen insbesondere ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaftsweisen gefördert und weiterentwickelt werden. Diese Ziele werden von der Bauleitplanung zur Entwicklung von Gewerbe-, Wohn-, Freizeit- und anderen Nutzungen aufgenommen. Hierbei ist ein schonender Umgang mit Freiflächen und ein Vorrang der Innenentwicklung vor der Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich anzustreben. In Landes- und Regionalplanungen festgelegte Nutzungen bleiben unberührt.

§ 7 Rahmenkonzept, Information, Bildung, wissenschaftliche Beobachtung und Forschung

(1) Unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der berührten Gebietskörperschaften und Verbände wird ein Rahmenkonzept erarbeitet, das der räumlichen Konkretisierung eines Leitbildes zu Schutz, Pflege und Entwicklung des Biosphärengebiets dient. Die Inhalte und Ziele des Rahmenkonzeptes sollen bei gebietsrelevanten Planungen berücksichtigt werden.
(2) Zum Zwecke der Bildung für nachhaltige Entwicklung sollen im Biosphärengebiet Informationseinrichtungen geschaffen werden, die der Unterrichtung der Öffentlichkeit und dem fachlichen Austausch dienen. Eine Vernetzung mit den bestehenden Umweltbildungseinrichtungen wird angestrebt.
(3) Das Biosphärengebiet dient der Forschung, insbesondere zur Gestaltung dauerhaft umweltgerechter und wirtschaftlich tragfähiger Nutzung. Es soll eine Umweltbeobachtung vor allem zur Langzeitüberwachung natürlich ablaufender Prozesse und der Auswirkungen menschlicher Nutzungen auf die Biosphäre durchgeführt werden. Die Kulturlandschaft des Gebietes soll darüber hinaus in ihrer historischen Entwicklung und den anthropogenen Einflüssen erforscht und dargestellt werden.

§ 8 Biosphärengebietsverwaltung

(1) Beim Regierungspräsidium Tübingen wird eine Biosphärengebietsverwaltung eingerichtet. Sie hat ihren Sitz in Münsingen und ist Ansprechpartnerin für alle Beteiligten.
(2) Die Biosphärengebietsverwaltung steuert die Entwicklung des Biosphärengebiets und ist bei relevanten Planungen zu beteiligen. Sie betreibt Informationseinrichtungen nach § 7 Abs. 2, berät die Bürgerinnen und Bürger, die Gebietskörperschaften, Verbände und Projektträger und unterstützt die Schaffung von Strukturen für eine nachhaltige Entwicklung des Biosphärengebiets.

§ 9 Zusammenarbeit im Biosphärengebiet

(1) Die Gebietskörperschaften im Biosphärengebiet, der Bund und das Land tragen und finanzieren gemeinsam das Biosphärengebiet. Die Finanzierung erfolgt durch das Land und die Gebietskörperschaften ab 2011 im Verhältnis 70 :30 %. Bis dahin finanziert das Land die Kosten; es versucht, hierfür auch Privatisierungserlöse einzusetzen.
(2) Die Gebietskörperschaften, der Bund und das Land kooperieren mit den betroffenen Verbänden mit dem Ziel, die Biosphärengebietsverwaltung zu unterstützen.

§ 10 Ausnahmen, Befreiungen, Erlaubnisse

(1) Von den Beschränkungen dieser Verordnung ausgenommen sind unaufschiebbare Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben von Menschen sowie für bedeutende Sachwerte.
(2) Von den Vorschriften dieser Verordnung kann auf Antrag Befreiung erteilt werden, wenn
a)
überwiegend öffentliche Belange die Befreiung erfordern,
b)
der Vollzug der Bestimmungen zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist,
oder c)
die Durchführung einer Vorschrift zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft führen würde.
(3) In der Pflegezone bedürfen Nutzungsänderungen, die nicht den Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 1 entsprechen und die Errichtung baulicher und sonstiger Anlagen, die nicht der Bewirtschaftung der Fläche oder der Jagd dienen (vgl. § 5 Abs. 5 Satz 2) einer Erlaubnis, die zu erteilen ist, wenn die Schutzzwecke des Biosphärengebiets nicht beeinträchtigt werden.
(4) Zuständig für die Erteilung der Befreiung nach Absatz 2 ist das Regierungspräsidium Tübingen. Zuständig für die Erteilung der Erlaubnis nach Absatz 3 sind die unteren Verwaltungsbehörden als untere Baurechts- beziehungsweise untere Naturschutzbehörden. Die Vorschriften sonstiger Fachgesetze bleiben unberührt.

§ 11 Weitergeltung anderer Verordnungen

Die schon bisher für Flächen im Biosphärengebiet bestehenden Rechtsverordnungen gelten fort, soweit in dieser Verordnung für Kern- und Pflegezonen keine ausdrücklich restriktiveren Regelungen getroffen werden.

§ 12 Flurneuordnungsverfahren

Rechtskräftig angeordnete Flurneuordnungsverfahren sind bis zur Schlussfeststellung nach § 149
Flurbereinigungsgesetz von dieser Verordnung ausgenommen.

§ 13 Anpassungsklausel

Die Grenzen des Biosphärengebiets im Sinne von § 2 werden bei Bedarf angepasst, wenn eine am Biosphärengebiet beteiligte Gemeinde dies für ihre Gemarkung beantragt, soweit dadurch weder das Gesamtgefüge noch wichtige Ziele des Biosphärengebiets beeinträchtigt werden.

§ 14 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig im Sinne des § 80 Abs.1 Nr. 2 NatSchG handelt, wer im Biosphärengebiet vorsätzlich oder fahrlässig
1.
den Verboten nach § 4 Abs. 2 dieser Verordnung oder
2.
vollziehbaren Anordnungen zuwiderhandelt, die die höhere Naturschutzbehörde auf Grund der §§ 4 und 5 dieser Verordnung erlassen hat.

§ 15 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach Ablauf der Auslegungsfrist in Kraft.
Stuttgart, den 31. Januar 2008
Hauk

Verkündungshinweis:

Gemäß § 76 NatSchG ist eine etwaige Verletzung der in § 74 genannten Verfahrens- und Formvorschriften nur beachtlich, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Verkündung dieser Verordnung gegenüber dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum schriftlich geltend gemacht worden ist; der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist dazulegen.
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