Verordnung des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über weitere Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung im Obstbau Vom 27. Mai 1955
§ 1
(1) Zur Feststellung des Befalls mit Schädlingen oder Pflanzenkrankheiten
oder zur Nachprüfung des Befallsverdachts können Pflanzen, die Bestandteil
eines Grundstücks sind, und Pflanzen, Pflanzenteile sowie Pflanzenerzeugnisse,
die sich in Baumschulen, auf Einschlagplätzen oder in Lagerräumen
befinden, von den Beauftragten des Pflanzenschutzdienstes untersucht werden.
(2) Darüber hinaus unterliegen Baumschulen für Obst-
oder Zierpflanzen und sonstige Betriebe, die Pflanzgut für Handelszwecke
halten, der Überwachung durch den Pflanzenschutzdienst.
§ 2
(1) Wird der Obstbau oder der Obstertrag eines Gebiets durch Schädlinge,
insbesondere Schildläuse, Goldafter oder Fruchtfliegen oder durch Krankheiten
gefährdet, so gelten für diese Gebiete die Vorschriften der §§ 3 bis 5 Abs. 1 und des § 6.
(2) Das Pflanzenschutzamt gibt mit rechtsverbindlicher Wirkung
bekannt, welche Gebiete als gefährdet im Sinne des Abs. 1 gelten; dabei
soll der Schädling oder die Krankheit bezeichnet oder beschrieben werden.
Die Bekanntmachung des Pflanzenschutzamts ist im Staatsanzeiger zu veröffentlichen
und in den betroffenen Gebieten ortsüblich bekanntzugeben. Sie wird zu
dem in der Bekanntmachung angegebenen Zeitpunkt, spätestens ein Jahr
nach der Veröffentlichung im Staatsanzeiger ungültig.
§ 3
(1) Die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Obstbäumen,
Beerenobstpflanzen und von solchen anderen Pflanzen, die erfahrungsgemäß
von dem Schädling oder der Krankheit befallen werden können, sind
verpflichtet,
a)
die Pflanzen nach den Richtlinien
des Pflanzenschutzdienstes zu dem von ihm angegebenen Zeitpunkt zu behandeln,
b)
die Pflanzen, wenn sie so stark
befallen sind, daß eine Behandlung nicht mehr zweckmäßig
ist, oder wenn eine besondere Verschleppungsgefahr besteht, auf besondere
Aufforderung des Pflanzenschutzamts oder seines Beauftragten zu vernichten.
(2) Abs. 1 Buchst. a) gilt nicht, wenn die Pflanzen auf andere
als wirksam anerkannte Weise behandelt werden.
§ 4
(1) Die Gemeinde sowie das Pflanzenschutzamt sind befugt, die
gemeinschaftliche Durchführung der nach §
3 Buchstabe a) erforderlichen Maßnahmen für
das Gemeindegebiet oder einen Teil desselben anzuordnen. Das Bekämpfungsgebiet
der Gemeinde sowie Zeitpunkt, Umfang, Art und Weise der gemeinschaftlichen
Bekämpfung werden vom Bürgermeisteramt im Benehmen mit dem Pflanzenschutzdienst,
erforderlichenfalls vom Pflanzenschutzdienst unmittelbar festgelegt.
(2) Die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Obstbäumen
und Beerenobstpflanzen im Bekämpfungsgebiet haben bei der gemeinschaftlichen
Bekämpfung angemessene Hilfsdienste zu leisten.
(3) Personen und Betriebe, die infolge der gemeinschaftlichen
Bekämpfung vor Schaden bewahrt werden, können zur Deckung der hierdurch
entstandenen Unkosten herangezogen werden. Die Stelle, die nach Abs. 1 Satz
1 die gemeinschaftliche Bekämpfung angeordnet hat, setzt die Höhe
der umzulegenden Unkosten fest. Das Bürgermeisteramt verteilt diese Unkosten
anteilsmäßig auf die Betroffenen, soweit etwa hierfür bereitgestellte
öffentliche Mittel nicht ausreichen.
§ 5
(1) Ist der Obstbau oder der Obstertrag durch die San-José-Schildlaus
gefährdet, so gilt zusätzlich folgendes:
1.
Obstbäume und Obststräucher
sowie Ziersträucher, die erfahrungsgemäß Träger der San-José-Schildlaus
sein können, sind vor der Abgabe oder vor dem Versand aus einer Baumschule
nach den Richtlinien des Pflanzenschutzdienstes zu entseuchen.
2.
Bei Gefahr im Verzug kann das Pflanzenschutzamt
durch besondere Verfügung die Abgabe und den Versand von Pflanzen oder
Pflanzenteilen aus einer Baumschule oder einem Einschlagplatz, wo die San-José-Schildlaus
festgestellt worden ist, für die Dauer von höchstens sechs Wochen
untersagen.
(2) Abs. 1 Nr. 2 gilt auch, wenn sich die Baumschule oder der
Einschlagplatz nicht in einem Gebiet befindet, das nach § 2 Abs. 2 als gefährdet gilt.
§ 6
Zuwiderhandlungen gegen die §§
3 und 5 werden
nach § 13 des Gesetzes zum Schutze der Kulturpflanzen in
Verbindung mit § 1 Nr. 2
des
Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 vom 9. Juli 1954 (BGBl. I S.
175) geahndet.
§ 7
(1) Die Verordnung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten die bad. Landesverordnung über die
Bekämpfung der San-José-Schildlaus vom 24. Juli 1948 (GVBl. S.
89) und die Verordnung Nr. 640 des Landwirtschaftsministeriums Württemberg-Baden
über weitere Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung im Obstbau
vom 20. Februar 1951 (Reg.Bl. S. 14) außer Kraft.
Stuttgart, den
27. Mai 1955
Leibfried
Feedback