EriskNatSchGebV BW
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung des Innenministeriums und des Regierungspräsidiums Tübingen über das Naturschutzgebiet »Eriskircher Ried« Vom 10. Oktober 1983

§ 1 Erklärung zum Schutzgebiet

Die in § 2 näher bezeichneten Flächen auf dem Gebiet der Gemeinde Eriskirch, der Stadt Friedrichshafen, Bodenseekreis, und des Bodensees werden zum Naturschutzgebiet erklärt. Das Naturschutzgebiet führt die Bezeichnung »Eriskircher Ried«.

§ 2 Schutzgegenstand

(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von 552 ha. Es umfaßt
1.
auf Gemarkung Eriskirch a)
die Fläche, die südöstlich der Gemarkungsgrenze gegen Friedrichshafen, südwestlich dem nicht im Schutzgebiet liegenden Bahndamm 306, 527, 582 und westlich der Schussen liegt, ohne die Wege 335, 380, 580 und den an 335 und 380 unmittelbar angrenzenden Teil des Weges 379;
b)
die Schussen (Flurstück 1209) zwischen der Verlängerung der nördlichen Grenze von Flurstück 1482 und der Mündung;
c)
die Fläche, die östlich der Schussen, südlich, beziehungsweise westlich der im Schutzgebiet liegenden Flurstücke 1482, 1480, 1407 (nur der südlich der Nutzungsgrenze liegende Teil liegt im Schutzgebiet), 1472/2 (teilweise) und nördlich, beziehungsweise westlich des nicht im Schutzgebiet liegenden Weges 1528/3, des Weges um die Kläranlage auf Flurstück 1570, des Weges 1576 und des Weges auf der Böschungsoberkante des Flurstücks 1584 liegt;
2.
auf Gemarkung Friedrichshafen die Fläche südöstlich der im Schutzgebiet liegenden Flurstücke 1183 und 1219 (Gewann »Obere Nachtweide«) und südwestlich der nicht im Schutzgebiet liegenden Flurstücke, Straßen und Wege 1237/6, 1250/7, 1250, 1258, 1261 und 1263 bis zur Gemarkungsgrenze gegen Eriskirch, mit Ausnahme der Flurstücke 1263/1 bis /4, 1259/5 bis /8, /10 bis /14, /17 bis /20, /22 bis /33, Weg 21, den daran angrenzenden Teil des Weges 1259 und ohne die nördliche Ecke des Flurstückes 1261/2 (Nutzungsgrenze zu Gebäude 41);
3.
die den in Nummer 1 und 2 beschriebenen Landflächen vorgelagerte Fläche des Bodensees, die begrenzt wird
a)
im Südosten von einer geraden Linie, die von der gemeinsamen Grenze der Flurstücke 670 und 671 auf Gemarkung Eriskirch bis 200 m vor das Seezeichen 42 verläuft,
b)
im Süden von einem in 200 m Abstand nördlich um das Seezeichen 42 geschlagenen Kreisbogen, der von dem in a) genannten Endpunkt bis zur Fluchtlinie Seezeichen 42/Pappeln bei Seewiesenösch verläuft,
c)
ab dem um das Seezeichen 42 geschlagenen Kreisbogen auf der in b) genannten Fluchtlinie 800 m weit in nördlicher Richtung (südlicher Teil der Westgrenze),
d)
im Norden von einer geraden Linie, die von der gemeinsamen Grenze der Flurstücke 1182 und 1183 auf Gemarkung Friedrichshafen bis 200 m vor den Deviationspfahl verläuft,
e)
im Nordwesten von einem in 200 m Abstand östlich um den Deviationspfahl geschlagenen Kreisbogen, der von dem in Buchstabe d) genannten Endpunkt bis zur Fluchtlinie Deviationspfahl/Strandbad Langenargen verläuft,
f)
ab dem um den Deviationspfahl geschlagenen Kreisbogen auf der in e) genannten Fluchtlinie 2060 m weit in südlicher Richtung (nördlicher Teil der Westgrenze),
g)
von der 1000 m langen geraden Verbindung der in c) und f) festgelegten Endpunkte (mittlerer Teil der Westgrenze).
(2) Die Grenzen des Naturschutzgebietes sind in vier Karten des Regierungspräsidiums Tübingen vom 17. Mai 1983 im Maßstab 1:2 500 sowie in Übersichtskarten im Maßstab 1:10 000 vom 17. Mai 1983 und 1:25 000 vom 17. Mai 1983, gekennzeichnet und rot angelegt. Die Karten sind Bestandteil dieser Verordnung. Die Verordnung mit Karten wird beim Innenministerium in Stuttgart, beim Regierungspräsidium Tübingen in Tübingen, beim Landratsamt Bodenseekreis in Friedrichshafen und beim Bürgermeisteramt in Friedrichshafen niedergelegt. Sie können dort durch jedermann während der Sprechzeiten kostenlos eingesehen werden.

§ 3 Schutzzweck

Wesentlicher Schutzzweck ist die Erhaltung des einzigartigen Naturraumes zwischen der Schussen- und Rotachmündung mit der ausgedehnten Flachwasserzone des Bodensees, den Schilfbereichen, den Riedflächen, den Altwässern und den von Kultur geprägten Landschaftselementen als besonders naturnaher Brut-, Rast- und Nahrungsraum für viele seltene, zum Teil vom Aussterben bedrohte Wasservögel, Insekten, Fische, Amphibien und Reptilien, mit einer artenreichen Vegetation, insbesondere einer vielfältigen, besonders reichhaltigen typischen Flachmoorflora mit zum Teil vom Aussterben bedrohten Arten.

§ 4 Verbote

(1) In dem Naturschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Schutzgebietes oder seiner Bestandteile, zu einer nachhaltigen Störung oder zu einer Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Forschung führen können.
(2) Insbesondere ist verboten: 1.
bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnung in der jeweils geltenden Fassung zu errichten oder der Errichtung gleichgestellte Maßnahmen durchzuführen, Sport-, Spiel- oder Erholungseinrichtungen zu schaffen sowie Einfriedigungen jeder Art zu errichten;
2.
Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrsanlagen anzulegen, Leitungen zu verlegen oder Anlagen dieser Art zu verändern;
3.
die Bodengestalt zu verändern; 4.
Entwässerungs- oder andere Maßnahmen vorzunehmen, die den Wasserhaushalt des Gebietes entgegen dem Schutzzweck verändern;
5.
Abfälle oder sonstige Gegenstände zu lagern; 6.
Plakate, Bild- oder Schrifttafeln aufzustellen oder anzubringen;
7.
Aufforstungen vorzunehmen oder sonstige Pflanzen oder Pflanzenteile einzubringen, zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
8.
Tiere einzubringen, wildlebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder Puppen, Larven, Eier oder Nester oder sonstige Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten dieser Tiere freizulegen, zu entfernen, zu beschädigen oder zu zerstören;
9.
die Art der bisherigen Grundstücksnutzung entgegen dem Schutzzweck zu ändern;
10.
zu zelten, zu lagern, Wohnwagen, sonstige Fahrzeuge oder Verkaufsstände aufzustellen;
11.
Feuer zu machen; 12.
das Schutzgebiet außerhalb der Wege zu betreten;
13.
das Schutzgebiet zu Land außerhalb der dafür zugelassenen Wege mit Fahrzeugen aller Art zu befahren;
14.
das Schutzgebiet zu Wasser mit Fahrzeugen aller Art im Sinne von Artikel 0.02a Bodensee-Schifffahrts-Ordnung zu befahren;
15.
Wohnboote, Bojen oder andere schwimmende Anlagen zu verankern, Stege zu errichten;
16.
zu baden; 17.
ohne zwingenden Grund Lärm, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen zu verursachen;
18.
Düngemittel oder Chemikalien einzubringen.

§ 5 Zulässige Handlungen

Die Verbote des § 4 gelten nicht 1.
für die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung in der ortsüblichen Art auf den bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen;
2.
für die Holznutzung im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
3.
für die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd und der Berufsfischerei;
4.
für das Baden im Strandbad Eriskirch und das Betreten der schilffreien Eisflächen;
5.
für das ordnungsgemäße Sportfischen in der Schussen, im Schussenaltarm Flurstück 599, im Rotachaltarm Flurstück 1237/1 und im Bodensee von den Ufern der Flurstücke 736 (Strandbad Eriskirch) und 737 aus;
6.
für das Freihalten der bestehenden Fahrrinnen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang;
7.
für das Befahren der Schussen mit Fahrzeugen ohne Motorkraft außerhalb der Schilfzone und dem unmittelbaren Uferbereich;
8.
für das Durchfahren der Wasserfläche, das an Land gehen und sonstige Handlungen, soweit sie zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr geboten sind;
9.
für die ordnungsgemäße Ausübung der Schifffahrt außerhalb des Schutzgebiets sowie das Befahren der ausgesteckten Schiffahrtsrinne vor der Schussenmündung;
10.
für die Gewässerunterhaltung im Rahmen der Unterhaltungspflicht;
11.
für die sonstige rechtmäßigerweise ausgeübte Nutzung der Grundstücke, Straßen und Wege sowie der an Land rechtmäßigerweise bestehenden Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang sowie deren Unterhaltung und Instandsetzung, mit den sich aus § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 14 ergebenden Einschränkungen;
12.
für notwendige Handlungen und Pflegemaßnahmen, die von der höheren Naturschutzbehörde oder einer von ihr zur Betreuung beauftragten Stelle veranlaßt werden;
13.
für notwendige Handlungen im Rahmen einer amtlichen oder amtlich angeordneten Überwachungstätigkeit;
14.
für behördlich angeordnete oder zugelassene Beschilderungen.

§ 6 Befreiungen

(1) Von den naturschutzrechtlichen Vorschriften dieser Verordnung kann das Regierungspräsidium Tübingen nach § 63
NatSchG Befreiung erteilen.
(2) Von den wasser- und schiffahrtsrechtlichen Vorschriften dieser Verordnung kann das Regierungspräsidium Tübingen im Einzelfall Befreiung erteilen, wenn
1.
überwiegende öffentliche Belange die Befreiung erfordern oder
2.
der Vollzug der Bestimmung zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

§ 7 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr. 2
NatschG handelt, wer im Naturschutzgebiet vorsätzlich oder fahrlässig eine der nach § 4 verbotenen Handlungen vornimmt.
(2) Ordnungswidrig im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 5 Wassergesetz handelt, wer im Naturschutzgebiet vorsätzlich oder fahrlässig entgegen §§ 4 bis 6 mit Wasserfahrzeugen fährt oder Wasserfahrzeuge oder schwimmende Anlagen verankert.

§ 8 Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung mit Karten tritt drei Wochen nach Verkündung der Verordnung im Gesetzblatt in Kraft.
(2) Die Karten mit den dargestellten Grenzen des Naturschutzgebietes (§ 2) und diese Verordnung werden beim Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr in Stuttgart, beim Regierungspräsidium Tübingen in Tübingen, beim Landratsamt Bodenseekreis in Friedrichshafen und beim Bürgermeisteramt in Friedrichshafen ab dem Tag nach Verkündung der Verordnung im Gesetzblatt zwei Wochen lang zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt. Die Karten werden dadurch verkündet.
(3) Gleichzeitig tritt die »Verordnung des Landratsamts Tettnang zum Schutz der Landschaftsteile am württembergischen Bodenseeufer« vom 13. September 1940 (Tettnanger und Friedrichshafener Tagblatt vom 18. September 1940 und Schwäbische Zeitung vom 2. Juni 1951), soweit sie sich auf den Geltungsbereich dieser Verordnung bezieht, und die »Verordnung des Württembergischen Kultusministers als höhere Naturschutzbehörde über das Naturschutzgebiet Eriskircher Ried, in den Gemarkungen Eriskirch und Friedrichshafen, Kreis Tettnang« vom 8. Juli 1939 (Regierungs-Anzeiger für Württemberg Nr. 28 vom 13. Juli 1939) in vollem Umfang außer Kraft.
Stuttgart, den 10. Oktober 1983
Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr
Dr. Eberle
TÜBINGEN, den 21. Juli 1983
Regierungspräsidium
Dr. Gögler
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