Verordnung des Ministeriums Ländlicher Raum zum vorbeugenden Schutz von Rinderbeständen vor einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV1-Schutzverordnung) Vom 22. Februar 2015
§ 1 Beauftragung von Betreuungstierärztinnen und Betreuungstierärzten
Tierhalterinnen und Tierhalter mit Rinderbeständen auf dem Gebiet des Landes Baden-Württemberg (Tierhalterinnen und Tierhalter) haben eine Tierärztin (Betreuungstierärztin) oder einen Tierarzt (Betreuungstierarzt) für die erforderlichen tierärztlichen Probenahmen, Untersuchungen und Impfungen gemäß der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV1-Verordnung) in der Fassung vom 20. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3521), geändert durch Artikel 6 der Verordnung vom 17. April 2014 (BGBl. I S. 388, 390), zu beauftragen.
§ 2 Auskunftserteilung und Mitwirkung
Tierhalterinnen und Tierhalter haben der zuständigen Behörde die zur Durchführung der Probenahmen, Untersuchungen und Impfungen erforderlichen Angaben zu machen und die erforderliche Hilfe zu leisten. Insbesondere haben sie die Angaben nach Anlage 1 dieser Verordnung gegenüber der zuständigen Behörde zu machen und bei einem Wechsel der Betreuungstierärztin oder des Betreuungstierarztes unverzüglich Name und Anschrift der künftigen Betreuungstierärztin oder des künftigen Betreuungstierarztes mitzuteilen.
§ 3 Impfnachweise
Tierhalterinnen und Tierhalter sowie Betreuungstierärztinnen und Betreuungstierärzte haben über alle durchgeführten Impfungen einzeltierbezogene Nachweise zu führen. Die Betreuungstierärztinnen und Betreuungstierärzte haben der zuständigen Behörde unverzüglich nach erfolgter Impfung die einzeltierbezogenen Impfnachweise vorzulegen.
§ 4 Untersuchungen
(1) Als Untersuchungseinrichtung für Untersuchungen gemäß § 2a
der BHV1-Verordnung wird das Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt Aulendorf - Diagnostikzentrum bestimmt.
(2) Für die erforderlichen BHV1-Untersuchungen nach § 1 und Absatz 3 sind von den Betreuungstierärztinnen und Betreuungstierärzten ab 1. Januar 2016 aus dem Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier Datenbank) erstellte Untersuchungsanträge zu verwenden.
(3) In Sanierungsbeständen (Rinderbestände mit Reagenten gemäß § 1
Absatz 2 Nummer 3 der BHV1-Verordnung) haben Tierhalterinnen und Tierhalter, zusätzlich zu den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen nach Abschnitt II der Anlage 1
der
BHV1-Verordnung, bei einer Stichprobe von Tieren, die in direktem Kontakt mit Reagenten stehen (Kontaktgruppe), von der zuständigen Behörde in mindestens halbjährlichem Abstand Zwischenuntersuchungen durchführen zu lassen. Zur Berechnung der Stichprobengröße für Zwischenuntersuchungen nach Satz 1 ist der Probenschlüssel in Anlage 2 dieser Verordnung zu verwenden.
§ 5 Reagenten
(1) Reagenten gemäß § 1
Absatz 2 Nummer 3 der BHV1-Verordnung sind nach Mitteilung des Untersuchungsergebnisses unverzüglich dauerhaft von den Tierhalterinnen und Tierhaltern als solche mit einer roten Ohrmarke mit der Aufschrift »BHV1« zu kennzeichnen.
(2) In Sanierungsbeständen ist die Bedeckung im Natursprung oder die künstliche Besamung von Reagenten verboten.
(3) Tierhalterinnen und Tierhalter haben bis zum 31. März 2015 alle bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Reagenten gemäß § 1
Absatz 2 Nummer 3 der BHV1-Verordnung aus ihren Rinderbeständen zu entfernen. Werden ab dem 1. April 2015 Reagenten in einem Rinderbestand festgestellt, so haben die Tierhalterinnen und Tierhalter diese unverzüglich zu entfernen.
(4) Abweichend von Absatz 3 kann das Regierungspräsidium in begründeten Einzelfällen auf schriftlichen Antrag genehmigen, dass Reagenten noch bis zum 30. Juni 2015 im Bestand verbleiben dürfen, wenn deren Entfernung eine unbillige Härte für die Tierhalterin oder den Tierhalter bedeutet und Gründe der Seuchenbekämpfung nicht entgegenstehen.
(5) Reagenten dürfen nur
1.
unmittelbar zur Schlachtung abgegeben werden oder
2.
unmittelbar oder über Sammelstellen, auf die ausschließlich nicht BHV1-freie Rinder aufgetrieben werden, in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Drittstaat ohne BHV1-Bekämpfungsprogramm ausgeführt werden.
Dabei muss, gemäß Nummer 4 der Anlage 2
der Viehverkehrsverordnung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 204) in der jeweils geltenden Fassung, sichergestellt sein, dass Reagenten beim Transport nicht in Kontakt zu BHV1-freien Tieren kommen.
§ 6 Impfverbot
(1) Mit Ablauf des 28. Februar 2015 ist in allen Rinderbeständen auf dem Gebiet des Landes Baden-Württemberg die Impfung von Rindern gegen die BHV1-Infektion verboten.
(2) Abweichend von Absatz 1 kann die zuständige Behörde Ausnahmen für Rinder genehmigen, die aus Baden-Württemberg verbracht werden sollen, sofern der Bestimmungsstaat oder der Bestimmungsbetrieb eine Impfung verlangt.
(3) Abweichend von Absatz 1 kann die zuständige Behörde im Einzelfall nach einer Risikobewertung befristet Ausnahmen vom Impfverbot für Rinderbestände genehmigen oder Impfungen anordnen, wenn dies aufgrund der betrieblichen epidemiologischen Situation erforderlich ist.
§ 7 Einstallungsverbot
(1) In einen Rinderbestand dürfen ab 1. April 2015 nur noch BHV1-freie Rinder gemäß § 1
Absatz 2 Nummer 1 der BHV1-Verordnung eingestallt werden, die nicht gegen BHV1 geimpft worden sind und für die eine amtstierärztliche Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 2 oder 3
der BHV1-Verordnung vorliegt. Die Einstallung mit amtstierärztlicher Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 2
der BHV1-Verordnung ist nur zulässig bei Bezugnahme auf § 1
Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a der BHV1-Verordnung.
Abweichend von Satz 1 und 2 können Rinder, die nicht gegen BHV1 geimpft worden sind, von einer Gesundheitsbescheinigung gemäß Muster 1 des Anhangs F der Richtlinie 64/432/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen (ABl. 121 vom 29. Juli 1964, S. 1977), zuletzt geändert durch Richtlinie 2000/20/EG (ABl. L 163 vom 4. Juli 2000, S. 35), in der jeweils geltenden Fassung, begleitet werden, in der unter Abschnitt C Nummer II.3.3 folgender Text eingefügt wird:
1.
»Die Tiere erfüllen die zusätzlichen Garantien bezüglich infektiöser boviner Rhinotracheitis gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Entscheidung 2004/558/EG der Kommission« oder
2.
»Die Tiere erfüllen die zusätzlichen Garantien bezüglich infektiöser boviner Rhinotracheitis gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d der Entscheidung 2004/558/EG der Kommission«.
Ergänzend zu dem Text unter Nummer 2 muss bescheinigt werden, dass eine Untersuchung mit negativem Ergebnis auf Antikörper gegen das Virus der BHV1-Infektion durchgeführt worden ist.
(2) Rinder im Alter von über 28 Tagen, bei denen im Bestandszeugnis nach Anlage 3
der BHV1-Verordnung attestiert wird, dass die Rinder des Herkunftsbestandes insgesamt oder teilweise gegen die BHV1-Infektion geimpft sind, müssen zusätzlich von einer Erklärung der abgebenden Tierhalterin oder des abgebenden Tierhalters, oder der Händlerin oder des Händlers, nach dem Muster der Anlage 3 begleitet sein, dass das betreffende Rind nicht gegen die BHV1-Infektion geimpft wurde. Die Erklärung ist nicht erforderlich, wenn für das Rind ein negatives Untersuchungsergebnis auf Antikörper gegen das Virus der BHV1-Infektion vorliegt, das nicht älter als 14 Tage sein darf.
(3) Abweichend von Absatz 1 dürfen Rinder eingestallt werden, die die Anforderungen des § 1
Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe d der BHV1-Verordnung erfüllen und von einer amtstierärztlichen Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 2
der BHV1-Verordnung bei Bezugnahme auf § 1
Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe d der BHV1-Verordnung begleitet werden. Statt einer amtstierärztlichen Bescheinigung nach Satz 1 können die Rinder von einer Gesundheitsbescheinigung gemäß Muster 1 des Anhangs F der Richtlinie 64/432/EWG begleitet werden, in der unter Abschnitt C Nummer II.3.3 der Text »Die Tiere erfüllen die zusätzlichen Garantien bezüglich infektiöser boviner Rhinotracheitis gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Entscheidung 2004/558/EG der Kommission« eingefügt wird, und zudem bescheinigt wird, dass eine Untersuchung mit negativem Ergebnis auf Antikörper gegen das Virus der BHV1-Infektion durchgeführt worden ist.
(4) Abweichend von Absatz 1 dürfen Rinder aus freien Beständen, die gegen eine BHV1-Infektion geimpft worden sind, mit Genehmigung der zuständigen Behörde noch bis zum 30. Juni 2015 in einen Rinderbestand eingestallt werden, sofern im aufnehmenden Bestand noch überwiegend geimpfte Rinder vorhanden sind und es im Einzelfall zur Bestandsauffüllung nach Abgabe der Reagenten erforderlich ist.
(5) Abweichend von Absatz 1 dürfen mit Genehmigung der zuständigen Behörde vorübergehend gegen die BHV1-Infektion geimpfte Rinder aus freien Beständen auf Gemeinschaftsweiden, Ausstellungen und Tierschauen eingestallt werden.
(6) Die Tierhalterin oder der Tierhalter hat Rinder, die entgegen Absatz 1 bis 5 in einen Rinderbestand eingestallt wurden, nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde unverzüglich aus seinem Bestand zu entfernen oder entfernen zu lassen.
(7) Das Einstallungsverbot gilt nicht für das innerbetriebliche Umstallen von Rindern.
(8) Amtstierärztliche Bescheinigungen über die BHV1-Freiheit, Gesundheitsbescheinigungen und Tierhaltererklärungen sind von den Tierhalterinnen und Tierhaltern, welche die Rinder einstallen, ab Erhalt fünf Jahre aufzubewahren.
§ 8 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne von § 32
Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a TierGesG in der jeweils geltenden Fassung handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen
1.
§ 2 die erforderlichen Angaben nicht oder nicht richtig macht oder die erforderliche Hilfe nicht leistet,
2.
§ 5 Absatz 1 einen Reagenten nicht unverzüglich oder nicht richtig kennzeichnet,
3.
§ 5 Absatz 3 Reagenten nicht oder nicht rechtzeitig aus Rinderbeständen entfernt,
4.
§ 5 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 Reagenten abgibt,
5.
§ 5 Absatz 5 Satz 2 nicht sicherstellt, dass Reagenten beim Transport nicht mit BHV1-freien Tieren in Kontakt kommen,
6.
§ 6 Absatz 1 nach dem 28. Februar 2015 ein Rind gegen die BHV1-Infektion impfen lässt,
7.
§ 6 Absatz 3 eine angeordnete Impfung nicht durchführen lässt,
8.
§ 7 Absatz 1 bis 3 ein Rind einstallt, das die Anforderungen nicht erfüllt,
9.
§ 7 Absatz 4 oder 5 ein Rind ohne Genehmigung einstallt,
10.
§ 7 Absatz 6 ein Rind nicht unverzüglich entfernt oder entfernen lässt,
11.
§ 7 Absatz 8 amtstierärztliche Bescheinigungen, Gesundheitsbescheinigungen oder Tierhaltererklärungen nicht fünf Jahre aufbewahrt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 32
Absatz 3 TierGesG in der jeweils geltenden Fassung mit einer Geldbuße bis zu 30 000 Euro geahndet werden.
§ 9 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Gleichzeitig treten die BHV1-Schutzverordnung vom 23. November 1999 (GBL. S. 694) und die BHV1-Schutzverordnung vom 16. Februar 2013 (GABl. S. 174) außer Kraft.
STUTTGART, den 22. Februar 2015 |
BONDE |
Anlage 1
(zu § 2)
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Anlage 2
(zu § 4)
Probenschlüssel zur Untersuchung einer Stichprobe
(nach Cannon & Roe; mit einer Sicherheit von 95 Prozent kann bei entsprechender
Bestandsgröße und Probenzahl und 5 Prozent Prävalenzschwelle eine Infektion mit BHV1
festgestellt werden)
Bestandsgröße |
Probenzahl |
10 |
10 |
20 |
19 |
30 |
26 |
40 |
31 |
50 |
35 |
60 |
38 |
70 |
40 |
80 |
42 |
90 |
43 |
100 |
45 |
120 |
47 |
140 |
48 |
160 |
49 |
180 |
50 |
200 |
51 |
250 |
53 |
300 |
54 |
350 |
54 |
400 |
55 |
450 |
55 |
500 - 600 |
56 |
700 - 1 200 |
57 |
1 400 - 4 000 |
58 |
5 000-10 000 |
59 |
> 10 000 |
60 |
Anlage 3
(zu § 7 Absatz 2)
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