VO zu § 18 LHO
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung des Ministeriums für Finanzen zur zulässigen Kreditaufnahme nach § 18 LHO (VO zu § 18 LHO) Vom 13. Dezember 2016

§ 1 Zulässige Kreditaufnahme

(1) Der Ausgangswert für die Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme ist nach Maßgabe von § 18
Absatz 2 LHO der haushaltswirtschaftliche Handlungsbedarf nach der Mittelfristigen Finanzplanung 2011 bis 2015 für das Jahr 2013 in Höhe von 2.530.000.000 Euro. Der Abbau der Neuverschuldung beginnt im Jahr 2013 und soll in gleichmäßigen Schritten fortgesetzt werden. Das letzte Jahr des Abbaus ist das Jahr 2020. Der Basiswert für die zulässige Kreditaufnahme beträgt

2.213.750.000 Euro

für das Jahr 2013,

1.897.500.000 Euro

für das Jahr 2014,

1.581.250.000 Euro

für das Jahr 2015,

1.265.000.000 Euro

für das Jahr 2016,

948.750.000 Euro

für das Jahr 2017,

632.500.000 Euro

für das Jahr 2018,

316.250.000 Euro

für das Jahr 2019.

(2) Die zulässige Kreditaufnahme ergibt sich, indem der Basiswert nach Absatz 1 mit der Steuerschwankungskomponente nach § 2 und der Finanztransaktionskomponente nach § 3 verrechnet wird. Ist die Summe der Steuerschwankungskomponente und der Finanztransaktionskomponente positiv, wird sie vom Basiswert abgezogen und vermindert damit im Ergebnis die zulässige Kreditaufnahme; ist die Summe negativ, wird sie dem Basiswert hinzugerechnet und erhöht im Ergebnis die zulässige Kreditaufnahme. Unabhängig davon vermindert sich die zulässige Kreditaufnahme gegebenenfalls nach § 4 Absatz 4. Die zulässige Kreditaufnahme wird nicht berührt durch Kreditaufnahmen aufgrund der Inanspruchnahme von aus Vorjahren übertragenen Einnahmeresten.
(3) Vermindert sich durch die Verrechnungen nach Absatz 2 die zulässige Kreditaufnahme auf einen negativen Wert, so ergibt sich in dieser Höhe eine Verpflichtung zum Schuldenabbau. Unter Schulden sind sowohl die Schulden am Kreditmarkt als auch die implizite Verschuldung zu verstehen. Als implizite Verschuldung ist der verdeckte Teil der öffentlichen Verschuldung anzusehen. Die implizite Verschuldung kann insbesondere abgebaut werden durch Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen beziehungsweise Ersatzinvestitionen oder durch die Tilgung von Eventualverbindlichkeiten, zum Beispiel aus übernommenen Bürgschaften oder sonstigen Gewährleistungen. Dem entspricht die Zuführung von Mitteln an Rücklagen, soweit Sie diesem Zweck dienen. Unter Ersatzinvestitionen sind solche Investitionen zu verstehen, die dem Ersatz abgenutzter oder funktionsuntüchtiger Vermögensgegenstände dienen. Dem Abbau der impliziten Verschuldung steht die Verhinderung des Anwachsens derselben gleich.
(4) Bei der Haushaltsaufstellung ist die zu diesem Zeitpunkt zu ermittelnde zulässige Kreditaufnahme (Ex-ante-Betrachtung) zu berücksichtigen; § 4 Absatz 5 bleibt unberührt.

§ 2 Steuerschwankungskomponente

(1) Die Steuerschwankungskomponente nach § 18 Absatz 3 LHO ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Nettosteuereinnahmen im Sinne des Absatzes 2 und dem gemäß Absatz 3 zu bestimmenden langfristigen Steuereinnahmeniveau (Trendsteuereinnahmen).
(2) Nettosteuereinnahmen sind die Einnahmen aus Steuern ohne Berücksichtigung der Kraftfahrzeugsteuer, die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich sowie Bundesergänzungszuweisungen abzüglich der Ausgaben für den Länderfinanzausgleich und der steuereinnahmenabhängigen Ausgaben für den Kommunalen Finanzausgleich.
(3) Die Trendsteuereinnahmen des Jahres 2011 werden in Höhe der Ist-Nettosteuereinnahmen des Jahres 2011 festgelegt. Für die Folgejahre werden die Trendsteuereinnahmen eines Haushaltsjahres entsprechend dem Produkt der Trendsteuereinnahmen des Vorjahres und dem geometrischen Mittel der Wachstumsraten der Nettosteuereinnahmen der letzten 30 Jahre ermittelt.
(4) Für die Berechnung der Trendsteuereinnahmen 2012 ist die erste zu berücksichtigende Wachstumsrate diejenige vom Jahr 1982 zum Jahr 1983, die letzte zu berücksichtigende Wachstumsrate diejenige vom Jahr 2011 zum Jahr 2012. Bei einem Doppelhaushalt entsprechen die Trendsteuereinnahmen des zweiten Haushaltsjahres dem Produkt der Trendsteuereinnahmen des ersten Haushaltsjahres und der durchschnittlichen Wachstumsrate der Nettosteuereinnahmen der letzten 30 Jahre. Soweit bei einer Haushaltsaufstellung der zur Ermittlung der Wachstumsrate erforderliche Wert der Ist-Steuereinnahmen nicht vorliegt, sind hilfsweise die Werte nach der letzten Steuerschätzung zu Grunde zu legen.

§ 3 Finanztransaktionskomponente

(1) Die Finanztransaktionskomponente nach § 18 Absatz 4 LHO ergibt sich aus dem Unterschied zwischen der Summe der einnahmeseitigen finanziellen Transaktionen nach Absatz 2 und der Summe der ausgabeseitigen finanziellen Transaktionen nach Absatz 3.
(2) Einnahmeseitige finanzielle Transaktionen sind die Einnahmen aus der Veräußerung von Beteiligungen, aus der Kreditaufnahme beim öffentlichen Bereich sowie aus Darlehensrückflüssen.
(3) Ausgabeseitige finanzielle Transaktionen sind die Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, für Tilgungen an den öffentlichen Bereich und für die Darlehensvergabe.

§ 4 Kontrollkonto

(1) Weicht nach Abschluss des Haushaltsjahres die Höhe der in Anspruch genommenen neuen Kreditermächtigungen, ohne in Anspruch genommene Einnahmereste, von der nach der tatsächlichen Haushaltsentwicklung zu ermittelnden zulässigen Kreditaufnahme nach § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 ab (Ex-post-Betrachtung), ist der Unterschiedsbetrag auf ein Kontrollkonto zu buchen. Überschreitet die tatsächliche Kreditaufnahme die zulässige Kreditaufnahme, erhält der zu buchende Unterschiedsbetrag ein negatives Vorzeichen. Unterschreitet die tatsächliche Kreditaufnahme die zulässige Kreditaufnahme, erhält der zu buchende Unterschiedsbetrag ein positives Vorzeichen. Das Kontrollkonto ist jährlich abzuschließen und im Rahmen der Landeshaushaltsrechnung darzustellen.
(2) Bei einem negativen Stand des Kontrollkontos ist auf dessen Ausgleich hinzuwirken.
(3) Der negative Stand des Kontrollkontos soll im Betrag einen Wert von 10 Prozent der Trendsteuereinnahmen des abgelaufenen Haushaltsjahres nicht überschreiten.
(4) Ist der Stand des Kontrollkontos negativ und überschreitet den Wert von 7 Prozent der Trendsteuereinnahmen des abgelaufenen Haushaltsjahres, sinkt die zulässige Kreditaufnahme jeweils im nächsten Jahr um den überschießenden Betrag, höchstens aber um 1,5 Prozent der Trendsteuereinnahmen des abgelaufenen Haushaltsjahres. Die Absenkung der zulässigen Kreditaufnahme wird nur wirksam in Jahren mit positiver Steuerschwankungskomponente.
(5) Die Regelungen der Absätze 2 bis 4 sind im Rahmen künftiger Haushaltsaufstellungen zu berücksichtigen.

§ 5 Kreditaufnahmen gemäß § 18 Absatz 6 LHO

Soweit bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes Baden-Württemberg entziehen und dessen Finanzlage erheblich beeinträchtigen, die Mehrheit der Mitglieder des Landtages gemäß § 18
Absatz 6 LHO zusätzliche Kreditaufnahmen beschlossen hat, berühren diese Kreditaufnahmen und deren Rückführung weder die zulässige Kreditaufnahme nach § 1 noch das Kontrollkonto nach § 4. Sie sind gesondert im Rahmen der Landeshaushaltsrechnung darzustellen.

§ 6 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2017 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft zur zulässigen Kreditaufnahme nach § 18 LHO vom 23. September 2013 (GBl. S. 291) außer Kraft.

STUTTGART, den 13. Dezember 2016

SITZMANN

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