KastrGutachtStG BW
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz über die Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden Vom 18. Dezember 1970

Abschnitt I Bildung einer Gutachterstelle

§ 1 Bildung, Aufgaben

(1) Als Einrichtung der Landesärztekammer Baden-Württemberg wird eine Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden (Gutachterstelle) gebildet.
(2) Die Gutachterstelle nimmt die in § 5 Abs. 1 und 2
des Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden vom 15. August 1969 (BGBl. I S. 1143 - Kastrationsgesetz -) bezeichneten Aufgaben wahr.
(3) Die Gutachterstelle ist zuständig, wenn der Betroffene im Zeitpunkt der Antragstellung oder der Entscheidung über den Antrag seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Baden-Württemberg hat.

§ 2 Zusammensetzung

Die Gutachterstelle entscheidet in der Besetzung mit zwei ärztlichen Mitgliedern und einem Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt. Eines der ärztlichen Mitglieder muß Facharzt für Psychiatrie sein.

§ 3 Bestellung

(1) Die Landesärztekammer bestellt die Mitglieder und ihre Stellvertreter. Das Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt und seine Stellvertreter werden auf Vorschlag des Justizministeriums bestellt; es sind jeweils mindestens zwei Personen zur Auswahl vorzuschlagen.
(2) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden für vier Jahre bestellt. Eine Wiederbestellung ist zulässig.

§ 4 Ende der Mitgliedschaft

(1) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter können ihr Amt durch Erklärung gegenüber der Landesärztekammer niederlegen. Ist dies ohne zwingenden Grund geschehen, so kann die Landesärztekammer verlangen, daß das Mitglied sein Amt bis zum Abschluß anhängiger Gutachterverfahren weiterführt, wenn der Stand der Verfahren dies erfordert.
(2) Mitglieder oder Stellvertreter sind abzuberufen,
1.
wenn sie die Befugnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs oder die Facharztanerkennung als Psychiater verlieren,
2.
wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ihre Ungeeignetheit zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergibt.
(3) Besteht ein dringender Verdacht, daß ein Abberufungsgrund vorliegt, so kann dem Mitglied die Amtsführung vorläufig untersagt werden.
(4) Die Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 3 obliegen der Landesärztekammer. Hinsichtlich des Mitglieds mit der Befähigung zum Richteramt hört diese zuvor das Justizministerium.

§ 5 Ausschluß eines Mitglieds

Ein Mitglied ist von der Wahrnehmung seiner Aufgaben ausgeschlossen, wenn es
1.
für den Betroffenen wegen dessen abnormen Geschlechtstriebs ärztlich tätig gewesen ist,
2.
zu dem Betroffenen in einem Verhältnis der in § 22 Nrn. 2 oder 3
der Strafprozeßordnung bezeichneten Art steht.

§ 6 Rechtsstellung der Mitglieder

(1) Die Mitglieder sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben (§ 1 Abs. 2) unabhängig und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden.
(2) Die Mitglieder sind gegen Vergütung tätig. Sie erhalten außerdem eine Entschädigung für den mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwand.
(3) Die Vergütung und Aufwandsentschädigung wird von der Landesärztekammer festgesetzt und gezahlt.

§ 7 Eintritt der Stellvertreter

(1) Scheidet ein Mitglied vor Ablauf der Amtszeit aus der Gutachterstelle aus, so tritt für ihren Rest der Stellvertreter an seine Stelle. Für den Rest der Amtszeit ist ein weiterer Stellvertreter zu bestellen, wenn dies im Hinblick auf deren Dauer geboten ist.
(2) Ist einem Mitglied die Amtsführung vorläufig untersagt worden (§ 4 Abs. 3), ist es von der Mitwirkung ausgeschlossen (§ 5) oder sonst an der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert, tritt der Stellvertreter für die Dauer der Verhinderung ein. Hat nur der Stellvertreter den Betroffenen ärztlich untersucht, wirkt er in diesem Einzelfall bis zur Entscheidung der Gutachterstelle mit.

§ 8 Führung der Geschäfte

Die laufenden Verwaltungsgeschäfte, die nicht selbst von den Mitgliedern zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben (§ 1 Abs. 2) geführt werden müssen, können von der Landesärztekammer einer Geschäftsstelle übertragen werden.

§ 9 Entscheidung

(1) Die Gutachterstelle trifft ihre Entscheidung nach § 5 Abs. 1 und 2
des Kastrationsgesetzes mit Stimmenmehrheit.
(2) Ein Widerspruchsverfahren findet nicht statt.

§ 10 Verfahrenskosten

Das Verfahren vor der Gutachterstelle ist gebühren- und auslagenfrei.

Abschnitt II Schlußvorschriften

§ 11 Rechtsvorschriften

Das Sozialministerium erläßt im Einvernehmen mit dem Justizministerium durch Rechtsverordnung nähere Vorschriften über das Verfahren der Gutachterstelle, insbesondere über
1.
die Voraussetzungen, unter denen die Gutachterstelle tätig wird, vor allem über die Antragsberechtigung sowie Form und Inhalt des Antrags,
2.
die notwendigen Erhebungen durch die Gutachterstelle, vor allem über die Anhörung von Personen, die von dem Verfahren berührt werden,
3.
die Aufklärung der an dem Verfahren Beteiligten,
4.
eine mündliche Beratung durch die Mitglieder der Gutachterstelle,
5.
Form und Inhalt der Entscheidung sowie ihre Bekanntgabe,
6.
die Gültigkeitsdauer und die Aufhebung der Bestätigung.

§ 12 Geschäftsordnung

(1) Der Vorstand der Landesärztekammer kann eine Geschäftsordnung erlassen, in der allgemeine Grundsätze über die Tätigkeit der Gutachterstelle und ihrer Geschäftsstelle festgelegt werden. Bestimmungen, durch welche die Entscheidungsfreiheit der Gutachter beeinträchtigt wird, können nicht getroffen werden.
(2) Die Geschäftsordnung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Sozialministeriums.

§ 13 (aufgehoben)

§ 14 Kostenerstattung

(1) Das Land erstattet der Landesärztekammer am Schluß eines jeden Rechnungsjahres gegen Nachweis
1.
die den Mitgliedern gezahlte Vergütung und den ihnen ersetzten Aufwand (§ 6 Abs. 2) in der sich für Sachverständige nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen ergebenden Höhe,
2.
Kosten, die durch die Beiziehung von Sachverständigen entstanden sind,
3.
die Vergütung für den Leiter der Geschäftsstelle (§ 8).
(2) Das Land kann statt dessen im Einvernehmen mit der Landesärztekammer die dieser entstandenen Kosten im Sinne des Absatzes 1 ganz oder teilweise durch einen jährlichen Pauschalbetrag abgelten.
(3) Verletzt ein Mitglied in Ausübung seiner Tätigkeit die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit das Land.

§ 15 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
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