Verordnung der Landesregierung über den Rang von Erbbaurechten Vom 17. Januar 1994
§ 1 Unschädlichkeitszeugnis
Bei der Bestellung eines Erbbaurechts kann vom Erfordernis der ersten Rangstelle hinsichtlich einer vorrangig eingetragenen Dienstbarkeit (Grunddienstbarkeit, Nießbrauch, beschränkte persönliche Dienstbarkeit), eines Vorkaufsrechts, einer Reallast oder einer eingetragenen altrechtlichen Belastung (Art. 184 EGBGB) abgewichen werden, wenn das Grundbuchamt festgestellt hat, daß dies weder für den Berechtigten des eingetragenen Rechtes noch für den Bestand des Erbbaurechts schädlich ist.
§ 2 Zuständigkeit, Zulässigkeit, Antragsrecht
(1) Für die Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses ist das Grundbuchamt zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Das Unschädlichkeitszeugnis wird nur auf Antrag des Eigentümers des zu belastenden Grundstücks, bei Bestellung eines Untererbbaurechts nur auf Antrag des Berechtigten des zu belastenden Erbbaurechts erteilt.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn die Rangrücktrittserklärung des Berechtigten des bisher eingetragenen Rechtes nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erlangen ist.
(3) Der Berechtigte des zu bestellenden Erbbaurechts muß der nachrangigen Bestellung zustimmen.
§ 3 Verfahrensgrundsätze, Rechtswirksamkeit, Rechtsmittel
(1) Vor der Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses sind die erforderlichen Ermittlungen durch das Grundbuchamt anzustellen, insbesondere ist der Berechtigte des eingetragenen Rechts anzuhören.
(2) Ist die Person oder der Aufenthalt des Berechtigten des bisher eingetragenen Rechtes oder seines Vertreters unbekannt, so kann das Grundbuchamt dem Beteiligten für das Verfahren auf Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses einen Pfleger bestellen. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Grundbuchamt.
(3) Das Unschädlichkeitszeugnis wird erst wirksam, wenn es unanfechtbar geworden ist. Es ist dem Antragsteller, dem Berechtigten des bisher eingetragenen Rechtes oder seinem nach Absatz 2 bestellten Pfleger sowie eventuellen weiteren Beteiligten, die angehört wurden, zuzustellen. Eine ablehnende Entscheidung ist nur dem Antragsteller zuzustellen.
(4) Gegen die ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts und gegen die Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses findet die Beschwerde nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt.
§ 4 Eintragung im Grundbuch
In der Beschreibung des Erbbaurechts im Erbbaugrundbuch soll auf die vorrangigen Rechte und das Unschädlichkeitszeugnis hingewiesen werden.
§ 5 Übergangsbestimmung
Erbbaurechten, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits im Grundbuch eingetragen sind, können solche Grunddienstbarkeiten im Rang vorgehen, die vor dem 1. Januar 1900 entstanden sind und im Grundbuch oder einem dem Grundbuch gleichgestellten Register (insbesondere Servitutenbuch) eingetragen sind, es sei denn, die Grunddienstbarkeit ließe sich wegen ihres Inhalts mit dem Erbbaurecht auch bei entsprechender Ausführung des Bauwerkes nicht in Übereinstimmung bringen.
§ 6 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Stuttgart, den 17. Januar 1994
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:
Teufel Dr. Vetter Birzele
Dr. Schultz-Hector von Trotha Dr. Schäuble
Mayer-Vorfelder Weiser Solinger
Schäfer Unger-Soyka Wabro
Baumhauer Weinmann
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