Gesetz über das Versorgungswerk der Notarkammer Baden-Württemberg (Notarversorgungsgesetz - NotVG) Vom 10. Februar 2015
§ 1 Errichtung, Name, Aufgabe, Sitz
(1) Das Versorgungswerk der Notarkammer Baden-Württemberg wird als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet.
(2) Das Versorgungswerk führt den Namen »Notarversorgungswerk Baden-Württemberg«.
(3) Das Versorgungswerk hat die Aufgabe, den in Baden-Württemberg bestellten Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung sowie den in einem Dienstverhältnis zum Land Baden-Württemberg und zur Notarkammer Baden-Württemberg stehenden Notarassessoren und deren Hinterbliebenen Versorgung nach Maßgabe dieses Gesetzes und der Satzung zu gewähren. Es erbringt seine Leistungen ausschließlich aus eigenen Mitteln und Zuweisungen der Notarkammer Baden-Württemberg.
(4) Sitz des Versorgungswerks ist Stuttgart.
§ 2 Pflichtmitgliedschaft
(1) Dem Versorgungswerk gehören als Pflichtmitglieder die in Baden-Württemberg nach dem 31. Dezember 2017 bestellten Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung sowie die in einem Dienstverhältnis zum Land Baden-Württemberg und zur Notarkammer Baden-Württemberg stehenden Notarassessoren an. Dies gilt auch für Notare, die gemäß § 114
Absatz 2 der Bundesnotarordnung als bestellt gelten.
(2) Die Satzung kann bestimmen, dass
1.
die Pflichtmitgliedschaft der Notarassessoren erst zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe des Anwärterdienstes beginnt,
2.
die Pflichtmitgliedschaft nicht eintritt, wenn Altersgrenzen, die in der Satzung festzulegen sind, überschritten sind, soweit es sich nicht um Notare handelt, die gemäß § 114
Absatz 2 der Bundesnotarordnung als bestellt gelten,
3.
die Pflichtmitgliedschaft fortgesetzt werden kann, wenn die Voraussetzungen von Absatz 1 in der Person eines Mitglieds fortfallen,
4.
Ausnahmen oder Befreiungen von der Pflichtmitgliedschaft vorgesehen sind, wenn eine andere gleichwertige auf Gesetz beruhende Versorgung besteht.
§ 3 Organe
Die Organe des Versorgungswerks sind
1.
die Mitgliederversammlung und
2.
der Vorstand.
§ 4 Vorstand
(1) Der Vorstand des Versorgungswerks besteht aus dem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Der Vorsitzende und mindestens ein weiteres Mitglied des Vorstands müssen dem Versorgungswerk angehören.
(2) Die Mitglieder des Vorstands werden für die Dauer von vier Jahren gewählt. Bei Ausscheiden eines Mitglieds des Vorstands wird ein Nachfolger für die restliche Amtszeit gewählt. Nach Ablauf seiner Amtszeit führt der Vorstand die Geschäfte bis zur Wahl des neuen Vorstands weiter.
(3) Der Vorstand bestellt einen oder mehrere Geschäftsführer. Er kann die Verwaltung und Geschäftsführung des Versorgungswerks einer geeigneten juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts übertragen.
§ 5 Aufgaben des Vorstands
(1) Der Vorstand ist für alle Angelegenheiten zuständig, soweit sie nicht durch dieses Gesetz oder die Satzung der Mitgliederversammlung zugewiesen sind. Er führt die Beschlüsse der Mitgliederversammlung durch.
(2) Der Vorsitzende vertritt das Versorgungswerk gerichtlich und außergerichtlich. Der Vorstand kann Mitglieder des Vorstands einzeln zur Vornahme bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen.
(3) Der Vorstand verwaltet das Vermögen des Versorgungswerks. Der Mitgliederversammlung ist über die Lage des Versorgungswerks und die zu erwartende Geschäftsentwicklung nach Maßgabe der Satzung zu berichten.
§ 6 Mitgliederversammlung
(1) Die Mitgliederversammlung beschließt über
1.
die Satzung des Versorgungswerks und deren Änderung,
2.
die Wahl und die Abberufung der Mitglieder des Vorstands,
3.
die Feststellung des Haushaltsplanes, des Jahresabschlusses und die Entlastung der Mitglieder des Vorstands,
4.
die Wahl der Rechnungsprüfer,
5.
die Bestimmung der Grundlagen der Bemessung der Beiträge und Leistungen,
6.
die Grundsätze der Vermögensanlage,
7.
die Grundsätze der Aufwandsentschädigung und Unkostenerstattung des Vorstands,
8.
die Übertragung der Verwaltung und Geschäftsführung des Versorgungswerks auf eine geeignete juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts und
9.
die Bestellung von Ausschüssen.
Die Mitgliederversammlung kann zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des Versorgungswerks gegen ein Mitglied des Vorstands einen Vertreter bestellen.
(2) Der Mitgliederversammlung können durch Satzung weitere Aufgaben vorbehalten werden.
(3) Die Mitgliederversammlung tritt mindestens einmal jährlich zusammen. Sie wird vom Vorsitzenden des Vorstands oder von zwei Mitgliedern des Vorstands einberufen. Ein Zehntel der Mitglieder des Versorgungswerks kann jederzeit unter Angabe der Tagesordnung eine Einberufung der Mitgliederversammlung verlangen.
§ 7 Vertreterversammlung
(1) Die Satzung kann bestimmen, dass die Mitgliederversammlung aus Vertretern der Mitglieder (Vertreterversammlung) besteht. Die Satzung kann auch bestimmen, dass bestimmte Beschlüsse der Mitgliederversammlung vorbehalten bleiben.
(2) Die Vertreterversammlung besteht aus mindestens 15 Vertretern, die von den Mitgliedern des Versorgungswerks durch allgemeine, unmittelbare, gleiche und geheime Briefwahl gewählt werden. Vertreter kann nur jede natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein, die Mitglied des Versorgungswerks ist und nicht dem Vorstand angehört. Die Vertreter können nicht durch Bevollmächtigte vertreten werden. Mehrstimmrechte können ihnen nicht eingeräumt werden. Die Amtszeit der Vertreterversammlung beträgt vier Jahre ab ihrem ersten Zusammentreten. Das Weitere bestimmt die Satzung, insbesondere auf wie viele Mitglieder ein Vertreter entfällt.
(3) Die Vertreter sind unabhängig und nicht an Weisungen gebunden. Nach Ablauf der Amtszeit führen sie ihr Amt bis zur Wahl einer neuen Vertreterversammlung weiter. Fällt ein Vertreter vor Ablauf der Amtszeit weg, muss ein Ersatzvertreter an seine Stelle treten. Seine Amtszeit erlischt spätestens mit Ablauf der Amtszeit des weggefallenen Vertreters. Jedes Mitglied kann jederzeit eine Abschrift der Liste der Vertreter verlangen. Die Mitgliederversammlung ist zur Beschlussfassung über die Abschaffung der Vertreterversammlung unverzüglich einzuberufen, wenn dies von mindestens einem Zehntel der Mitglieder des Versorgungswerks beantragt wird. Regelungen dieses Gesetzes hinsichtlich der Mitgliederversammlung gelten entsprechend für die Vertreterversammlung.
§ 8 Beschlussfassung
Die Organe des Versorgungswerks beschließen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Ein Beschluss über die Satzung und deren Änderung sowie über die Abberufung eines Mitglieds des Vorstands bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Enthaltungen und ungültige Stimmen bleiben außer Betracht.
§ 9 Beiträge
(1) Die Mitglieder sind bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zur Zahlung der satzungsgemäßen Beiträge verpflichtet. Der monatliche Beitrag ist nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogen und darf die Höchstgrenzen nach § 5
Absatz 1 Nummer 8 des Körperschaftsteuergesetzes nicht übersteigen.
(2) Das Versorgungswerk setzt die Beiträge durch Verwaltungsakt fest. Für Beiträge, die der Zahlungspflichtige eine Woche nach Fälligkeit noch nicht entrichtet hat, können Säumniszuschläge erhoben werden; § 24
des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
§ 10 Leistungen
(1) Das Versorgungswerk gewährt seinen Mitgliedern und deren Hinterbliebenen nach Maßgabe dieses Gesetzes und der Satzung folgende Leistungen:
1.
Altersrente,
2.
Hinterbliebenenrente,
3.
Berufsunfähigkeitsrente.
Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch. Leistungen an Notarassessoren müssen zumindest beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprechen.
(2) Änderungen der Satzung, welche die Höhe der Leistungen betreffen, gelten auch für vor der Änderung eingetretene Leistungsfälle, es sei denn, die Satzung sieht eine abweichende Regelung vor.
§ 11 Verjährung
Ansprüche auf Leistungen und Beiträge verjähren in drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Für die Hemmung, den Neubeginn und die Wirkungen der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
§ 12 Abtretung, Verpfändung, Pfändung
Ansprüche auf Leistungen können weder abgetreten noch verpfändet werden. Für die Pfändung gilt § 54
des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch entsprechend. Das Versorgungswerk kann fällig gewordene Beiträge gegen Leistungsansprüche aufrechnen.
§ 13 Gesetzlicher Forderungsübergang
§ 86
des Versicherungsvertragsgesetzes gilt entsprechend.
§ 14 Verwendung und Anlage der Mittel
Die Mittel des Versorgungswerks dürfen nur zur Bestreitung der satzungsmäßigen Leistungen und der notwendigen Verwaltungskosten sowie zur Bildung der erforderlichen Rückstellungen und Rücklagen verwendet werden und sind unter Beachtung der Rechtsverordnung nach § 18 Absatz 1 Satz 4 anzulegen.
§ 15 Vorverfahren
Den Widerspruchsbescheid im Vorverfahren nach den §§ 68 bis 73
der Verwaltungsgerichtsordnung erlässt der Vorstand.
§ 15a Datenübermittlung an öffentliche Stellen
Verlangt eine öffentliche Stelle aufgrund gesetzlicher Befugnis vom Versorgungswerk Auskunft über
1.
die derzeitige Anschrift,
2.
den derzeitigen oder zukünftigen Aufenthaltsort oder
3.
die Bezeichnung sowie die Anschrift der notariellen Geschäftsstelle oder der die Anwärterbezüge zahlenden Stelle
eines Mitglieds, so übermittelt das Versorgungswerk diese Daten an die öffentliche Stelle. Das Versorgungswerk verweigert die Auskunft, soweit es Grund zu der Annahme hat, dass durch die Übermittlung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person unangemessen beeinträchtigt werden.
§ 15b Amtshilfe der Notarkammer
Die Notarkammer Baden-Württemberg hat dem Versorgungswerk die Bestellung zum Notar und das Erlöschen des Amtes sowie die Ernennung zum Notarassessor und das Ende des Anwärterdienstes mitzuteilen und alle sonstigen für die Mitgliedschaft und die Beitragspflicht im Versorgungswerk erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
§ 16 Mitwirkungspflichten der Mitglieder und ihrer Hinterbliebenen
Die Mitglieder und ihre Hinterbliebenen sind verpflichtet, dem Versorgungswerk alle für die Mitgliedschaft, für die Beitragspflicht und für den Leistungsanspruch bedeutsamen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Belege vorzulegen. Die Mitglieder sind auch verpflichtet, sich auf Verlangen medizinischen Untersuchungen nach näherer Weisung des Versorgungswerks zu unterziehen. Veränderungen haben die Mitglieder und ihre Hinterbliebenen dem Versorgungswerk unverzüglich mitzuteilen.
§ 17 Satzung
Die Satzung regelt die Erfüllung der Aufgaben des Versorgungswerks, insbesondere:
1.
Beginn und Ende der Mitgliedschafts- und Versorgungsverhältnisse sowie Ausnahmen und Befreiungen,
2.
die Bemessung und Zahlungsweise der Beiträge,
3.
die Voraussetzungen und die Höhe der Leistungen,
4.
die Beitragsrückgewähr an Mitglieder, die ohne Anspruch auf Leistungen ausscheiden,
5.
das Geschäftsjahr,
6.
die Grundsätze der Vermögensanlage,
7.
den Umfang der Berichtspflicht und die Prüfung der Rechnungslegung,
8.
die Aufgabenverteilung zwischen dem Vorstand und der Mitgliederversammlung und
9.
die Einberufung und die Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung.
§ 18 Aufsicht
(1) Das Versorgungswerk steht unter der Aufsicht des Landes, die als Rechtsaufsicht durch das Justizministerium und als Versicherungsaufsicht durch das Wirtschaftsministerium, erforderlichenfalls im gegenseitigen Einvernehmen, ausgeübt wird. Für die Rechtsaufsicht gelten § 118
Absatz 1 und 3 sowie §§ 120 bis 125
der Gemeindeordnung entsprechend. Die Versicherungsaufsicht hat im Rahmen der Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung des Geschäftsbetriebs des Versorgungswerks und zur ausreichenden Wahrung der Belange der Mitglieder darauf zu achten, dass das Versorgungswerk jederzeit in der Lage ist, seine Verpflichtungen gegenüber den Mitgliedern zu erfüllen, dass es ausreichende versicherungstechnische Rücklagen bildet, sein Vermögen in entsprechend geeignete Vermögenswerte anlegt, die kaufmännischen Grundsätze hinsichtlich Verwaltung, Rechnungslegung und Kontrolle einhält, eine ausreichende Kapitalausstattung vorhält und die Grundlagen seines Geschäftsplans erfüllt. Zur Erreichung dieser Ziele der Versicherungsaufsicht wird das Wirtschaftsministerium ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die nähere inhaltliche Ausgestaltung dieser Geschäftsführungs- und Aufsichtsgrundsätze regelt, insbesondere Bestimmungen enthält
1.
zu den Grundlagen des Geschäftsbetriebs,
2.
zur Kapitalausstattung,
3.
zur Vermögensanlage,
4.
zur Rechnungslegung und Berichterstattung,
5.
zur Jahresabschlussprüfung,
6.
zu den Befugnissen der Versicherungsaufsicht,
7.
zu den Kosten der Versicherungsaufsicht.
(2) Die Satzung und ihre Änderung bedürfen der Genehmigung des Justizministeriums; sie sind bekannt zu machen. Die Feststellung des Haushaltsplans sowie Beschlüsse über die Grundsätze der Vermögensanlage bedürfen der Genehmigung des Wirtschaftsministeriums. Bekanntmachungen erfolgen im Amtsblatt des Justizministeriums.
(3) Die Bestimmungen der §§ 1 bis 87 und 106 bis 110
der Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg gelten für das Versorgungswerk nicht.
§ 19 Pflichtmitgliedschaft auf Antrag
(1) Notare, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits zur hauptberuflichen Amtsausübung in Baden-Württemberg bestellt sind, werden auf Antrag in das Versorgungswerk nach § 1 aufgenommen. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu stellen.
(2) Soweit bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung Mitglieder des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg sind, hat es dabei sein Bewenden; die Regelung des Absatzes 1 bleibt unberührt. Sollten am 1. Januar 2018 bereits zum Notar bestellte Rechtsanwälte, die Mitglieder des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg sind, zu einem späteren Zeitpunkt zum Notar nach § 3
Absatz 1 der Bundesnotarordnung ernannt werden, werden sie auf Antrag in das Versorgungswerk nach § 1 aufgenommen. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach der Ernennung nach § 3
Absatz 1 der Bundesnotarordnung zu stellen.
(3) Pflichtmitglied auf Antrag kann nicht werden, wer bei der Antragstellung berufsunfähig ist oder das sechzigste Lebensjahr vollendet hat.
§ 20 Übergangsregelungen
(1) Solange kein Vorstand gewählt ist, werden die Geschäfte des Versorgungswerks durch den Präsidenten der Notarkammer Baden-Württemberg geführt und das Versorgungswerk durch ihn vertreten. Er beruft die Mitgliederversammlung des Versorgungswerks unverzüglich zu ihrer ersten Sitzung ein. Er leitet die Sitzung bis zur Wahl des Vorsitzenden des Vorstandes.
(2) Das Justizministerium wird ermächtigt, nach Anhörung der Notarkammer Baden-Württemberg durch Rechtsverordnung eine Gründungssatzung mit dem in § 17 festgelegten Inhalt zu erlassen oder zu ändern. Diese Gründungssatzung darf auch die in § 2 Absatz 2, § 5 Absatz 1 und 3, § 6 Absatz 2, § 7 Absatz 1 und 2, § 9 Absatz 1 sowie § 10 Absatz 1 und 2 vorgesehenen Regelungen enthalten. Die Gründungssatzung kann durch eine von der Mitgliederversammlung beschlossene Satzung gemäß § 17 geändert oder ersetzt werden. Wurde die Gründungssatzung durch die Mitgliederversammlung geändert oder ersetzt, sind Änderungen nach Satz 1 ausgeschlossen.
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