Gesetz über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes (Justizwachtmeisterbefugnissegesetz - JWBG) Vom 16. April 2013
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Der Justizwachtmeisterdienst hat zur Wahrnehmung seiner Aufgaben im Vorführdienst, bei der Bewachung Gefangener, bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften und bei der Vollziehung richterlicher oder staatsanwaltschaftlicher Anordnungen die in diesem Gesetz vorgesehenen Befugnisse.
(2) Die Befugnisse der Inhaber des Hausrechts in Amtsgebäuden sowie diejenigen der Justizbediensteten aufgrund anderer Vorschriften bleiben unberührt. Zur Vollziehung von Maßnahmen der Sitzungspolizei ist dieses Gesetz nur anwendbar, soweit Bundesrecht keine Regelung enthält.
(3) Die Aufgaben und Befugnisse der Polizei und des Justizvollzugsdienstes bleiben unberührt.
§ 2 Allgemeine Befugnisse
Der Justizwachtmeisterdienst hat zur Wahrnehmung seiner Aufgaben im Einzelfall diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihm nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen.
§ 3 Anwendung des Polizeigesetzes
(1) § 27 Absatz 1 Nummern 1 und 4, Absatz 2, § 30 Absatz 1, § 34 Absatz 1 Nummern 1, 2 und 5, Absätze 2 und 3, § 35 Nummern 1, 3 und 6, §§ 37 und 38 Absätze 1, 3 und 4
des Polizeigesetzes (PolG) sind entsprechend anzuwenden. Eine sichergestellte oder beschlagnahmte Sache ist unverzüglich dem Polizeivollzugsdienst zu übergeben, sofern nicht die Sicherstellung oder Beschlagnahme vor Ablauf des Tages, an dem sie vorgenommen worden ist, aufgehoben werden soll.
(2) § 33
PolG ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die in Gewahrsam genommene Person unverzüglich dem Polizeivollzugsdienst zu übergeben ist, sofern die Aufhebung des Gewahrsams nicht unmittelbar bevorsteht.
§ 4 Anwendung des Justizvollzugsgesetzbuches
Gegenüber Personen, die einer Freiheitsentziehung im Sinne des § 1
Absatz 1 Buch 1 des Justizvollzugsgesetzbuches (JVollzGB) unterworfen sind, sind auch § 46
Absätze 1 und 2, §§ 47, 49, 51, 54, 55
Absätze 1 und 2, §§ 56 und 58
Buch 2 JVollzGB (JVollzGB II), auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3
JVollzGB I, § 64
Absätze 1 und 2, §§ 66, 67, 69, 73, 74
Absätze 1 und 2, §§ 75 und 77
Buch 3 JVollzGB (JVollzGB III), § 60
Absätze 1 und 2, §§ 62, 63, 65, 69, 70
Absätze 1 und 2, §§ 71 und 73
Buch 4 JVollzGB (JVollzGB IV) sowie § 60
Absätze 1 und 2, §§ 61, 62, 66, 67
Absätze 1 und 2, §§ 68 und 70
Buch 5 JVollzGB (JVollzGB V) entsprechend anzuwenden. Der Rechtsschutz der in Satz 1 genannten Personen gegen Maßnahmen des Justizwachtmeisterdienstes richtet sich nach § 68
Absatz 4 JVollzGB II, § 93
JVollzGB III, § 86
Absatz 4 JVollzGB IV und § 83
JVollzGB V.
§ 5 Betroffene
Maßnahmen können, soweit nichts anderes bestimmt ist, gegenüber den in §§ 6, 7 und 9
PolG bezeichneten Personen getroffen werden. §§ 8, 10, 100 bis 103
PolG sind entsprechend anzuwenden.
§ 6 Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage; Widerspruchsbescheid
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen des Justizwachtmeisterdienstes haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Über den Widerspruch gegen Verwaltungsakte des Justizwachtmeisterdienstes entscheidet die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
§ 7 Vollstreckung
Soweit nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Vollstreckung einer Maßnahme nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz.
§ 8 Zwangsmittel
Der Justizwachtmeisterdienst wendet die Zwangsmittel Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang an.
§ 9 Unmittelbarer Zwang
(1) Unmittelbarer Zwang (§ 64 Absatz 1
PolG) darf nur angewendet werden, wenn die Aufgabe auf andere Weise nicht erreichbar erscheint. § 66 Absatz 1 Sätze 2 bis 4, Absätze 2 und 3
PolG ist entsprechend anzuwenden.
(2) Als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt können insbesondere Fesseln und technische Sperren zugelassen werden. Als Waffen können Reizstoffe und Hiebwaffen zugelassen werden. Über die Zulassung von Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt und Waffen entscheidet das Justizministerium durch Verwaltungsvorschrift, die auch besondere Schulungen für den Waffengebrauch vorsieht.
§ 10 Verhältnismäßigkeit
Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. Eine Maßnahme unterbleibt, wenn ein durch sie zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 11 Einschränkung von Grundrechten
Aufgrund dieses Gesetzes können das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Freiheit der Person (Artikel 2
Absatz 2 Sätze 1 und 2 des Grundgesetzes) eingeschränkt werden.
§ 12 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Juni 2013 in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
STUTTGART, den 16. April 2013
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:
KRETSCHMANN |
|
DR. SCHMID |
KREBS |
FRIEDRICH |
GALL |
UNTERSTELLER |
STOCH |
BONDE |
STICKELBERGER |
BAUER |
HERMANN |
ALTPETER |
ÖNEY |
DR. SPLETT |
ERLER |
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