Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle nach § 114 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Schiedsstellenverordnung SGB V - SchiedVO SGB V) Vom 20. Juli 2004
§ 1 Zusammensetzung
(1) Die für das Land Baden-Württemberg zu bildende Schiedsstelle nach § 114 Abs. 1
SGB V besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je sechs Vertretern der Krankenkassen und der zugelassenen Krankenhäuser.
(2) Zur Vertretung der Krankenkassen werden je ein Vertreter und deren Stellvertreter von
1.
der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Baden-Württemberg,
2.
dem Verband der Angestellten-Krankenkassen und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband, Landesvertretung Baden-Württemberg, gemeinsam,
3.
dem Landesverband der Betriebskrankenkassen,
4.
der Innungskrankenkasse Baden-Württemberg,
5.
der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Baden-Württemberg und
6.
der Bundesknappschaft, Verwaltungsstelle München
bestellt.
(3) Der erweiterten Schiedsstelle nach § 115 Abs. 3
SGB V gehören zusätzlich sechs Vertreter der Vertragsärzte an. § 114 Abs. 2 Satz 5
SGB V gilt entsprechend.
(4) Die Bestellung hat schriftlich und mit dem Einverständnis der betroffenen Person zu erfolgen.
(5) Die Bestellung ist der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen. Diese unterrichtet schriftlich die beteiligten Organisationen nach den Absätzen 2 und 3.
(6) Mitglieder der Schiedsstelle, die Vertreter der Krankenkassen, der zugelassenen Krankenhäuser oder der Kassenärztlichen Vereinigungen sind, können auch Personen sein, die bei einer Vertragspartei gegen Entgelt beschäftigt oder bei dieser als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrats oder eines gleichartigen Organs tätig sind.
(7) Die Mitglieder der Schiedsstelle haben jeweils mindestens zwei und höchstens drei Stellvertreter. Der Stellvertreter hat bei Verhinderung eines Mitglieds dessen Rechte und Pflichten. Der Vorsitzende und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder der Schiedsstelle haben keine Stellvertreter.
§ 2 Geschäftsführung
Die Geschäfte der Schiedsstelle werden durch eine Geschäftsstelle geführt. Sie wird abwechselnd für jeweils zwei Jahre bei der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und der AOK Baden-Württemberg eingerichtet. Der Vorsitzende der Schiedsstelle leitet die Geschäftsstelle. Die Geschäftsstelle für die erste Amtsperiode nach Inkrafttreten dieser Verordnung wird bei der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft geführt.
§ 3 Zuständige Behörde
Zuständige Landesbehörde nach § 114 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4
SGB V und zuständige Behörde nach dieser Verordnung ist das Sozialministerium.
§ 4 Amtsdauer
(1) Die Amtsperiode der Schiedsstelle und der erweiterten Schiedsstelle beträgt vier Jahre. Die erste nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung beginnende Amtsperiode endet am 31. Dezember 2005.
(2) Die Amtsdauer der Mitglieder der Schiedsstelle endet mit dem Ablauf der Amtsperiode; dies gilt entsprechend für die während einer Amtsperiode neu bestellten Mitglieder. Die Mitglieder bleiben nach Ablauf der Amtsperiode bis zur Bestellung ihrer Nachfolger im Amt. Die Wiederbestellung ist zulässig.
§ 5 Abberufung und Niederlegung
(1) Die beteiligten Organisationen können gemeinsam den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder aus wichtigem Grund abberufen. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer der beteiligten Organisationen die zuständige Behörde nach Anhörung der betroffenen Person und der beteiligten Organisationen. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer der antragstellenden Organisation unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen der übrigen Organisationen die Fortdauer der Bestellung der betroffenen Person bis zum Ablauf der Amtsperiode nicht zugemutet werden kann.
(2) Die übrigen Mitglieder können von der entsendenden Stelle, im Falle der Bestellung nach § 114 Abs. 2 Satz 5
SGB V durch die zuständige Behörde, aus wichtigem Grund abberufen werden. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles der vertretenen Organisation die weitere Amtsführung ihres Vertreters oder Stellvertreters bis zum Ablauf der Amtsperiode nicht zugemutet werden kann. Die Abberufung ist der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen; gleichzeitig soll ein Nachfolger bestellt werden. Die Geschäftsstelle informiert hierüber die übrigen beteiligten Organisationen schriftlich.
(3) Der Vorsitzende, die Mitglieder und deren Stellvertreter können ihr Amt durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle niederlegen. Die Niederlegung wird mit dem Eingang der Erklärung wirksam. Die Geschäftsstelle unterrichtet die beteiligten Organisationen und die zuständige Behörde schriftlich über die Niederlegung.
§ 6 Amtsführung
(1) Die Mitglieder der Schiedsstelle und der erweiterten Schiedsstelle sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen. Sind sie verhindert, haben sie ihren Stellvertreter und die Geschäftsstelle unverzüglich zu benachrichtigen.
(2) Die Mitglieder der Schiedsstelle und der erweiterten Schiedsstelle haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit über die ihnen dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren.
§ 7 Verfahren
(1) Der Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens ist schriftlich bei der Geschäftsstelle von einer Vertragspartei einzureichen. Im Antrag sind der Sachverhalt zu erläutern, ein zusammenfassendes Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen darzulegen sowie die Teile zu benennen, über die eine Einigung nicht zustande gekommen ist. In den Fällen des § 112 Abs. 2 und § 115 Abs. 3
SGB V ist der Vertragsinhalt, der festgesetzt werden soll, anzugeben und die begehrte Festsetzung zu begründen. Dem Antrag sind die zur Durchführung des Schiedsverfahrens erforderlichen Unterlagen beizufügen.
(2) Die Schiedsstelle oder die erweiterte Schiedsstelle entscheidet auf Grund mündlicher Verhandlung, zu der die Vertragsparteien zu laden sind. Die Ladungsfrist beträgt mindestens zwei Wochen. Erscheint für eine geladene Vertragspartei niemand zur Verhandlung, kann in deren Abwesenheit verhandelt werden, wenn in der Ladung darauf hingewiesen ist. Die Schiedsstelle oder die erweiterte Schiedsstelle kann auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Vertragsparteien darauf verzichtet haben.
(3) Die Verhandlung ist nicht öffentlich. Stellvertretende Mitglieder der Schiedsstelle können als Zuhörende teilnehmen. Dies gilt auch für die zuständige Behörde nach dieser Verordnung. Der Vorsitzende kann weitere Zuhörende zulassen.
(4) Auf Verlangen haben die Vertragsparteien der Schiedsstelle und der erweiterten Schiedsstelle die für die Vorbereitung und Entscheidung erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Unterlagen vorzulegen.
(5) Zeugen und Sachverständige können hinzugezogen werden.
(6) Der Vorsitzende legt Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzungen der Schiedsstelle fest.
(7) Von dem Termin jeder Sitzung sollen die Mitglieder der Schiedsstelle möglichst drei Wochen vorher in Kenntnis gesetzt werden. Die Einladung selbst muss spätestens zwei Wochen vor der Sitzung zur Post gegeben werden. Sie enthält die Angaben zu Ort und Zeit sowie die Tagesordnung und die Beratungsunterlagen. Die zuständige Behörde nach dieser Verordnung wird entsprechend unterrichtet.
(8) Die Sitzungen der Schiedsstelle werden von dem Vorsitzenden vorbereitet und geleitet.
(9) Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen, vom Vorsitzenden zu unterzeichnen und mit Rechtsbehelfsbelehrung den Vertragsparteien zuzustellen.
(10) Über den wesentlichen Inhalt der Verhandlung ist eine Niederschrift nach Maßgabe von § 93
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes zu fertigen und den Vertragsparteien zuzuleiten.
§ 8 Einigungsversuch und Vermittlungsvorschlag
(1) Die Schiedsstelle oder die erweiterte Schiedsstelle soll auf eine Einigung der Vertragsparteien hinwirken. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann sie eine Frist setzen, innerhalb der sich die Vertragsparteien einigen können. Erklärt eine Vertragspartei, dass eine Einigung nicht möglich ist, kann von einer Fristsetzung abgesehen werden.
(2) Einigen sich die Vertragsparteien nach Beginn des Schiedsverfahrens, haben sie dies der Schiedsstelle oder der erweiterten Schiedsstelle unverzüglich mitzuteilen.
(3) Einigen sich die Vertragsparteien auch innerhalb der nach Absatz 1 gesetzten Frist nicht, stellt die Schiedsstelle oder die erweiterte Schiedsstelle ihnen einen Vermittlungsvorschlag mit dem Hinweis zu, dass der Inhalt des Vertrags durch Entscheidung festgesetzt wird, wenn der Vermittlungsvorschlag nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung angenommen wird. Der Vermittlungsvorschlag ist zu begründen.
(4) Die Vertragsparteien können auf den Vermittlungsvorschlag und die schriftliche Begründung des Vermittlungsvorschlags einvernehmlich verzichten, wenn eine Vertragspartei sofort erklärt, dass sie den Vermittlungsvorschlag ablehnt.
§ 9 Beschlussfähigkeit, Beratung und Beschlussfassung
(1) Die Schiedsstelle ist beschlussfähig, wenn außer dem Vorsitzenden mindestens sechs Mitglieder und bei der erweiterten Schiedsstelle mindestens acht Mitglieder anwesend sind. Bei Beschlussunfähigkeit kann der Vorsitzende anordnen, dass in der nächsten Sitzung auch dann entschieden werden kann, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind; hierauf ist in der Ladung zur nächsten Sitzung hinzuweisen. Die Ladungsfrist zur nächsten Sitzung beträgt eine Woche.
(2) Beratung und Beschlussfassung erfolgen in Abwesenheit der Vertreter der Vertragsparteien.
(3) Die Entscheidungen werden mit der Mehrheit der erschienenen Mitglieder getroffen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
§ 10 Entschädigung für Zeugen und Sachverständige
Zeugen und Sachverständige, die von der Schiedsstelle oder der erweiterten Schiedsstelle hinzugezogen worden sind, erhalten eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776) in der jeweils geltenden Fassung. Der Anspruch auf Entschädigung ist bei der Geschäftsstelle geltend zu machen. Die Entschädigung wird von dem Vorsitzenden festgesetzt.
§ 11 Entschädigung der Mitglieder
(1) Der Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder erhalten Reisekostenvergütung nach den Bestimmungen des
Landesreisekostengesetzes
in der jeweils geltenden Fassung und einen Pauschbetrag für sonstige Barauslagen und für Zeitaufwand, dessen Höhe die beteiligten Organisationen festsetzen. Kommt eine Einigung nach Satz 1 nicht zustande, setzt die zuständige Behörde den Pauschbetrag fest. Der Anspruch auf Entschädigung ist bei der Geschäftsstelle geltend zu machen.
(2) Für die übrigen Mitglieder richtet sich der Anspruch auf Entschädigung gegen die entsendende Stelle nach den dort geltenden Regelungen.
§ 12 Kosten
(1) Das Verfahren der Schiedsstelle ist unentgeltlich.
(2) Die Kosten der Schiedsstelle und der erweiterten Schiedsstelle einschließlich der sächlichen und persönlichen Kosten der Geschäftsstelle tragen die beteiligten Organisationen als Gesamtschuldner, untereinander nach dem Verhältnis der von ihnen zu bestellenden Vertreter. § 11 Abs. 2 bleibt unberührt. Bei Tätigwerden der erweiterten Schiedsstelle werden die Kassenärztlichen Vereinigungen an den direkten Kosten beteiligt.
§ 13 Geschäftsordnung
Die Schiedsstelle und die erweiterte Schiedsstelle können sich eine gemeinsame Geschäftsordnung geben. § 9 Abs. 3 gilt entsprechend.
§ 14 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Stuttgart, den 20. Juli 2004
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:
Teufel
Pfister Dr. Palmer
Rech Dr. Schavan
Prof. Dr. Frankenberg Werwigk-Hertneck
Stratthaus Stächele
Gönner Mappus
Köberle Dr. Mehrländer
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