SchulUV BW 2011
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung des Sozialministeriums zur Durchführung schulärztlicher Untersuchungen sowie zielgruppenspezifischer Untersuchungen und Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen und Schulen (Schuluntersuchungsverordnung) Vom 8. Dezember 2011

§ 1 Örtliche Zuständigkeit

Für die Durchführung der Maßnahmen nach § 8 Absatz 1 ÖGDG ist die untere Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt) zuständig, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich das Kind wohnt. Wird eine Kindertageseinrichtung oder Schule besucht, die sich außerhalb der wohnortbezogenen Zuständigkeit des Gesundheitsamtes befindet, ist für die Einschulungsuntersuchung sowie zielgruppenspezifische Untersuchungen und Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen und Schulen das Gesundheitsamt zuständig, in dessen örtlicher Zuständigkeit sich die Kindertageseinrichtung oder Schule befindet. Nach Abschluss von Schritt 2 der Einschulungsuntersuchung werden die Unterlagen dem wohnortbezogen zuständigen Gesundheitsamt überlassen.

§ 2 Zweck, Umfang, Häufigkeit und Durchführung der schulärztlichen Untersuchungen

(1) Schulärztliche Untersuchungen dienen 1.
der Untersuchung, Feststellung und Beurteilung von gesundheitlichen Einschränkungen und Entwicklungsverzögerungen, die die Schulfähigkeit oder die Teilnahme am Unterricht gefährden können sowie
2.
der präventiven gesundheitlichen Beratung von Kindern und Jugendlichen.
(2) Die Einschulungsuntersuchung ist Pflicht für alle zur Schule angemeldeten Kinder. Dasselbe gilt nach Beginn des Schuljahres für die Kinder, die bis zum in § 73
des Schulgesetzes für Baden-Württemberg genannten maßgeblichen Stichtag des laufenden Schuljahres das vierte Lebensjahr vollendet haben; für diese Kinder führt das Gesundheitsamt in begründeten Fällen außerdem eine verpflichtende Sprachstandsdiagnostik nach den einvernehmlich vom Kultusministerium und dem Sozialministerium festgelegten Kriterien durch. Die Untersuchung erfolgt einzeln bei jedem Kind.
(3) Die Einschulungsuntersuchung wird in zwei Schritten durchgeführt:
1.
Schritt 1 erfolgt 24 bis 15 Monate vor der termingerechten Einschulung. Er umfasst die Anamneseerhebung durch einen freiwillig auszufüllenden Fragebogen für sorgeberechtigte Personen sowie mit Einverständnis einer sorgeberechtigten Person den Beobachtungsbogen für die Erzieherin oder den Erzieher zur Entwicklungsdokumentation des Kindes. Zur Anamnese zählen ferner die Eintragungen im Untersuchungsheft für Kinder (Früherkennungsheft) sowie die Impfdokumentation nach dem Impfausweis (Impfbuch). Die Vorlage dieser Dokumente ist Pflicht. Der Untersuchungsumfang für Schritt 1 besteht bei allen Kindern aus einer Basisuntersuchung, die in der Regel durch die medizinische Assistentin oder den medizinischen Assistenten unter ärztlicher Verantwortung entsprechend den Arbeitsrichtlinien in der jeweils gültigen Fassung durchgeführt wird. Im Fall von auffälligen Befunden nach den Arbeitsrichtlinien für die Einschulungsuntersuchung und deren Dokumentation erfolgt nach ärztlichem Ermessen gegebenenfalls eine ergänzende ärztliche Untersuchung, eine Sprachstandsdiagnostik und eine Beratung durch die Ärztin oder den Arzt des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes.
2.
In Schritt 2, der in den Monaten vor der Einschulung stattfindet, werden alle Kinder untersucht, die keine Kindertageseinrichtung besuchen. Bei Kindern, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, werden zur Entscheidung über eine ärztliche Untersuchung in Schritt 2 herangezogen:
a)
die ärztliche Bewertung der Untersuchungsergebnisse aus Schritt 1,
b)
mit Einwilligung einer sorgeberechtigten Person die Entwicklungsbeobachtung in ausgewählten Dimensionen durch die Erzieherin oder den Erzieher und
c)
mit Einwilligung einer sorgeberechtigten Person die Beurteilung der Schulfähigkeit des Kindes durch die für die Kooperation zuständige Lehrkraft.
(4) Im Vorfeld oder im Verlauf der Einschulungsuntersuchung genügt die Unterschrift einer einzelnen sorgeberechtigten Person auf den jeweiligen Vordrucken.
(5) An sonderpädagogischen Einrichtungen der Frühförderung beziehungsweise bei Kindern, die behindert oder von Behinderung bedroht sind, können die Einschulungsuntersuchungen den jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden.
(6) Während des Schuljahres können weitere schulärztliche Untersuchungen durchgeführt werden.
(7) Die Einschulungsuntersuchung umfasst in der Regel die Feststellung von Vorbefunden aus vorgelegten Dokumenten, den Fragebogen für sorgeberechtigte Personen und den Beobachtungsbogen für die Erzieherin oder den Erzieher sowie die Befunderhebung aus der aktuellen Untersuchung. Umfang und Durchführung weiterer Untersuchungen zur Abklärung gesundheitlicher Einschränkungen und Entwicklungsverzögerungen, die die Teilnahme am Unterricht betreffen, richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die erhobenen Befunde und eine zusammenfassende ärztliche Beurteilung des gesamten Untersuchungsergebnisses sind zu dokumentieren und bei Auswirkungen auf den Schulbesuch in Schritt 2 mit Zustimmung einer sorgeberechtigten Person der Kooperationslehrkraft beziehungsweise der Schulleitung mitzuteilen.
(8) Mit Zustimmung einer sorgeberechtigten Person wird der Befundbogen der Leitung der Kindertageseinrichtung in einem verschlossenen Umschlag übermittelt. Wenn die Kindertageseinrichtung nicht selbst fördernde Stelle ist, kann der Befund mit Einwilligung einer sorgeberechtigten Person an die namentlich zu nennende fördernde Stelle (Schule, Grundschulförderklasse oder sonstige Förderstelle) durch die Kindertageseinrichtung verschlossen übermittelt werden, um in die weitere Planung pädagogischer Fördermaßnahmen einzugehen. Der Befundbogen für sorgeberechtigte Personen und zur Weitergabe, der zur Weitergabe an die behandelnde Haus- oder Kinderärztin beziehungsweise den Haus- oder Kinderarzt vorgesehen ist, wird einer sorgeberechtigten Person ausgehändigt. Ein Exemplar verbleibt im Gesundheitsamt.
(9) Die Leistungen sind unentgeltlich.
(10) Einzelheiten zur Durchführung der Einschulungsuntersuchung werden durch Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums geregelt.

§ 3 Zweck, Umfang, Häufigkeit und Durchführung der zielgruppenspezifischen Untersuchungen und Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen und Schulen

(1) Zielgruppenspezifische Untersuchungen, Angebote und Maßnahmen dienen der Beratung von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und sorgeberechtigten Personen zu gesundheitlichen Fragen, die den Schulbesuch betreffen. Gleiches gilt für Kinder in Kindertageseinrichtungen sowie für Erzieherinnen und Erzieher. Das Sozialministerium und die Gesundheitsämter können Untersuchungen, Angebote und Maßnahmen entwickeln, die auf die besondere gesundheitliche Situation der Kinder abgestimmt sind.
(2) Die Gesundheitsämter beziehen die sorgeberechtigten Personen sowie die Erzieherinnen und Erzieher und die Lehrkräfte in die zielgruppenspezifischen Untersuchungen, Angebote und Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen und Schulen ein. Die Teilnahme an den zielgruppenspezifischen Untersuchungen ist freiwillig. Vor Beginn einer Untersuchung ist die Zustimmung einer sorgeberechtigten Person einzuholen.
(3) § 2 Absatz 9 gilt entsprechend.

§ 4 Zusammenwirken der Gesundheitsämter mit den Kindertageseinrichtungen und Schulen

(1) Einschulungsuntersuchungen sowie zielgruppenspezifische Untersuchungen und Maßnahmen werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Kindertageseinrichtung beziehungsweise der Schule durchgeführt.
(2) Die Gesundheitsämter übermitteln den sorgeberechtigten Personen der zu untersuchenden Kinder die notwendigen Vordrucke. Sie wirken auf eine Rückgabe anlässlich der Einschulungsuntersuchung oder der zielgruppenspezifischen Untersuchung oder Maßnahme hin.
(3) Die Kindertageseinrichtungen und Schulen geben den Gesundheitsämtern die zur ordnungsgemäßen Durchführung der Untersuchung und Maßnahmen notwendigen Auskünfte und Informationen, die zu deren Zweckerfüllung nach § 2 Absatz 1 und § 3 Absatz 1 notwendig sind. Insbesondere teilen sie Familien- und Vornamen, Geburtsdaten und Adressen (Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort) der einzuschulenden Kinder sowie der Kinder, die bis zum 30. September des laufenden Schuljahres das vierte Lebensjahr vollendet haben und Familien- und Vornamen der sorgeberechtigten Personen dieser Kinder mit. Diese Daten werden durch das Gesundheitsamt mit den namentlichen Meldungen der Meldebehörde verglichen, um Kinder, die keine Kindertageseinrichtung besuchen, zu erfassen und ebenfalls zur Untersuchung einzuladen. Für zielgruppenspezifische Untersuchungen werden Anzahl und Personalien der betroffenen Schülerinnen und Schüler beziehungsweise der betroffenen Kinder in Kindertageseinrichtungen mitgeteilt. Bei den von zielgruppenspezifischen Untersuchungen betroffenen Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern und sorgeberechtigten Personen ist der Familien- und Vorname mitzuteilen. Die Kindertageseinrichtungen, die Schulen oder gegebenenfalls die Gemeinde stellen die erforderlichen Räumlichkeiten im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Verfügung.

§ 5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Schuluntersuchungsverordnung vom 26. November 2008 (GBl. S. 422) außer Kraft.
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