Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg (Baden-Württembergisches Patientenmobilitätsgesetz - BWPatMobG) Vom 25. November 2014
§ 1 Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) Durch dieses Gesetz wird die Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (ABl. L 88 vom 4. April 2011, S. 45), geändert durch Richtlinie 2013/64/EU (ABl. L 353 vom 28. Dezember 2013, S. 8), umgesetzt. Es dient der Erleichterung des Zugangs zu einer sicheren und hochwertigen grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung.
(2) Dieses Gesetz gilt für jegliche Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten, unabhängig davon, wie diese organisiert, erbracht oder finanziert wird. Es findet keine Anwendung, soweit bundesrechtliche Regelungen insbesondere zu den Informationspflichten abschließend sind.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht für
1.
Dienstleistungen im Bereich der Langzeitpflege, deren Ziel darin besteht, Personen zu unterstützen, die auf Hilfe bei routinemäßigen, alltäglichen Verrichtungen angewiesen sind,
2.
Zuteilung von und Zugang zu Organen zum Zweck der Organtransplantation und
3.
öffentliche Impfprogramme gegen Infektionskrankheiten, die ausschließlich dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung dienen und die mit gezielten Planungs- und Durchführungsmaßnahmen verbunden sind.
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Unter Gesundheitsversorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Gesundheitsdienstleistungen zu verstehen, die medizinisch indiziert sind und von Angehörigen der Gesundheitsberufe gegenüber Patientinnen und Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen, einschließlich der Verschreibung, Abgabe und Bereitstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten.
(2) Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung ist die Gesundheitsversorgung, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegenüber einer Patientin oder einem Patienten im Sinne von Absatz 5 aus einem anderen Versicherungsmitgliedstaat im Sinne von Artikel 3
Buchstabe c der Richtlinie 2011/24/EU erbracht oder verschrieben wird.
(3) Angehörige der Gesundheitsberufe im Sinne dieses Gesetzes sind Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger für allgemeine Pflege, Zahnärztinnen und -ärzte, Hebammen und Entbindungspfleger oder Apothekerinnen und Apotheker im Sinne der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 von 30. September 2005, S. 22, zuletzt ber. ABl. L 33 vom 3. Februar 2009, S. 49), zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/55/EU (ABl. L 354 vom 28. Dezember 2013, S. 132), in ihrer jeweils geltenden Fassung oder andere Fachkräfte, die im Gesundheitsbereich Tätigkeiten ausüben, die einem reglementierten Beruf im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG vorbehalten sind, oder Personen, die nach den Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland als Angehörige der Gesundheitsberufe gelten.
(4) Gesundheitsdienstleistende im Sinne dieses Gesetzes sind alle natürlichen oder juristischen Personen oder sonstige Einrichtungen, die Gesundheitsdienstleistungen auf der Basis einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis entweder persönlich oder durch bei ihnen beschäftigte Personen gegenüber Patientinnen und Patienten erbringen. Die bei Gesundheitsdienstleistenden beschäftigten Personen gelten selbst nicht als Gesundheitsdienstleistende.
(5) Patientin oder Patient im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche Person, die Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen möchte oder in Anspruch nimmt.
(6) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind solche gemäß der Definition in der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28. November 2001, S. 67), zuletzt geändert durch Richtlinie 2012/26/EU (ABl. L 299 vom 27. Oktober 2012, S. 1), in ihrer jeweils geltenden Fassung.
(7) Medizinprodukte im Sinne dieses Gesetzes sind solche gemäß der Definition in der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte (ABl. L 189 vom 20. Juli 1990, S. 17), zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/47/EG (ABl. L 247 vom 21. September 2007, S. 21), Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169 vom 12. Juli 1993, S. 1, zuletzt ber. ABl. L 72 vom 14. März 2001, S. 8), zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/47/EG (ABl. L 247 vom 21. September 2007, S. 21), oder Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (ABl. L 331 vom 7. Dezember 1998, S. 1, zuletzt ber. ABl. L 124 vom 25. Mai 2000, S. 66), zuletzt geändert durch Richtlinie 2011/100/EU (ABl. L 341 vom 22. Dezember 2011, S. 50), in ihren jeweils geltenden Fassungen.
(8) Verschreibung im Sinne dieses Gesetzes ist die Verschreibung eines Arzneimittels oder eines Medizinprodukts durch eine hierzu berechtigte, einem reglementierten Gesundheitsberuf angehörende Person im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG.
§ 3 Informationspflichten
Gesundheitsdienstleistende stellen für Zwecke der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung in geeigneter Weise einschlägige Informationen in Bezug auf Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit der von ihnen erbrachten Gesundheitsversorgung bereit, um den jeweiligen Patientinnen und Patienten zu helfen, eine sachkundige Entscheidung zu treffen. Sie stellen ferner klare Rechnungen sowie Informationen über ihren Zulassungsstatus, ihren Versicherungsschutz oder andere Formen des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht bereit. Soweit Gesundheitsdienstleistende den in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Patientinnen und Patienten bereits einschlägige Informationen hierzu zur Verfügung stellen, sind sie nach diesem Gesetz nicht verpflichtet, Patientinnen und Patienten aus anderen Mitgliedstaaten ausführlichere Informationen zur Verfügung zu stellen.
§ 4 Haftpflichtversicherung
(1) Gesundheitsdienstleistende, die nicht gemäß § 2
des Heilberufe-Kammergesetzes Mitglied einer Heilberufekammer sind, haben für den Ersatz von Schäden, die durch eine von ihnen gemäß § 630a
des Bürgerlichen Gesetzbuches zugesagte Behandlung entstehen, Vorsorge zu treffen und während ihrer Berufstätigkeit aufrechtzuerhalten. Diese Vorsorge kann nur durch eine Haftpflichtversicherung mit einer für die beruflichen Behandlungsrisiken der oder des jeweiligen Gesundheitsdienstleistenden angemessenen Versicherungssumme oder durch eine entsprechende Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung eines Kreditinstituts erbracht werden.
(2) Die Verpflichtung gemäß Absatz 1 besteht nicht, sofern für den Ersatz der durch eine Behandlung entstehenden Schäden eine im Sinne von Absatz 1 Satz 2 angemessene Betriebshaftpflichtversicherung oder eine im Hinblick auf ihren Zweck gleichwertige Regelung besteht oder die Grundsätze der Amtshaftung greifen.
(3) Heilpraktikerinnen und -praktiker haben das Bestehen einer Vorsorge im Sinne von Absatz 1 auf Verlangen gegenüber dem zuständigen Gesundheitsamt nachzuweisen.
§ 5 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
STUTTGART, den 25. November 2014
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg: |
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KRETSCHMANN |
|
DR. SCHMID |
KREBS |
GALL |
UNTERSTELLER |
STOCH |
BONDE |
STICKELBERGER |
BAUER |
HERMANN |
ALTPETER |
ÖNEY |
DR. SPLETT |
|
ERLER |
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