Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle für die Festsetzung der Krankenhauspflegesätze Vom 5. März 1990
§ 1 Bildung und Aufgaben der Schiedsstelle
(1) Für das Land Baden-Württemberg ist eine Schiedsstelle zu bilden (§ 18 a Abs. 1
KHG). Die Befugnis der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und der Landesverbände der Krankenkassen, jeweils für Teile des Landes Schiedsstellen zu bilden, bleibt unberührt.
(2) Die Schiedsstelle hat die Aufgabe,
1.
die Krankenhauspflegesätze (§ 18 Abs. 4
KHG) und
2.
die Vergütungen für Leistungen der psychiatrischen Institutsambulanzen und der sozialpädiatrischen Zentren (§ 120
Abs. 2 und 4
Fünftes Buch Sozialgesetzbuch)
festzusetzen, soweit eine Vereinbarung der hierfür zuständigen Stellen (Vertragsparteien) nicht zustande gekommen ist.
§ 2 Mitglieder
(1) Die Schiedsstelle besteht aus dem neutralen Vorsitzenden, sechs Vertretern der Krankenhäuser und sechs Vertretern der Krankenkassen.
(2) Der Vorsitzende hat einen Stellvertreter, die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle haben mindestens zwei und höchstens drei Stellvertreter. Der Stellvertreter hat bei Verhinderung des Mitglieds dessen Rechte und Pflichten.
(3) Mitglieder der Schiedsstelle können auch Personen sein, die bei einer Vertragspartei gegen Entgelt beschäftigt oder bei dieser als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrats oder eines gleichartigen Organs tätig sind.
§ 3 Bestellung der Mitglieder
(1) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden von den beteiligten Organisationen im Sinne des § 18 a Abs. 2 Satz 4
KHG (beteiligte Organisationen) gemeinsam bestellt. Kommt die Bestellung bis spätestens zwei Monate vor Beginn der neuen Amtsperiode (§ 4 Abs. 2) oder nach einem vorzeitigen Ausscheiden nicht zustande, so wird sie vom Sozialministerium vorgenommen; dies gilt nicht, wenn die beteiligten Organisationen die Bestellung vornehmen, bevor das Sozialministerium entschieden hat.
(2) Die Vertreter der Krankenhäuser und ihre Stellvertreter werden von der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft bestellt.
(3) Die Vertreter der Krankenkassen und ihre Stellvertreter werden wie folgt bestellt:
Es bestellen je ein Mitglied und dessen Stellvertreter
1.
die AOK Baden-Württemberg,
2.
der Verband der Angestellten-Krankenkassen und der AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband, Landesvertretung Baden-Württemberg, gemeinsam,
3.
der Landesverband der Betriebskrankenkassen,
4.
der IKK-Landesverband,
5.
die landwirtschaftlichen Krankenkassen und die Bundesknappschaft gemeinsam,
6.
der Landesausschuß Baden-Württemberg des Verbands der privaten Krankenversicherung.
(4) Die Bestellung bedarf des Einverständnisses des Betroffenen und der Schriftform.
(5) Die Bestellung ist der Geschäftsstelle (§ 11) schriftlich mitzuteilen. Diese unterrichtet schriftlich die beteiligten Organisationen und das Sozialministerium.
§ 4 Amtsperiode
(1) Eine Amtsperiode der Schiedsstelle beträgt vier Jahre.
(2) Die Amtszeit des Vorsitzenden und seines Stellvertreters beträgt zwei Jahre. Die beteiligten Organisationen können den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter mit der Maßgabe bestellen, daß nach Ablauf der Amtszeit der eine die Funktion des anderen übernimmt. Sie können diese Bestellung nur gemeinsam ändern.
(3) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und ihr Stellvertreter werden für die Dauer der Amtsperiode der Schiedsstelle bestellt.
(4) Scheidet ein Mitglied oder ein Stellvertreter vor Ablauf der für ihn maßgebenden Amtszeit aus, so wird der Nachfolger für den Rest der Amtszeit bestellt.
(5) Erneute Bestellung ist möglich.
§ 5 Abberufung und Amtsniederlegung
(1) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter können von den beteiligten Organisationen gemeinsam abberufen werden. Wurde der Betroffene vom Land bestellt (§ 3 Abs. 1 Satz 2), so wird die Abberufung erst mit der Bestellung des Nachfolgers wirksam. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter können auf Antrag einer der beteiligten Organisationen aus wichtigem Grund auch vom Sozialministerium abberufen werden.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter können von den Organisationen abberufen werden, die sie bestellt haben.
(3) Der Betroffene ist vor der Abberufung anzuhören. Will das Land abberufen, so sind auch die übrigen beteiligten Organisationen anzuhören. Die Abberufung bedarf der Schriftform. Sie ist der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen.
(4) Die Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter können durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle ihr Amt niederlegen.
(5) Die Geschäftsstelle unterrichtet die beteiligten Organisationen und das Sozialministerium schriftlich von der Abberufung und der Niederlegung des Amtes.
§ 6 Amtsführung
(1) Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind in der Ausübung ihres Amtes an Weisungen nicht gebunden.
(2) Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen der Schiedsstelle teilzunehmen.
(3) Ein an der Teilnahme verhindertes Mitglied muß unverzüglich nach Bekanntgabe des Sitzungstermins einen seiner Stellvertreter zur Teilnahme an der Sitzung auffordern und die Verhinderung sowie den Stellvertreter der Geschäftsstelle mitteilen. In der Einladung soll auf diese Pflicht hingewiesen werden.
§ 7 Antrag
(1) Das Schiedsverfahren beginnt mit dem schriftlichen Antrag einer Vertragspartei, über die Gegenstände zu entscheiden, über die eine Vereinbarung nicht zustande gekommen ist. Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle einzureichen.
(2) Der Antrag hat die Vertragsparteien zu bezeichnen, den Sachverhalt und das Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen darzulegen sowie die Gegenstände aufzuführen, über die eine Vereinbarung nicht zustande gekommen ist. Die vom Krankenhaus in den Verhandlungen vorgelegte Leistungs- und Kalkulationsaufstellung sowie die sonstigen Unterlagen sind beizufügen.
(3) Auf Verlangen des Vorsitzenden ist eine Vertragspartei verpflichtet, zusätzliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, die für die Entscheidung der Schiedsstelle erforderlich sind.
§ 8 Vorbereitung und Leitung der Sitzungen
(1) Der Vorsitzende legt Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzungen der Schiedsstelle fest.
(2) Von dem Termin jeder Sitzung sollen die Mitglieder der Schiedsstelle möglichst drei Wochen vorher in Kenntnis gesetzt werden. Die Einladung selbst muß spätestens zwei Wochen vor der Sitzung zur Post gegeben werden. Sie enthält die Angabe von Ort und Zeit sowie die Tagesordnung und die Beratungsunterlagen.
(3) Die Sitzungen der Schiedsstelle werden von dem Vorsitzenden vorbereitet und geleitet.
§ 9 Mündliche Verhandlung
(1) Die Schiedsstelle entscheidet über den Antrag (§ 7 Abs. 1) auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Zu der mündlichen Verhandlung sind die Vertragsparteien zu laden. In Verfahren zur Festsetzung des Krankenhauspflegesatzes sind auch die Beteiligten im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2
KHG (Beteiligte) zu laden. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche. Es kann in Abwesenheit von Vertragsparteien und Beteiligten verhandelt werden, wenn in der Ladung darauf hingewiesen worden ist.
(3) Die mündliche Verhandlung ist nichtöffentlich. Stellvertretende Mitglieder der Schiedsstelle können als Zuhörer teilnehmen. Der Vorsitzende kann weitere Zuhörer zulassen.
(4) Die Schiedsstelle kann Zeugen und Sachverständige hinzuziehen.
(5) Über die mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift nach Maßgabe von § 93
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes zu fertigen.
§ 10 Beratung und Entscheidung
(1) Die Schiedsstelle ist beschlußfähig, wenn neben dem Vorsitzenden mindestens sechs Mitglieder anwesend sind.
(2) Die Schiedsstelle berät und entscheidet nichtöffentlich. Entschieden wird mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder. Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Ergibt sich keine Mehrheit, so gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(3) Die Entscheidung ist schriftlich zu erlassen und zu begründen sowie vom Vorsitzenden zu unterzeichnen. Sie ist den Vertragsparteien zuzuleiten. In Verfahren zur Festsetzung des Krankenhauspflegesatzes ist die Entscheidung auch den Beteiligten und der für die Genehmigung des Pflegesatzes zuständigen Landesbehörde zuzuleiten.
§ 11 Geschäftsstelle
(1) Für die Schiedsstelle wird eine Geschäftsstelle eingerichtet.
(2) Die Geschäftsstelle wird in zweijährigem Wechsel bei der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und dem AOK-Landesverband Baden-Württemberg geführt.
(3) Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle unterliegen den Weisungen des Vorsitzenden der Schiedsstelle.
§ 12 Entschädigung
(1) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter erhalten Reisekosten nach den für Beamte des Landes geltenden reisekostenrechtlichen Vorschriften nach der Reisekostenstufe C. Für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand erhalten sie einen Pauschalbetrag, dessen Höhe die beteiligten Organisationen gemeinsam festlegen. Kommt eine Regelung nicht zustande, so wird der Pauschalbetrag auf Antrag einer der beteiligten Organisationen vom Sozialministerium festgesetzt.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle erhalten Reisekosten sowie Ersatz für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand von den Organisationen, die sie bestellt haben, nach deren Regelungen.
(3) Sachverständige und Zeugen erhalten eine Entschädigung entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen.
(4) Ansprüche auf Entschädigung nach den Absätzen 1 und 3 sind bei der Geschäftsstelle geltend zu machen.
§ 13 Kosten
(1) Das Verfahren der Schiedsstelle ist unentgeltlich.
(2) Die Kosten der Schiedsstelle einschließlich der Geschäftsstelle tragen die beteiligten Organisationen als Gesamtschuldner, untereinander nach dem Verhältnis der Anzahl der von ihnen zu bestellenden Vertreter. § 12 Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 14 Übergangsvorschrift
(1) Die im Jahre 1990 beginnende Amtsperiode der Schiedsstelle (§ 4 Abs. 1) endet am 31. Dezember 1993. Die Amtszeit des ersten innerhalb dieser Amtsperiode zu bestellenden Vorsitzenden und seines Stellvertreters endet am 31. Dezember 1991. Die Amtszeit der übrigen Mitglieder und ihrer Stellvertreter endet am 31. Dezember 1993.
(2) Für die im Jahre 1990 beginnende Amtsperiode der Schiedsstelle müssen der Vorsitzende und sein Stellvertreter bis zum 31. März 1990 bestellt werden. Kommt die Bestellung bis dahin nicht zustande, so wird sie gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 vom Sozialministerium vorgenommen.
(3) Die Geschäftsstelle wird für die im Jahre 1990 beginnende Amtsperiode bei der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft bis zum 31. Dezember 1991 geführt.
(4) Vor Inkrafttreten dieser Verordnung anhängig gewordene Schiedsverfahren gehen auf die neu gebildete Schiedsstelle über. Hat die bisher zuständige Schiedsstelle vor Inkrafttreten dieser Verordnung schon entschieden, die Entscheidung aber noch nicht schriftlich erlassen und zugestellt, so bleibt sie hierfür zuständig.
§ 15 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. März 1990 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstellen für die Festsetzung der Krankenhauspflegesätze vom 3. Februar 1986 (GBl. S. 29), geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 1989 (GBl. S. 555), außer Kraft.
Stuttgart, den 5. März 1990
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:
Späth
Dr. Engler
Schaufler
Schlee
Dr. Eyrich
Schäfer
Mayer-Vorfelder
Dr. Palm
Dr. Vetter
Baumhauer
Gönnenwein
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