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DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle in Jugendhilfeangelegenheiten (Jugendhilfe-Schiedsstellenverordnung) Vom 18. Januar 1999

§ 1 Bildung und Aufgabe der Schiedsstelle

(1) Für das Land Baden-Württemberg wird eine Schiedsstelle gebildet (§ 78 g
Abs. 4 SGB VIII).
(2) Die Schiedsstelle entscheidet in den ihr nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch zugewiesenen Angelegenheiten.

§ 2 Mitglieder

(1) Die Schiedsstelle besteht aus einer unparteiischen Person, die den Vorsitz führt (vorsitzende Person), fünf Personen zur Vertretung der Träger von Einrichtungen der Jugendhilfe in freigemeinnütziger, kommunaler und privatgewerblicher Trägerschaft sowie fünf Personen zur Vertretung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
(2) Die vorsitzende Person hat eine Person, die übrigen Mitglieder haben mindestens zwei und höchstens drei Personen zu ihrer Stellvertretung. Wer die Stellvertretung wahrnimmt, hat bei Verhinderung des Mitglieds dessen Rechte und Pflichten.

§ 3 Bestellung der Mitglieder

(1) Die vorsitzende Person und die Person zu ihrer Stellvertretung werden von den beteiligten Organisationen (§ 78 g
Abs. 1 SGB VIII) gemeinsam bestellt. Kommt keine Einigung zustande, werden sie durch Los bestimmt. Soweit beteiligte Organisationen keine Person zu ihrer Vertretung bestellen oder keinen Kandidaten für das Amt der vorsitzenden Person benennen, bestellt das Sozialministerium (Ministerium) auf Antrag einer der beteiligten Organisationen die Personen, die die Vertretung wahrnehmen, und benennt die Kandidaten.
(2) Die Bestellung bedarf des Einverständnisses der zu bestellenden Person und der Schriftform.
(3) Die Bestellung ist der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen; sie wird mit Eingang bei der Geschäftsstelle wirksam. Diese unterrichtet schriftlich die beteiligten Organisationen und das Ministerium.

§ 4 Amtsperiode

(1) Eine Amtsperiode der Schiedsstelle beträgt vier Jahre.
(2) Die Amtszeit der vorsitzenden Person und der Person zu ihrer Stellvertretung beträgt zwei Jahre. Die beteiligten Organisationen können die vorsitzende Person und die Person zu deren Stellvertretung mit der Maßgabe bestellen, dass nach Ablauf der Amtszeit jede die Funktion der anderen übernimmt. Die beteiligten Organisationen können die Bestellung nur gemeinsam ändern.
(3) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zu ihrer Stellvertretung bestellt sind, werden für die Dauer der Amtsperiode der Schiedsstelle bestellt.
(4) Scheidet ein Mitglied oder eine Person, die zur Stellvertretung bestellt ist, vor Ablauf der maßgebenden Amtszeit aus, wird die nachfolgende Person für den Rest der Amtszeit bestellt.
(5) Erneute Bestellung ist möglich.

§ 5 Abberufung und Amtsniederlegung

(1) Die vorsitzende Person und die Person zu ihrer Stellvertretung können von den beteiligten Organisationen gemeinsam abberufen werden. Sie können auf Antrag einer der beteiligten Organisationen aus wichtigem Grund vom Ministerium abberufen werden.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zu deren Stellvertretung bestellt sind, können von den Organisationen abberufen werden, für die sie bestellt worden sind. Die Abberufung einer Person, die vom Ministerium bestellt worden ist, wird erst mit der Bestellung der nachfolgenden Person wirksam.
(3) Wer abberufen werden soll, ist zuvor anzuhören. Will das Ministerium nach Absatz 1 Satz 2 abberufen, so sind auch die beteiligten Organisationen anzuhören. Die Abberufung bedarf der Schriftform. Sie ist auch der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen.
(4) Die Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zu ihrer Stellvertretung bestellt sind, können durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle ihr Amt niederlegen.
(5) Die Geschäftsstelle unterrichtet die beteiligten Organisationen und das Ministerium schriftlich von der Abberufung und der Niederlegung des Amtes. Eine Abberufung und eine Amtsniederlegung werden mit dem Eingang des Schriftstücks bei der Geschäftsstelle wirksam; Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

§ 6 Amtsführung

(1) Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind in der Ausübung ihres Amtes an Weisungen nicht gebunden.
(2) Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen der Schiedsstelle teilzunehmen.
(3) Ein an der Teilnahme verhindertes Mitglied muss unverzüglich nach Bekanntgabe des Sitzungstermins eine Person, die zu seiner Stellvertretung bestellt ist, zur Teilnahme an der Sitzung auffordern und seine Verhinderung sowie die Person, die die Stellvertretung wahrnehmen soll, der Geschäftsstelle mitteilen. In der Einladung soll auf diese Pflicht hingewiesen werden.

§ 7 Geschäftsführung

Die Schiedsstelle kann sich eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Zustimmung des Ministeriums.

§ 8 Antrag

(1) Das Schiedsverfahren beginnt mit dem schriftlichen Antrag einer Vertragspartei. Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle einzureichen.
(2) Der Antrag hat die Vertragsparteien zu bezeichnen, den Sachverhalt und das Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen darzulegen sowie die Gegenstände aufzuführen, über die eine Vereinbarung nicht zustande gekommen ist; er soll ein bestimmtes Begehren enthalten. Die zur Begründung des Antrags dienenden Nachweise und sonstigen Unterlagen sind beizufügen.
(3) Auf Verlangen der vorsitzenden Person ist eine Vertragspartei verpflichtet, zusätzliche Unterlagen vorzulegen und die Auskünfte zu erteilen, die für die Entscheidung der Schiedsstelle erforderlich sind.

§ 9 Vorbereitung und Leitung der Sitzungen

(1) Die vorsitzende Person legt Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzungen der Schiedsstelle fest.
(2) Von dem Termin jeder Sitzung sollen die Mitglieder der Schiedsstelle möglichst drei Wochen vorher in Kenntnis gesetzt werden. Die Einladung selbst muss spätestens zwei Wochen vor der Sitzung zur Post gegeben werden. Sie enthält die Angaben von Ort und Zeit sowie die Tagesordnung und die Beratungsunterlagen.

§ 10 Mündliche Verhandlung

(1) Die Schiedsstelle entscheidet über den Antrag unverzüglich auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Zu der mündlichen Verhandlung sind die Vertragsparteien zu laden. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche. Es kann in Abwesenheit der Vertragsparteien verhandelt werden, wenn in der Ladung darauf hingewiesen worden ist.
(3) Die mündliche Verhandlung ist nichtöffentlich. Stellvertretende Mitglieder der Schiedsstelle können als Zuhörer ohne Rederecht teilnehmen. Die Sitzungsteilnehmer sind zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet.
(4) Die Schiedsstelle kann Zeugen und Sachverständige hinzuziehen.
(5) Über die mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift zu fertigen. Die Niederschrift muss Angaben enthalten über
1.
den Ort und den Tag der Sitzung, 2.
die Namen der vorsitzenden Person und der anwesenden Mitglieder,
3.
den behandelten Gegenstand und die gestellten Anträge.

§ 11 Beratung und Entscheidung

(1) Die Schiedsstelle ist beschlussfähig, wenn neben der vorsitzenden Person mindestens je drei Personen anwesend sind, die die Leistungsträger und die Einrichtungen vertreten.
(2) Die Schiedsstelle berät und entscheidet nichtöffentlich in Abwesenheit der Vertragsparteien. § 10 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. Entschieden wird mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder; jedes Mitglied hat eine Stimme. Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Ergibt sich keine Mehrheit, so gibt die Stimme der vorsitzenden Person den Ausschlag.
(3) Die Entscheidung ist schriftlich zu erlassen und zu begründen sowie von der vorsitzenden Person zu unterzeichnen. Sie ist den Vertragsparteien zuzustellen.

§ 12 Geschäftsstelle

(1) Für die Schiedsstelle wird von den beteiligten Organisationen eine Geschäftsstelle eingerichtet. Das Nähere zu Ort und Geschäftsführung legen sie gemeinsam fest. Sie können Festlegungen nur gemeinsam ändern oder aufheben. Die Festlegungen bedürfen der Zustimmung des Ministeriums.
(2) Wer in der Geschäftsstelle mitarbeitet, unterliegt den Weisungen der vorsitzenden Person.

§ 13 Entschädigung

(1) Die vorsitzende Person und die Person zu ihrer Stellvertretung erhalten Reisekostenerstattung nach den für Beamte des Landes geltenden reisekostenrechtlichen Vorschriften. Für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand erhalten sie einen Pauschalbetrag, dessen Höhe die beteiligten Organisationen gemeinsam festlegen. Kommt eine Regelung nicht zustande, so wird der Pauschalbetrag auf Antrag einer der beteiligten Organisationen vom Ministerium festgesetzt.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle erhalten Reisekostenerstattung sowie Ersatz für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand von den Organisationen, die sie bestellt haben, nach deren Regelungen.
(3) Sachverständige und Zeugen erhalten Entschädigungen entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen.
(4) Ansprüche auf Entschädigung nach den Absätzen 1 und 3 sind bei der Geschäftsstelle geltend zu machen.

§ 14 Kosten

(1) Für das Verfahren der Schiedsstelle erhebt die Geschäftsstelle Gebühren. Das Nähere hierzu, insbesondere zum Mindestbetrag und Höchstbetrag, zur Auferlegung auf die Vertragsparteien und die Bemessungsmaßstäbe, legen die beteiligten Organisationen gemeinsam fest. Sie können Festlegungen nur gemeinsam ändern oder aufheben. Die Festlegungen bedürfen der Zustimmung des Ministeriums.
(2) Die durch die Gebühren nicht gedeckten Kosten der Schiedsstelle einschließlich der Geschäftsstelle tragen die beteiligten Organisationen als Gesamtschuldner, untereinander nach dem Verhältnis der Anzahl der von ihnen zu bestellenden Vertreter. § 13 Abs. 2 bleibt unberührt.

§ 15 Rechtsaufsicht

Die Schiedsstelle untersteht der Rechtsaufsicht des Ministeriums.

§ 16 Inkrafttreten, Übergangsvorschrift

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Die erste Amtsperiode der Schiedsstelle beginnt am 1. Januar 1999; die vorsitzende Person muss innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten bestellt sein.
Stuttgart, den 18. Januar 1999

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Teufel Dr. Döring Dr. Palmer Dr. Schäuble Dr. Schavan
von Trotha Dr. Goll Stratthaus Staiblin Dr. Repnik Müller
Stächele Dr. Mehrländer
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