LDSG-JB
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Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten bei der Verarbeitung durch die Justizbehörden des Landes zu Zwecken der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten oder zum Zwecke der Strafvollstreckung sowie durch die Behörden des Landes zum Zwecke der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (Landesdatenschutzgesetz für Justiz- und Bußgeldbehörden - LDSG-JB) Vom 21. Mai 2019

§ 1 Zweck

(1) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4. 5. 2016, S. 89, ber. ABl. L 127 vom 23. 5. 2018, S. 9) für den Geschäftsbereich des Justizministeriums.
(2) Dieses Gesetz dient zudem der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 für den Geschäftsbereich anderer zuständiger Behörden des Landes, soweit sie personenbezogene Daten zur Verfolgung und Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten oder zur Vollstreckung von Geldbußen verarbeiten.

§ 2 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die verantwortlichen Stellen im Geschäftsbereich des Justizministeriums, soweit sie personenbezogene Daten in Verwaltungsangelegenheiten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung Verfolgung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten oder zum Zwecke der Strafvollstreckung oder zur Vollstreckung von Geldbußen verarbeiten. Verantwortliche Stellen nach Satz 1 sind:
1.
die ordentlichen Gerichte des Landes, 2.
die Staatsanwaltschaften des Landes, 3.
die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen,
4.
die Behörden des Landes, die für die Vollstreckung von Strafen, von Maßnahmen nach § 11 Absatz 1 Nummer 8
des Strafgesetzbuches, von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz zuständig sind,
5.
das Justizministerium als Aufsichtsbehörde über die Stellen nach Nummer 1 bis 4.
Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten auch, wenn andere zuständige Behörden und sonstige Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige der Aufsicht des Landes unterstehende juristische Personen des öffentlichen Rechts personenbezogene Daten zur Verfolgung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten oder zur Vollstreckung von Geldbußen verarbeiten. Sie sind insoweit verantwortliche Stellen nach Satz 1.
(2) §§ 8 und 9 gelten für die Stellen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 auch, soweit sie nicht in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden.
(3) Soweit die verantwortlichen Stellen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b
des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) nicht in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden, tritt an die Stelle der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit die Aufsichtsbehörde nach § 8 Absatz 1 Satz 1 dieses Gesetzes.
(4) § 6 gilt für alle verantwortlichen Stellen im Geschäftsbereich des Justizministeriums, auch soweit sie personenbezogene Daten zu anderen als den in Absatz 1 Satz 1 genannten Zwecken verarbeiten.
(5) Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie den Vorschriften dieses Gesetzes vor.

§ 3 Anwendung der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten die Vorschriften für die öffentlichen Stellen nach §§ 3, 5 bis 7 und 46 bis 81 und 83
BDSG entsprechend für die verantwortlichen Stellen nach § 2 Absatz 1 und 4 mit der Maßgabe, dass an die Stelle der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit die Aufsichtsbehörde nach § 8 Absatz 1 Satz 1 tritt.
(2) Im Rahmen der Zusammenarbeit nach § 68 BDSG ist die verantwortliche Stelle verpflichtet, die Landesbeauftragte für den Datenschutz oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz rechtzeitig bei der Ausarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu beteiligen, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen.

§ 4 Übermittlung personenbezogener Daten

(1) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten trägt die übermittelnde öffentliche Stelle. Erfolgt die Übermittlung an eine öffentliche Stelle im Geltungsbereich des Grundgesetzes auf deren Ersuchen, trägt diese die Verantwortung und erteilt erforderlichenfalls die Informationen nach
Artikel 14 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4. 5. 2016, S. 1, zuletzt ber. ABl. L 127 vom 23. 5. 2018, S. 2). Die übermittelnde öffentliche Stelle hat im Falle des Satz 2 lediglich zu prüfen, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der ersuchenden öffentlichen Stelle liegt. Die Rechtmäßigkeit des Ersuchens prüft sie nur, wenn im Einzelfall hierzu Anlass besteht.
(2) Die verantwortliche Stelle prüft vor einer Übermittlung von personenbezogenen Daten, soweit durchführbar, deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität. Sie teilt der empfangenden Stelle nach Möglichkeit zugleich die erforderlichen Informationen mit, die es der empfangenden Stelle ermöglichen, Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität und Zuverlässigkeit der personenbezogenen Daten selbst zu beurteilen.

§ 5 Datenverarbeitung unter Einsatz von Videotechnik in Vorführbereichen von Gerichtsgebäuden

(1) Als Vorführbereiche nach diesem Gesetz gelten Vorführzellen sowie sämtliche nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Bereiche eines Gerichts vom Bereich für den An- und Abtransport von Gefangenen über den Vorführzellenbereich bis vor den Verhandlungssaal, soweit diese Bereiche der Gefangenenvorführung dienen.
(2) Auf Anordnung des Vorstands des für den Vorführbereich zuständigen Gerichts
1.
können Vorführzellen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben der oder des Gefangenen, des zur Gefangenenvorführung eingesetzten Personals oder Dritter sowie zur Verhinderung von erheblichen Straftaten mittels Videotechnik beobachtet werden; die Anfertigung von Videoaufzeichnungen ist nicht zulässig;
2.
kann der übrige Vorführbereich mittels Videotechnik beobachtet und aufgezeichnet werden, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten begangenen werden sollen, durch die Personen, Gebäude oder darin befindliche Sachen gefährdet sind.
Eine Anordnung nach Satz 1 kann nicht getroffen werden, soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Die Anfertigung von Tonaufnahmen ist unzulässig. Beginn, Unterbrechung und Abbruch der Videobeobachtungen und -aufzeichnungen sind zu dokumentieren.
(3) Bei Gefahr im Verzug kann der Einsatz von Videotechnik nach Absatz 2 auch ohne Anordnung des Gerichtsvorstandes erfolgen.
(4) Die Verarbeitung von Daten mittels Videotechnik nach diesem Gesetz darf auch erfolgen, wenn Personen, hinsichtlich derer die Voraussetzungen der Datenerhebung nicht vorliegen, unvermeidbar betroffen werden. Werden die durch Videotechnik erhobenen Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so ist diese über eine weitere Verarbeitung gemäß § 56
BDSG zu benachrichtigen. Zum Zweck der Strafverfolgung ist die Übermittlung der erhobenen Daten an die für die Strafverfolgung zuständigen Stellen zulässig.
(5) Die Videoaufzeichnungen nach Absatz 2 Nummer 2 und daraus gefertigte oder sich auf die Videoüberwachung beziehende Unterlagen sind unverzüglich, spätestens jedoch vier Wochen nach der Datenerhebung zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen benötigt werden. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Unterbleibt eine Löschung zunächst aufgrund der Notwendigkeit der Daten für die Verfolgung von Straftaten oder Geltendmachung von Rechtsansprüchen nach Satz 1 und fällt diese Notwendigkeit der weiteren Speicherung zu einem späteren Zeitpunkt weg, sind die Daten unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von vier Wochen nach Feststellung des Wegfalls zu löschen.
(6) Auf den Einsatz von Videotechnik ist durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt unter Angabe der Informationen nach § 55 Nummer 1 bis 5 und § 56 Absatz 1 Nummer 1 bis 5
BDSG in Verbindung mit § 3 Absatz 1 dieses Gesetzes hinzuweisen.

§ 6 Verwendung mobiler Alarmgeräte durch Justizbedienstete

(1) Justizbedienstete können bei einer dringenden Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit ausschließlich zu ihrem Schutz mittels mobiler Alarmgeräte Tonaufnahmen am Einsatzort anfertigen und an eine vom Justizministerium bestimmte Leitstelle übermitteln. Dies ist auch dann zulässig, wenn sich der Einsatzort in einer Wohnung befindet. Die Maßnahme darf verdeckt durchgeführt werden, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wäre, wenn die betroffene Person bei Beginn oder im Verlauf der Maßnahme darüber informiert würde. Die Tonaufzeichnungen und deren Übermittlung an eine vom Justizministerium bestimmte Leitstelle sind unverzüglich zu unterbrechen, sobald die dringende Gefahr nicht mehr besteht.
(2) Die vom Justizministerium bestimmte Leitstelle kann die übermittelten Tonaufnahmen nach vorheriger Prüfung zu demselben Zweck speichern und bei Vorliegen einer dringenden Gefahr eine Tonverbindung zum Mithören durch die Polizei herstellen. Das Justizministerium kann sich zum Zwecke der Einrichtung und des Betriebs der Leitstelle eines privaten Anbieters im Rahmen der Auftragsverarbeitung bedienen.
(3) Soweit die Tonaufnahmen nach Absatz 1 und 2 in einer Wohnung angefertigt werden, müssen diese durch die verantwortlichen Stellen zur Sicherung der Zweckbindung entsprechend gekennzeichnet werden.
(4) Die vom Justizministerium bestimmte Leitstelle unterrichtet die betroffenen Personen über die Anfertigung, Speicherung und Übermittlung von Tonaufzeichnungen nach Absatz 1 und 2, sobald keine dringende Gefahr im Sinne des Absatz 1 Satz 1 mehr vorliegt und sich durch die Unterrichtung keine weitere dringende Gefahr im Sinne des Absatz 1 Satz 1 ergibt.
(5) Soweit eine Speicherung der Tonaufnahmen durch die vom Justizministerium bestimmte Leitstelle erfolgt und keine dringende Gefahr im Sinne des Absatz 1 Satz 1 mehr vorliegt, sind diese Tonaufnahmen zu sperren. Sie dürfen nur noch zur Unterrichtung der betroffenen Personen, für die Kontrolle seitens der oder des Datenschutzbeauftragten, der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie zur gerichtlichen Kontrolle verwendet werden. Nach Ablauf von einem Jahr nach der Unterrichtung der betroffenen Personen sind die Tonaufnahmen zu löschen, soweit bis dahin kein gerichtliches Verfahren im Hinblick auf die Anfertigung, Speicherung oder Übermittlung von Tonaufzeichnungen nach Absatz 1 oder 2 anhängig ist. Ist ein derartiges gerichtliches Verfahren anhängig, so sind die Tonaufnahmen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu löschen.
(6) Soweit die Verordnung (EU) 2016/679 auf Absatz 1 bis 5 anwendbar ist, gilt anstelle der §§ 2 und 3 sowie 7 bis 9 ergänzend das Landesdatenschutzgesetz.

§ 7 Datengeheimnis

(1) Den bei den verantwortlichen Stellen beschäftigten Personen ist es untersagt, personenbezogene Daten unbefugt zu verarbeiten (Datengeheimnis). Personen, die keine Amtsträgerin oder Amtsträger sind, sind bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), das durch § 1 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. S. 1942) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort.
(2) Alle bei den verantwortlichen Stellen beschäftigten Personen dürfen sich von personenbezogenen Daten Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung gebotene Zusammenarbeit aller Bediensteten erforderlich ist. Von personenbezogenen Daten besonderer Kategorien dürfen sie sich nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist.

§ 8 Aufgaben der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz

(1) Die verantwortlichen Stellen unterliegen im Geltungsbereich dieses Gesetzes der Aufsicht der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz. Sie oder er ist datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde nach Artikel 45 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680. Für sie oder ihn gelten die §§ 20 bis 24
des Landesdatenschutzgesetzes entsprechend.
(2) Der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz obliegt die Aufgabe,
1.
die Durchsetzung des Datenschutzrechts bei den verantwortlichen Stellen zu überwachen;
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die verantwortlichen Stellen zu sensibilisieren und darüber aufzuklären;
3.
den Landtag, die Landesregierung und andere Einrichtungen und Gremien zu legislativen und administrativen Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die verantwortlichen Stellen zu beraten;
4.
die verantwortlichen Stellen und deren Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz entstehenden Pflichten zu sensibilisieren;
5.
auf Antrag einer betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte nach den §§ 55 bis 61
BDSG bereitzustellen; hierfür arbeitet sie oder er erforderlichenfalls mit datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten zusammen;
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person zu befassen, den Beschwerdegegenstand in angemessenem Umfang zu untersuchen und die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde erforderlich ist;
7.
die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach § 56 Absatz 4, § 57 Absatz 7 und § 58 Absatz 7
BDSG zu überprüfen und die betroffene Person innerhalb einer angemessenen Frist über das Ergebnis der Überprüfung nach § 57 Absatz 7 zu unterrichten oder ihr die Gründe mitzuteilen, aus denen eine Überprüfung nicht vorgenommen wurde;
8.
mit anderen datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 zu gewährleisten;
9.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde;
10.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie;
11.
Beratung in Bezug auf die in § 69 BDSG genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
12.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
(3) Die Aufgaben nach Absatz 2 werden für die betroffene Person und für die oder den Datenschutzbeauftragten nach § 5 Absatz 1 Satz 1
BDSG entgeltfrei wahrgenommen. Dies gilt nicht bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere wegen häufiger Wiederholung exzessiven Anträgen. In diesen Fällen kann die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz eine Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten erheben oder die Bearbeitung des Antrags verweigern.

§ 9 Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz

(1) Der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ist von der verantwortlichen Stelle und gegebenenfalls deren Auftragsverarbeiter Zugang zu allen personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden, einzuräumen. Ihr oder ihm sind alle Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben nach § 8 erforderlich sind, zu erteilen.
(2) Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz kann
1.
eine verantwortliche Stelle oder einen Auftragsverarbeiter warnen, dass beabsichtigte Verarbeitungsvorgänge voraussichtlich gegen geltendes Recht verstoßen, und bereits begangene Verstöße beanstanden,
2.
eine verantwortliche Stelle oder einen Auftragsverarbeiter anweisen, Verarbeitungsvorgänge, erforderlichenfalls auf bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraums, mit datenschutzrechtlichen Vorschriften in Einklang zu bringen, insbesondere durch die Anordnung der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder Einschränkung der Verarbeitung, oder
3.
eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, verhängen.
(3) Stellt die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften oder sonstige Mängel bei der Verarbeitung personenbezogener Daten fest oder erhält sie oder er Kenntnis von Verstößen durch beabsichtigte Verarbeitungsvorgänge, teilt sie oder er dies vor Inanspruchnahme der Befugnisse nach Absatz 2 der zuständigen Rechts- oder Fachaufsichtsbehörde, im Fall der verantwortlichen Stellen nach § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 und Absatz 4 dem Justizministerium mit und gibt Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer von ihr oder ihm zu bestimmenden angemessenen Frist. Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz kann von einer Gelegenheit zur Stellungnahme absehen, wenn
1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht oder
3.
es sich um unerhebliche oder inzwischen beseitigte Mängel handelt oder deren zeitnahe Beseitigung zugesichert wird.
Die Stellungnahme soll gegebenenfalls auch eine Darstellung der Maßnahmen enthalten, die aufgrund der Mitteilung nach Satz 1 getroffen worden sind.
(4) Im Rahmen der Aufsicht über die verantwortlichen Stellen nach § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 bestehen die Befugnisse nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 nur, soweit diese Stellen in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden; keine Verwaltungsangelegenheiten sind insbesondere die staatsanwaltlichen Entscheidungen und diese vorbereitende oder ausführende Maßnahmen im Rahmen eines Ermittlungs-, Straf- oder Strafvollstreckungsverfahrens, auch soweit jene die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffen. Satz 1 gilt auch für die entsprechenden Entscheidungen und Maßnahmen in Verfahren zur Ermittlung von Straftaten, die durch Stellen nach § 2 Absatz 1 Satz 3 getroffen werden.
(5) Über ihre oder seine Tätigkeit erstellt die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz jährlich einen Bericht und übermittelt diesen dem Landtag, der Landesregierung oder anderen Stellen, deren Aufgabenbereich berührt ist. Der Bericht kann die Arten der gemeldeten Verstöße und die Arten der von den verantwortlichen Stellen getroffenen Maßnahmen, einschließlich der verhängten Sanktionen, enthalten. Er wird veröffentlicht und der Europäischen Kommission und dem Europäischen Datenschutzausschuss nach
Artikel 68 der Verordnung (EU) 2016/679 zugänglich gemacht.

§ 10 Strafvorschrift

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1.
unbefugt von diesem Gesetz geschützte personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,
a)
speichert, nutzt, verändert, übermittelt oder löscht,
b)
zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält oder
c)
abruft oder sich oder einem anderen aus Dateien verschafft oder
2.
die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die durch dieses Gesetz geschützt werden und nicht offenkundig sind, durch unrichtige Angaben erschleicht
und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind die betroffene Person, die verantwortliche Stelle, der Auftragsverarbeiter, die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Aufsichtsbehörden.

§ 11 Übergangsvorschrift

Automatisierte Verarbeitungssysteme, die vor dem 6. Mai 2016 eingerichtet worden sind und deren Anpassung an die Anforderungen dieses Gesetzes mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, werden spätestens bis zum 6. Mai 2023 mit den Vorgaben dieses Gesetzes in Einklang gebracht. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt § 9 Absatz 3 Nummer 7
des Landesdatenschutzgesetzes in der am 20. Juni 2018 geltenden Fassung weiter.
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