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DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz zu dem Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs Vom 16. März 2010

Artikel 1 Zustimmung zu dem Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs

Dem am 18. Januar 2010 unterzeichneten Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs sowie dem dazugehörigen Schlussprotokoll vom gleichen Tage wird zugestimmt. Der Vertrag und das Schlussprotokoll werden nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2 Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
(2) Der Tag, an dem der Vertrag und das Schlussprotokoll nach Artikel 14 dieses Vertrags in Kraft treten, ist im Gesetzblatt bekannt zu geben.*
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Stuttgart, den 16. März 2010

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Mappus

Prof. Dr. Goll

Rau

Prof. Dr. Reinhart

Rech

Prof'in Dr. Schick

Prof. Dr. Frankenberg

Köberle

Dr. Stolz

Gönner

Drautz

Fußnoten

*
[Entsprechend der Bekanntmachung vom 22. April 2010 (GBl. S. 414) ist der Vertrag nach seinem Artikel 14 am 22. April 2010 in Kraft getreten.]

Vertrag

Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs vom 18. Januar 2010

Inhaltsübersicht
Präambel
Artikel 1 Glaubensfreiheit und Selbstbestimmungsrecht
Artikel 2 Jüdische Feiertage
Artikel 3 Jüdische Religion und Seelsorge
Artikel 4 Religionsunterricht
Artikel 5 Körperschaftsrechte
Artikel 6 Jüdische Bildungs- und Sozialeinrichtungen
Artikel 7 Rundfunk
Artikel 8 Jüdische Friedhöfe
Artikel 9 Denkmalpflege
Artikel 10 Zuschüsse des Landes und sonstige Leistungen
Artikel 11 Gebührenbefreiung
Artikel 12 Zusammenwirken
Artikel 13 Vertragsauslegung und -anpassung
Artikel 14 Inkrafttreten
Das Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Ministerpräsidenten,
(im Folgenden: Das Land)
und
die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden, vertreten durch den Geschäftsführenden Vorstand,
(im Folgenden: IRG Baden)
und
die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs,
vertreten durch den Vorstand, (im Folgenden: IRG Württembergs)
im Bewusstsein der besonderen geschichtlichen Verantwortung vor den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern und geleitet von dem Wunsch und Willen, das freundschaftliche Verhältnis zu der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und zu der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs zu fördern und zu festigen, deren jüdisches Gemeindeleben in seinen religiös-kulturellen Belangen zu unterstützen und zur Erhaltung, Pflege und Entwicklung des gemeinsamen deutsch-jüdischen Kulturerbes beizutragen,
schließen folgenden Vertrag:

Artikel 1 Glaubensfreiheit und Selbstbestimmungsrecht

(1) Das Land gewährt der Freiheit, den jüdischen Glauben zu bekennen und auszuüben, den gesetzlichen Schutz.
(2) Die IRG Baden und die IRG Württembergs ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

Artikel 2 Jüdische Feiertage

(1) Die ungestörte Religionsausübung an den jüdischen Feiertagen wird gewährleistet.
Jüdische Feiertage sind: 1.
Rosh Haschana (Neujahrsfest) 2.
Jom Kippur (Versöhnungstag) 3.
Sukkot (Laubhüttenfest) 4.
Schemini Azereth (Schlussfest) 5.
Simchat Thora (Fest der Gesetzesfreude) 6.
Pessach (Fest zum Auszug aus Ägypten) 7.
Schawuot (Wochenfest)
Die Regelungen des § 4 Abs. 2 des Feiertagsgesetzes über die kirchlichen Feiertage gelten entsprechend.
Die Beurlaubung von Schülerinnen und Schülern an den jüdischen Feiertagen wird in der Schulbesuchsverordnung geregelt.
(2) Die Daten der Feiertage bestimmen sich nach dem jüdischen Kalender unter Beachtung der allgemein geltenden Kalenderregeln.

Artikel 3 Jüdische Religion und Seelsorge

(1) Die IRG Baden und die IRG Württembergs haben das Recht, für die religiöse und seelsorgerliche Betreuung ihrer Mitglieder Landesrabbiner, Gemeinderabbiner, Gemeindekantoren, Religionslehrerbeauftragte und Religionslehrer zu beschäftigen.
(2) In öffentlichen Krankenhäusern, Heimen, Justizvollzugsanstalten und ähnlichen öffentlichen Einrichtungen sowie bei der Polizei haben die IRG Baden und die IRG Württembergs das Recht, seelsorgerlich tätig zu sein.
(3) Seelsorgerinnen und Seelsorger und ihre Gehilfinnen und Gehilfen sind auch in Verfahren, die dem Landesrecht unterliegen, berechtigt, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorgerinnen und Seelsorger anvertraut worden ist.

Artikel 4 Religionsunterricht

(1) Der jüdische Religionsunterricht ist an den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach. Er wird unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der IRG Baden und der IRG Württembergs von deren Bevollmächtigten erteilt und beaufsichtigt.
(2) Die Erteilung des jüdischen Religionsunterrichts setzt eine Bevollmächtigung durch die IRG Baden bzw. die IRG Württembergs voraus. Die Voraussetzungen für die Bevollmächtigung der Lehrkräfte zur Erteilung des jüdischen Religionsunterrichts werden von der IRGBaden bzw. der IRG Württembergs bestimmt.
(3) Zur Erteilung des Religionsunterrichts können neben Geistlichen Lehrkräfte mit staatlicher oder staatlich anerkannter Ausbildung zugelassen werden. Die Richtlinien für die Ausbildung und den Nachweis der Eignung und Lehrbefähigung der Religionslehrkräfte werden zwischen dem zuständigen Ministerium und der IRG Baden bzw. der IRG Württembergs vereinbart.
(4) Vertreterinnen und Vertreter der IRG Baden und der IRG Württembergs sind berechtigt, bei den Prüfungen für das Fach Jüdische Religionslehre mitzuwirken.

Artikel 5 Körperschaftsrechte

(1) Die IRG Baden und die IRG Württembergs sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.
(2) Auf Antrag der IRG Baden bzw. der IRG Württembergs sind ihren Gliederungen die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuzuerkennen und abzuerkennen.

Artikel 6 Jüdische Bildungs- und Sozialeinrichtungen

(1) Die IRG Baden und die IRG Württembergs haben das Recht, Ersatz- und Ergänzungsschulen sowie sonstige Bildungseinrichtungen zu errichten und zu betreiben. Sie haben das Recht, eigene Einrichtungen im Sozialbereich und im Gesundheitswesen zu unterhalten.
(2) Landeszuschüsse für Schulen der IRG Baden und der IRG Württembergs nach Absatz 1 Satz 1 richten sich nach dem Privatschulgesetz in der jeweils geltenden Fassung. Andere Einrichtungen nach Absatz 1 werden im Rahmen der allgemeinen staatlichen Förderung angemessen berücksichtigt.

Artikel 7 Rundfunk

(1) Das Land wirkt darauf hin, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkveranstalter der IRG Baden und der IRG Württembergs angemessene Sendezeiten für die Übertragung religiöser Sendungen zur Verfügung stellen.
(2) Es wird darauf bedacht bleiben, dass in den Programmen die sittlichen und religiösen Überzeugungen der jüdischen Bevölkerung geachtet werden und das Leben der IRG Baden und der IRG Württembergs in den Eigensendungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angemessen berücksichtigt wird.
(3) Das Land wirkt ferner darauf hin, dass in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und im Medienrat der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg die IRG Baden und die IRG Württembergs angemessen vertreten sind.

Artikel 8 Jüdische Friedhöfe

(1) Die jüdischen Friedhöfe genießen den gleichen Schutz wie die Gemeindefriedhöfe und die kirchlichen Friedhöfe.
(2) Die IRG Baden und die IRG Württembergs sowie ihre Gliederungen haben das Recht, im Rahmen der Gesetze neue jüdische Friedhöfe anzulegen und bestehende zu erweitern.
(3) Das Land bekennt sich zu seiner Mitverantwortung für die Erhaltung und Pflege der verwaisten jüdischen Friedhöfe und unterstützt diese im Rahmen bestehender Abkommen.

Artikel 9 Denkmalpflege

(1) Die Denkmalschutzbehörden haben bei jüdischen Denkmalen, die kultischen Handlungen zu dienen bestimmt sind, die Belange der IRG Baden und der IRG Württembergs vorrangig zu beachten.
(2) Das Land nimmt bei der Förderung der Denkmalerhaltung und -pflege auf die besonderen Belange der IRG Baden und der IRG Württembergs Rücksicht und wird sie bei der Vergabe der Mittel angemessen berücksichtigen. Es setzt sich dafür ein, dass sie auch von solchen Einrichtungen und Behörden Fördermittel erhalten, die auf nationaler und internationaler Ebene auf dem Gebiet der Kultur- und Denkmalpflege tätig sind.

Artikel 10 Zuschüsse des Landes und sonstige Leistungen

(1) Die bisherigen freiwilligen Leistungen werden mit dem Staatsvertrag umfassend und abschließend auf eine vertragliche Grundlage gestellt.
(2) Das Land zahlt für religiös-kulturelle Belange an die IRG Baden und die IRG Württembergs ab dem Jahr 2010 jeweils 750 Euro pro Mitglied. Dieser Betrag wird vom Jahr 2011 bis 2015 jährlich mit 1,5 % dynamisiert.
(3) Verändert sich aufgrund allgemeiner Besoldungsanpassungen die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Landes, so verändert sich ab dem 1. Januar 2016 die Höhe der in Absatz 2 genannten Staatsbeiträge entsprechend.
(4) Für die Entwicklung des deutsch-jüdischen Kulturerbes erhalten die IRG Baden und die IRG Württembergs jeweils

a)

im Jahr 2010

500 000 Euro

b)

im Jahr 2011

625 000 Euro

c)

im Jahr 2012

750 000 Euro

d)

im Jahr 2013

875 000 Euro

e)

ab dem Jahr 2014

1 000 000 Euro

(5) Der Gesamtbetrag der Staatsbeiträge nach Absatz 2 und 4 wird in elf Monatsraten von je 8,3 vom Hundert der (voraussichtlichen) Staatsbeiträge - abgerundet auf den nächsten durch 10 000 teilbaren Betrag - und einer Schlusszahlung in Höhe der Differenz zu dem nach Absatz 2 und 4 jährlich zu zahlenden Betrag an die IRG Baden und die IRG Württembergs ausgezahlt.
(6) Unberührt bleiben Leistungen, die nach Maßgabe der allgemein geltenden Gesetze oder aufgrund von Vereinbarungen mit dem Bund und den Ländern gewährt werden. Dazu gehören vor allem die staatlichen Leistungen zur dauernden Pflege verwaister jüdischer Friedhöfe in Baden-Württemberg (Artikel 8 Absatz 3) sowie die staatlichen Leistungen zur Unterbringung und Betreuung jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion.
(7) Die Ersatzleistungen für den Religionsunterricht bleiben von den Regelungen dieses Vertrages unberührt.

Artikel 11 Gebührenbefreiung

Die auf Landesrecht beruhenden Befreiungen und Ermäßigungen von Kosten, Gebühren und Auslagen bleiben der IRG Baden und der IRG Württembergs und ihren Gliederungen mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in gleichem Umfang wie dem Land erhalten.

Artikel 12 Zusammenwirken

Die Landesregierung und die IRG Baden und die IRG Württembergs werden zur Pflege und Vertiefung ihrer Beziehungen regelmäßige Begegnungen anstreben. Sie werden sich vor der Regelung von Angelegenheiten, die ihr Verhältnis zueinander berühren, miteinander ins Benehmen setzen.

Artikel 13 Vertragsauslegung und -anpassung

(1) Die Vertragsparteien werden eine in Zukunft zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrags auf freundschaftliche Weise beseitigen.
(2) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so werden die Vertragsparteien versuchen, auf freundschaftliche Weise eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse zu erreichen.

Artikel 14 Inkrafttreten

Dieser Vertrag bedarf der Zustimmung der Landesregierung und des Landtags sowie der satzungsgemäß zuständigen Gremien der IRG Baden und der IRG Württembergs. Der Vertrag tritt am Tag nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird im Gesetzblatt des Landes Baden-Württemberg und in den jeweiligen Veröffentlichungsorganen der IRG Baden und der IRG Württembergs bekannt gemacht*
.
Stuttgart, den 18. Januar 2010
Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
Günther H. Oettinger
Der Geschäftsführende Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden
Mikhail Kats
David Seldner
Wolfgang Fuhl
Der Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs
Barbara Traub
Susanne Jakubowski
Michael Kashi

Fußnoten

*
[Entsprechend der Bekanntmachung vom 22. April 2010 (GBl. S. 414) ist der Vertrag nach seinem Artikel 14 am 22. April 2010 in Kraft getreten.]

Schlussprotokoll

Schlussprotokoll zum Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs vom 18. Januar 2010

Zu dem am heutigen Tage geschlossenen Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs sind folgende ergänzende Erläuterungen und Hinweise vereinbart worden, die einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bilden:

Zu Artikel 1 Glaubensfreiheit und Selbstbestimmungsrecht

Die Bestimmung bestätigt in Absatz 1 die verfassungsrechtlich gewährleistete Glaubensfreiheit. Der gesetzliche Schutz umfasst auch angemessene Sicherheitsmaßnahmen.
Absatz 2 bekräftigt das Selbstbestimmungsrecht, das nach Artikel 140
Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsverfassung allen Religionsgesellschaften zusteht.

Zu Artikel 2 Jüdische Feiertage

Mit dieser Bestimmung werden die genannten jüdischen Feiertage als kirchliche Feiertage im Sinne des Feiertagsgesetzes geschützt. Entsprechend der Regelung in § 4
Absatz 2 Feiertagsgesetz soll die Teilnahme des dort genannten Personenkreises am Gottesdienst ermöglicht werden. Einer Befreiung vom Schulbesuch an jüdischen Feiertagen trägt § 4
Absatz 2 der Schulbesuchsverordnung bereits Rechnung.
Die Feiertage sind im Einzelnen

zu Ziffer 1:

Zwei Tage am 1. und 2. Tischri, beginnend am Vorabend

zu Ziffer 2:

Ein Tag am 10. Tischri, beginnend am Vorabend

zu Ziffer 3:

Zwei Tage am 15. und 16. Tischri, beginnend am Vorabend

zu Ziffer 4:

Ein Tag am 22. Tischri, beginnend am Vorabend

zu Ziffer 5:

Ein Tag am 23. Tischri, beginnend am Vorabend

zu Ziffer 6:

a) Zwei Tage am 15. und 16. Nissan, beginnend am Vorabend

 

b) Zwei Tage am 21. und 22. Nissan, beginnend am Vorabend

zu Ziffer 7:

Zwei Tage am 6. und 7. Siwan, beginnend am Vorabend.

Die Daten sind dem Kultusministerium zwei Jahre im Voraus mitzuteilen.

Zu Artikel 3 Jüdische Religion und Seelsorge

Absatz 1 gewährleistet das Recht der kultischen und seelsorgerischen Betreuung von Mitgliedern der IRG Baden und der IRG Württembergs.
Zu Absatz 2: Nähere Einzelheiten, insbesondere auch zum Kreis der berechtigten Personen, können erforderlichenfalls für die Polizeiseelsorge mit dem Innenministerium und für die Anstaltsseelsorge mit dem Justizministerium vereinbart werden.

Zu Artikel 4 Religionsunterricht

Die Vorschrift nimmt geltendes Verfassungs- und Landesrecht zum Religionsunterricht an öffentlichen Schulen des Landes auf.

Zu Artikel 5 Körperschaftsrechte

Die Bestimmung weist auf den Körperschaftsstatus beider Religionsgemeinschaften gemäß Artikel 137
Absatz 5 Weimarer Reichsverfassung hin und nimmt in Absatz 2 die Regelung des § 24
Absatz 1 Satz 1 des Kirchensteuergesetzes Baden-Württemberg auf, wonach Gliederungen einer Religionsgemeinschaft auf deren Antrag Körperschaftsrechte zuzuerkennen sind. Dies gilt nach der Rechtsprechung entsprechend für die Aberkennung des Körperschaftsstatus einer Gliederung auf Antrag der Religionsgemeinschaft.

Zu Artikel 6 Jüdische Bildungs- und Sozialeinrichtungen

Die Bestimmung verweist bezüglich der Förderung der genannten Einrichtungen auf die geltende Rechtslage, insbesondere die Regelungen des Privatschulgesetzes.

Zu Artikel 7 Rundfunk

Die Bestimmung ist angelehnt an Artikel 14 des Evangelischen Kirchenvertrags vom 10. April 2008. Bei den Verhandlungen zu diesem Vertrag wurde der IRG Baden und der IRG Württembergs seitens des Landes zugesagt, das Anliegen einer Vertretung beider Religionsgemeinschaften im Rundfunkrat des Südwestrundfunks bei einer der nächsten Verhandlungen zum SWR-Staatsvertrag des Landes Baden-Württemberg mit Rheinland-Pfalz einzubringen.

Zu Artikel 8 Jüdische Friedhöfe

In Absatz 1 werden die jüdischen Friedhöfe in den Schutzrahmen kommunaler und kirchlicher Friedhöfe einbezogen.
Absatz 2 enthält das Recht der IRG Baden und der IRG Württembergs und ihrer Gliederungen, im Rahmen der Gesetze eigene Friedhöfe anzulegen und zu erweitern. Erweiterungen auf verwaisten jüdischen Friedhöfen bedürfen erforderlichenfalls besonderer Regelungen.
In Absatz 3 wird Bezug genommen auf die Absprache des Bundes mit den Ländern vom 21. Juni 1957 betreffend die praktische Durchführung der Betreuung verwaister jüdischer Friedhöfe.

Zu Artikel 9 Denkmalpflege

Diese Bestimmung schreibt - analog zum Evangelischen Kirchenvertrag vom 10. April 2008 - die vorrangige Beachtung kultischer Belange bei der Denkmalerhaltung und -pflege fest. Gleichzeitig werden die IRG Baden und die IRG Württembergs in die allgemeine denkmalpflegerische Förderpraxis - auch auf internationaler Ebene - einbezogen.

Zu Artikel 10 Zuschüsse des Landes und sonstige Leistungen

Zu Abs. 1: Die Staatsbeiträge nach diesem Vertrag sind ausschließlich zur Förderung der satzungsgemäßen Zwecke der IRG Baden und der IRG Württembergs und ihrer Untergliederungen bestimmt.
Die IRG Baden und die IRG Württembergs übersenden bis spätestens 1. Juni des Folgejahres eine Fertigung ihres jeweiligen testierten Jahresabschlusses.
Zu Abs. 2: Der Staatsbeitrag für religiös-kulturelle Belange der IRG Baden und der IRG Württembergs errechnet sich aus der Mitgliederzahl zum 31. Dezember 2008 (IRG Baden: 5090; IRG Württembergs: 3104) und einer Pauschale pro Mitglied in Höhe von 750 Euro, die in den Jahren 2011 bis 2015 mit jährlich 1,5 % dynamisiert wird (750 € x 1,5 %).
Im Einzelnen zahlt das Land folgende Staatsbeiträge für religiös-kulturelle Belange
an die IRG Baden

a)

im Jahr 2010

3 817 500 Euro

b)

im Jahr 2011

3 874 763 Euro

c)

im Jahr 2012

3 932 890 Euro

d)

im Jahr 2013

3 991 883 Euro

e)

im Jahr 2014

4 051 742 Euro

f)

im Jahr 2015

4 112 516 Euro,

an die IRG Württembergs

a)

im Jahr 2010

2 328 000 Euro

b)

im Jahr 2011

2 362 920 Euro

c)

im Jahr 2012

2 398 368 Euro

d)

im Jahr 2013

2 434 343 Euro

e)

im Jahr 2014

2 470 846 Euro

f)

im Jahr 2015

2 507 908 Euro.

Der Berechnung des Staatsbeitrages für religiös-kulturelle Belange liegt eine angenommene Erhöhung des Grundgehaltssatzes und des Familienzuschlags der Eckperson (Schlussprotokoll zu Absatz 3) um 1,5 vom Hundert zugrunde. Sollte die tatsächliche Erhöhung des Grundgehaltssatzes und des Familienzuschlags der Eckperson ab dem Jahre 2011 mindestens 2 vom Hundert betragen, so wird die dort genannte Höhe der Staatsbeiträge um die sich aus der angenommenen Erhöhung des Grundgehaltssatzes und des Familienzuschlags der Eckperson ab dem Jahre 2011 ergebende Erhöhung der Staatsbeiträge vermindert und dieser Betrag entsprechend der Erhöhung der Besoldung ab dem Jahre 2011 gemäß Schlussprotokoll zu Absatz 3 erhöht.
Zu Abs. 3: Als Berechnungsgrundlage für Änderungen der Höhe der Staatsbeiträge für religiös-kulturelle Belange dient die Veränderung der Besoldung für das erste Beförderungsamt für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst (Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsordnung, Dienstaltersstufe 6, verheiratet, ein Kind, zuzüglich der Zuführung zur Versorgungsrücklage [Eckperson]). Bei strukturellen Veränderungen des Besoldungsrechts ist die Berechnungsgrundlage durch Vereinbarung zwischen dem Kultusministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und der IRG Baden bzw. der IRG Württembergs so anzupassen, dass sich die Höhe der Staatsbeiträge hierdurch nicht verändert.
Zu Abs. 4: Mit dem in Abs. 4 genannten Staatsbeitrag ist auch der bisherige Zuschuss des Innenministeriums zu den Personalkosten einer Betreuungskraft für die verwaisten jüdischen Friedhöfe im Bereich der IRG Baden abgegolten.
Die Leistungen des Bundes nach der Vereinbarung vom 21. Juni 1957 bleiben davon unberührt.
Mit dem Staatsbeitrag nach Abs. 4 ist auch die derzeitige Förderung des Baus jüdischer Gemeinderäume der IRG Baden in Höhe von jährlich 160 000 Euro bis einschließlich 2013 abgegolten.
Zu Abs. 5: Soweit für das Jahr 2010 vor dem Inkrafttreten des Staatsvertrags auf der Grundlage der bisherigen Förderung Zahlungen an die IRG Baden und die IRG Württembergs geleistet werden, gelten diese als Monatsraten im Sinne von Artikel 10 Absatz 5 und werden insoweit bei der Ermittlung der Schlusszahlung für das Jahr 2010 berücksichtigt.
Stuttgart, den 18. Januar 2010
Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
Günther H. Oettinger
Der Geschäftsführende Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden
Mikhail Kats
David Seldner
Wolfgang Fuhl
Der Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs
Barbara Traub
Susanne Jakubowski
Michael Kashi
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