Verordnung des Ministeriums für Kultus und Sport über den Hausunterricht (Hausunterrichtsverordnung) Vom 8. August 1983
§ 1 Voraussetzungen
(1) Hausunterricht anstelle des Unterrichts in der Schule sollen auf Antrag erhalten:
1.
Kinder und Jugendliche, die in Baden-Württemberg wohnen und zum Besuch einer Sonderschule verpflichtet sind (§ 82
Abs. 2
SchG), für die jedoch die Pflicht zum Besuch einer Sonderschule auf Grund einer Entscheidung nach § 82
Abs. 3
SchG ruht.
2.
Schulpflichtige Schüler einer öffentlichen Schule oder einer Schule in freier Trägerschaft, die in Baden-Württemberg wohnen und auf Grund einer Krankheit bereits länger als acht Wochen gehindert waren, die Schule zu besuchen. Ist absehbar, daß der Schüler mehr als acht Wochen der Schule fernbleiben muß, kann Hausunterricht schon vor Ablauf dieser Zeitspanne erteilt werden. Ein Schulbesuch an einzelnen Tagen während dieser Frist bleibt außer Betracht.
3.
Schulpflichtige, die in Baden-Württemberg wohnen und deren Krankheit bereits länger als acht Wochen dauert, wenn ihr Schulverhältnis durch Zeitablauf während der Krankheit geendet hat und sie anschließend in eine andere Schulart bzw. einen anderen Schultyp aufgenommen worden wären. Nr. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
4.
Schulpflichtige Schüler einer öffentlichen Schule oder einer Schule in freier Trägerschaft, die in Baden-Württemberg wohnen und die wegen einer langdauernden Erkrankung, z. B. an fortgeschrittener chronischer Niereninsuffizienz (Präurämie bzw. Urämie), Leukämie oder malignen Tumoren, schwerer Hämophilie und schweren Blutungsübeln, den Unterricht an einzelnen Tagen versäumen müssen.
(2) Hausunterricht wird nur erteilt, wenn der Berechtigte auf Grund seines Gesundheitszustandes dazu in der Lage ist und wenn die Gesundheit des Lehrers dadurch nicht gefährdet wird.
(3) Hausunterricht nach dieser Verordnung ist ausgeschlossen, wenn Anspruch auf Hausunterricht nach anderen gesetzlichen oder privatrechtlichen Vorschriften (z. B. gesetzliche Schülerunfallversicherung) besteht. Solange ein solcher Anspruch nicht erfüllt wird, soll der Berechtigte Hausunterricht nach dieser Verordnung erhalten, falls er entsprechende Ersatzleistungen verfolgt und sich verpflichtet, diese an das Land Baden-Württemberg abzuführen, oder falls er auf Verlangen den Anspruch an das Land Baden-Württemberg abtritt.
§ 2 Ziel und Inhalt
Ziel des Hausunterrichts ist es, eine Erziehung und Ausbildung zu vermitteln, die in angemessenem Umfang an die Stelle des Schulunterrichts tritt. Der Hausunterricht orientiert sich grundsätzlich an den Lehrplänen der Schule, zu deren Besuch der Berechtigte verpflichtet ist oder die er besucht oder besuchen würde.
§ 3 Umfang
Beim Hausunterricht dürfen entsprechend seinem Ziel die nachfolgenden Wochenstunden nicht überschritten werden:
1. Grundschulen sowie entsprechende Sonderschulen |
|
Klassen 1 und 2 |
6 Wochenstunden |
Klassen 3 und 4 |
8 Wochenstunden |
2. Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien bis einschließlich Klasse 10 und Berufsfachschulen sowie entsprechende Sonderschulen |
10 Wochenstunden |
3. Oberstufe der Gymnasien und Berufskollegs sowie entsprechende Sonderschulen |
12 Wochenstunden |
4. Berufsschulen sowie entsprechende Sonderschulen |
6 Wochenstunden |
Schüler von Versuchsschulen und Schulen in freier Trägerschaft, für die keine entsprechende öffentliche Schule besteht, sind wie Schüler der Schulart bzw. Schulstufe zu behandeln, mit der die von ihnen besuchte Schule am ehesten vergleichbar ist.
§ 4 Ort
Der Hausunterricht wird am Aufenthaltsort des Berechtigten erteilt. Hausunterricht in Krankenhäusern ist nur zulässig, wenn eine Verlegung des Berechtigten in ein Krankenhaus mit einer Schule in längerer Krankenhausbehandlung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Hausunterricht im Krankenhaus kann auch als Gruppenunterricht durchgeführt werden.
§ 5 Genehmigungsverfahren
(1) Die Entscheidung über die Erteilung des Hausunterrichts trifft im Rahmen der zur Verfügung stehenden Deputate und Mittel
1.
Der Schulleiter bei Schülern von Schulen, für die das Oberschulamt unmittelbar zuständige Schulaufsichtsbehörde ist. Bei Schülern einer Schule in freier Trägerschaft entscheidet anstelle des Schulleiters das Oberschulamt.
2.
Das Oberschulamt, in dessen Bezirk der Schulpflichtige wohnt, bei Schulpflichtigen, die nur durch ihre Krankheit an einem Wechsel an eine der in Nr. 1 genannten Schulen gehindert sind.
3.
Das Staatliche Schulamt in den übrigen Fällen.
Zusammen mit der Genehmigung sind die Lehrer zu beauftragen, die den Hausunterricht erteilen. Der Hausunterricht wird von beamteten und angestellten Lehrern des öffentlichen Dienstes im Rahmen des Regelstundenmaßes oder als Mehrarbeit und von sonst geeigneten Personen nebenberuflich erteilt.
(2) Die Erteilung von Hausunterricht setzt einen Antrag der Erziehungsberechtigten, bei Volljährigen des Berechtigten selbst, voraus. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:
1.
Name, Vorname und Geburtsdatum, Adresse und ggf. besuchte Schule und Klasse des Schulpflichtigen.
2.
Ein ärztliches Zeugnis über Art und voraussichtliche Dauer der Erkrankung, wegen der der Schüler die Schule nicht besuchen kann, sowie mit Aussagen darüber, ob Hausunterricht bei der vorliegenden Erkrankung im Hinblick auf den Berechtigten und den Lehrer möglich ist und bis zu welchem Umfang (§ 1 Abs. 2).
3.
Im Falle des § 1 Abs. 1 Nr. 1 die Entscheidung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde gemäß § 82
Abs. 2 und 3
SchG.
4.
Gegebenenfalls die Benennung eines Lehrers, der bereit und geeignet ist, den Hausunterricht zu übernehmen.
5.
Im Falle des § 1 Abs. 3 Satz 2 die Verpflichtungserklärung oder auf Verlangen die Abtretungserklärung.
§ 6 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Gleichzeitig treten die Vorläufigen Richtlinien für den Hausunterricht für Kinder, die infolge ihrer körperlichen Verfassung keine Schule besuchen können oder für die kein Schulplatz zur Verfügung steht, vom 5. April 1974 (K. u. U. S. 774), außer Kraft.
Stuttgart, den 8. August 1983
Mayer-Vorfelder
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