FoltÜbkArt3ProtStVtrG BW 2009
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe Vom 1. Dezember 2009

Artikel 1

(1) Dem am 25. Juni 2009 unterzeichneten Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe wird zugestimmt.
(2) Der Staatsvertrag wird nachstehend veröffentlicht.
(3) Der Tag, an dem der Staatsvertrag nach seinem Artikel 11 Satz 2 in Kraft tritt, ist im Gesetzblatt bekannt zu geben*
.

Fußnoten

*
[Entsprechend der Bekanntmachung vom 18. Oktober 2010 (GBl. S. 771) tritt der Staatsvertrag mit Wirkung vom 1. September 2010 in Kraft]

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Stuttgart, den 1. Dezember 2009

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Oettinger

Prof. Dr. Goll

Rech

Prof. Dr. Frankenberg

Hauk

Dr. Stolz

Gönner

Drautz

Prof'in Dr. Hübner

Staatsvertrag

Staatsvertrag* über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.

Das Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister der Justiz,
der Freistaat Bayern, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Staatsministerin der Justiz und für Verbraucherschutz,
das Land Berlin, vertreten durch den Regierenden Bürgermeister, dieser vertreten durch die Senatorin für Justiz,
das Land Brandenburg, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Ministerin der Justiz,
die Freie Hansestadt Bremen, vertreten durch den Senator für Justiz und Verfassung,
die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch den Senat, dieser vertreten durch den Präses der Justizbehörde,
das Land Hessen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister der Justiz, für Integration und Europa,
das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Justizministerin,
das Land Niedersachsen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Justizminister,
das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Justizministerin,
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister der Justiz,
das Saarland, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales,
der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Staatsminister der Justiz,
das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Ministerin der Justiz,
das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister für Justiz, Arbeit und Europa und
der Freistaat Thüringen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Justizministerin,
schließen folgenden Staatsvertrag:
Präambel
Die Bundesrepublik Deutschland hat am 20. September 2006 das Fakultativprotokoll vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (im Folgenden »Fakultativprotokoll«) unterzeichnet.
Das Fakultativprotokoll sieht die Einrichtung nationaler Mechanismen zur Verhütung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (im Folgenden »zur Verhütung von Folter«) vor. Diese Mechanismen sollen die Behandlung von Personen prüfen, denen die Freiheit entzogen ist. Da die Zuständigkeit für freiheitsentziehende Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland ganz überwiegend bei den Ländern liegt, sind derartige Mechanismen von den Ländern einzurichten und mit den entsprechenden Befugnissen auszustatten. Es erscheint sinnvoll, anstelle einzelner Beauftragter der Länder mit diesem Vertrag einen gemeinsamen nationalen Mechanismus im Sinne des Artikels 3 des Fakultativprotokolls zu schaffen (Kommission), der gegenüber Bund, Ländern und Vereinten Nationen einheitlich auftreten kann.
Daneben richtet der Bund als weiteren nationalen Mechanismus eine Bundesstelle zur Verhütung von Folter ein, die die entsprechenden Aufgaben für Personen, denen im Zuständigkeitsbereich des Bundes die Freiheit entzogen ist, wahrnimmt. Mit dieser Stelle arbeitet die Kommission insbesondere bei der Berichterstattung eng zusammen.
Die Kommission soll möglichst weitgehend die Infrastruktur der Kriminologischen Zentralstelle e.V. nutzen. Das erforderliche Sekretariat soll bei der Kriminologischen Zentralstelle angesiedelt werden.

Fußnoten

*
[Entsprechend der Bekanntmachung vom 18. Oktober 2010 (GBl. S. 771) tritt der Staatsvertrag mit Wirkung vom 1. September 2010 in Kraft]

Artikel 1 Einrichtung der Kommission zur Verhütung von Folter

Die vertragschließenden Länder richten eine gemeinsame Kommission zur Verhütung von Folter ein, die gegenüber den Vereinten Nationen als nationaler Mechanismus zur Verhütung von Folter im Sinne des Artikels 3 des Fakultativprotokolls benannt wird.

Artikel 2 Aufgaben und Befugnisse

(1) Die Kommission hat die Aufgabe, zur Verhütung von Folter Orte der Freiheitsentziehung im Sinne des Artikels 4 des Fakultativprotokolls im Zuständigkeitsbereich der Länder aufzusuchen, auf Missstände aufmerksam zu machen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge vorzulegen.
(2) Den Mitgliedern der Kommission stehen einzeln oder gemeinsam die in Artikel 19 des Fakultativprotokolls genannten Befugnisse zu. Die Länder gewähren ihnen die in Artikel 20 des Fakultativprotokolls genannten Rechte und Befugnisse.
(3) Die Kommission kann zur Verbesserung der Bedingungen für Personen, denen die Freiheit entzogen ist, Empfehlungen an die zuständigen Behörden richten. Die Behörden sind gehalten, diese Empfehlungen sorgfältig zu prüfen und gegenüber der Kommission in angemessener Zeit dazu Stellung zu nehmen.
(4) Die Kommission erstellt gemeinsam mit der Bundesstelle zur Verhütung von Folter einen Jahresbericht, der der Bundesregierung, den Landesregierungen, dem Deutschen Bundestag und den Länderparlamenten zugeleitet wird.

Artikel 3 Vertraulichkeit

Die Mitglieder der Kommission sind verpflichtet, die Vertraulichkeit von Informationen, die ihnen im Rahmen ihrer Aufgaben bekannt werden, auch über die Dauer ihrer Amtszeit hinaus zu wahren.

Artikel 4 Mitglieder

(1) Die Kommission besteht aus vier Mitgliedern, die ehrenamtlich tätig sind. Die Mitglieder sind unabhängig und keinen Weisungen unterworfen. Die Zahl der Kommissionsmitglieder kann durch einstimmigen Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (Justizministerkonferenz) geändert werden.
(2) Die Kommissionsmitglieder werden von der Justizministerkonferenz für eine Amtszeit von vier Jahren ernannt. Abweichend hiervon werden bei der Ernennung der ersten vier Kommissionsmitglieder zwei Mitglieder für vier Jahre und zwei Mitglieder für zwei Jahre ernannt. Eine erneute Ernennung ist möglich. Sie können ihr Amt jederzeit niederlegen. Ein Kommissionsmitglied kann vor Ablauf seiner Amtszeit gegen seinen Willen nur unter den Voraussetzungen der §§ 21 und 24
des Deutschen Richtergesetzes durch einstimmigen Beschluss der Justizministerkonferenz abberufen werden. In diesen Fällen ernennt die Justizministerkonferenz einen Nachfolger für die verbleibende Amtszeit.
(3) Die Kommission gibt ihre Berichte und Empfehlungen einheitlich ab. Den Vorsitz der Kommission führt ein Mitglied der Kommission, das jeweils auf zwei Jahre von der Justizministerkonferenz ernannt wird. Eine erneute Ernennung ist möglich.
(4) Die Mitglieder der Kommission sollen Personen von anerkanntem Sachverstand auf dem Gebiet des Justiz- oder Maßregelvollzugs, der Polizei, der Psychiatrie, der Kriminologie oder vergleichbarer Gebiete sein. Bei der Besetzung der Kommission soll darauf geachtet werden, dass Mitglieder mit Sachverstand aus unterschiedlichen Fachgebieten vertreten sind. Auf eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter ist zu achten. Die Mitglieder der Kommission sollen bei der Ernennung nicht älter als 70 Jahre sein.
(5) Die Mitglieder der Kommission erhalten Aufwendungs- und Kostenersatz nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes.

Artikel 5 Sekretariat

(1) Der Kommission steht ein Sekretariat zur Verfügung, das die laufenden Geschäfte der Kommission wahrnimmt und gemäß der Satzung der Kriminologischen Zentralstelle e. V. bei dieser angesiedelt werden soll.
(2) Das Personal des Sekretariats wird nur mit Zustimmung der Kommission eingestellt oder entlassen. Es unterliegt in fachlicher Hinsicht nur den Weisungen der Kommission.

Artikel 6 Sitz

Sitz der Kommission ist Wiesbaden.

Artikel 7 Arbeitsweise und Geschäftsordnung

Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung. Sie ist in der Festlegung ihrer Strategien und Arbeitsmethoden frei.

Artikel 8 Zusammenarbeit

Die Kommission arbeitet mit der Bundesstelle zur Verhütung von Folter zusammen. Sie kann Personal- und Sachmittel gemeinsam mit der Bundesstelle nutzen. Das Nähere regelt eine Verwaltungsvereinbarung.

Artikel 9 Finanzierung

(1) Die Aufteilung der Kosten für die Kommission erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel.
(2) Die Finanzierung erfolgt in Form von Zuschüssen an die Kriminologische Zentralstelle e.V.1
. Die Anteilsbeträge werden im Laufe eines jeden Rechnungsjahres in zwei Teilbeträgen zum 31. Mai und 30. November nach den Ansätzen des Haushaltsplans fällig. Die Personal- und Sachaufwendungen werden vom Hessischen Ministerium der Justiz für Integration und Europa verauslagt.

Fußnoten

1
Die Länder sind darüber einig, dass die Zuschüsse für die Kommission nicht bei der Berechnung der auf dem Beschluss der Konferenz der Regierungschefs der Länder vom 30. März 2006 basierenden Kürzungen der Haushaltsansätze angerechnet werden.

Artikel 10 Geltungsdauer, Kündigung

(1) Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann von jedem Land durch schriftliche Erklärung gegenüber den übrigen Ländern mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Schluss eines Kalenderjahres gekündigt werden.
(2) Durch das Ausscheiden eines Landes wird die Wirksamkeit des Vertrages zwischen den übrigen Ländern nicht berührt.
(3) Kündigt ein Land wirksam zum Schluss eines Kalenderjahres, so berechnet sich die Kostenverteilung zwischen den verbleibenden Ländern nach dem entsprechend angepassten Königsteiner Schlüssel.

Artikel 11 Inkrafttreten

Der Vertrag bedarf der Ratifikation. Er tritt am Ersten des Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die letzte Ratifikationsurkunde der vertragschließenden Länder bei dem Hessischen Ministerium der Justiz für Integration und Europa hinterlegt ist*
. Die Hessische Staatskanzlei teilt den übrigen beteiligten Ländern den Zeitpunkt der Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde mit.
Dresden, den 25. Juni 2009
Für das Land Baden-Württemberg: Der Minister der Justiz
(Prof. Dr. Ulrich Goll)
Für den Freistaat Bayern: Die Staatsministerin der Justiz und für Verbraucherschutz
(Dr. Beate Merk)
Für das Land Berlin: Die Senatorin für Justiz (Gisela von der Aue)
Für das Land Brandenburg: Die Ministerin der Justiz
(Beate Blechinger)
Für die Freie Hansestadt Bremen: Der Senator für Justiz und Verfassung
(Ralf Nagel)
Für die Freie und Hansestadt Hamburg: Der Präses der Justizbehörde
(Dr. Till Steffen)
Für das Land Hessen: Der Minister der Justiz, für Integration und Europa
(Jörg-Uwe Hahn)
Für das Land Mecklenburg-Vorpommern: Die Justizministerin
(Uta-Maria Kuder)
Für das Land Niedersachsen: Der Justizminister (Bernd Busemann)
Für das Land Nordrhein-Westfalen: Die Justizministerin
(Roswitha Müller-Piepenkötter)
Für das Land Rheinland-Pfalz: Der Minister der Justiz
(Dr. Heinz Georg Bamberger)
Für das Saarland: Der Minister für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales
(Prof. Dr. Gerhard Vigener)
Für den Freistaat Sachsen: Der Staatsminister der Justiz
(Geert Mackenroth)
Für das Land Sachsen-Anhalt: Die Ministerin der Justiz
(Prof. Dr. Angela Kolb)
Für das Land Schleswig-Holstein: Der Minister für Justiz, Arbeit und Europa
(Uwe Döring)
Für den Freistaat Thüringen: Die Justizministerin
(Marion Walsmann)

Fußnoten

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[Entsprechend der Bekanntmachung vom 18. Oktober 2010 (GBl. S. 771) tritt der Staatsvertrag mit Wirkung vom 1. September 2010 in Kraft]
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