Verordnung des Justizministeriums über die Durchführung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (DVO FlüAG) Vom 8. Januar 2014
§ 1 Zuteilung an die Stadt- und Landkreise
(1) Die Zuteilung der Flüchtlinge nach § 6
Absatz 4 Satz 1 FlüAG erfolgt nach einem Schlüssel, der sich aus dem Anteil des jeweiligen Stadt- oder Landkreises an der Bevölkerung des Landes errechnet (Zuteilungsquote). Bei der Zuteilung ist der Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen und humanitären Umständen von vergleichbarem Gewicht in besonderem Maße Rechnung zu tragen.
(2) Stadt- oder Landkreise, in denen sich nicht nur vorübergehend Standorte von Landeserstaufnahmeeinrichtungen befinden, können durch Vereinbarung mit der obersten Aufnahmebehörde ganz oder teilweise von Zuteilungen von Personen im Sinne von § 1
Absatz 2 Nummer 1 FlüAG ausgenommen werden. Stadt- und Landkreise, in denen sich bereits am 31. Dezember 2014 Standorte einer Landeserstaufnahmeeinrichtung befanden, können sich für die Dauer der Belegung dieser Einrichtungen in dem Maße auf die Ausnahme von Zuteilungen berufen, wie dies der Rechtslage am 31. Dezember 2014 entsprochen hat.
§ 2 Zuteilung in die Anschlussunterbringung
Die Zuteilung der Personen nach § 18
Absatz 1 Satz 1 FlüAG an die Gemeinden erfolgt nach einem Schlüssel, der sich aus dem Anteil der jeweiligen Gemeinde an der Bevölkerung des Landkreises errechnet. Die unteren Aufnahmebehörden können im Einvernehmen mit den Gemeinden hiervon abweichende Zuteilungsregeln festlegen. Die unteren Aufnahmebehörden können Unterbringungskapazitäten, die in der Gemeinde für die vorläufige Unterbringung bestehen, ganz oder teilweise anrechnen. Bei der Zuteilung ist der Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen und humanitären Umständen von vergleichbarem Gewicht in besonderem Maße Rechnung zu tragen.
§ 3 Berechnungsgrundlagen
Die Zuteilungsschlüssel nach § 1 Absatz 1 und nach § 2 sind nach den am 30. Juni des vorausgegangenen Jahres bestehenden Verhältnissen zu berechnen. Dabei ist die auf der Grundlage des jeweils jüngsten verfügbaren Zensus weitergeführte Bevölkerungsfortschreibung zugrunde zu legen.
§ 4 (aufgehoben)
§ 5 Mindeststandards während der vorläufigen Unterbringung
(1) Um den Bewohnerinnen und Bewohnern von Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, sollen diese Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil oder im Anschluss daran eingerichtet werden. Eine ausreichende Nutzungsmöglichkeit regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel muss gewährleistet sein.
(2) Alleinstehende Personen sind nach Geschlechtern räumlich getrennt unterzubringen. Der Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen und sonstigen humanitären Umständen von vergleichbarem Gewicht ist Rechnung zu tragen.
(3) In den Gemeinschaftsunterkünften müssen Vorkehrungen getroffen sein, um im Gefahrenfall eine unverzügliche Alarmierung der zuständigen Stellen zu gewährleisten.
(4) Stehen in der Gemeinschaftsunterkunft für die Verpflegung keine oder nur teilweise separate Kochgelegenheiten zur Verfügung, so sind Gemeinschaftsküchen einzurichten.
(5) Verfügt die Gemeinschaftsunterkunft nicht oder nur teilweise über abgeschlossene Wohnbereiche, die mit eigenen Sanitäreinrichtungen ausgestattet sind, sind gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Duschräume sowie Gemeinschaftstoiletten nach Geschlechtern getrennt einzurichten.
(6) In Gemeinschaftsunterkünften soll unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten mindestens ein Gemeinschaftsraum eingerichtet werden.
(7) Sofern in einer Gemeinschaftsunterkunft die Unterbringung von Kindern vorgesehen ist, soll mindestens ein abgetrennter Raum in ausreichender Größe und mit entsprechender Ausstattung eingerichtet werden, der zum Spielen und bei Bedarf für Schulkinder zur Erledigung von Hausaufgaben zur Verfügung steht. Wird hierfür ein Gemeinschaftsraum genutzt, ist zu gewährleisten, dass dieser in ausreichendem zeitlichen Umfang ausschließlich für die vorbezeichneten Zwecke zur Verfügung steht.
(8) Gemeinschaftsunterkünfte sollen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten mit Außenanlagen zur Freizeitgestaltung ausgestattet werden.
(9) In besonderen Zugangssituationen kann die oberste Aufnahmebehörde befristet Abweichungen zulassen, soweit dies erforderlich ist, und die Bedingungen hierfür festlegen.
(10) Die Vorschriften des Baurechts sowie des Brand- und des Gesundheitsschutzes bleiben unberührt.
§ 6 Flüchtlingssozialarbeit
(1) Nimmt die untere Aufnahmebehörde die Aufgabe der Flüchtlingssozialarbeit selbst wahr, stellt sie sicher, dass dies unabhängig von der sonstigen behördlichen Aufgabenerfüllung erfolgt. Der für die Flüchtlingssozialarbeit veranschlagte Anteil der Pauschale ist vollumfänglich dafür einzusetzen.
(2) Die Ziele und inhaltlichen Schwerpunkte der Flüchtlingssozialarbeit sowie die für diese Tätigkeit notwendigen Qualifikationen ergeben sich aus der Anlage zu dieser Verordnung.
§ 7 Zuständigkeiten
Das Justizministerium kann den höheren Aufnahmebehörden oder landesweit dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Zuständigkeit für Förderverfahren im Zusammenhang mit der Betreuung von Flüchtlingen auch außerhalb seines Bezirks übertragen.
§ 8 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.
Anlage
(zu § 6)
Flüchtlingssozialarbeit
I.
Ziele und Aufgaben der Flüchtlingssozialarbeit während der vorläufigen Unterbringung
(1) Eine qualifizierte Flüchtlingssozialarbeit in den Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung soll es den untergebrachten Personen ermöglichen, ein menschenwürdiges, selbstverantwortliches Leben in Deutschland zu führen und ihre Integrationsfähigkeit zu erhalten.
(2) Umfasst sind folgende Ziele und Aufgaben:
1.
Sozialarbeiterische Hilfestellungen, Beratung und Vermittlung von Informationen, die das Asylverfahren und den damit verbundenen Aufenthalt in Deutschland betreffen,
2.
Mitwirkung bei der Identifizierung und Betreuung schutzbedürftiger Personen sowie Angebote für diese Personengruppe,
3.
Mitwirken an der Erarbeitung einer Lebensperspektive des Flüchtlings für die Zeit des Aufenthaltes im Inland,
4.
Durchführung von pädagogischen und sozialen Aktivitäten mit Flüchtlingen und Bürgern aus dem Umfeld der Einrichtung,
5.
Förderung des gegenseitigen Verständnisses und Hinwirken auf ein friedvolles Miteinander zwischen Flüchtlingen und Aufnahmegesellschaft,
6.
Gewinnung, Begleitung und Schulung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
(3) Die Bestimmungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes bleiben unberührt.
II.
Personal
Für die Flüchtlingssozialarbeit in den Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung werden Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter beziehungsweise Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit mindestens vergleichbarer Qualifikation eingesetzt. Für Personal, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits beschäftigt wird, kann davon im Ausnahmefall abgewichen werden. Im Übrigen sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig an geeigneten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen können.
III.
Datenschutz
Die im Rahmen der Flüchtlingssozialarbeit bekannt gewordenen personenbezogenen Daten sind nach Maßgabe der datenschutzrechtlichen Bestimmungen vertraulich zu behandeln.
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