Verordnung des Ministeriums Ländlicher Raum über die Durchführung der Schulung und Prüfung sowie die Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen von amtlichen Fachassistentinnen und Fachassistenten (Schulungs- und Prüfungsordnung für amtliche Fachassistenten - SPrOaFA) Vom 9. Juli 2020
TEIL 1 Geltungsbereich, Zulassung zur Schulung
§ 1 Geltungsbereich
Diese Verordnung dient der landesrechtlichen Umsetzung von Anhang II Kapitel II der Delegierten Verordnung (EU) 2019/624 der Kommission vom 8. Februar 2019 mit besonderen Bestimmungen für die Durchführung amtlicher Kontrollen der Fleischerzeugung sowie von Erzeugungs- und Umsetzgebieten für lebende Muscheln gemäß der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 131 vom 17.5.2019, S. 1) und § 3
Absatz 1 Tier-LMÜV hinsichtlich der Schulung und Prüfung zu amtlichen Fachassistentinnen und Fachassistenten sowie deren Fortbildung.
§ 2 Ziel der Schulung
Die Schulung soll dazu befähigen, die amtlichen Aufgaben fachkundig wahrzunehmen und amtliche Kontrollen sachgerecht im Sinne des Artikel 18 der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU) 2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG, 2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EEG, 96/23/EG, 96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verordnung über amtliche Kontrollen) (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1, zuletzt ber. ABl. L 126 vom 15.5.2019, S. 73), die zuletzt durch Delegierte Verordnung (EU) 2019/2127 der Kommission vom 10. Oktober 2019 (ABl. L 321 vom 12.12.2019, S. 111) geändert worden ist) durchzuführen.
§ 3 Zulassung zur Schulung
(1) Über die Zulassung zur Schulung entscheiden die Schulungsstellen gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 1, sofern sie Anstellungsbehörden der Bewerber sind.
(2) Über die Zulassung anderer Bewerber zur Schulung oder zu Schulungsabschnitten entscheidet die Prüfungsbehörde gemäß § 7 Absatz 1.
(3) Voraussetzung für die Zulassung zur Schulung ist die Erfüllung der Anforderungen nach § 3
Absatz 1 Tier-LMÜV.
TEIL 2 Schulung und Prüfung nach Anhang II Kapitel II Nummer 2 bis 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/624
§ 4 Schulungsstellen, Schulungsinhalte
(1) Schulungsstellen sind
1.
die für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung zuständigen Behörden,
2.
die Landesakademie Baden-Württemberg für Veterinär- und Lebensmittelwesen und
3.
die vom Ministerium Ländlicher Raum als Schulungsstellen anerkannten Einrichtungen.
(2) Sie führen nach Bedarf theoretische und praktische Schulungen nach Anhang II Kapitel II Nummer 2 bis 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/624 durch. Eine Unterrichtsstunde umfasst 45 Minuten.
(3) Für den praktischen Unterricht der Schulungsstelle nach Absatz 1 Nummer 1 erlässt das Ministerium Ländlicher Raum Verwaltungsvorschriften.
(4) Die theoretische und praktische Schulung kann in Schulungsabschnitte unterteilt werden. Die Schulungsstelle nach Absatz 1 Nummer 2 legt die Reihenfolge und Dauer ihrer theoretischen und praktischen Schulungsabschnitte soweit möglich im Voraus fest. Aus Gründen einer sachgerechten Schulung kann in gegenseitigem Einvernehmen zwischen den beteiligten Schulungsstellen vor Beginn der Schulung von dieser Planung abgewichen werden.
§ 5 Schulungsleitung, Schulungskräfte
(1) Als Schulungsleitung benennen die Schulungsstellen nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 Tierärztinnen oder Tierärzte, die die Schulung in diesen Stellen leiten, koordinieren und überwachen. Die Leitung der Schulungsstelle nach § 4 Absatz 1 Nummer 2 übernimmt die Geschäftsführung der Landesakademie Baden-Württemberg für Veterinär- und Lebensmittelwesen. Andere vom Ministerium anerkannte Schulungsstellen nach § 4 Absatz 1 Nummer 3 regeln dies in eigener Zuständigkeit.
(2) Die Schulungsleitung erstellt unter Berücksichtigung der Vermittlung sozialer, interkultureller und inklusiver Kompetenzen einen Schulungsplan für die jeweilige Schulungsstelle, informiert sich regelmäßig über den Ablauf der Schulung und überzeugt sich vom Schulungsfortschritt der zu Schulenden. Sie berät die zu Schulenden und weist auf Mängel hin.
(3) Die Schulungsleitung dokumentiert für ihre Schulungsstelle die Vermittlung der Lernziele in geeigneter Weise. Näheres regelt eine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums Ländlicher Raum.
§ 6 Lernkontrollen
Im Rahmen der von der Schulungsstelle gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 2 durchgeführten theoretischen Schulungen sollen mehrere schriftliche Lernkontrollen absolviert werden. Die Ergebnisse der Lernkontrollen werden den Schulungsstellen gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 mitgeteilt.
§ 7 Prüfungsbehörde
(1) Prüfungsbehörde ist das Regierungspräsidium Tübingen.
(2) Das Regierungspräsidium Tübingen ist zuständige Behörde nach Anhang II Kapitel II Nummer 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/624. Über eine Verkürzung der Schulung und Prüfung entscheidet sie auf Antrag.
§ 8 Prüfungsausschuss
(1) Die Prüfung wird vor einem Prüfungsausschuss abgelegt, der von der Prüfungsbehörde einberufen wird. Für jedes Mitglied des Prüfungsausschusses ist eine Vertretung zu benennen.
(2) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind in ihrer Prüftätigkeit unabhängig und nicht an Weisungen gebunden.
(3) Der Prüfungsausschuss setzt sich zusammen aus
1.
einer Tierärztin oder einem Tierarzt der Prüfungsbehörde als Vorsitzender oder Vorsitzendem und
2.
zwei Schulungskräften für die theoretischen oder praktischen Schulungsinhalte.
§ 9 Zulassung zur Prüfung
(1) Bei der Prüfungsbehörde ist ein Antrag auf Zulassung zur Prüfung zu stellen. Dem Antrag sind die Nachweise über die Teilnahme an den praktischen und theoretischen Schulungsabschnitten beizufügen.
(2) Schulungen oder Schulungsabschnitte anderer Bundesländer werden anerkannt, sofern sie die Anforderungen nach § 1 Absatz 2 erfüllen.
§ 10 Prüfung
(1) Die Prüfung ist nicht öffentlich. Sie wird mündlich abgelegt. Über die Prüfung ist eine Niederschrift zu fertigen.
(2) Es sollen nicht mehr als vier Personen gleichzeitig geprüft werden. Die Dauer der Prüfung soll für den einzelnen Prüfling mindestens 45 Minuten betragen.
(3) Die Prüfung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Der praktische Teil der Prüfung ist in einem Schlachtbetrieb für Rot- oder Weißfleisch durchzuführen. Sofern die Qualifikation sowohl für den Rot- als auch den Weißfleischbereich erworben werden soll, sind zwei praktische Teilprüfungen abzulegen, jeweils in einem Schlachtbetrieb für Rot- beziehungsweise Weißfleisch.
(4) Die Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling nach Überzeugung der Prüferinnen und Prüfer eine mindestens ausreichende Leistung, bei Teilprüfungen in jeder einzelnen Teilprüfung, erbracht hat. Die Leistungen der Prüfung werden von jeder Prüferin und jedem Prüfer mit einer Punktzahl nach § 11 bewertet. Die Gesamtpunktzahl ergibt sich aus dem Durchschnitt der vergebenen Punkte und wird auf ganze Punkte gerundet.
(5) Eine nicht bestandene Prüfung kann bis zu zwei Mal wiederholt werden. Eine Wiederholungsprüfung ist frühestens vier Wochen nach der vorangegangenen Prüfung möglich.
(6) Bei Prüflingen, die nach der Zulassung nach § 9 ohne Genehmigung der Prüfungsbehörde der Prüfung fernbleiben, gilt die Prüfung als nicht bestanden. Genehmigt die Prüfungsbehörde den Rücktritt oder das Fernbleiben, so gilt die Prüfung als nicht unternommen. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn wichtige Gründe vorliegen, insbesondere, wenn die jeweils zu prüfende Person durch Krankheit an der Ablegung der Prüfung verhindert sind. Der Rücktritt muss von der zu prüfenden Person unverzüglich angezeigt werden; im Falle einer Erkrankung ist innerhalb von drei Tagen ein ärztliches Zeugnis nachzureichen.
(7) Über die bestandene Prüfung stellt die Prüfungsbehörde eine amtliche Bescheinigung aus.
§ 11 Notenstufen, Punktzahl
(1) Die einzelnen Prüfungsleistungen sind mit einer der folgenden Noten und Punktzahlen zu bewerten:
sehr gut (1) = 13 bis 15 Punkte
eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung;
gut (2) = 10 bis 12 Punkte
eine den Anforderungen voll entsprechende Leistung;
befriedigend (3) = 7 bis 9 Punkte
eine den Anforderungen im allgemeinen entsprechende Leistung;
ausreichend (4) = 4 bis 6 Punkte
eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht;
mangelhaft (5) = 1 bis 3 Punkte
eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, die jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden können;
ungenügend (6) = 0 Punkte
eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können.
(2) Zwischennoten und von vollen Zahlenwerten abweichende Punktzahlen dürfen nicht verwendet werden.
§ 12 Nachteilsausgleiche
(1) Während der gesamten Schulung sowie bei Lernkontrollen und Prüfungen sind die besonderen Belange von Teilnehmenden mit Behinderungen zur Wahrung ihrer Chancengleichheit zu berücksichtigen. Bei Personen, die in ihrer Schreibfähigkeit, ihren kommunikativen oder körperlichen Fähigkeiten eingeschränkt sind, stellen die zuständigen Schulungsstellen und die Prüfungsbehörde die barrierefreie Gestaltung der Lernkontrollen und Prüfungen sicher. Soweit erforderlich, werden geeignete Kommunikationshilfen zugelassen oder weitere Nachteilsausgleiche gewährt. Insbesondere können die Bearbeitungszeiten angemessen verlängert, Ruhepausen gewährt oder persönliche oder sächliche Hilfsmittel zugelassen werden.
(2) Die Gewährung eines Nachteilsausgleiches ist formlos bei der Schulungsstelle zu beantragen. Die Beeinträchtigung ist darzulegen und durch ärztliches Zeugnis oder andere geeignete Unterlagen nachzuweisen. Aus dem ärztlichen Attest oder den Unterlagen muss die leistungsbeeinträchtigende oder -verhindernde Auswirkung der Behinderung oder Beeinträchtigung hervorgehen.
(3) Die zu prüfenden Personen sind durch die Schulungsstellen in geeigneter Weise rechtzeitig auf die Möglichkeit einer Antragstellung hinzuweisen.
TEIL 3 Schulung und Fortbildung nach Anhang II Kapitel II Nummer 8 und 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/624
§ 13 Schulungsstellen
(1) Schulungsstellen sind die für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung zuständigen Behörden. Sie führen nach Bedarf Schulungen durch.
(2) Die Durchführung der Schulung kann vollständig oder teilweise durch die Schulungsstellen gemäß Absatz 1 formlos auf die Landesakademie Baden-Württemberg für Veterinär- und Lebensmittelwesen übertragen werden, sofern diese zustimmt.
§ 14 Schulungsumfang, Schulungsinhalte
(1) Die Schulung umfasst mindestens 35 Stunden. Der Umfang kann angepasst werden, sofern Vorkenntnisse auf den Gebieten der Parasitologie, der Anatomie und der Labordiagnostik vorliegen, etwa bei tiermedizinischen Fachangestellten, technischen Assistentinnen und Assistenten, Laborantinnen und Laboranten. In diesen Fällen beträgt der Mindestumfang der Schulung acht Stunden.
(2) Die Schulungsinhalte richten sich nach dem Schulungsrahmenplan der Anlage.
§ 15 Bescheinigung
Über die durchgeführte Schulung stellt die Schulungsstelle eine amtliche Bescheinigung aus.
§ 16 Fortbildung
Die Fortbildungsmaßnahmen richten sich nach Anhang II Kapitel II Nummer 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/624. Der jährliche Fortbildungsumfang beträgt in Baden-Württemberg mindestens sechs Zeitstunden oder acht Fortbildungseinheiten von je 45 Minuten.
§ 17 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung der Landesregierung über die Ausbildung und Prüfung von amtlichen Fachassistentinnen und -assistenten vom 24. Juni 2014 (GBl. S. 303, ber. S. 438), die durch Artikel 12 des Gesetzes vom 1. Dezember 2015 (GBl. S. 1047, 1054) geändert worden ist, außer Kraft.
STUTTGART, den 9. Juli 2020 |
HAUK |
Anlage
(zu § 14 Absatz 2)
Schulungsrahmenplan
1.
Theoretischer Teil
a)
Grundkenntnisse der Anatomie von Haus- und Wildschweinen, Pferden, Zuchtwild und freilebendem Wild, das Träger von Trichinen sein kann, soweit für die Entnahme von Proben zur Untersuchung auf Trichinen erforderlich,
b)
Grundkenntnisse der Histologie der Muskulatur,
c)
Kenntnisse in Bezug auf Trichinen als Parasiten und Zoonoseerreger,
d)
Probenentnahmemethoden zur Trichinenuntersuchung nach der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1375 der Kommission vom 10. August 2015 mit spezifischen Vorschriften für die amtlichen Fleischuntersuchungen auf Trichinen (ABl. L 212 vom 11.8.2015, S. 7),
e)
Trichinennachweismethoden nach der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1375,
f)
Kenntnisse über Qualitätskontrollprogramme für die Trichinennachweisverfahren,
g)
Kenntnisse über die Durchführung regelmäßiger Bewertungen der im Trichinenlabor eingesetzten Test-, Aufzeichnungs- und Analyseverfahren,
h)
Kenntnisse über den Notfallplan nach Artikel 7 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1375,
i)
Kenntnisse einschlägiger Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit der Trichinenuntersuchung einschließlich Dokumentation und Probenversand,
j)
Kenntnisse in Bezug auf Arbeitsschutz, soweit für die Entnahme und Untersuchung von Proben auf Trichinen erforderlich.
2.
Praktischer Teil
Durchführung der Probenahmen und Analysen sowie der Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit der Trichinenuntersuchung.
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