EthylRohrErG BW 2009
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylen-Rohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (Baden-Württembergisches Ethylen-Rohrleitungsgesetz) Vom 1. Dezember 2009

§ 1 Enteignungszweck

(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage zur Durchleitung von Ethylen zwischen der Landesgrenze zum Freistaat Bayern bei Riesbürg und der Landesgrenze zum Land Rheinland-Pfalz bei Eggenstein-Leopoldshafen dienen dem Wohl der Allgemeinheit nach Artikel 14
Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Dies gilt auch unter der Voraussetzung, dass die Anlage neben den in Absatz 2 genannten Zwecken auch privatwirtschaftlichen Interessen dient und neben deutschen auch ausländischen Nutzern zur Verfügung stehen kann.
(2) Insbesondere dient die Verwirklichung des in Absatz 1 bezeichneten Vorhabens
1.
dem Ausbau und der Stärkung des Chemie- und Petrochemiestandortes Baden-Württemberg,
2.
der Stärkung des Chemieclusters Karlsruhe - Mannheim - Ludwigshafen,
3.
dem Anschluss der baden-württembergischen Chemie- und Petrochemiestandorte an den nordwesteuropäischen Ethylen-Verbund,
4.
der Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur zur Verbesserung der Ansiedelungsmöglichkeiten für Unternehmen,
5.
der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Petrochemie,
6.
der Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit und
7.
der Erhöhung der Versorgungssicherheit.

§ 2 Enteignung

(1) Zur Errichtung und zum Betrieb der in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Rohrleitungsanlage kann enteignet werden. Ein Grundstück darf nur in dem Umfang enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht eine Belastung des Grundstücks mit einem Recht, insbesondere einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung hierauf zu beschränken.
(2) Bestandteile der Rohrleitungsanlage sind insbesondere ihre sämtlichen Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen, die notwendigen Zufahrten zu diesen Einrichtungen sowie der sechs Meter breite Schutzstreifen. Die der Errichtung dienenden Arbeitsstreifen und Hilfsflächen sind den Bestandteilen der Rohrleitungsanlage im Sinne des Satzes 1 für die Dauer der Errichtung gleichgestellt.

§ 3 Enteignungsvoraussetzungen

Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, soweit sie zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Die Enteignung setzt ferner voraus, dass das die Anlage errichtende und betreibende Unternehmen
1.
sich nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück oder das in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben,
2.
glaubhaft macht, dass das Grundstück oder das Recht daran innerhalb einer angemessenen Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet oder ausgeübt wird, und
3.
sich in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg verpflichtet, die Rohrleitungsanlage zu errichten, zweckentsprechend zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten sowie allen Unternehmen den diskriminierungsfreien Zugang zur Rohrleitungsanlage zu marktgerechten Entgelten zu gewährleisten; die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist durch Sanktionsmöglichkeiten zu sichern.

§ 4 Entschädigung

Für die Enteignung ist eine Entschädigung zu leisten.

§ 5 Rückenteignung

§§ 42 und 43 des Landesenteignungsgesetzes finden entsprechende Anwendung, wenn die Enteignungszwecke nach § 1 Abs. 2 nicht mehr erreicht werden können, insbesondere wenn der Betrieb der Pipeline nicht aufgenommen, endgültig eingestellt wird oder die in § 3 Satz 2 Nr. 3 genannte Voraussetzung nicht mehr erfüllt ist.

§ 6 Anwendung des Landesenteignungsgesetzes

(1) Soweit dieses Gesetz keine ausdrücklichen Vorschriften enthält, gelten die Regelungen des Landesenteignungsgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung.
(2) Die Anfechtungsklage gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung hat keine aufschiebende Wirkung.
(3) Enteignungsverfahren können ganz oder teilweise miteinander verbunden werden.

§ 7 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Stuttgart, den 1. Dezember 2009

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Oettinger

Prof. Dr. Goll

Rech

Prof. Dr. Frankenberg

Hauk

Dr. Stolz

Gönner

Drautz

Prof'in Dr. Hübner

Markierungen
Leseansicht