LEntG
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Landesenteignungsgesetz (LEntG) Vom 6. April 1982

ERSTER TEIL Allgemeine Vorschriften

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt für alle förmlichen Enteignungen, die sich auf Grundstücke beziehen, soweit nicht Bundesrecht anzuwenden ist.

§ 1 a Elektronische Kommunikation

Im Enteignungsverfahren und soweit in diesem Gesetz Schriftform angeordnet ist, findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung.

§ 2 Enteignungszweck

Nach diesem Gesetz kann enteignet werden, um 1.
Vorhaben zu verwirklichen, für die andere Gesetze die Enteignung ausdrücklich zulassen,
2.
andere Vorhaben zu verwirklichen, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen, insbesondere um
a)
Einrichtungen für die Jugendhilfe, Gesundheits- und Wohlfahrtspflege sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen,
b)
Einrichtungen für Schulen, Hochschulen und andere Zwecke von Kultur, Wissenschaft und Forschung,
c)
Einrichtungen für die öffentliche Versorgung oder Entsorgung,
d)
Einrichtungen, die dem Umweltschutz dienen, e)
Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und des Strafvollzugs,
f)
Einrichtungen des öffentlichen und nichtöffentlichen Verkehrs
zu schaffen und zu verändern.

§ 3 Gegenstand der Enteignung

(1) Durch Enteignung können 1.
das Eigentum an Grundstücken entzogen oder belastet werden,
2.
andere Rechte an Grundstücken entzogen, geändert oder belastet werden,
3.
persönliche Rechte entzogen werden, die zum Erwerb, Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigen oder die den Verpflichteten in der Nutzung von Grundstücken beschränken,
4.
soweit es in diesem Gesetz vorgesehen ist, Rechtsverhältnisse begründet werden, die persönliche Rechte im Sinne von Nummer 3 gewähren.
(2) Zur vorübergehenden Benutzung von Grundstücken können Rechtsverhältnisse begründet werden, die persönliche Rechte gewähren.
(3) Die für Grundstücke geltenden Vorschriften dieses Gesetzes sind auf Grundstücksteile entsprechend anzuwenden.
(4) Die für das Eigentum an Grundstücken geltenden Vorschriften dieses Gesetzes sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf grundstücksgleiche Rechte entsprechend anzuwenden.
(5) Die für die Entziehung oder Belastung des Eigentums an Grundstücken geltenden Vorschriften dieses Gesetzes sind auf die Entziehung, Belastung, Änderung oder Begründung der in Absatz 1 Nr. 2 bis 4 bezeichneten Rechte entsprechend anzuwenden.

§ 4 Zulässigkeit der Enteignung

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, soweit sie zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich ist und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.
(2) Die Enteignung setzt voraus, daß der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des Grundstücks zu angemessenen Bedingungen bemüht hat und glaubhaft macht, daß das Grundstück innerhalb angemessener Frist für den Enteignungszweck verwendet wird.
(3) Die Enteignung zu dem Zweck, durch Enteignung entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen, ist nur zulässig, soweit der Ersatz im Zweiten und Vierten Teil vorgesehen ist.

§ 5 Umfang der Enteignung

(1) Die Enteignung darf nur in dem Umfang durchgeführt werden, in dem sie zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht die Belastung eines Grundstücks mit einem Recht zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, ist die Enteignung hierauf zu beschränken.
(2) Soll ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet werden, kann der Eigentümer anstelle der Belastung die Entziehung des Eigentums verlangen. Soll ein Grundstück mit einem anderen Recht belastet werden, kann der Eigentümer die Entziehung des Eigentums verlangen, wenn die Belastung für ihn unbillig ist.
(3) Sollen Grundstücksteile oder einzelne von mehreren räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundstücken enteignet werden, kann der Eigentümer die Ausdehnung der Enteignung auf die ihm verbleibenden Grundstücksteile oder Grundstücke verlangen, soweit er diese nicht mehr in angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich nutzen kann.
(4) Der Eigentümer kann verlangen, daß die Enteignung auf das Zubehör sowie die nur vorübergehend mit dem Grundstück verbundenen oder in ein Gebäude eingefügten Sachen erstreckt wird, soweit er diese Gegenstände infolge der Enteignung nicht mehr wirtschaftlich nutzen oder in anderer Weise angemessen verwerten kann.
(5) Ein Verlangen nach den Absätzen 2 bis 4 ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Enteignungsbehörde bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung oder, wenn die mündliche Verhandlung auf Grund eines Verzichts der Beteiligten entfällt, spätestens mit der Verzichtserklärung geltend zu machen.

§ 6 Vorarbeiten auf Grundstücken

(1) Die Beauftragten der Enteignungsbehörde und des Trägers des Vorhabens sind befugt, Grundstücke zu betreten, zu vermessen und auf ihnen andere Vorarbeiten vorzunehmen, die notwendig sind, um die Eignung der Grundstücke für Vorhaben, für die enteignet werden kann, beurteilen zu können. Lassen Eigentümer und Besitzer von Grundstücken Vorarbeiten von Beauftragten des Trägers des Vorhabens nicht zu, so entscheidet auf dessen Antrag die Enteignungsbehörde. Die Entscheidung kann befristet, bedingt oder mit Auflagen versehen und von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der zu erwartenden Entschädigung nach Absatz 3 abhängig gemacht werden. Eigentümer und Besitzer sind verpflichtet, die in Satz 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen zu dulden. Wohnungen dürfen nur mit Einwilligung des Wohnungsinhabers betreten werden.
(2) Von der Absicht, Vorarbeiten nach Absatz 1 durchzuführen, sind Eigentümer und Besitzer rechtzeitig vor dem Betreten der Grundstücke zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, soweit die Vorarbeiten auf eine Vielzahl von Grundstücken erstreckt werden müssen oder Eigentümer und Besitzer nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ermittelt werden können. Die Bekanntmachung wird von der Gemeinde, in deren Gebiet die Grundstücke liegen, auf Kosten des Trägers des Vorhabens durchgeführt.
(3) Entsteht durch eine Maßnahme nach Absatz 1 dem Eigentümer oder Besitzer ein unmittelbarer Vermögensnachteil, ist dafür von dem Träger des Vorhabens eine angemessene Entschädigung zu leisten. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, setzt die Enteignungsbehörde die Entschädigung fest. Die Beteiligten sind vorher zu hören.

ZWEITER TEIL Entschädigung und Härteausgleich

§ 7 Entschädigungsgrundsätze

(1) Für die Enteignung ist Entschädigung zu leisten.
(2) Die Entschädigung wird gewährt 1.
für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust,
2.
für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile.
(3) Vermögensvorteile, die dem Entschädigungsberechtigten infolge der Enteignung entstehen, sind bei der Festsetzung der Entschädigung zu berücksichtigen. Hat bei der Entstehung eines Vermögensnachteils ein Verschulden des Entschädigungsberechtigten mitgewirkt, ist § 254
des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden.
(4) Für die Bemessung der Entschädigung ist der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. In den Fällen der vorzeitigen Besitzeinweisung oder der vorzeitigen Besitzüberlassung ist der Zustand in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem diese wirksam wird.

§ 8 Entschädigungsberechtigter und Entschädigungsverpflichteter

(1) Die Entschädigung kann verlangen, wer in seinem Recht durch die Enteignung beeinträchtigt wird und dadurch einen Vermögensnachteil erleidet.
(2) Zur Leistung der Entschädigung ist der Enteignungsbegünstigte verpflichtet.

§ 9 Entschädigung für den Rechtsverlust

(1) Die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust bemißt sich nach dem Verkehrswert des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Enteignung. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Enteignungsgegenstands ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.
(2) Maßgebend ist der Verkehrswert in dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über die Entschädigung entscheidet.
(3) Bei der Festsetzung der Entschädigung bleiben unberücksichtigt:
1.
Wertsteigerungen eines Grundstücks, die in der Aussicht auf eine Änderung der zulässigen Nutzung eingetreten sind, wenn die Änderung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten ist,
2.
Wertänderungen, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten sind,
3.
Werterhöhungen, die nach dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem der Eigentümer zur Vermeidung der Enteignung ein Kauf- oder Tauschangebot des Antragstellers zu angemessenen Bedingungen hätte annehmen können, es sei denn, daß der Eigentümer Kapital oder Arbeit für sie aufgewendet hat,
4.
wertsteigernde Veränderungen, die unter Verstoß gegen die Verfügungs- und Veränderungssperre vorgenommen worden sind,
5.
rechtsgeschäftliche Vereinbarungen, soweit sie von üblichen Vereinbarungen auffällig abweichen und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie getroffen worden sind, um eine höhere Entschädigungsleistung zu erlangen.
(4) Für bauliche Anlagen, deren entschädigungslose Beseitigung auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gefordert werden kann, ist eine Entschädigung nur zu gewähren, soweit es aus Gründen der Billigkeit geboten ist. Kann die Beseitigung entschädigungslos erst nach Ablauf einer Frist gefordert werden, ist die Entschädigung nach dem Verhältnis der restlichen Frist zu der gesamten Frist zu bemessen.
(5) Wird der Wert des Eigentums an dem Grundstück durch Rechte Dritter gemindert, die an dem Grundstück aufrechterhalten, an einem anderen Grundstück neu begründet oder gesondert entschädigt werden, ist dies bei der Festsetzung der Entschädigung für den Rechtsverlust zu berücksichtigen.

§ 10 Entschädigung für andere Vermögensnachteile

(1) Wegen anderer durch die Enteignung eintretender Vermögensnachteile ist eine Entschädigung nur zu gewähren, soweit diese Vermögensnachteile nicht schon bei der Bemessung der Entschädigung für den Rechtsverlust berücksichtigt sind. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festzusetzen, insbesondere für
1.
den vorübergehenden oder dauernden Verlust, den der bisherige Eigentümer in seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit oder in der Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben erleidet, jedoch nur bis zu dem Betrag des Aufwandes, der erforderlich ist, um ein anderes Grundstück in der gleichen Weise wie das zu enteignende Grundstück zu nutzen,
2.
die Wertminderung, die durch die Enteignung eines Grundstücksteils oder einzelner von mehreren räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundstücken bei den dem Eigentümer verbleibenden Grundstücksteilen oder Grundstücken oder durch die Enteignung des Rechts an einem Grundstück bei einem anderen Grundstück entsteht, soweit die Wertminderung nicht schon bei der Festsetzung der Entschädigung nach Nummer 1 berücksichtigt ist,
3.
die notwendigen Aufwendungen für einen durch die Enteignung erforderlich werdenden Umzug.
(2) Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 ist § 9 Abs. 3 Nr. 3 sinngemäß anzuwenden.

§ 11 Behandlung der Rechte der Nebenberechtigten

(1) Rechte an dem zu enteignenden Grundstück sowie persönliche Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Nutzung des Grundstücks beschränken, können aufrechterhalten werden, soweit dies mit dem Enteignungszweck zu vereinbaren ist.
(2) Als Ersatz für ein Recht an einem Grundstück, das nicht aufrechterhalten wird, kann mit Zustimmung des Rechtsinhabers das Ersatzland oder ein anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten mit einem entsprechenden Recht belastet werden. Als Ersatz für ein persönliches Recht, das nicht aufrechterhalten wird, kann mit Zustimmung des Rechtsinhabers ein Rechtsverhältnis begründet werden, das ein Recht gleicher Art in Bezug auf das Ersatzland oder auf ein anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten gewährt. Als Ersatz für dingliche oder persönliche Rechte eines öffentlichen Verkehrsunternehmens, eines Trägers der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme oder Wasser oder eines Trägers der öffentlichen Verwertung oder Beseitigung von Abwässern, die auf diese Rechte zur Erfüllung ihrer wesensgemäßen Aufgaben angewiesen sind, sind auf ihren Antrag Rechte gleicher Art am Ersatzland oder an einem anderen Grundstück des Enteignungsbegünstigten zu begründen. Anträge nach Satz 3 müssen vor Beginn der mündlichen Verhandlung schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde oder, wenn die mündliche Verhandlung auf Grund eines Verzichts der Beteiligten entfällt, spätestens mit der Verzichtserklärung gestellt werden.
(3) Soweit Rechte nicht aufrechterhalten oder nicht durch neue Rechte ersetzt werden, sind bei der Enteignung eines Grundstücks gesondert zu entschädigen
1.
Erbbauberechtigte, Altenteilsberechtigte sowie Inhaber von Dienstbarkeiten und Erwerbsrechten an dem Grundstück,
2.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist,
3.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Nutzung des Grundstücks beschränken.
(4) Berechtigte, deren Rechte nicht aufrechterhalten, nicht durch neue Rechte ersetzt und nicht gesondert entschädigt werden, haben bei der Enteignung eines Grundstücks Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechts aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Dies gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder nach § 10 Satz 2 Nr. 2 festgesetzt werden.

§ 12 Schuldübergang

(1) Haftet bei einer Hypothek, die aufrechterhalten oder durch ein neues Recht an einem anderen Grundstück ersetzt wird, der von der Enteignung Betroffene zugleich persönlich, übernimmt der Enteignungsbegünstigte die Schuld in Höhe der Hypothek. §§ 415 und 416
des Bürgerlichen Gesetzbuches sind entsprechend anzuwenden; als Veräußerer im Sinne von § 416 ist der von der Enteignung Betroffene anzusehen.
(2) Das gleiche gilt, wenn bei einer Grundschuld oder Rentenschuld, die aufrechterhalten oder durch ein neues Recht an einem anderen Grundstück ersetzt wird, der von der Enteignung Betroffene zugleich persönlich haftet, sofern er spätestens bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung oder, wenn die mündliche Verhandlung auf Grund eines Verzichts der Beteiligten entfällt, spätestens mit der Verzichtserklärung die gegen ihn bestehende Forderung unter Angabe ihres Betrages und Grundes angemeldet und auf Verlangen der Enteignungsbehörde oder eines Beteiligten glaubhaft gemacht hat.

§ 13 Entschädigung in Geld

(1) Die Entschädigung ist in einem einmaligen Betrag zu leisten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Auf Antrag des Entschädigungsberechtigten kann die Entschädigung in wiederkehrenden Leistungen festgesetzt werden, wenn dies den übrigen Beteiligten zuzumuten ist.
(2) Einmalige Entschädigungsbeträge sind mit zwei vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247
des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, in dem die Nutzungsmöglichkeit dem von der Enteignung Betroffenen entzogen oder er in ihr beschränkt wird.
(3) Für die Belastung eines Grundstücks mit einem Erbbaurecht ist die Entschädigung in einem Erbbauzins zu leisten.

§ 14 Entschädigung in Land

(1) Die Entschädigung ist auf Antrag des Eigentümers in geeignetem Ersatzland festzusetzen, soweit dieser zur Sicherung seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung seiner ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben auf Ersatzland angewiesen ist und der Enteignungsbegünstigte
1.
über als Ersatzland geeignete Grundstücke verfügt, auf die er nicht mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben angewiesen ist, oder
2.
geeignetes Ersatzland nach pflichtgemäßem Ermessen der Enteignungsbehörde freihändig zu angemessenen Bedingungen und binnen einer angemessenen Frist beschaffen kann.
Ein Grundstück ist nicht als Ersatzland geeignet, wenn es selbst oder sein Ertrag unmittelbar einem in § 2 genannten Zweck oder in sonstiger Weise der Allgemeinheit in besonderem Maße dient oder zu dienen bestimmt ist. Ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück ist außerdem nicht als Ersatzland geeignet, wenn seine Übertragung auf den Entschädigungsberechtigten zu einer Änderung der bisherigen Nutzungsart oder zu einer nachteiligen Veränderung der Agrarstruktur führen würde.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 ist die Entschädigung auf Antrag des Eigentümers auch dann in geeignetem Ersatzland festzusetzen, wenn ein Grundstück enteignet werden soll, das mit einem eigengenutzten Eigenheim oder einer eigengenutzten Kleinsiedlung bebaut ist. Dies gilt nicht, wenn nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Abbruch des Gebäudes jederzeit entschädigungslos gefordert werden kann.
(3) Die Entschädigung kann auf Antrag in Ersatzland festgesetzt werden, soweit diese Art der Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten angemessen ist und der Enteignungsbegünstigte über nach Absatz 1 geeignete Grundstücke verfügt oder sich solche freihändig zu angemessenen Bedingungen beschaffen kann.
(4) Für die Bewertung des Ersatzlandes ist § 9 entsprechend anzuwenden. Hierbei ist die Werterhöhung zu berücksichtigen, die das übrige Grundvermögen des Betroffenen durch den Erwerb des Ersatzlandes über dessen Wert nach Satz 1 hinaus erfährt. Hat das Ersatzland einen geringeren Wert als das zu enteignende Grundstück, ist eine dem Wertunterschied entsprechende zusätzliche Geldentschädigung festzusetzen. Hat das Ersatzland einen höheren Wert als das zu enteignende Grundstück, ist festzusetzen, daß der Entschädigungsberechtigte an den Enteignungsbegünstigten eine dem Wertunterschied entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten hat. Die Ausgleichszahlung wird mit dem nach § 32 Abs. 3 Satz 1 in der Ausführungsanordnung festgesetzten Tag fällig.
(5) Wird die Entschädigung in Land festgesetzt, sollen dingliche oder persönliche Rechte, soweit sie nicht an dem zu enteignenden Grundstück aufrechterhalten werden, auf Antrag des Rechtsinhabers nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 ersetzt werden. Soweit das nicht möglich oder nicht ausreichend ist, sind die Inhaber der Rechte gesondert in Geld zu entschädigen; dies gilt für die in § 11 Abs. 4 bezeichneten Berechtigten nur, soweit ihre Rechte nicht durch eine dem Eigentümer nach Absatz 4 zu gewährende zusätzliche Geldentschädigung gedeckt werden.
(6) Sind Miteigentum, grundstücksgleiche Rechte oder Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz ebenso zur Sicherung der Berufs- oder Erwerbstätigkeit des Berechtigten oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben geeignet, können dem Eigentümer diese Rechte anstelle des Ersatzlandes angeboten werden. Der Eigentümer ist in Geld abzufinden, wenn er die ihm nach Satz 1 angebotene Entschädigung ablehnt. § 15 bleibt unberührt.
(7) Anträge nach den Absätzen 1 bis 3 und 5 sind schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde zu stellen, und zwar in den Fällen der Absätze 1 bis 3 vor Beginn und im Falle des Absatzes 5 bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung oder, wenn diese auf Grund eines Verzichts der Beteiligten entfällt, spätestens mit der Verzichtserklärung.

§ 15 Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte

(1) Soweit es unter Abwägung der Belange der Beteiligten der Billigkeit entspricht, kann die Entschädigung auf Antrag des Eigentümers ganz oder teilweise in Miteigentum, grundstücksgleichen Rechten, Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder sonstigen Rechten an dem durch die Enteignung zu erwerbenden oder an einem anderen Grundstück des Enteignungsbegünstigten festgesetzt werden. Bei Wertunterschieden zwischen den Rechten nach Satz 1 und dem Enteignungsgegenstand ist § 14 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
(2) Der Antrag nach Absatz 1 ist bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung oder, wenn die mündliche Verhandlung auf Grund eines Verzichts der Beteiligten entfällt, spätestens mit der Verzichtserklärung schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde zu stellen.

§ 16 Härteausgleich

(1) Entstehen einem Mieter, Pächter oder sonstigen Nutzungsberechtigten, dessen Rechtsverhältnis durch eine Enteignung auf Grund dieses Gesetzes oder durch Kündigung oder Vereinbarung im Hinblick auf die bevorstehende Enteignung beendet wird, wirtschaftliche Nachteile, die für ihn eine besondere Härte bedeuten und für die eine Entschädigung nach diesem Gesetz nicht zu leisten ist und die auch nicht durch sonstige Maßnahmen ausgeglichen werden, kann die Enteignungsbehörde auf Antrag einen Ausgleich in Geld festsetzen, soweit dies der Billigkeit entspricht (Härteausgleich). Zur Leistung des Härteausgleichs ist der Enteignungsbegünstigte verpflichtet. Der Härteausgleich kann auch in der Gewährung eines zinsgünstigen Darlehens oder eines Zinszuschusses für ein Darlehen bestehen.
(2) Ein Härteausgleich wird nicht gewährt, soweit der Antragsteller es unterlassen hat, die Nachteile durch zumutbare Maßnahmen abzuwenden.
(3) Der Antrag auf Härteausgleich ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Rechtsverhältnisses bei der Enteignungsbehörde zu stellen.

DRITTER TEIL Verfahren

1. Abschnitt Enteignungsverfahren

§ 17 Enteignungsbehörde

(1) Das Enteignungsverfahren wird vom Regierungspräsidium (Enteignungsbehörde) durchgeführt.
(2) Örtlich zuständig ist die Enteignungsbehörde, in deren Bezirk der Enteignungsgegenstand liegt. Sind mehrere Enteignungsbehörden für ein Vorhaben zuständig und ist es zweckmäßig, das Verfahren einheitlich durchzuführen, so bestimmt die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde die zuständige Enteignungsbehörde.
(3) Entscheidungen auf Grund mündlicher Verhandlung trifft ein bei der Enteignungsbehörde gebildeter Ausschuß. Dem Ausschuß gehören ein Bediensteter der Enteignungsbehörde als Vorsitzender sowie zwei ehrenamtliche Beisitzer als weitere Mitglieder an.
(4) Das Regierungspräsidium bestellt die erforderliche Anzahl ehrenamtlicher Beisitzer auf die Dauer von vier Jahren. Die Beisitzer sollen die für ihr Amt erforderliche Eignung und Erfahrung besitzen. Sie erhalten Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter.

§ 18 Enteignungsantrag

(1) Der Antrag auf Durchführung eines Enteignungsverfahrens ist schriftlich bei der Enteignungsbehörde zu stellen.
(2) Der Antragsteller hat die zur Beurteilung des Vorhabens und des Enteignungsantrags erforderlichen Unterlagen einzureichen. Er hat insbesondere den Enteignungsgegenstand genau zu bezeichnen und soll die Namen und Anschriften der Beteiligten angeben.

§ 19 Beteiligte

(1) In dem Enteignungsverfahren sind Beteiligte 1.
der Antragsteller, 2.
der Enteignungsbegünstigte, 3.
der Eigentümer und diejenigen, für die ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist oder für die ein Wasserrecht oder eine wasserrechtliche Befugnis im Wasserbuch eingetragen ist,
4.
der Inhaber a)
eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechts an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht,
b)
eines Anspruchs mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück,
c)
eines Rechts, das zum Erwerb, Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt oder die Nutzung des Grundstücks beschränkt,
auf Grund der Anmeldung seines Rechts bei der Enteignungsbehörde.
Die Enteignungsbehörde soll die Gemeinde auf ihren Antrag als Beteiligte hinzuziehen.
(2) Die Anmeldung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 kann bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung oder, wenn diese auf Grund eines Verzichts der Beteiligten entfällt, spätestens mit der Verzichtserklärung erfolgen. Bestehen Zweifel an dem angemeldeten Recht, so hat die Enteignungsbehörde dem Anmeldenden unverzüglich eine Frist zur Glaubhaftmachung seines Rechts zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der Anmeldende bis zur Glaubhaftmachung seines Rechts an dem Enteignungsverfahren nicht mehr zu beteiligen.
(3) Der im Grundbuch eingetragene Gläubiger einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, für die ein Brief erteilt ist, und jeder seiner Rechtsnachfolger hat auf Verlangen der Enteignungsbehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob ein anderer die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder ein Recht daran erworben hat. Die Person des Erwerbers ist dabei zu bezeichnen.

§ 20 Entschädigung statt Wiedereinsetzung

Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder für die Verlängerung einer von der Enteignungsbehörde gesetzten Frist vor, kann die Enteignungsbehörde anstelle einer Entscheidung, die den durch das bisherige Verfahren herbeigeführten neuen Rechtszustand ändern würde, eine Entschädigung festsetzen.

§ 21 Erforschung des Sachverhalts

(1) Zur Ermittlung des Sachverhalts kann die Enteignungsbehörde anordnen, daß
1.
Beteiligte persönlich erscheinen, 2.
Urkunden und sonstige Unterlagen vorgelegt werden, auf die sich ein Beteiligter berufen hat,
3.
Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldgläubiger die in ihrem Besitz befindlichen Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe vorlegen.
(2) Im Enteignungsverfahren sind Zeugen zur Aussage und Sachverständige zur Erstattung von Gutachten verpflichtet. Im übrigen ist § 65
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Durchführung des Enteignungsverfahrens davon abhängig machen, daß
1.
die Mittel für die Verwirklichung des Vorhabens nachgewiesen werden,
2.
Sicherheit bis zur Höhe der zu erwartenden Enteignungsentschädigung geleistet wird,
3.
ein für das Vorhaben erforderlicher Planfeststellungsbeschluß oder eine sonst hierfür erforderliche behördliche Entscheidung beigebracht werden.

§ 22 Vorbereitung der mündlichen Verhandlung

(1) Die Enteignungsbehörde soll schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen treffen, die erforderlich sind, um das Verfahren möglichst in einem Verhandlungstermin zu erledigen. Sie soll den Beteiligten sowie den Behörden und Stellen, die Träger öffentlicher Belange sind und deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung geben.
(2) Die Gemeinde, in deren Gebiet sich der Enteignungsgegenstand befindet, hat das Enteignungsverfahren mindestens zwei Wochen vor dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung auf Kosten des Trägers des Vorhabens öffentlich bekanntzumachen;dies gilt nicht im Fall des § 23 Abs. 2 Nr. 3. Die Bekanntmachung soll enthalten
1.
die Angabe des ersten Termins zur mündlichen Verhandlung,
2.
die Bezeichnung des Antragstellers und des Enteignungsgegenstandes,
3.
den wesentlichen Inhalt des Enteignungsantrags mit dem Hinweis, daß der Antrag mit den ihm beigefügten Unterlagen bei der Enteignungsbehörde oder einer von ihr bestimmten Stelle eingesehen werden kann,
4.
die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen den Enteignungsantrag möglichst vor der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären,
5.
den Hinweis, daß auch bei Nichterscheinen über den Enteignungsantrag und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann,
6.
einen Hinweis auf die Verfügungs- und Veränderungssperre und ein etwaiges Planfeststellungsverfahren.
Soweit andere Gesetze eine gesonderte Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung vorschreiben, darf die Bekanntmachung erst erfolgen, wenn diese Entscheidung getroffen ist.
(3) Zur mündlichen Verhandlung werden die der Enteignungsbehörde bekannten Beteiligten geladen. Die Ladung ist zuzustellen. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen.
(4) Die Ladung muß den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Inhalt haben. Die Ladung von Personen, deren Beteiligung auf einem Antrag auf Entschädigung in Land beruht, muß außerdem auch die Bezeichnung des Eigentümers, dessen Entschädigung in Land beantragt ist, und des Grundstücks, für das die Entschädigung in Land gewährt werden soll, enthalten.
(5) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eingetragen, gibt die Enteignungsbehörde dem Vollstreckungsgericht von der Einleitung des Enteignungsverfahrens Kenntnis.

§ 23 Mündliche Verhandlung

(1) Die Enteignungsbehörde entscheidet auf Grund mündlicher Verhandlung mit den Beteiligten. Für die mündliche Verhandlung sind §§ 68 und 71
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend anzuwenden.
(2) Die Enteignungsbehörde kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn
1.
alle Beteiligten auf sie verzichtet haben, 2.
die Enteignungsbehörde den Beteiligten mitgeteilt hat, daß sie beabsichtige, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, und kein Beteiligter innerhalb einer hierfür gesetzten Frist Einwendungen dagegen erhoben hat, oder
3.
die Enteignungsbehörde den Enteignungsantrag als aussichtslos abweisen will.

§ 24 Planfeststellung

(1) Erstreckt sich das Vorhaben auf mehrere Grundstücke, kann die Enteignungsbehörde bis zur Bekanntmachung des Enteignungsverfahrens ein Planfeststellungsverfahren einleiten, wenn sie es für sachdienlich hält und eine Planfeststellung nicht in anderen Gesetzen vorgesehen ist.
(2) Auf die Planfeststellung sind die Vorschriften des
Landesverwaltungsverfahrensgesetzes mit folgenden Abweichungen anzuwenden:
1.
In der Bekanntmachung nach § 73 Abs. 5 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes ist auch auf die Verfügungs- und Veränderungssperre hinzuweisen.
2.
Der Planfeststellungsbeschluß ist dem Träger des Vorhabens und denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, zuzustellen.

§ 25 Bindungswirkung des Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahrens

Ist in einem Planfeststellungsverfahren oder einem Plangenehmigungsverfahren eine für die Beteiligten verbindliche Entscheidung über die Zulässigkeit und die Art der Verwirklichung des Vorhabens getroffen worden, ist diese Entscheidung, wenn sie unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist, dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend. Gegen Maßnahmen nach diesem Gesetz können keine Einwendungen erhoben werden, über die im Planfeststellungsverfahren oder im Plangenehmigungsverfahren der Sache nach entschieden worden ist, die durch die Planfeststellung ausgeschlossen sind, oder die von den Beteiligten im Plangenehmigungsverfahren hätten vorgebracht werden können.

§ 26 Verfügungs- und Veränderungssperre

(1) Von der Bekanntmachung des Enteignungsverfahrens oder vom Beginn der Auslegung des Plans im Planfeststellungsverfahren nach § 24 an dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung der Enteignungsbehörde
1.
Verfügungen über ein Grundstück und über Rechte an einem Grundstück getroffen oder Vereinbarungen abgeschlossen werden, durch die einem anderen ein Recht zur Nutzung oder Bebauung eines Grundstücks oder Grundstücksteils eingeräumt wird,
2.
erhebliche Veränderungen der Erdoberfläche oder wesentlich wertsteigernde sonstige Veränderungen des Grundstücks vorgenommen werden,
3.
nicht genehmigungspflichtige, aber wertsteigernde bauliche Anlagen errichtet oder wertsteigernde Änderungen solcher Anlagen vorgenommen werden,
4.
genehmigungspflichtige bauliche Anlagen errichtet oder geändert werden.
Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß das Vorhaben die Enteignung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Enteignungszweck gefährden würde.
(2) Sind Vorhaben im Sinne von Absatz 1 Satz 1 zu erwarten, kann die Enteignungsbehörde die Genehmigungspflicht bereits anordnen, sobald der Enteignungsantrag gestellt ist. Die Anordnung ist von der Gemeinde, in deren Gebiet sich der Enteignungsgegenstand befindet, auf Kosten des Trägers des Vorhabens öffentlich bekanntzumachen.
(3) Veränderungen, die vor der Sperre in öffentlich-rechtlich zulässiger Weise begonnen worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Sperre nicht berührt.
(4) Die Enteignungsbehörde ersucht das Grundbuchamt, die Sperre im Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt benachrichtigt die Enteignungsbehörde von allen Eintragungen, die nach der Sperre vorgenommen werden.
(5) Wird der Enteignungsantrag abgewiesen oder der Enteignungsbeschluß aufgehoben, hat der Antragsteller dem Betroffenen für alle auf Grund der Sperre entstandenen Vermögensnachteile angemessene Entschädigung zu leisten; das gleiche gilt, wenn die Sperre länger als vier Jahre dauert, für die danach auf Grund der Sperre entstandenen Vermögensnachteile. Die Entschädigung wird durch die Enteignungsbehörde festgesetzt.

§ 27 Einigung

(1) Die Enteignungsbehörde hat auf eine Einigung zwischen den Beteiligten hinzuwirken.
(2) Einigen sich die Beteiligten im Enteignungsverfahren in vollem Umfang oder nur über den Übergang oder die Belastung des Eigentums (Teileinigung), hat die Enteignungsbehörde über die Einigung eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift muß den Erfordernissen des § 29 Abs. 1 entsprechen; sie bedarf der Unterschrift der Beteiligten. Der notariellen Beurkundung bedarf sie nur, soweit Bundesrecht dies vorschreibt. Die Einigung steht einem nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschluß gleich. Erstreckt sich die Einigung nur auf den Übergang oder die Belastung des Eigentums, hat die Enteignungsbehörde anzuordnen, daß dem Berechtigten eine Vorauszahlung in Höhe der zu erwartenden Entschädigung zu leisten ist, soweit sich aus der Einigung nichts anderes ergibt.
(3) Einigen sich die Beteiligten außerhalb des Enteignungsverfahrens über den Übergang oder die Belastung des Eigentums, wird auf Antrag eines Beteiligten das Enteignungsverfahren zur Festsetzung der Entschädigung durchgeführt. Für das Verfahren gelten die Vorschriften dieses Abschnitts entsprechend; von der Bekanntmachung des Enteignungsverfahrens kann abgesehen werden.

§ 28 Entscheidung der Enteignungsbehörde

(1) Soweit eine Einigung nicht zustandekommt, entscheidet die Enteignungsbehörde durch Beschluß über den Enteignungsantrag, die übrigen Anträge und die erhobenen Einwendungen.
(2) Auf Antrag kann die Enteignungsbehörde vorab über den Übergang oder die Belastung des Eigentums oder über sonstige durch die Enteignung zu bewirkende Rechtsänderungen entscheiden. In diesem Fall hat die Enteignungsbehörde anzuordnen, daß dem Berechtigten eine Vorauszahlung in Höhe der zu erwartenden Entschädigung zu leisten ist.
(3) Gibt die Enteignungsbehörde dem Enteignungsantrag statt, entscheidet sie zugleich
1.
darüber, welche Rechte der Nebenberechtigten aufrechterhalten bleiben,
2.
darüber, mit welchen Rechten der Enteignungsgegenstand, das Ersatzland oder ein anderes Grundstück belastet werden,
3.
darüber, welche Rechtsverhältnisse begründet werden, die persönliche Rechte im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 gewähren,
4.
im Falle der Entschädigung in Land über den Eigentumsübergang.
(4) Die Entscheidung der Enteignungsbehörde ist zu begründen, mit einer Belehrung über Zulässigkeit, Form und Frist des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zu versehen und zuzustellen.

§ 29 Enteignungsbeschluß

(1) Gibt die Enteignungsbehörde dem Enteignungsantrag statt, muß der Beschluß (Enteignungsbeschluß) bezeichnen
1.
die von der Enteignung Betroffenen, den Antragsteller und den Enteignungsbegünstigten,
2.
die sonstigen Beteiligten, 3.
den Enteignungszweck und die Frist, innerhalb deren der Enteignungsgegenstand zu dem vorgesehenen Zweck zu verwenden ist,
4.
den Gegenstand der Enteignung, und zwar a)
wenn das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung ist, das Grundstück nach seiner grundbuchmäßigen Bezeichnung, seiner Größe und den übrigen Angaben des Liegenschaftskatasters; bei einem Grundstücksteil ist zu seiner Bezeichnung auf die für die Abschreibung eines Grundstücksteils nach der Grundbuchordnung erforderlichen Unterlagen Bezug zu nehmen,
b)
wenn ein anderes Recht an einem Grundstück Gegenstand einer selbständigen Enteignung ist, dieses Recht nach seinem Inhalt und seiner grundbuchmäßigen Bezeichnung,
c)
wenn ein persönliches Recht, das zum Erwerb, Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt oder den Verpflichteten in der Nutzung eines Grundstücks beschränkt, Gegenstand einer selbständigen Enteignung ist, dieses Recht nach seinem Inhalt und dem Grund seines Bestehens,
d)
die in § 5 Abs. 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Enteignung auf sie ausgedehnt wird,
5.
bei der Belastung eines Grundstücks mit einem Recht die Art, den Inhalt sowie den Rang des Rechts, den Berechtigten und das Grundstück,
6.
bei der Begründung eines Rechtes im Sinne von Nummer 4 Buchst. c den Inhalt des Rechtsverhältnisses und die daran Beteiligten,
7.
die Eigentums- und sonstigen Rechtsverhältnisse vor und nach der Enteignung,
8.
die Art und die Höhe der Entschädigung und die Höhe der Ausgleichszahlung nach § 14 Abs. 4 Satz 4 und § 15 Abs. 1 Satz 2 mit der Angabe, von wem und an wen sie zu leisten ist; Geldentschädigungen, aus denen andere von der Enteignung Betroffene nach § 11 Abs. 4 zu entschädigen sind, müssen von den sonstigen Geldentschädigungen getrennt ausgewiesen werden,
9.
bei der Entschädigung in Land das Ersatzgrundstück in der in Nummer 4 Buchst. a bezeichneten Weise.
(2) Kann ein Grundstücksteil nicht entsprechend Absatz 1 Nr. 4 Buchst. a bezeichnet werden, kann die Bezeichnung auf Grund fester Merkmale in der Natur oder durch Bezugnahme auf einen Lageplan erfolgen. Wenn das Ergebnis der Vermessung vorliegt, ist der Enteignungsbeschluß durch einen Nachtragsbeschluß zu ergänzen.
(3) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung eingetragen, gibt die Enteignungsbehörde dem Vollstreckungsgericht von dem Enteignungsbeschluß Kenntnis.

§ 30 Verwendungsfrist

(1) Die nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 bestimmte Frist, innerhalb deren der Enteignungsgegenstand zu dem vorgesehenen Zweck zu verwenden ist, beginnt mit dem Eintritt der Rechtsänderung.
(2) Die Enteignungsbehörde kann die Verwendungsfrist vor ihrem Ablauf auf Antrag verlängern, wenn
1.
der Enteignungsbegünstigte nachweist, daß er den Enteignungsgegenstand ohne Verschulden innerhalb der gesetzten Frist nicht zu dem vorgesehenen Zweck verwenden kann, oder
2.
vor Ablauf der Frist eine Gesamtrechtsnachfolge stattfindet und der Rechtsnachfolger nachweist, daß er den Enteignungsgegenstand innerhalb der gesetzten Frist nicht zu dem vorgesehenen Zweck verwenden kann.
(3) Der Enteignete ist vor der Entscheidung über die Verlängerung der Verwendungsfrist zu hören. Die Entscheidung ist den Beteiligten des vorangegangenen Enteignungsverfahrens zuzustellen.

§ 31 Verfahren bei der Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte

(1) Soll die Entschädigung des Eigentümers eines zu enteignenden Grundstücks nach § 15 festgesetzt werden und ist die Bestellung, Übertragung oder Bewertung eines der dort bezeichneten Rechte im Zeitpunkt des Erlasses des Enteignungsbeschlusses noch nicht möglich, kann die Enteignungsbehörde, wenn es der Eigentümer unter Bezeichnung eines Rechts beantragt, im Enteignungsbeschluß neben der Festsetzung der Entschädigung in Geld dem Enteignungsbegünstigten aufgeben, binnen einer bestimmten Frist dem von der Enteignung Betroffenen ein Recht der bezeichneten Art zu angemessenen Bedingungen anzubieten.
(2) Bietet der Enteignungsbegünstigte innerhalb der bestimmten Frist ein Recht der bezeichneten Art nicht an oder einigt er sich mit dem von der Enteignung Betroffenen nicht, wird ihm ein solches Recht auf Antrag zugunsten des von der Enteignung Betroffenen durch Enteignung entzogen. Die Enteignungsbehörde setzt den Inhalt des Rechts fest, soweit dessen Inhalt durch Vereinbarung bestimmt werden kann. Die Vorschriften dieses Gesetzes über das Verfahren und die Entschädigung sind entsprechend anzuwenden.
(3) Der Antrag nach Absatz 2 kann nur innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der nach Absatz 1 bestimmten Frist gestellt werden.

§ 32 Ausführungsanordnung

(1) Die Enteignungsbehörde ordnet auf Antrag eines Beteiligten die Ausführung
1.
des nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschlusses an, wenn der Entschädigungsverpflichtete die Geldentschädigung, im Fall des § 29 Abs. 2 die im Enteignungsbeschluß in Verbindung mit dem Nachtragsbeschluß festgesetzte Geldentschädigung, gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat,
2.
der Teileinigung oder der nicht mehr anfechtbaren Vorabentscheidung über den Übergang oder die Belastung des Eigentums oder über sonstige durch die Enteignung zu bewirkende Rechtsänderungen an, wenn der Entschädigungsverpflichtete die festgesetzte Vorauszahlung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat.
(2) Die Ausführungsanordnung ist allen Beteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluß betroffen wird. § 29 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Gleichzeitig entstehen die nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 begründeten Rechtsverhältnisse; sie gelten von diesem Zeitpunkt an als zwischen den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten vereinbart. Die Ausführungsanordnung schließt die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks und des Ersatzlandes zu dem festgesetzten Tag ein. Der bisherige Besitzer kann verpflichtet werden, das enteignete Grundstück notfalls zu räumen.
(4) Die Enteignungsbehörde übersendet dem Grundbuchamt eine von ihr beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung und ersucht es,
1.
das Grundbuch entsprechend den eingetretenen Rechtsänderungen zu berichtigen und
2.
die im Grundbuch nach § 26 Abs. 4 eingetragene Sperre zu löschen.

§ 33 Hinterlegung

(1) Geldentschädigungen sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme zu hinterlegen, soweit mehrere Personen als Entschädigungsberechtigte in Betracht kommen und dem Zahlungsverpflichteten eine Einigung über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist. Die Hinterlegung erfolgt bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Enteignungsgegenstand liegt; § 2
des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ist entsprechend anzuwenden.
(2) Andere Rechtsvorschriften, nach denen eine Hinterlegung geboten oder statthaft ist, bleiben unberührt.

§ 34 Verteilungsverfahren

(1) Nach dem Eintritt des neuen Rechtszustands kann jeder Beteiligte sein Recht an der hinterlegten Summe gegen einen Mitbeteiligten, der dieses Recht bestreitet, vor den ordentlichen Gerichten geltend machen oder die Einleitung eines gerichtlichen Verteilungsverfahrens beantragen.
(2) Für das Verteilungsverfahren ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Enteignungsgegenstand liegt; § 2
des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ist entsprechend anzuwenden. Die Geschäfte des Amtsgerichts im Verteilungsverfahren werden auf den Rechtspfleger übertragen.
(3) Auf das Verteilungsverfahren sind die Vorschriften über die Verteilung des Erlöses im Fall der Zwangsversteigerung mit folgenden Abweichungen entsprechend anzuwenden:
1.
Das Verteilungsverfahren ist durch Beschluß zu eröffnen.
2.
Die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an den Antragsteller gilt als Beschlagnahme im Sinne des § 13
des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung; ist das Grundstück schon in einem Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmt, hat es hierbei sein Bewenden.
3.
Das Verteilungsgericht hat bei Eröffnung des Verfahrens von Amts wegen das Grundbuchamt um die in § 19 Abs. 2
des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung bezeichneten Mitteilungen zu ersuchen; in die beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts sind die zur Zeit der Zustellung des Enteignungsbeschlusses an den Enteigneten vorhandenen Eintragungen und die später eingetragenen Veränderungen und Löschungen aufzunehmen.
4.
Bei dem Verfahren sind die in § 11 Abs. 4 bezeichneten Entschädigungsberechtigten nach Maßgabe des § 10
des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zu berücksichtigen, wegen der Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen jedoch nur für die Zeit bis zur Hinterlegung.

§ 35 Aufhebung des Enteignungsbeschlusses

(1) Ist die Ausführungsanordnung noch nicht ergangen und hat der Begünstigte die ihm durch den Enteignungsbeschluß auferlegten Zahlungen nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt geleistet, in dem der Beschluß unanfechtbar geworden ist, kann die Aufhebung des Enteignungsbeschlusses beantragt werden. Der Antrag ist dem Begünstigten bekanntzugeben. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn der Begünstigte die Zahlungen nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Antrags leistet.
(2) Antragsberechtigt ist jeder Beteiligte, dem eine nichtgezahlte Entschädigung zusteht oder der nach § 11 Abs. 4 aus ihr zu befriedigen ist.
(3) Der Aufhebungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen und dem Grundbuchamt abschriftlich mitzuteilen.
(4) Der Begünstigte hat für alle durch den Enteignungsbeschluß entstandenen besonderen Nachteile angemessene Entschädigung zu leisten. Die Enteignungsbehörde setzt die Entschädigung auf Antrag des Betroffenen fest.

§ 36 Vollstreckbare Titel

(1) Die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten findet statt
1.
aus der Niederschrift über eine Einigung im Sinne von § 27 Abs. 2 wegen der in ihr bezeichneten Leistungen,
2.
aus einem nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschluß wegen der zu zahlenden Geldentschädigung oder einer Ausgleichszahlung,
3.
aus einem Beschluß nach § 6 Abs. 3, § 16 Abs. 1, § 20, § 26 Abs. 5, § 35 Abs. 4 und § 38 Abs. 2 und 3 wegen der darin festgesetzten Leistungen.
Die Zwangsvollstreckung wegen einer Ausgleichszahlung ist erst zulässig, wenn die Ausführungsanordnung wirksam und unanfechtbar geworden ist.
(2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erteilt, in dessen Bezirk die Enteignungsbehörde ihren Sitz hat und, wenn das Verfahren bei einem Gericht anhängig ist, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts. In den Fällen der §§ 731, 767 bis 770, 785, 786 und 791
der Zivilprozeßordnung tritt das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Enteignungsbehörde ihren Sitz hat, an die Stelle des Prozeßgerichts.

2. Abschnitt: Vorzeitige Besitzeinweisung

§ 37 Anordnung der vorzeitigen Besitzeinweisung

(1) Die Enteignungsbehörde kann den Träger des Vorhabens, der einen Enteignungsantrag gestellt hat, auf seinen Antrag vorzeitig in den Besitz des Grundstücks einweisen, soweit die sofortige Ausführung des Vorhabens aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten ist. Ist für das Vorhaben ein Planfeststellungsbeschluß oder eine sonstige behördliche Entscheidung erforderlich, so ist die Besitzeinweisung nur zulässig, wenn der Planfeststellungsbeschluß oder die sonstige behördliche Entscheidung unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist.
(2) Die Besitzeinweisung ergeht auf Grund einer mündlichen Verhandlung. Hierzu sind der Antragsteller, der Eigentümer und der unmittelbare Besitzer zu laden. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen. In der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß auch bei Nichterscheinen über den Antrag entschieden werden kann. Die Entscheidung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Im übrigen sind §§ 17, 18, 20, § 21 Abs. 1 und 3, § 22 Abs. 2 Satz 3, §§ 23, 25, § 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
(3) Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses an ihn festzusetzen, wenn das nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Der unmittelbare Besitzer ist über das Antragsrecht zu belehren.
(4) Die Enteignungsbehörde kann den Besitzeinweisungsbeschluß befristen, mit Bedingungen und Auflagen versehen und von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der zu erwartenden Enteignungsentschädigung abhängig machen.
(5) Die Enteignungsbehörde hat auf Antrag des Antragstellers, des Eigentümers oder des unmittelbaren Besitzers den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift festzustellen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Auf das Antragsrecht ist in der Ladung hinzuweisen. Den in Satz 1 bezeichneten Personen ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden.

§ 38 Wirkung der vorzeitigen Besitzeinweisung

(1) Durch die Besitzeinweisung wird dem bisherigen Besitzer der Besitz entzogen und der Eingewiesene Besitzer. Der Eingewiesene darf auf dem Grundstück das in dem Enteignungsantrag bezeichnete Vorhaben ausführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen. Der Eigentümer und der Besitzer können verpflichtet werden, die in Satz 2 genannten Maßnahmen zu dulden und das Grundstück notfalls zu räumen.
(2) Der Eingewiesene hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile angemessene Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung nach § 13 Abs. 2 ausgeglichen werden. Die Entschädigung wird durch die Enteignungsbehörde festgesetzt. Die Entschädigung ist in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird.
(3) Wird der Enteignungsantrag abgewiesen oder der Enteignungsbeschluß aufgehoben, so ist der Besitzeinweisungsbeschluß aufzuheben und der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Eingewiesene hat für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile angemessene Entschädigung zu leisten. Die Entschädigung wird durch die Enteignungsbehörde festgesetzt.

3. Abschnitt: Kosten und Aufwendungen

§ 39 Gebühren und Auslagen

(1) Für Amtshandlungen der Enteignungsbehörde werden Gebühren und Auslagen nach dem Landesgebührengesetz erhoben.
(2) Zur Zahlung der Gebühren und Auslagen ist verpflichtet
1.
der Entschädigungsverpflichtete, wenn dem Enteignungsantrag,
2.
der von der Rückenteignung Betroffene, wenn einem Antrag auf Rückenteignung,
3.
der Enteignungsbegünstigte, wenn einem Antrag auf Aufhebung des Enteignungsbeschlusses nach § 35
stattgegeben wird, andernfalls der Antragsteller.
(3) Im Verfahren nach § 16 werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.

§ 40 Aufwendungen der Beteiligten

(1) Aufwendungen der Beteiligten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sind, sind von demjenigen zu erstatten, der zur Zahlung der Gebühren für Amtshandlungen der Enteignungsbehörde verpflichtet ist.
(2) Die Enteignungsbehörde setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Aus einem unanfechtbaren Kostenfestsetzungsbeschluß findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Vollstreckung von Kostenfestsetzungsbeschlüssen statt. § 36 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.

4. Abschnitt: Antrag auf gerichtliche Entscheidung

§ 41

Entscheidungen über Entschädigungen, über Ausgleichszahlungen mit Ausnahme des Härteausgleichs nach § 16 und über die Erstattung von Aufwendungen der Beteiligten können nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden. Über den Antrag entscheidet das Landgericht, Kammer für Baulandsachen. Die Vorschriften des Dritten Teils des Dritten Kapitels des Baugesetzbuchs über das Verfahren vor den Kammern (Senaten) für Baulandsachen sind entsprechend anzuwenden.

VIERTER TEIL Rückenteignung

§ 42 Anspruch auf Rückenteignung

(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn der Enteignungsbegünstigte oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück nicht innerhalb der festgesetzten Frist zu dem Enteignungszweck verwendet oder wenn er den Enteignungszweck vor Ablauf der Frist aufgegeben hat.
(2) Die Rückenteignung kann nicht verlangt werden, wenn
1.
der Enteignete das Grundstück selbst im Wege der Enteignung erworben hatte,
2.
ein Verfahren zur Enteignung des Grundstücks zu Gunsten eines anderen eingeleitet worden ist und der enteignete frühere Eigentümer nicht glaubhaft macht, daß er das Grundstück binnen angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwenden wird,
3.
mit der zweckentsprechenden Verwendung begonnen worden ist oder
4.
seit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Enteignungsbeschlusses 30 Jahre verstrichen sind.
(3) Der Antrag auf Rückenteignung ist spätestens zwei Jahre nach Ablauf der Verwendungsfrist bei der Enteignungsbehörde einzureichen. § 206 und § 209
des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.
(4) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder wenn ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes aufgehoben worden ist, kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten entsprechend.
(6) Auf das Rückenteignungsverfahren sind die Vorschriften des Dritten Teils entsprechend anzuwenden.

§ 43 Entschädigung für Rückenteignung

Wird dem Antrag auf Rückenteignung stattgegeben, hat der Antragsteller dem von der Rückenteignung Betroffenen Entschädigung für den Rechtsverlust, nicht jedoch für die anderen Vermögensnachteile zu leisten. Die dem Eigentümer zu gewährende Entschädigung darf den bei der ersten Enteignung zugrunde gelegten Verkehrswert des Grundstücks nicht übersteigen, jedoch sind Aufwendungen zu berücksichtigen, die zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt haben. Ist dem Betroffenen bei der ersten Enteignung eine Entschädigung für andere Vermögensnachteile gewährt worden, hat er diese Entschädigung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit zurückzugewähren, als die Nachteile infolge der Rückenteignung entfallen. Im übrigen sind §§ 7 bis 13 entsprechend anzuwenden.

FÜNFTER TEIL Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 44 Angemessene Entschädigung

Soweit nach § 6 Abs. 3, § 26 Abs. 5, § 35 Abs. 4 und § 38 Abs. 2 und 3 angemessene Entschädigung zu leisten ist, sind §§ 7 bis 13 entsprechend anzuwenden.

§ 45 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer Pfähle, Pflöcke oder sonstige Markierungszeichen, die Vorarbeiten nach § 6 dienen, entfernt, verändert, unkenntlich macht oder unrichtig setzt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1
des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Regierungspräsidium.

§ 46 Anhängige Verfahren; ehrenamtliche Beisitzer

(1) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängigen Enteignungsverfahren sind nach den bisher geltenden Vorschriften weiterzuführen. Hat die Enteignungsbehörde die Entschädigung noch nicht festgesetzt, so sind die Vorschriften dieses Gesetzes über die Entschädigung und den Härteausgleich anzuwenden.
(2) Die Amtszeit der erstmals nach diesem Gesetz bestellten ehrenamtlichen Beisitzer endet am 31. Mai 1986.

§ 47 Aufhebung von Rechtsvorschriften

(1) Es werden aufgehoben 1.
das bad. Enteignungsgesetz in der Fassung vom 24. Dezember 1908 (GVBl. S. 703), zuletzt geändert durch bad. Gesetz vom 13. August 1934 (GVBl. S. 239),
2.
das württ. Gesetz betreffend die Zwangsenteignung von Grundstücken und von Rechten an Grundstücken vom 20. Dezember 1888 (RegBl. S. 446), zuletzt geändert durch württ. Gesetz vom 23. September 1939 (RegBl. S. 124),
3.
das preuß. Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum vom 11. Juni 1874 (GS. S. 221),
4.
das preuß. Gesetz über ein vereinfachtes Enteignungsverfahren vom 26. Juli 1922 (GS. S. 211).
(2) Es werden ferner aufgehoben alle landesrechtlichen Vorschriften über förmliche Enteignungen, die sich auf Grundstücke beziehen, soweit sie diesem Gesetz entsprechen oder widersprechen und nicht die Zulässigkeit der Enteignung regeln.
(3) Soweit in anderen Rechtsvorschriften auf die nach Absatz 1 und 2 außer Kraft tretenden Vorschriften verwiesen wird, treten an ihre Stelle die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes.

§ 48 Änderung von Gesetzen

(Änderungsanweisungen)

§ 49 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. August 1982 in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Stuttgart, den 6. April 1982

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Späth Weiser Dr. Herzog Mayer-Vorfelder Dr. Engler Dr. Eyrich
Dr. Eberle Schlee Gerstner
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