LDG
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Landesdisziplinargesetz (LDG) Vom 14. Oktober 2008

Teil 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt die Verfolgung von Dienstvergehen, die Beamte und Ruhestandsbeamte des Landes, der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts
1.
während ihres Beamtenverhältnisses, 2.
während eines früheren Dienstverhältnisses als Beamter, Richter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit oder
3.
nach der Beendigung eines solchen Dienstverhältnisses (Nummer 1 oder 2)
begangen haben. Frühere Beamte, die Unterhaltsbeiträge nach beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften beziehen, gelten als Ruhestandsbeamte, ihre Versorgungsbezüge als Ruhegehalt; dies gilt nicht, soweit sie Unterhaltsbeiträge nach § 53
des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Baden-Württemberg beziehen.
(2) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, finden die Bestimmungen dieses Gesetzes über Beamte auch auf Ruhestandsbeamte Anwendung.

§ 2 Verfahren

Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, finden das Landesverwaltungsverfahrensgesetz und, sofern das Verwaltungsgericht in dem Verfahren mitwirkt, die Verwaltungsgerichtsordnung und die zu ihrer Ausführung ergangenen Rechtsvorschriften Anwendung.

§ 3 Bezüge, Ruhegehalt

(1) Monatliche Bezüge im Sinne dieses Gesetzes sind die Summe der Dienstbezüge nach § 1
Abs. 2 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg und der Anwärterbezüge nach § 1
Abs. 3 Nr. 1 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg, jeweils ohne Familienzuschlag. Die monatlichen Bezüge von Beamten, die Gebühren beziehen, berechnen sich als Durchschnitt der Gesamtbezüge (Gebühren abzüglich etwaiger Staatsanteile zuzüglich etwaiger Bezüge) der letzten sechs vollen Kalendermonate, bevor eine vorläufige Dienstenthebung wirksam oder eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen wurde.
(2) Wird das Ruhegehalt nach den Vorschriften dieses Gesetzes gemindert, bleiben die auf dem Familienzuschlag beruhenden Teile außer Ansatz.

Teil 2 Disziplinarbehörden, Zuständigkeit

§ 4 Beamte des Landes

Für die Beamten des Landes ist 1.
oberste Disziplinarbehörde die oberste Dienstbehörde,
2.
höhere Disziplinarbehörde a)
die Ernennungsbehörde, b)
wenn nach Buchstabe a der Ministerpräsident zuständig wäre, die oberste Dienstbehörde,
3.
untere Disziplinarbehörde der Dienstvorgesetzte.
Jedes Ministerium kann durch Rechtsverordnung für die Beamten seines Geschäftsbereichs die höheren und unteren Disziplinarbehörden abweichend von Satz 1 Nr. 2 und 3 bestimmen.

§ 5 Beamte der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts

(1) Für die Beamten der Gemeinden und Landkreise nehmen die Aufgaben der Disziplinarbehörden
1.
gegenüber Landräten, Bürgermeistern und Beigeordneten die Rechtsaufsichtsbehörde,
2.
im Übrigen der Dienstvorgesetzte
wahr.
(2) Für die Beamten der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, nehmen die Aufgaben der Disziplinarbehörden
1.
gegenüber dem Leiter der Verwaltung die Aufsichtsbehörde,
2.
im Übrigen der Leiter der Verwaltung
wahr. Ist die Leitung der Verwaltung einem Kollegialorgan übertragen oder findet auf Mitglieder des Beschlussorgans einer der in Satz 1 genannten Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen das Landesdisziplinarrecht Anwendung, so nimmt die Aufsichtsbehörde die Aufgaben nach Satz 1 Nr. 1 gegenüber den einzelnen Mitgliedern des Organs wahr.

§ 6 Ruhestandsbeamte

Disziplinarbehörden für die Ruhestandsbeamten sind die zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand zuständigen Disziplinarbehörden. Besteht eine Disziplinarbehörde nicht mehr, bestimmt die oberste Dienstbehörde die zuständige Behörde. Besteht die oberste Dienstbehörde nicht mehr, so tritt an ihre Stelle das Ministerium, das für den Bereich zuständig ist, dem der Beamte zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand zugeordnet war.

§ 7 Zuständigkeit

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, sind die unteren Disziplinarbehörden für die Aufgaben und Befugnisse der Disziplinarbehörden nach diesem Gesetz zuständig.
(2) Aus dienstlichen Gründen können die höheren und obersten Disziplinarbehörden ein Disziplinarverfahren im Einzelfall jederzeit an sich ziehen.

Teil 3 Verfahren

1. Abschnitt Einleitung, Gegenstand des Verfahrens

§ 8 Einleitung von Amts wegen

(1) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, leitet die Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren ein und macht dies aktenkundig.
(2) Das Verfahren wird nicht eingeleitet, wenn zu erwarten ist, dass eine Disziplinarmaßnahme nach § 34 nicht ausgesprochen werden darf, oder wenn feststeht, dass eine Disziplinarmaßnahme aus sonstigen Gründen nicht in Betracht kommt. Die Gründe sind aktenkundig zu machen und dem Beamten bekannt zu geben. Das Verfahren wird auch nicht eingeleitet, wenn gegen einen Beamten auf Probe oder auf Widerruf Ermittlungen nach § 13
Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes eingeleitet worden sind.
(3) Von der Einleitung des Verfahrens kann vorläufig abgesehen werden, solange die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 13 vorliegen. Die Entscheidung ist aktenkundig zu machen.
(4) Hat der Beamte mehrere Ämter inne, die im Verhältnis von Haupt- und Nebenamt stehen, leitet die für das Hauptamt zuständige Disziplinarbehörde das Verfahren ein. Stehen die Ämter nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenamt, unterrichten die Disziplinarbehörden einander über die Absicht, das Verfahren einzuleiten. Wegen desselben Sachverhalts darf ein weiteres Disziplinarverfahren gegen den Beamten nicht eingeleitet werden.
(5) Beurlaubung, Abordnung und Zuweisung lassen die Zuständigkeit unberührt. Während einer Abordnung begangene Dienstvergehen werden von der für die Beamten der aufnehmenden Behörde zuständigen Disziplinarbehörde verfolgt, wenn die andere Disziplinarbehörde die Verfolgung nicht an sich zieht.

§ 9 Einleitung auf Antrag

Der Beamte kann bei der Disziplinarbehörde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich beantragen. Der Antrag darf nur abgelehnt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, nicht vorliegen. Die Entscheidung ist dem Beamten schriftlich bekannt zu geben. § 8 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

§ 10 Ausdehnung, Beschränkung, Wiedereinbeziehung

(1) Das Verfahren kann auf weitere Handlungen ausgedehnt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.
(2) Aus dem Verfahren können Handlungen ausgeschieden werden, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen. Ausgeschiedene Handlungen können wieder einbezogen werden, wenn die Voraussetzungen für die Beschränkung entfallen sind.
(3) Ausdehnung, Beschränkung und Wiedereinbeziehung sind aktenkundig zu machen.
(4) Die Maßnahmen sind längstens bis zum Erlass der Abschlussverfügung zulässig. Nicht wieder einbezogene Handlungen können nicht Gegenstand eines anderen Disziplinarverfahrens sein.

2. Abschnitt Durchführung

§ 11 Unterrichtung, Belehrung, Anhörung

(1) Der Beamte ist über die Einleitung, Ausdehnung und Beschränkung des Verfahrens sowie die Wiedereinbeziehung von Handlungen in das Verfahren zu unterrichten, sobald dies möglich ist, ohne die Aufklärung des Sachverhalts zu gefährden.
(2) Bei der Unterrichtung über die Einleitung oder Ausdehnung ist dem Beamten zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann.
(3) Für die Äußerung wird dem Beamten schriftlich eine angemessene Frist gesetzt. Ist der Beamte aus zwingenden Gründen gehindert, die Frist einzuhalten, und hat er dies unverzüglich mitgeteilt, ist die Frist zu verlängern.
(4) § 44 a der Verwaltungsgerichtsordnung findet Anwendung. Ist die Belehrung nach Absatz 2 unterblieben oder unrichtig erfolgt, darf die Aussage des Beamten nur mit dessen Zustimmung zu seinem Nachteil verwertet werden. Satz 2 gilt entsprechend für Anhörungen des Beamten zu möglichen Dienstvergehen vor Einleitung des Verfahrens, wenn er bei der ersten Anhörung im Verfahren von dem Recht Gebrauch macht, nicht zur Sache auszusagen.

§ 12 Ermittlungen

Die belastenden, die entlastenden und die weiteren für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände sind zu ermitteln.

§ 13 Zusammentreffen mit anderen Verfahren, Aussetzung

(1) Das Disziplinarverfahren kann ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren eine Frage zu entscheiden ist, die für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Die Aussetzung unterbleibt, wenn begründete Zweifel am Sachverhalt nicht bestehen oder das andere Verfahren aus einem Grund nicht betrieben werden kann, der in der Person des Beamten liegt.
(2) Das Disziplinarverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden. Es ist unverzüglich wieder aufzunehmen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 eintreten oder das andere Verfahren unanfechtbar abgeschlossen ist.
(3) Sind gegen einen Beamten auf Probe oder auf Widerruf Ermittlungen nach § 13
Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes eingeleitet worden, wird das Disziplinarverfahren bis zur Entscheidung über die Entlassung ausgesetzt.
(4) Der Beamte ist über Aussetzung und Wiederaufnahme des Verfahrens zu unterrichten. § 44 a
der Verwaltungsgerichtsordnung findet Anwendung.

§ 14 Bindung an tatsächliche Feststellungen aus anderen Verfahren

(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder einer unanfechtbaren Entscheidung über den Verlust der Bezüge wegen schuldhaften Fernbleibens vom Dienst (§ 11
Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg) sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend. Sind Feststellungen offenkundig unrichtig, hat die Disziplinarbehörde erneut zu ermitteln; die Gründe sind aktenkundig zu machen und dem Beamten mitzuteilen.
(2) Die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen können der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden.

§ 15 Beweiserhebung

(1) Die erforderlichen Beweise sind zu erheben. Insbesondere können
1.
schriftliche dienstliche Auskünfte eingeholt, 2.
Zeugen und Sachverständige vernommen oder ihre schriftliche Äußerung eingeholt,
3.
Urkunden und Akten beigezogen sowie 4.
der Augenschein eingenommen
werden.
(2) Niederschriften über Aussagen von Personen, die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren vernommen worden sind, sowie Niederschriften über einen richterlichen Augenschein können ohne weitere Beweiserhebung verwertet werden.
(3) Einem Beweisantrag des Beamten ist stattzugeben, soweit der Beweis für die Tatfrage, die Schuldfrage oder die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann, es sei denn, dass
1.
die Erhebung des Beweises unzulässig, 2.
das Beweismittel unerreichbar oder 3.
die zu beweisende Tatsache offenkundig, schon erwiesen oder für die Entscheidung unerheblich ist oder als wahr unterstellt werden kann.

§ 16 Zeugen und Sachverständige, Augenschein

(1) Zeugen sind zur Aussage, Sachverständige zur Erstattung von Gutachten verpflichtet. §§ 48, 50, 51 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, §§ 52 bis 57, 68, 69, 70 Abs. 1 Satz 1, § 72 in Verbindung mit §§ 48, 51 Abs. 2, §§ 68, 69 sowie §§ 74 bis 76, 77 Abs. 1 Satz 1 und § 406 f
der Strafprozessordnung gelten entsprechend. Soweit eine Aussagegenehmigung erforderlich ist, gilt sie Beschäftigten des Dienstherrn des Beamten als erteilt; sie kann unter den Voraussetzungen des § 37
Abs. 4 Satz 1 oder Abs. 5 des Beamtenstatusgesetzes ganz oder teilweise widerrufen werden.
(2) Dem Beamten ist Gelegenheit zu geben, an der Vernehmung teilzunehmen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen. Auf die Verlegung eines Termins wegen Verhinderung besteht kein Anspruch. Der Beamte kann, auch gemeinsam mit dem Bevollmächtigten, von der Teilnahme ausgeschlossen werden, soweit dies aus wichtigem Grund, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Ermittlungen oder zum Schutz der Rechte Dritter, erforderlich ist. Für die Einnahme des Augenscheins gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.
(3) Das Verwaltungsgericht kann um die Vernehmung ersucht werden bei
1.
Zeugen oder Sachverständigen, die ohne Vorliegen eines der in den §§ 52 bis 55 und § 76
der Strafprozessordnung bezeichneten Gründe die Aussage oder die Erstattung des Gutachtens verweigern,
2.
Zeugen, a)
die minderjährig sind, b)
für welche die Zeugenaussage eine besondere Belastung darstellt oder
c)
bei denen aus gesundheitlichem oder anderem wichtigen Grund eine Sicherung des Beweises angezeigt ist.
Das Ersuchen darf nur vom Leiter der Disziplinarbehörde, seinem allgemeinen Vertreter oder einem beauftragten Beschäftigten, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, gestellt werden. In dem Ersuchen sind der Gegenstand der Vernehmung darzulegen sowie die Namen und Anschriften der Beteiligten anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung entscheidet das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss. Es führt die Vernehmung durch. Wird der Beamte von der Vernehmung ausgeschlossen, soll sie ihm zeitgleich in Bild und Ton übertragen werden.

§ 17 Herausgabe von Beweisgegenständen, Beschlagnahmen, Durchsuchungen

(1) Für die Sicherstellung und Herausgabe von Gegenständen, die als Beweismittel für die Ermittlungen von Bedeutung sein können, sowie für Beschlagnahmen und Durchsuchungen gelten § 33 Abs. 2 bis 4, § 36 Abs. 2 Satz 1, § 94 Abs. 1 und 2, §§ 95 bis 97, § 98 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 sowie Abs. 4, § 102, § 103 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 104, § 105
Abs. 2 und 3 sowie §§ 106 bis 110 der Strafprozessordnung entsprechend.
(2) Beschlagnahmen und Durchsuchungen ordnet das Verwaltungsgericht auf Antrag der Disziplinarbehörde an; § 16 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Bei Gefahr im Verzug kann die Disziplinarbehörde die Anordnung treffen; die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Disziplinarbehörde führt die Maßnahmen durch; § 105 Absatz 5
des Polizeigesetzes findet Anwendung.
(3) Durch die Absätze 1 und 2 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13
Abs. 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

§ 18 Niederschriften

(1) Über Anhörungen und Beweiserhebungen sind Niederschriften zu erstellen. § 168 a
der Strafprozessordnung gilt entsprechend. Bei der Einholung von schriftlichen dienstlichen Auskünften sowie der Beiziehung von Urkunden und Akten genügt die Fertigung eines Aktenvermerks.
(2) Der Beamte erhält Abschriften der Niederschriften und wird über die Einholung oder Beiziehung unterrichtet, sobald dies möglich ist, ohne die Aufklärung des Sachverhalts zu gefährden. §§ 45 und 46
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes bleiben unberührt.

§ 19 Innerdienstliche Informationen

(1) Die Übermittlung personenbezogener Daten, insbesondere von Personalaktendaten sowie Auskünfte hieraus, an eine mit dem Verfahren befasste Stelle ist zulässig, wenn besondere bundes- oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen nicht entgegenstehen und die Übermittlung unter Berücksichtigung der Belange des Beamten, anderer betroffener Personen und der übermittelnden Stelle zur Durchführung des Verfahrens erforderlich ist.
(2) Die Übermittlung personenbezogener Daten durch eine mit dem Verfahren befasste Stelle an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit dies zur Durchführung des Verfahrens, im Hinblick auf die künftige Übertragung von Aufgaben oder Ämtern an den Beamten, zur Ausübung der Dienstaufsicht oder im Einzelfall aus besonderen dienstlichen Gründen unter Berücksichtigung der Belange des Beamten und anderer betroffener Personen erforderlich ist.

§ 20 Abschließende Anhörung

Nach Abschluss der Ermittlungen ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich zu äußern; § 11 Abs. 3 gilt entsprechend. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn das Verfahren nach § 37 Abs. 2 eingestellt werden soll.

3. Abschnitt Vorläufige Maßnahmen

§ 21 Vorläufige, nicht amtsgemäße Verwendung

Ab Einleitung des Disziplinarverfahrens kann die Disziplinarbehörde dem Beamten vorläufig eine in Bezug auf sein Amt geringerwertige Tätigkeit übertragen, wenn er voraussichtlich zurückgestuft wird und eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit nicht zugemutet werden kann. Die Tätigkeit hat mindestens dem Amt zu entsprechen, in das der Beamte voraussichtlich zurückgestuft wird. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bleibt unberührt.

§ 22 Vorläufige Dienstenthebung, Einbehaltung von Bezügen oder Ruhegehalt

(1) Ab Einleitung des Disziplinarverfahrens kann die Disziplinarbehörde den Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn
1.
er voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder ihm das Ruhegehalt aberkannt wird oder
2.
andernfalls der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die Enthebung im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig ist.
§ 39 des Beamtenstatusgesetzes und § 55 Abs. 4 des Landesbeamtengesetzes bleiben unberührt.
(2) Wird der Beamte nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 vorläufig des Dienstes enthoben, kann die Disziplinarbehörde verfügen, dass bis zu 50 Prozent der monatlichen Bezüge einbehalten werden.
(3) Wird dem Ruhestandsbeamten voraussichtlich das Ruhegehalt aberkannt, kann die Disziplinarbehörde ab Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügen, dass bis zu 30 Prozent des monatlichen Ruhegehalts einbehalten werden.

§ 23 Form, Rechtswirkungen

(1) Verfügungen über vorläufige Maßnahmen sind mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und dem Beamten oder Ruhestandsbeamten zuzustellen. Vorläufige, nicht amtsgemäße Verwendung und vorläufige Dienstenthebung werden mit der Zustellung, die Einbehaltung von Bezügen oder Ruhegehalt mit Ablauf des Monats der Zustellung wirksam.
(2) Für die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen gilt § 31 Abs. 1 Satz 4 und 6, für die Einbehaltung von Ruhegehalt § 33 Abs. 1 Satz 4 entsprechend.
(3) Amtsbezogene Aufwandsentschädigungen entfallen, solange der Beamte des Dienstes enthoben ist.
(4) Wird der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben, während er schuldhaft dem Dienst fernbleibt, dauert der nach § 11
Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg begründete Verlust der Bezüge fort. Er endet in dem Zeitpunkt, in dem der Beamte seinen Dienst aufgenommen hätte, wenn er hieran nicht durch die vorläufige Dienstenthebung gehindert worden wäre. Der Zeitpunkt ist von der Disziplinarbehörde festzustellen und dem Beamten mitzuteilen.
(5) Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.
(6) Die Disziplinarbehörde kann vorläufige Maßnahmen jederzeit ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben. Vorläufige Maßnahmen enden spätestens mit dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens.

§ 24 Verfall und Nachzahlung einbehaltener Beträge

(1) Die nach § 22 Abs. 2 oder 3 einbehaltenen Beträge verfallen, wenn
1.
der Beamte aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder ihm das Ruhegehalt aberkannt worden ist,
2.
in einem Strafverfahren wegen desselben Sachverhalts eine Strafe verhängt worden ist, die den Verlust der Rechte als Beamter oder Ruhestandsbeamter zur Folge hat,
3.
das Disziplinarverfahren nach § 36 Abs. 1 geendet hat und die Disziplinarbehörde feststellt, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts gerechtfertigt gewesen wäre.
(2) Andernfalls sind die einbehaltenen Beträge nachzuzahlen. Einkünfte aus Nebentätigkeiten, die der Beamte während der vorläufigen Dienstenthebung aufgenommen hat, sind anzurechnen, wenn ein Dienstvergehen erwiesen ist. Der Beamte ist verpflichtet, über solche Nebentätigkeiten und die Höhe solcher Einkünfte Auskunft zu geben. Die Vorschriften über die Ablieferungspflicht bleiben unberührt.

4. Abschnitt Disziplinarmaßnahmen

§ 25 Arten

(1) Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte sind Verweis, Geldbuße, Kürzung der Bezüge, Zurückstufung und Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Bei Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf sind nur Verweis und Geldbuße, bei Ehrenbeamten nur Verweis, Geldbuße und Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zulässig. § 23
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes und § 13
Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes bleiben unberührt.
(2) Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte sind Kürzung des Ruhegehalts und Aberkennung des Ruhegehalts.

§ 26 Bemessung

(1) Disziplinarmaßnahmen sind nach den Vorschriften der §§ 27 bis 35 zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist zu berücksichtigen.
(2) Darf eine andere Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden, kann auch eine schärfere als die nach der Schwere des Dienstvergehens zulässige Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden.

§ 27 Verweis

Hat der Beamte durch ein leichtes Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung geringfügig beeinträchtigt, kann ihm, um ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten, eine ausdrücklich als Verweis bezeichnete, schriftliche Rüge erteilt werden.

§ 28 Geldbuße

(1) Hat der Beamte durch ein leichtes Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nicht nur geringfügig beeinträchtigt, kann ihm, um ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten, auferlegt werden, einen bestimmten Geldbetrag an den Dienstherrn zu zahlen (Geldbuße). Die Geldbuße darf die Höhe der monatlichen Bezüge, bei Ehrenbeamten die Höhe der monatlichen Aufwandsentschädigung, bei Beamten, die keine monatlichen Bezüge erhalten, 500 Euro nicht überschreiten.
(2) Die Geldbuße kann von den Bezügen oder dem Ruhegehalt abgezogen werden.

§ 29 Kürzung der Bezüge

(1) Hat der Beamte durch ein mittelschweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung erheblich beeinträchtigt, können, um ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten, seine monatlichen Bezüge um höchstens 20 Prozent für längstens drei Jahre anteilig vermindert werden (Kürzung der Bezüge). Bei der Bestimmung des Anteils sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen; jener kann für verschieden lange Zeiträume verschieden hoch festgesetzt werden. Die Kürzung erstreckt sich auf die Bezüge aus allen Ämtern, die der Beamte bei ihrem Beginn innehat. Bei der Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften bleibt die Kürzung der Bezüge unberücksichtigt.
(2) Die Kürzung beginnt mit dem Kalendermonat, der auf den Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit in den Ruhestand, gilt eine entsprechende Kürzung des Ruhegehalts als festgesetzt. Tritt der Beamte später in den Ruhestand, wirkt die Kürzung mit dem festgesetzten Anteil und für den restlichen Zeitraum auf sein Ruhegehalt fort. Sterbe-, Witwen- und Waisengeld werden nicht gekürzt.
(3) Der Vollzug der Kürzung wird gehemmt, solange der Beamte ohne Bezüge beurlaubt ist. Er kann während seiner Beurlaubung jeweils den monatlichen Kürzungsbetrag vorab an den Dienstherrn entrichten; die Dauer der Kürzung verringert sich entsprechend.
(4) Für die Dauer der Kürzung ist eine Beförderung ausgeschlossen. Der Zeitraum kann verkürzt werden, soweit das mit Rücksicht auf die Dauer des Verfahrens angezeigt ist.
(5) Die Rechtsfolgen der Kürzung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Einstellung und Anstellung in einem höheren Amt stehen der Beförderung gleich.

§ 30 Zurückstufung

(1) Hat der Beamte durch ein mittelschweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert, kann er, um zur Pflichterfüllung angehalten zu werden oder weil sein Verbleiben im bisherigen Amt dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit nicht zugemutet werden kann, in ein anderes Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden (Zurückstufung). Mit der Zurückstufung verliert der Beamte auch den Anspruch auf die Bezüge aus dem bisherigen Amt und das Recht, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit nichts anderes bestimmt wird, verliert der Beamte alle Neben- und Ehrenämter, die er wegen des bisherigen Amtes oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstherrn übernommen hatte; die Genehmigungen derartiger Nebenbeschäftigungen erlöschen. Solange der Beamte nach Absatz 2 nicht befördert werden darf, gilt § 29 Abs. 1 Satz 4 entsprechend.
(2) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit befördert werden. Der Zeitraum kann verkürzt werden, soweit das mit Rücksicht auf die Dauer des Verfahrens angezeigt ist.
(3) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt stehen der Beförderung gleich.

§ 31 Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

(1) Hat der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren, wird er aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Mit der Entfernung endet das Beamtenverhältnis. Der Beamte verliert auch den Anspruch auf Bezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und die Dienstkleidung zu tragen. Die Entfernung erstreckt sich auf alle Ämter, die der Beamte im Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung innehat. Der Beamte verliert auch die Rechte aus einem früheren Dienstverhältnis, wenn die Entfernung wegen eines Dienstvergehens in dem früheren Dienstverhältnis ausgesprochen wird. Wird die Entfernung nur wegen eines in einem Ehrenamt oder im Zusammenhang mit ihm begangenen Dienstvergehens ausgesprochen, kann sie auf das Ehrenamt und die in Verbindung mit ihm übernommenen Nebentätigkeiten beschränkt werden.
(2) Bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens wird der Beamte des Dienstes enthoben, ein Teil der monatlichen Bezüge wird einbehalten. Der Einbehalt soll in den ersten drei Monaten 20 Prozent, in den weiteren sechs Monaten 35 Prozent, danach 50 Prozent der monatlichen Bezüge betragen. Wird bereits ein Teil der monatlichen Bezüge nach § 22 Abs. 2 einbehalten, soll dieser Einbehalt nicht unterschritten werden. Dem Beamten ist der unpfändbare Teil der monatlichen Bezüge zu belassen. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Verfügung in den Ruhestand, wird ein Teil des Ruhegehalts einbehalten; die Höhe des Einbehalts bestimmt sich nach § 33 Abs. 2 Satz 2 bis 4. Die Dienstenthebung wird mit der Zustellung, die Einbehaltung von Bezügen oder Ruhegehalt mit dem Ablauf des Monats der Zustellung wirksam; die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung. Für Verfall und Nachzahlung der einbehaltenen Beträge gilt § 24 entsprechend. Verfallen die einbehaltenen Beträge, hat der Beamte auch die seit der Zustellung gezahlten Beträge zu erstatten, soweit diese den nach Satz 4 zu belassenden Betrag überstiegen haben.
(3) Wer aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder gegen wen in einem dem Disziplinarverfahren entsprechenden Verfahren durch die Europäische Gemeinschaft, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine entsprechende Maßnahme verhängt worden ist, kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen wieder zum Beamten ernannt werden. Die Ernennung ist frühestens nach Ablauf von fünf Jahren seit der Unanfechtbarkeit der Disziplinarverfügung zulässig.

§ 32 Kürzung des Ruhegehalts

Hat der Ruhestandsbeamte ein mittelschweres Dienstvergehen begangen, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen, kann, um ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten, sein monatliches Ruhegehalt um höchstens ein Fünftel für längstens drei Jahre anteilig vermindert werden (Kürzung des Ruhegehalts). Wurde das Dienstvergehen ganz oder teilweise während des Beamtenverhältnisses begangen, darf die Disziplinarmaßnahme auch ausgesprochen werden, um Beamte und Ruhestandsbeamte angemessen gleich zu behandeln. Die Kürzung erstreckt sich auf das Ruhegehalt aus allen Ämtern, die der Ruhestandsbeamte bei Eintritt in den Ruhestand innegehabt hat. § 29 Abs. 1 Satz 2 und 4, Abs. 2 Satz 1 und 4 sowie Abs. 5 Satz 1 gilt entsprechend.

§ 33 Aberkennung des Ruhegehalts

(1) Hat der Ruhestandsbeamte ein schweres Dienstvergehen begangen, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums so zu beeinträchtigen, dass dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit ein Fortbestehen des Versorgungsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, wird ihm das Ruhegehalt aberkannt. Wurde das Dienstvergehen ganz oder teilweise während des Beamtenverhältnisses begangen, wird dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt auch aberkannt, wenn er als Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen wäre. Mit der Aberkennung verliert der Ruhestandsbeamte den Anspruch auf Versorgung einschließlich der Hinterbliebenenversorgung und die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die Titel zu führen, die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehen wurden. Die Aberkennung erstreckt sich auf alle Ämter, die der Ruhestandsbeamte bei Eintritt in den Ruhestand innegehabt hat. § 31 Abs. 1 Satz 5 gilt entsprechend.
(2) Bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens wird ein Teil des monatlichen Ruhegehalts einbehalten. Der Einbehalt soll in den ersten drei Monaten 10 Prozent, in den weiteren sechs Monaten 20 Prozent, danach 30 Prozent des monatlichen Ruhegehalts betragen. Wird bereits ein Teil des monatlichen Ruhegehalts nach § 22 Abs. 3 einbehalten soll dieser Einbehalt nicht unterschritten werden. Dem Beamten ist der unpfändbare Teil des monatlichen Ruhegehalts zu belassen. Die Einbehaltung wird mit dem Ablauf des Monats der Zustellung der Verfügung wirksam; die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung. Für Verfall und Nachzahlung des einbehaltenen Ruhegehalts gilt § 24 entsprechend. Verfällt das einbehaltene Ruhegehalt, hat der Beamte auch das seit der Zustellung gezahlte Ruhegehalt zu erstatten, soweit dieses den nach Satz 4 zu belassenden Betrag überstiegen hat.
(3) § 31 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 34 Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder Bußgeldverfahren

(1) Ist gegen den Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme unanfechtbar verhängt worden oder kann eine Tat nach § 153 a
Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung nach der Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, dürfen wegen desselben Sachverhalts
1.
ein Verweis nicht, 2.
eine Geldbuße, eine Kürzung der Bezüge oder eine Kürzung des Ruhegehalts nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.
(2) Ist der Beamte im Straf- oder Bußgeldverfahren auf Grund einer Prüfung des Sachverhalts rechtskräftig freigesprochen worden, darf wegen dieses Sachverhalts eine Disziplinarmaßnahme nicht ausgesprochen werden. Dies gilt nicht, soweit der Sachverhalt eine Handlung umfasst, die ein Dienstvergehen darstellt, aber den Tatbestand einer Straf- oder Bußgeldvorschrift nicht erfüllt.

§ 35 Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs

(1) Ein Verweis darf zwei, eine Geldbuße drei, eine Kürzung der Bezüge oder des Ruhegehalts fünf und eine Zurückstufung sieben Jahre nach der Vollendung eines Dienstvergehens nicht mehr ausgesprochen werden.
(2) Die Fristen werden unterbrochen, wenn das Disziplinarverfahren eingeleitet, ausgedehnt oder vorläufig nicht eingeleitet wird oder Ermittlungen gegen Beamte auf Probe oder auf Widerruf nach § 13
Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes angeordnet oder ausgedehnt werden und dies jeweils aktenkundig gemacht wird.
(3) Die Fristen sind gehemmt, solange das Verfahren vorläufig nicht eingeleitet oder ausgesetzt und dies jeweils aktenkundig gemacht ist. Die Fristen sind auch gehemmt, solange der Personalrat beim Erlass der Disziplinarverfügung mitwirkt, wegen desselben Sachverhalts ein Straf- oder Bußgeldverfahren geführt wird oder eine Klage aus dem Beamtenverhältnis rechtshängig ist.

5. Abschnitt Abschluss

§ 36 Beendigung

(1) Das Verfahren ist beendet, wenn 1.
der Beamte oder Ruhestandsbeamte gestorben ist, 2.
das Beamtenverhältnis durch Entlassung, Verlust der Beamtenrechte oder Entfernung unanfechtbar beendet ist oder
3.
der Ruhestandsbeamte seine Rechte nach § 6 Abs. 1 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Baden-Württemberg unanfechtbar verloren hat.
(2) Die Beendigung des Verfahrens ist aktenkundig zu machen. Über die Kosten ist zu entscheiden, wenn dies beantragt wird oder sonst geboten ist.

§ 37 Einstellung

(1) Das Verfahren wird eingestellt, wenn 1.
ein Dienstvergehen nicht erwiesen ist, 2.
ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, aber eine Disziplinarmaßnahme nicht angezeigt erscheint,
3.
eine Disziplinarmaßnahme nach § 34 oder § 35 nicht ausgesprochen werden darf oder
4.
das Verfahren oder eine Disziplinarmaßnahme aus sonstigen Gründen unzulässig ist.
(2) Hat das Verfahren ein leichtes oder mittelschweres Dienstvergehen zum Gegenstand und ist das Verschulden des Beamten gering, kann die Disziplinarbehörde mit Zustimmung des Beamten das Verfahren befristet aussetzen und diesem auferlegen, bis zum Ablauf der Frist
1.
zur Wiedergutmachung des durch die Handlung entstandenen Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen oder
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder des Dienstherrn zu zahlen.
Es können mehrere Auflagen nebeneinander erteilt werden. Die Auflage muss geeignet sein, den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Sie kann nachträglich aufgehoben oder mit Zustimmung des Beamten auferlegt oder geändert werden. Sie ist nicht vollstreckbar. Wird die Auflage nicht fristgerecht erfüllt, ist das Verfahren unverzüglich wieder aufzunehmen; Leistungen, die zur Erfüllung der Auflage erbracht wurden, werden nicht erstattet. Wird die Auflage fristgerecht erfüllt, stellt die Disziplinarbehörde das Verfahren ein.
(3) Ist das Verfahren innerhalb von sechs Monaten seit der Einleitung nicht abgeschlossen, kann der Beamte bei dem Verwaltungsgericht beantragen, eine Frist zum Abschluss des Verfahrens zu bestimmen. Liegt ein zureichender Grund für den fehlenden Abschluss nicht vor, bestimmt das Gericht eine Frist, in der das Verfahren abzuschließen ist. Andernfalls lehnt es den Antrag ab. Die Frist kann auf Antrag des Dienstherrn verlängert werden, wenn dieser sie aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, voraussichtlich nicht einhalten kann. Wird das Verfahren innerhalb der Frist nicht abgeschlossen, stellt die Disziplinarbehörde es ein.
(4) Die Einstellungsverfügung ist mit Begründung, Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und dem Beamten zuzustellen. Soweit eine Disziplinarmaßnahme erstmals ausgesprochen werden soll, ist die Aufhebung einer Einstellungsverfügung nach Absatz 2 oder 3 nur nach § 40 Abs. 2 zulässig.

§ 38 Ausspruch von Disziplinarmaßnahmen

(1) Disziplinarmaßnahmen werden durch Disziplinarverfügung ausgesprochen. Eine Disziplinarmaßnahme nach §§ 29 bis 33 darf nur ausgesprochen werden, wenn
1.
die höhere Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung zugestimmt hat,
2.
bei Gemeinden mit bis zu 10000 Einwohnern die Disziplinarverfügung der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden ist; § 121
Abs. 2 der Gemeindeordnung gilt entsprechend.
(2) Die Disziplinarverfügung ist mit Begründung, Kostenentscheidung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und dem Beamten zuzustellen. In der Begründung sind der persönliche und berufliche Werdegang des Beamten, der Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, die ein Dienstvergehen begründen, und die anderen Tatsachen und Beweismittel darzustellen, die für die Entscheidung bedeutsam sind. Auf die bindenden Feststellungen eines Urteils oder einer Entscheidung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 kann verwiesen werden.

§ 39 Kosten

(1) Die durch das Verfahren entstandenen Kosten werden dem Dienstherrn, dem Beamten und dem Rechtsträger einer Behörde, die nicht Behörde des Dienstherrn ist, aber in dem Verfahren Aufgaben der Disziplinarbehörden wahrgenommen hat, nach den folgenden Vorschriften erstattet.
(2) Wird eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen, trägt der Beamte die Kosten des Verfahrens. Beruht die Maßnahme nur auf einzelnen der ihm zur Last gelegten Handlungen, können die Kosten zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn verhältnismäßig geteilt werden.
(3) Wird das Verfahren auf sonstige Weise abgeschlossen, trägt der Dienstherr die Kosten. Ist ein Dienstvergehen erwiesen oder wird das Verfahren nach § 37 Absatz 2 Satz 7 eingestellt, können die Kosten dem Beamten ganz oder anteilig auferlegt werden.
(4) Kosten, die durch das Verschulden des Dienstherrn, des Beamten oder des Rechtsträgers nach Absatz 1 entstanden sind, hat jeweils dieser zu tragen. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
(5) Kosten sind die Auslagen des Dienstherrn, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Beamten sowie die Auslagen des Rechtsträgers nach Absatz 1. Hat sich der Beamte eines Bevollmächtigten bedient, sind dessen gesetzliche Gebühren und Auslagen erstattungsfähig.
(6) Die Kosten setzt die Disziplinarbehörde fest, welche die Kostenentscheidung erlassen hat. Die dem Beamten zu erstattenden Kosten werden auf Antrag festgesetzt.
(7) Die gegen den Beamten festgesetzten Kosten können von den Bezügen, dem Ruhegehalt und nachzuzahlenden Beträgen abgezogen werden.

§ 40 Aufhebung der Abschlussverfügung

(1) Auf die Aufhebung einer Einstellungsverfügung, einer Disziplinarverfügung oder einer Kostenentscheidung (Abschlussverfügung) finden die Vorschriften des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes über die Aufhebung von Verwaltungsakten Anwendung, soweit sich aus den folgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.
(2) Eine Abschlussverfügung kann, auch nachdem sie unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden, wenn nachträglich
1.
ein Urteil nach § 14 Abs. 1 Satz 1 rechtskräftig wird, dessen tatsächliche Feststellungen von den tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Verfügung beruht, wesentlich abweichen,
2.
der Beamte glaubhaft ein Dienstvergehen eingesteht, das in dem Verfahren nicht hat festgestellt werden können, oder
3.
die Disziplinarbehörde von Tatsachen Kenntnis erhält, nach denen der Beamte wegen der Handlung, die Gegenstand des Verfahrens war, allein oder zusammen mit anderen Handlungen voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder ihm das Ruhegehalt aberkannt werden wird.
(3) Auf Antrag des Beamten sind die Disziplinarverfügung aufzuheben und das Verfahren einzustellen, wenn nachträglich die Voraussetzungen des § 34 eintreten und danach die Disziplinarmaßnahme nicht zulässig wäre. § 51
Abs. 3 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes findet Anwendung. Für die Ablehnung des Antrags gelten § 38 Abs. 2 Satz 1 und § 39 entsprechend.
(4) Die Aufhebung einer Abschlussverfügung ist längstens bis zum Eintritt eines Verwertungsverbots (§ 42) zulässig. Soweit eine Disziplinarmaßnahme erstmals ausgesprochen oder nach Art oder Höhe verschärft werden soll, ist die Aufhebung nur innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Verfügung zulässig; dies gilt nicht für eine Aufhebung nach Absatz 2.

§ 41 Ausschluss der Disziplinarbefugnis

Handlungen, die Gegenstand des Verfahrens waren, können nicht Gegenstand eines anderen Disziplinarverfahrens sein. Dies gilt nicht für Rechte aus früheren Dienstverhältnissen, auf die sich die Abschlussverfügung nicht erstreckt.

§ 42 Verwertungsverbot, Entfernung aus der Personalakte

(1) Ein Verweis darf nach zwei, eine Geldbuße nach drei, eine Kürzung der Bezüge oder des Ruhegehalts nach fünf und eine Zurückstufung nach sieben Jahren bei weiteren Disziplinarmaßnahmen und sonstigen Personalmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt werden (Verwertungsverbot). Der Beamte gilt als nicht von der Disziplinarmaßnahme betroffen.
(2) Die Frist beginnt mit der Unanfechtbarkeit der Disziplinarmaßnahme. Sie endet nicht, solange ein gegen den Beamten eingeleitetes Straf- oder Disziplinarverfahren nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, eine andere Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden darf, eine Kürzung der Bezüge oder des Ruhegehalts noch nicht vollzogen oder ein gerichtliches Verfahren über die Beendigung des Beamtenverhältnisses oder über die Geltendmachung von Schadenersatz gegen den Beamten anhängig ist.
(3) Für Disziplinarverfahren, die nicht zu einer Disziplinarmaßnahme geführt haben, tritt ein Verwertungsverbot zwei Jahre nach Abschluss des Verfahrens ein.
(4) Personalaktendaten über den Disziplinarvorgang sind aufgrund des Verwertungsverbots mit Zustimmung des Beamten zu löschen. Auf Antrag des Beamten unterbleibt die Löschung oder erfolgt eine gesonderte Aufbewahrung. Der Antrag ist innerhalb eines Monats zu stellen, nachdem dem Beamten die Löschungsabsicht mitgeteilt und er auf sein Antragsrecht und die Antragsfrist hingewiesen worden ist. Wird der Antrag nicht gestellt, gilt die Zustimmung als erteilt. Der Tenor einer unanfechtbaren Disziplinarverfügung, durch die eine Zurückstufung ausgesprochen wurde, verbleibt stets in der Personalakte. Das Verwertungsverbot ist bei den in der Personalakte verbleibenden Eintragungen zu vermerken.

Teil 4 Begnadigung

§ 43

(1) Dem Ministerpräsidenten steht das Gnadenrecht in Angelegenheiten nach diesem Gesetz zu. Soweit es sich nicht um schwere Fälle handelt, kann er dieses Recht mit Zustimmung der Landesregierung auf andere Stellen übertragen.
(2) Wird die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts im Gnadenweg aufgehoben, gilt § 34
Satz 2 des Landesbeamtengesetzes entsprechend.
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