APrOArch gD
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Ausbildung und Prüfung für den gehobenen Archivdienst (Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Archivdienst - APrOArch gD) Vom 21. November 2014

ABSCHNITT 1 Allgemeines

§ 1 Geltungsbereich

Nach Maßgabe des § 10 Absatz 1 der Laufbahnverordnung Wissenschaftsministerium (LVO-MWK) regelt diese Verordnung die Einstellung, Ausbildung und Prüfung der Archivinspektoranwärterinnen und Archivinspektoranwärter (Anwärterinnen und Anwärter) im Vorbereitungsdienst der Laufbahn des gehobenen Archivdienstes in Baden-Württemberg.

§ 2 Ziel des Vorbereitungsdienstes

Ziel des Vorbereitungsdienstes ist es, Beamtinnen und Beamte auszubilden, die vielseitige berufliche und soziale Handlungskompetenzen besitzen, um die an sie gestellten Aufgaben des gehobenen Archivdienstes wahrnehmen zu können. Neben der fachlichen Ausbildung sollen die staatsbürgerliche Bildung und das Verständnis für historische, rechtliche, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Fragen gefördert werden.

§ 3 Ausbildungsbehörde, Ausbildungsstellen, Dienstvorgesetzte

(1) Ausbildungsbehörde ist das Landesarchiv Baden-Württemberg.
(2) Ausbildungsstellen sind 1.
die Abteilung Hauptstaatsarchiv Stuttgart des Landesarchivs Baden-Württemberg als das von der Ausbildungsbehörde bestimmte zentrale Ausbildungsarchiv,
2.
die Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft (Archivschule Marburg),
3.
die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg (Hochschule Ludwigsburg) sowie
4.
die von der Ausbildungsbehörde bestimmten weiteren Einrichtungen. Als Ausbildungsstelle für das Abschlusspraktikum kommen die nichtstaatlichen öffentlichen Archive in Baden-Württemberg in Betracht, sofern die Ausbildung dort von Facharchivaren geleitet wird und bei nichtstaatlichen Archiven die Zustimmung des Archivträgers vorliegt.

§ 4 Einstellungsvoraussetzungen

(1) In den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Archivdienst kann eingestellt werden, wer
1.
die persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt,
2.
eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand nachweist und
3.
gesicherte Kenntnisse der lateinischen oder der französischen Sprache und einer weiteren modernen Fremdsprache (Sprachniveau B1) nachweist. Für den Nachweis gesicherter Lateinkenntnisse ist der Erwerb des Latinums gemäß Abschnitt 1 der Verwaltungsvorschrift Erwerb des Latinums, des großen Latinums, des Graecums und des Hebraicums des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport in der jeweils gültigen Fassung, oder die erfolgreiche Teilnahme an der Klausur Latein II im Rahmen eines universitären Sprachkurses erforderlich.
(2) Mit der Einstellung in den Vorbereitungsdienst und dem Bestehen der Laufbahnprüfung für den gehobenen Archivdienst (Archivarische Staatsprüfung) wird kein Anspruch auf eine spätere Verwendung im öffentlichen Dienst erworben.

§ 5 Auswahl und Einstellung

(1) Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Archivdienst erfolgt durch die Ausbildungsbehörde mittels eines Auswahlverfahrens.
(2) Der Bewerbung um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst sind beizufügen:
1.
ein Lebenslauf, 2.
eine Kopie des Zeugnisses über den Nachweis der Allgemeinen Hochschulreife oder über den Nachweis einer gleichwertigen Qualifikation für ein Hochschulstudium nach dem Landeshochschulgesetz,
3.
Kopien von Zeugnissen über einschlägige praktische oder berufliche Tätigkeiten,
4.
ein Nachweis über die nach § 4 Absatz 1 Nummer 3 erforderlichen Sprachkenntnisse,
5.
ein Nachweis darüber, dass die persönlichen Voraussetzungen des § 7
Absatz 1 Nr. 1 des Beamtenstatusgesetzes vorliegen.
(3) Vor der Einstellung in den Vorbereitungsdienst sind auf Anforderung des Weiteren vorzulegen:
1.
ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde (§ 30
Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes), 2.
ein ärztliches Zeugnis und 3.
eine schriftliche Erklärung über etwa anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren sowie über Disziplinarmaßnahmen und anhängige Disziplinarverfahren.
Diese Unterlagen sollen nicht älter als sechs Monate sein.
(4) Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst erfolgt unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf mit der Ernennung zur »Archivinspektoranwärterin« oder zum »Archivinspektoranwärter«.

ABSCHNITT 2 Vorbereitungsdienst

§ 6 Dauer und Gliederung

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert drei Jahre. Er wird in der Ausbildungsbehörde und den in § 3 Absatz 2 genannten Ausbildungsstellen abgeleistet. Er schließt mit der Archivarischen Staatsprüfung ab.
(2) Der Vorbereitungsdienst gliedert sich in folgende Ausbildungsabschnitte:
1.

Berufspraktische Studienzeiten

9 Monate

2.

Fachstudium Archivwissenschaft

18 Monate

3.

Fachstudium Verwaltungswissenschaft

3 Monate

4.

Abschlusspraktikum einschließlich Prüfungsphase

6 Monate.

(3) Jeder Ausbildungsabschnitt endet mit einer Prüfungsleistung oder einer Beurteilung. Für die Bewertung der Leistungen der Anwärterinnen und Anwärter findet § 14 entsprechende Anwendung. Die Prüfung ist bestanden beziehungsweise der Ausbildungsabschnitt gilt als ordnungsgemäß abgeleistet, wenn jeweils mindestens die Note »ausreichend« (5 bis 7 Punkte) erreicht wurde. Die Prüfungsergebnisse und Beurteilungen fließen nach § 22 Absatz 2 in die Abschlussnote der Archivarischen Staatsprüfung ein.
(4) Der Vorbereitungsdienst endet 1.
bei Bestehen der Archivarischen Staatsprüfung mit Ablauf des Tages, an dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird, frühestens jedoch mit dem allgemein oder in den Fällen der Absätze 6 und 7 mit dem im Einzelfall festgelegten Ablauf des Vorbereitungsdienstes,
2.
bei endgültigem Nichtbestehen einer Prüfung nach Absatz 3 mit Ablauf des Tages, an dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird.
(5) Die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst soll erfolgen, wenn
1.
infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate kein Dienst geleistet wurde und keine Aussicht besteht, dass die Dienstfähigkeit innerhalb weiterer sechs Monate wiederhergestellt wird, oder
2.
eine Prüfung nach Absatz 3 wegen ungenehmigten Fernbleibens, Rücktritts oder Ausschlusses von der Prüfung nach einem Täuschungsversuch oder Ordnungsverstoß als nicht bestanden gilt.
(6) Über eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes entscheidet die Ausbildungsbehörde.
(7) Wird die Ausbildung durch Krankheit oder aus anderen Gründen unterbrochen, muss die versäumte Zeit nachgeholt werden, wenn sie einen Monat übersteigt. Der Vorbereitungsdienst verlängert sich entsprechend. Die Ausbildungsbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen zulassen.

§ 7 Berufspraktische Studienzeiten

(1) Die berufspraktischen Studienzeiten werden in der Ausbildungsbehörde durchgeführt. Dabei sind fachbezogene Schwerpunkte der Ausbildungsbehörde zu berücksichtigen. Die Ausbildungsinhalte der berufspraktischen Studienzeiten werden mit denen der Fachstudien abgestimmt.
(2) Die Ausbildungsbehörde bestimmt eine Ausbildungsleitung, die die Befähigung für den höheren oder gehobenen Archivdienst besitzen soll. Diese bestellt die Fachkräfte für die Ausbildung und überwacht die Durchführung der berufspraktischen Studienzeiten.
(3) Die berufspraktischen Studienzeiten vermitteln grundlegende Kompetenzen und Fähigkeiten in den Fachgebieten
1.
Landesgeschichte, 2.
Archivkunde, Archivgeschichte, Beständekunde, 3.
Anwendung des Archivrechts in der Praxis, 4.
Einsatz der Informationstechnologie in Behörden und Archiven,
5.
Schriftgutverwaltung und Schriftgutübernahme (Überlieferungsbildung),
6.
Historische Hilfswissenschaften, insbesondere Paläographie des Mittelalters und der Neuzeit,
7.
Beständeaufbau und Erschließung von Archivgut, 8.
Bereitstellung von Archivgut für die Nutzung, 9.
Bestandserhaltung einschließlich Archivbau und Reprographie.
Die Inhalte der Fachgebiete werden von der Ausbildungsbehörde in einem Studienplan geregelt.
(4) Die Ausbildungsbehörde erstellt nach Beendigung des Ausbildungsabschnitts eine Beurteilung über die Leistungen und das dienstliche Verhalten der Anwärterinnen und Anwärter. Die Leistungen sind mit einer Note und einer Punktzahl nach § 14 zu bewerten.

§ 8 Fachstudium Archivwissenschaft

(1) Das Fachstudium Archivwissenschaft wird an der Archivschule Marburg durchgeführt. Für den Inhalt und die Gestaltung des Fachstudiums Archivwissenschaft gelten die
§§ 7 und 8 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Archivdienst in Hessen (APOgDArch) vom 30. November 2011 (StAnz. 52/2011, S. 1622) sowie die Studienordnung für das Studium an der Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft - im Rahmen der Ausbildung des gehobenen Archivdienstes vom 24. Mai 2013 (StAnz. 32/2013, S. 967) in den jeweils geltenden Fassungen.
(2) Zum Abschluss des Fachstudiums Archivwissenschaft findet eine Zwischenprüfung gemäß
§§ 11 bis 16 APOgDArch statt.

§ 9 Fachstudium Verwaltungswissenschaften

(1) Das Fachstudium Verwaltungswissenschaften wird an der Hochschule Ludwigsburg durchgeführt. Es erstreckt sich auf die Fachgebiete
1.
Staat und Verfassung, 2.
Allgemeines Verwaltungsrecht, 3.
Öffentliches Dienstrecht, 4.
Organisation und Methodik des Verwaltungshandelns,
5.
Soziologische und psychologische Grundlagen, 6.
Staatliche und kommunale Verwaltungsorganisation,
7.
Kommunalrecht, 8.
Öffentliche Finanz- und Betriebswirtschaft, 9.
Privatrecht, 10.
Gerichtsorganisation.
Die Inhalte der Fachgebiete werden von der Ausbildungsbehörde im Benehmen mit der Hochschule Ludwigsburg in einem Studienplan geregelt.
(2) Während des Fachstudiums Verwaltungswissenschaften werden drei Klausuren von jeweils drei Stunden Dauer in folgenden Fachgebieten gefertigt:
1.
im Fachgebiet Staat und Verfassung unter Einbeziehung des allgemeinen Verwaltungsrechts und des öffentlichen Dienstrechts,
2.
im Fachgebiet Organisation und Methodik des Verwaltungshandelns einschließlich der soziologischen und psychologischen Grundlagen sowie der staatlichen und kommunalen Verwaltungsorganisation,
3.
mit Aufgaben aus den Fachgebieten Kommunalrecht, öffentliche Finanz- und Betriebswirtschaft sowie Privatrecht und Gerichtsorganisation.
Die Klausuren werden jeweils mit einer Note und einer Punktzahl nach § 14 bewertet.
(3) Die Hochschule Ludwigsburg teilt der Ausbildungsbehörde die Klausurergebnisse mit. Die Ausbildungsbehörde ermittelt die Punktzahl und Note des Fachstudiums Verwaltungswissenschaften durch Mittelwertbildung der Ergebnisse aus den drei Klausuren bis auf eine Dezimalstelle. § 14 Absatz 2 gilt entsprechend.

§ 10 Abschlusspraktikum

(1) Das Abschlusspraktikum wird an einer von der Ausbildungsbehörde bestimmten Ausbildungsstelle nach § 3 Absatz 2 Nummer 4 durchgeführt.
(2) Die Inhalte des Abschlusspraktikums werden von der Ausbildungsbehörde im Benehmen mit einer archivischen Vertreterin oder einem archivischen Vertreter der kommunalen Landesverbände in einem Studienplan geregelt.
(3) Die Ausbildungsstelle erstellt nach Beendigung des Ausbildungsabschnitts eine Beurteilung über die Leistungen und das dienstliche Verhalten der Anwärterinnen und Anwärter. Die Leistungen sind mit einer Note und einer Punktzahl nach § 14 zu bewerten.

ABSCHNITT 3 Archivarische Staatsprüfung

§ 11 Gliederung und Zweck

(1) Die Archivarische Staatsprüfung ist die Laufbahnprüfung für den gehobenen Archivdienst. Sie besteht aus einer schriftlichen Prüfung nach § 15, einer mündlichen Prüfung nach § 16, der archivarischen Probearbeit nach § 17 und den Prüfungsergebnissen beziehungsweise Beurteilungen aus den Ausbildungsabschnitten nach § 6 Absatz 2.
(2) In der Archivarischen Staatsprüfung ist festzustellen, ob die Anwärterin oder der Anwärter das Ziel des Vorbereitungsdienstes erreicht hat und damit die Befähigung für den gehobenen Archivdienst besitzt.
(3) Prüfungsbehörde ist das Landesarchiv Baden-Württemberg.
(4) Die archivarische Probearbeit wird während des Abschlusspraktikums angefertigt. Die schriftliche Prüfung geht der mündlichen voraus. Der Prüfungsausschuss setzt Ort und Zeitpunkt der schriftlichen und mündlichen Prüfung fest und teilt sie spätestens zwei Wochen vorher der Anwärterin oder dem Anwärter mit. Die Archivarische Staatsprüfung soll vor Ablauf des dritten Ausbildungsjahres abgeschlossen sein.

§ 12 Prüfungsausschuss

(1) Zur Planung, Koordination und Durchführung der Archivarischen Staatsprüfung wird bei der Prüfungsbehörde ein Prüfungsausschuss eingerichtet. Dem Prüfungsausschuss gehören an:
1.
eine Vertreterin beziehungsweise ein Vertreter der Ausbildungsbehörde,
2.
die Leiterin beziehungsweise der Leiter des zentralen Ausbildungsarchivs,
3.
die Ausbildungsleitung der Ausbildungsbehörde, 4.
eine archivische Vertreterin oder ein archivischer Vertreter der kommunalen Landesverbände,
5.
eine Beamtin beziehungsweise ein Beamter des gehoben Archivdienstes der Prüfungsbehörde, der nicht dem Ausbildungsarchiv angehört.
Den Vorsitz führt die Ausbildungsleitung der Ausbildungsbehörde.
(2) Die Prüfungsbehörde beruft die Mitglieder des Prüfungsausschusses und deren Stellvertretung für die Dauer jeweils eines Jahres. Scheidet ein Mitglied oder eine Stellvertretung aus dem Prüfungsausschuss aus, so beruft die Prüfungsbehörde eine Nachfolge für den Rest der Amtszeit.
(3) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses und deren Stellvertretungen sollen die Befähigung für den höheren oder gehobenen Archivdienst besitzen; die Prüfungsbehörde kann Ausnahmen zulassen.
(4) Die Sitzungen des Prüfungsausschusses sind nicht öffentlich.
(5) Der Prüfungsausschuss ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder geladen und mit der oder dem Vorsitzenden beziehungsweise deren oder dessen Stellvertretung mindestens vier Mitglieder beziehungsweise Stellvertretungen anwesend sind. Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der beziehungsweise des Vorsitzenden. Stimmenthaltung ist unzulässig.

§ 13 Zulassung zur Archivarischen Staatsprüfung

Zur Archivarischen Staatsprüfung wird vom Prüfungsausschuss zugelassen, wer das Abschlusspraktikum angetreten und sämtliche vorangegangenen Ausbildungsabschnitte ordnungsgemäß abgeleistet hat.

§ 14 Bewertung der Prüfungs- und Studienleistungen

(1) Die einzelnen Prüfungs- und Studienleistungen im Vorbereitungsdienst sind mit einer der folgenden Punktzahlen und der sich daraus ergebenden Note zu bewerten:

Note 1 (sehr gut)
(14 bis 15 Punkte)

=

eine Leistung, die den Anforderungen in besonderem Maße entspricht,

Note 2 (gut)
(11 bis 13 Punkte)

=

eine Leistung, die den Anforderungen voll entspricht,

Note 3 (befriedigend)
(8 bis 10 Punkte)

=

eine Leistung, die im Allgemeinen den Anforderungen entspricht,

Note 4 (ausreichend)
(5 bis 7 Punkte)

=

eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht,

Note 5 (mangelhaft)
(2 bis 4 Punkte)

=

eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind,

Note 6 (ungenügend)
(0 bis 1 Punkt)

=

eine die Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht und bei der die notwendigen Grundkenntnisse fehlen.

(2) Zur Bewertung der Prüfungs- und Studienleistungen werden volle Punktzahlen vergeben. Ergeben sich aufgrund von Zwischenrechnungen Bruchteile von Notenpunkten, so werden diese unter Einbeziehung der ersten Dezimalstelle auf die nächste volle Punktzahl auf- oder abgerundet. Beträgt die erste Dezimalstelle fünf oder mehr, wird aufgerundet; beträgt sie vier oder weniger, wird abgerundet.

§ 15 Schriftliche Prüfung

(1) Die Aufgaben für die schriftliche Prüfung sowie die zugelassenen Hilfsmittel bestimmt der Prüfungsausschuss. Es sind zwei Klausuren zu bearbeiten:
1.
eine Klausur über ein auf Baden-Württemberg bezogenes Thema aus den Fachgebieten »Landesgeschichte« und »Archivkunde, Archivgeschichte, Beständekunde« (Pflichtklausur),
2.
eine Klausur über ein Thema aus einem der übrigen Fachgebiete nach § 7 Absatz 3 (Wahlklausur).
(2) Die Bearbeitungszeit beträgt für jede Klausur vier Stunden.
(3) Die Prüfungsarbeiten sind jeweils von zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses unabhängig voneinander mit einer Note und einer Punktzahl nach § 14 zu bewerten.
(4) Weichen die Bewertungen der Prüfer bei einer Klausur um nicht mehr als einen Punkt voneinander ab, so gilt der Durchschnitt als Note für die jeweilige Klausur. Bei größeren Abweichungen setzt der Prüfungsausschuss die Note fest.
(5) Der Prüfungsausschuss ermittelt die Punktzahl und Note der schriftlichen Prüfung durch Mittelwertbildung der Prüfungsergebnisse aus den zwei Klausuren.

§ 16 Mündliche Prüfung

(1) Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die Fachgebiete der berufspraktischen Studienzeiten nach § 7 Absatz 3 und soll insgesamt drei Prüfungsbereiche umfassen.
(2) Der Prüfungsausschuss bestimmt für jeden der drei Prüfungsbereiche eine Prüferin oder einen Prüfer sowie eine Stellvertretung. Zu Prüfern können auch Ausbilderinnen und Ausbilder bestimmt werden, die nicht Mitglied des Prüfungsausschusses sind. Diese nehmen ohne Stimmrecht an der mündlichen Prüfung teil. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses können sich durch ergänzende Fragen an der Prüfung beteiligen.
(3) Die mündliche Prüfung ist nicht öffentlich. Der Prüfungsausschuss kann weiteren Personen, die ein berechtigtes Interesse an der Teilnahme haben, die Anwesenheit bei der mündlichen Prüfung gestatten. An Beratungen des Prüfungsausschusses nehmen nur dessen Mitglieder teil.
(4) Die mündliche Prüfung soll grundsätzlich als Einzelprüfung durchgeführt werden und in jedem Prüfungsbereich 15 Minuten nicht überschreiten. In Ausnahmefällen ist eine Gemeinschaftsprüfung mit bis zu drei Anwärterinnen oder Anwärtern gleichzeitig zulässig.
(5) Der Prüfungsausschuss bewertet die Prüfungsleistungen und setzt für die mündliche Prüfung eine Note und eine Punktzahl nach § 14 fest.

§ 17 Archivarische Probearbeit

(1) Die Anwärterinnen und Anwärter fertigen in der zweiten Hälfte des Abschlusspraktikums eine archivarische Probearbeit an, die aus der Erschließung eines geeigneten Archivbestandes besteht. Dabei sollen auch die Kenntnisse auf dem Gebiet der archivischen Überlieferungsbildung des bearbeiteten Schriftgutes nachgewiesen werden.
(2) Die Ausbildungsstelle legt der Ausbildungsbehörde spätestens zu Beginn des Abschlusspraktikums mindestens zwei Themenvorschläge für die archivarische Probearbeit vor. Die Themenvorschläge sollen Angaben über Art und Umfang der zu bearbeitenden Archivalien, insbesondere über Provenienzen, Laufzeiten und wesentliche Inhalte sowie über die Art der durchzuführenden Arbeiten enthalten.
(3) Das Thema der Probearbeit sowie die zugelassenen Hilfsmittel werden vom Prüfungsausschuss bestimmt. Auf Antrag kann der Anwärterin oder dem Anwärter ein zweites Thema gestellt werden. Der Antrag ist innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntgabe des ersten Themas über die Ausbildungsstelle beim Prüfungsausschuss einzureichen.
(4) Die Probearbeit ist innerhalb von zwei Monaten selbstständig fertigzustellen. Aus wichtigen Gründen kann der Prüfungsausschuss auf Antrag der Ausbildungsstelle Fristverlängerung bis zu zwei Wochen gewähren.
(5) Die Anwärterin oder der Anwärter fertigt neben der Probearbeit ein dazugehöriges Arbeitsprotokoll an, das eine Beschreibung des zu ordnenden Archivalienbestands, Angaben über archivische und vorarchivische Findmittel, eine knappe Darstellung der Behörden- und Bestandsgeschichte sowie eine Beschreibung der Ordnungsarbeiten und begründete Entscheidungen zur Verzeichnung enthalten soll.
(6) Die Probearbeit und das Arbeitsprotokoll sind der Ausbildungsstelle fristgerecht vorzulegen, die ein Gutachten mit einem Notenvorschlag nach § 14 zur Probearbeit erstellt.
(7) Die Ausbildungsstelle legt die Probearbeit und das dazugehörige Arbeitsprotokoll mit dem Gutachten spätestens eine Woche vor Beginn der mündlichen Prüfung dem Prüfungsausschuss vor.
(8) Der Prüfungsausschuss bewertet abschließend die Probearbeit mit einer Note und einer Punktzahl nach § 14.

§ 18 Versäumnis, Verhinderung, Abbruch

(1) Ist eine Anwärterin oder ein Anwärter durch Krankheit oder aus sonstigen von ihr oder ihm nicht zu vertretenden triftigen Gründen an der Ablegung einer Prüfung verhindert, so hat sie oder er dies unverzüglich nachzuweisen. In Krankheitsfällen ist ein ärztliches Zeugnis vorzulegen. Über das Vorliegen eines triftigen Grunds entscheidet der Prüfungsausschuss.
(2) Eine aus triftigem Grund abgebrochene oder nicht angetretene Prüfung gilt als nicht abgelegt. Die Prüfung ist nach den Vorgaben der oder des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses beziehungsweise der Prüferin oder des Prüfers nachzuholen. Für nachzuholende Prüfungsleistungen sind neue Aufgaben zu stellen.
(3) Der Prüfungsausschuss beziehungsweise die Prüferin oder der Prüfer erklärt die Prüfung für nicht bestanden, wenn die Anwärterin oder der Anwärter ohne triftigen Grund einer Prüfung fernbleibt oder diese abbricht.

§ 19 Wiederholung von Prüfungen

(1) Einzelne nicht bestandene Teile der Archivarischen Staatsprüfung können einmal wiederholt werden. Die Wiederholungsprüfung wird zeitnah angeboten. In Fällen besonderer Härte kann der Prüfungsausschuss auf Antrag eine zweite Wiederholung einer Prüfung zulassen. Einzelne bestandene Teile der Archivarischen Staatsprüfung können nicht wiederholt werden.
(2) Eine Wiederholungsprüfung wird in demselben Umfang und in derselben Form wie die ursprüngliche Prüfung abgenommen.

§ 20 Ordnungsverstöße

(1) Über die Folgen eines Täuschungsversuchs oder einer Störung des Prüfungsablaufs entscheidet der Prüfungsausschuss. Er kann, je nach Schwere des Verstoßes, die Archivarische Staatsprüfung für nicht bestanden erklären oder einzelne Prüfungsleistungen mit der Note »ungenügend« (0 Punkte) bewerten.
(2) Wird eine Täuschung erst nach Beendigung des Prüfungsverfahrens bekannt, kann der Prüfungsausschuss auch nachträglich innerhalb von drei Jahren seit dem Bestehen der Archivarischen Staatsprüfung die Abschlussnote berichtigen oder die Archivarische Staatsprüfung für nicht bestanden erklären. Das unrichtige Zeugnis ist vom Prüfungsausschuss einzuziehen.

§ 21 Nachteilsausgleich

(1) Bei Anwärterinnen und Anwärtern, die in ihrer Schreibfähigkeit oder ihren kommunikativen Fähigkeiten eingeschränkt sind, stellt die Ausbildungsbehörde die barrierefreie Gestaltung aller einzelnen Prüfungsleistungen sicher. Soweit erforderlich, werden geeignete Kommunikationshilfen zugelassen oder weitere Nachteilsausgleiche gewährt. Insbesondere kann die Ausbildungsbehörde Bearbeitungszeiten angemessen verlängern, Ruhepausen gewähren, die nicht auf die Bearbeitungszeit angerechnet werden, oder persönliche oder sächliche Hilfsmittel zulassen.
(2) Die Gewährung eines Nachteilsausgleichs ist bei der Ausbildungsbehörde zu beantragen. Die Anwärterinnen und Anwärter sind durch die Ausbildungsbehörde in geeigneter Weise rechtzeitig auf die Möglichkeit einer Antragstellung hinzuweisen.
(3) Die Beeinträchtigung ist darzulegen und durch ärztliches Zeugnis nachzuweisen. In begründeten Einzelfällen kann die Ausbildungsbehörde die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verlangen. Ein begründeter Einzelfall ist insbesondere dann gegeben, wenn ein wiederholtes Fernbleiben oder ein wiederholter Rücktritt vorliegt.

§ 22 Abschlussnote der Archivarischen Staatsprüfung

(1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung stellt der Prüfungsausschuss die Abschlussnote der Archivarischen Staatsprüfung fest.
(2) Die Ergebnisse aller einzelnen Prüfungsleistungen aus den Prüfungsteilen nach § 11 Absatz 1 fließen mit folgendem Prozentanteil in die Abschlussnote der Archivarischen Staatsprüfung ein:
1.

Fachstudium Archivwissenschaft (§ 8 Absatz 2)

25 Prozent

2.

Fachstudium Verwaltungswissenschaft (§ 9 Absatz 3)

15 Prozent

3.

archivarische Probearbeit (§ 17 Absatz 8)

15 Prozent

4.

schriftliche Prüfung (§ 15 Absatz 5)

15 Prozent

5.

mündliche Prüfung (§ 16 Absatz 5)

10 Prozent

6.

berufspraktische Studienzeiten (§ 7 Absatz 4)

15 Prozent

7.

Abschlusspraktikum (§ 10 Absatz 3)

5 Prozent

(3) Die Archivarische Staatsprüfung ist bestanden, wenn die nach Absatz 2 ermittelte Gesamtpunktzahl mindestens die Note »ausreichend« (5 bis 7 Punkte) ergibt. § 14 Absatz 2 gilt entsprechend.

§ 23 Prüfungsniederschrift, Zeugnis der Archivarischen Staatsprüfung

(1) Über den Verlauf und das Ergebnis der Archivarischen Staatsprüfung ist eine Niederschrift anzufertigen und zu den Prüfungsakten zu nehmen. Die Niederschrift enthält
1.
Ort, Tag und Dauer der Archivarischen Staatsprüfung,
2.
die Namen der Mitglieder des Prüfungsausschusses, der Prüferinnen und Prüfer sowie der sonstigen Anwesenden,
3.
die Namen der Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer,
4.
die wesentlichen Gegenstände der Archivarischen Staatsprüfung,
5.
die vollständigen Notenlisten der Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer,
6.
die Beschlüsse des Prüfungsausschusses.
(2) Über die bestandene Archivarische Staatsprüfung stellt die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses ein Zeugnis aus.
(3) Mit erfolgreich bestandener archivarischer Staatsprüfung wird der Abschluss »Diplom-Archivarin (FH)« oder »Diplom-Archivar (FH)« erworben. Der Abschluss erfüllt die Bildungsvoraussetzungen gemäß § 15
Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a LBG.
(4) Mit Bestehen der Archivarischen Staatsprüfung erwirbt die Anwärterin oder der Anwärter die Befähigung für den gehobenen Archivdienst.
(5) Ist die Archivarische Staatsprüfung nicht bestanden oder für nicht bestanden erklärt worden, so erhält die Anwärterin oder der Anwärter vom Prüfungsausschuss einen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen schriftlichen Bescheid. Die Ausbildungsbehörde erhält eine Ausfertigung dieses Bescheids.

§ 24 Einsicht in die Prüfungsakten, Aufbewahrungsfristen

(1) Die Anwärterin oder der Anwärter kann nach Abschluss des Prüfungsverfahrens innerhalb eines Jahres Einsicht in ihre oder seine Prüfungsarbeiten einschließlich der Bewertung und in die Prüfungsniederschrift nehmen.
(2) Der Antrag auf Einsichtnahme ist bei der Prüfungsbehörde zu stellen. Die Einsichtnahme erfolgt in den Räumen der Prüfungsbehörde.
(3) Die Prüfungsarbeiten sind mindestens zehn Jahre aufzubewahren.

ABSCHNITT 4 Übergangs- und Schlussvorschriften

§ 25 Übergangsbestimmungen

Für Anwärterinnen und Anwärter, die sich zur Zeit des Inkrafttretens dieser Ausbildungs- und Prüfungsordnung bereits im Vorbereitungsdienst befinden, gilt die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Archivdienst in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung weiter.

§ 26 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.

STUTTGART, den 21. November 2014

BAUER

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