Gesetz über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags (Untersuchungsausschussgesetz - UAG) Vom 3. März 1976
§ 1 Aufgabe und Zulässigkeit
(1) Ein Untersuchungsausschuß des Landtags hat die Aufgabe, Sachverhalte, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt, zu untersuchen und dem Landtag darüber Bericht zu erstatten.
(2) Die Untersuchung ist nur zulässig, wenn sie geeignet ist, dem Landtag Grundlagen für eine Beschlußfassung im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeiten zu vermitteln.
(3) Bei Zweifeln über die Zulässigkeit einer Untersuchung überweist der Landtag den Antrag auf Einsetzung zur gutachtlichen Äußerung an den für Rechtsfragen zuständigen Ausschuß. Der Ausschuß hat diese Äußerung unverzüglich abzugeben.
(4) Ruft eine Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des Landtags oder von zwei Fraktionen, deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören, den Verfassungsgerichtshof an, weil sie den Einsetzungsantrag für verfassungswidrig hält, sind die Untersuchungen im gesamten Umfang der Einsetzung zulässig, bis der Verfassungsgerichtshof eine andere Entscheidung trifft.
§ 2 Antragsrecht und Einsetzung
(1) Ein Untersuchungsausschuß wird jeweils für einen bestimmten Untersuchungsauftrag eingesetzt.
(2) Die Einsetzung erfolgt auf Antrag durch Beschluß des Landtags.
(3) Mit einem Antrag, der bei seiner Einreichung die Unterschriften von einem Viertel der Mitglieder des Landtags trägt oder von zwei Fraktionen, deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören, unterzeichnet ist (Minderheitsantrag), wird der Landtag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verpflichtet. Im übrigen gelten für Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Vorschriften der Geschäftsordnung.
(4) Der Antrag wird vor anderen Beratungsgegenständen auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Landtags gesetzt. Über einen Minderheitsantrag muß der Landtag auf Verlangen der Antragsteller innerhalb von zwei Wochen nach der Einreichung entscheiden. Diese Frist verlängert sich im Falle einer Überweisung nach § 1 Abs. 3 um eine Woche.
§ 3 Gegenstand
(1) Der Gegenstand der Untersuchung ist in dem Beschluß über die Einsetzung genau festzulegen.
(2) Der in einem Minderheitsantrag bezeichnete Untersuchungsgegenstand kann gegen den Willen der Antragsteller nicht geändert werden.
(3) Der Untersuchungsausschuß ist an den ihm erteilten Auftrag gebunden.
§ 4 Zusammensetzung
(1) Der Untersuchungsausschuß besteht in der Regel aus zehn Mitgliedern und der gleichen Zahl von Stellvertretern.
(2) Die Mitglieder und Stellvertreter werden vom Landtag nach den Vorschlägen der Fraktionen gewählt. Dabei werden die Fraktionen nach ihrer Mitgliederzahl beteiligt, wobei jede Fraktion mindestens durch ein Mitglied vertreten sein muß.
§ 5 Ausscheiden von Ausschußmitgliedern
(1) Ein Mitglied des Landtags, das an den zu untersuchenden Sachverhalten persönlich und unmittelbar beteiligt ist, darf dem Untersuchungsausschuß nicht angehören. Wird dies erst nach der Einsetzung des Untersuchungsausschusses bekannt, so hat es auszuscheiden.
(2) Hält das Mitglied die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht für gegeben, so entscheidet der Landtag auf Antrag des Untersuchungsausschusses. Bis zur Entscheidung des Landtags wird das Mitglied vertreten.
(3) Beim Ausscheiden eines Mitglieds tritt ein Stellvertreter an seine Stelle; für diesen wird ein neuer Stellvertreter bestellt. Das Mitglied und der Stellvertreter werden vom Landtag nach den Vorschlägen der Fraktion gewählt, der das ausscheidende Mitglied angehört.
§ 6 Vorsitz
(1) Der Landtag wählt den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses sowie dessen Stellvertreter.
(2) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen verschiedenen Fraktionen angehören, unter denen sich eine Regierungsfraktion und eine Oppositionsfraktion befinden muß. Bei der Einsetzung jedes neuen Untersuchungsausschusses ist unter den Fraktionen zu wechseln. Die Fraktionen sind nach ihrer Mitgliederzahl zu berücksichtigen, soweit Satz 1 und 2 dies zulassen.
§ 6a Einberufung der Sitzungen
(1) Der Vorsitzende beruft den Ausschuß unter Angabe der Tagesordnung ein. Er ist zur Einberufung der Sitzung des Untersuchungsausschusses binnen einer Woche verpflichtet, wenn dies von mindestens einem Viertel der Ausschußmitglieder oder von zwei Fraktionen, deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören, durch deren Sprecher im Ausschuß unter Angabe des Beratungsgegenstandes verlangt wird.
(2) Die stellvertretenden Mitglieder werden zu allen Sitzungen eingeladen. Sie können an allen Sitzungen als Zuhörer teilnehmen. Das Rederecht, das Stimmrecht sowie ein Fragerecht bei der Beweisaufnahme besitzt der Stellvertreter nur, wenn er ein abwesendes Mitglied vertritt.
§ 7 Beschlußfähigkeit, Beschlußfassung
(1) Der Untersuchungsausschuß ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist.
(2) Bei Beschlußunfähigkeit unterbricht der Vorsitzende sofort die Sitzung auf bestimmte Zeit. Ist nach dieser Zeit die Beschlußfähigkeit noch nicht eingetreten, so hat der Vorsitzende unverzüglich eine neue Sitzung anzuberaumen. In dieser Sitzung ist der Untersuchungsausschuß beschlußfähig, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht gegeben sind; darauf ist bei der Einladung hinzuweisen.
(3) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Untersuchungsausschuß mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.
§ 8 Öffentlichkeit der Sitzungen
(1) Die Beweisaufnahme erfolgt öffentlich. Über die Zulässigkeit von Ton-, Bild- und Filmaufnahmen, insbesondere von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts entscheidet der Vorsitzende.
(2) Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn überragende Interessen der Allgemeinheit oder überwiegende Interessen eines einzelnen dies gebieten oder wenn es zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich erscheint. Aus denselben Gründen können auch einzelne Personen ausgeschlossen werden.
(3) Über den Ausschluß entscheidet der Untersuchungsausschuß mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder in nichtöffentlicher Sitzung.
(4) Die Beratungen des Untersuchungsauschusses sind nicht öffentlich.
§ 9 Mitteilungen über Sitzungen und Unterlagen
(1) Mitteilungen an die Öffentlichkeit über nichtöffentliche Sitzungen sind vor Abschluß der Beratung nicht zulässig. Dasselbe gilt für den Inhalt von Unterlagen, soweit dieser nicht durch eine öffentliche Verhandlung bekannt geworden ist.
(2) In Mitteilungen an die Öffentlichkeit über Beratungen dürfen die Namen der Redner nicht genannt werden.
(3) Der Untersuchungsausschuß kann Ausnahmen von Absatz 1 und 2 beschließen.
(4) Die für den Landtag geltenden weitergehenden Bestimmungen über den Schutz der Geheimhaltung bleiben unberührt.
(5) Vor Abschluß der Beratung über einen Gegenstand der Verhandlung sollen sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses einer abschließenden öffentlichen Beweiswürdigung enthalten.
§ 10 Teilnahme von Mitgliedern der Regierung
(1) Die Mitglieder der Regierung und ihre Beauftragten können von den Beweiserhebungen ausgeschlossen werden, wenn überwiegende Interessen eines Zeugen oder Sachverständigen dies gebieten oder wenn es zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich erscheint. Wer nach Satz 1 ausgeschlossen wird, ist auf sein Verlangen, sobald er wieder vorgelassen ist, vom Vorsitzenden über den wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während der Abwesenheit der Mitglieder der Regierung und ihrer Beauftragten ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist. Bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen kann der Vorsitzende den Mitgliedern der Regierung und ihren Beauftragten Gelegenheit geben, Fragen zu stellen.
(2) Die Mitglieder der Regierung und ihre Beauftragten haben zu den Beratungen Zutritt, wenn der Ausschuß dies beschließt. Sie können gehört werden. In jedem Falle gibt der Untersuchungsausschuß der Regierung Gelegenheit, zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.
(3) Die Beschlüsse nach Absatz 1 werden mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.
§ 11 Ordnungsgewalt
(1) Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.
(2) Zeugen, Sachverständige, Betroffene, Beistände und Zuhörer, die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung ergangenen Anordnungen nicht Folge leisten oder sich einer Ungebühr schuldig machen, können vom Vorsitzenden aus dem Sitzungssaal entfernt werden.
§ 12 Niederschriften
(1) Über die Sitzungen des Untersuchungsausschusses ist eine Niederschrift zu fertigen, die vom Vorsitzenden unterzeichnet wird. Die Niederschrift enthält mindestens Ort und Zeit der Sitzung, die Namen der anwesenden Mitglieder und Stellvertreter sowie der sonstigen Sitzungsteilnehmer, die gestellten Anträge, die gefaßten Beschlüsse sowie die Angabe, ob öffentlich oder nichtöffentlich verhandelt worden ist.
(2) Die Beweiserhebungen werden wörtlich protokolliert. Über die Art der Protokollierung der Beratungen entscheidet der Ausschuß.
(3) Der Untersuchungsausschuß entscheidet über die Weitergabe der Niederschriften und über die Einsichtgewährung unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Geheimschutzes. Nach Erstattung des Berichts können die Niederschriften über öffentliche Sitzungen von jedermann eingesehen werden; im übrigen entscheidet der Präsident des Landtags über die Weitergabe der Niederschriften und über die Einsichtgewährung.
§ 12a Ermittlungsbeauftragte
(1) Der Untersuchungsausschuss hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder oder von zwei Fraktionen, deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören, die Pflicht, einzelne Ermittlungen einer oder einem Ermittlungsbeauftragten zu übertragen. Der Ermittlungsauftrag soll für höchstens sechs Monate erteilt werden.
(2) Die oder der Ermittlungsbeauftragte wird innerhalb von drei Wochen nach der Beschlussfassung gemäß Absatz 1 mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bestimmt. Erfolgt diese Bestimmung nicht fristgemäß, bestimmt die oder der Vorsitzende im Einvernehmen mit ihrer oder seiner Stellvertretung und im Benehmen mit den Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen im Untersuchungsausschuss innerhalb weiterer drei Wochen die Person der oder des Ermittlungsbeauftragten.
(3) Ermittlungsbeauftragte bereiten in der Regel die Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss vor. Sie beschaffen und sichten die erforderlichen sächlichen Beweismittel. Sie können sich Beweismittel vorlegen lassen und Auskünfte einholen. Ermittlungsbeauftragte können Personen informatorisch anhören. Im Verkehr nach außen haben sie die gebührende Zurückhaltung zu wahren; öffentliche Erklärungen geben sie nicht ab. Sie können für ihren Ermittlungsauftrag in angemessenem Umfang Hilfskräfte einsetzen.
(4) Ermittlungsbeauftragte sind im Rahmen ihres Auftrags unabhängig und dem gesamten Untersuchungsausschuss verantwortlich. Sie können jederzeit mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder abberufen werden. Die Ergebnisse ihrer Tätigkeit stehen allen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zur Verfügung.
(5) Nach Abschluss ihrer Untersuchung erstatten Ermittlungsbeauftragte dem Untersuchungsausschuss über das Ergebnis einen schriftlichen und mündlichen Bericht. Darin unterbreiten sie dem Untersuchungsausschuss einen Vorschlag über die weitere Vorgehensweise.
(6) Werden Ermittlungsbeauftragte als Sachverständige vernommen, finden die dafür geltenden Regelungen Anwendung.
§ 13 Allgemeine Vorschriften über die Beweisaufnahme
(1) Der Untersuchungsauschuß erhebt die durch den Untersuchungsauftrag gebotenen Beweise auf Grund von Beweisbeschlüssen.
(2) Beweise sind zu erheben, wenn sie von den Unterzeichnern eines Minderheitsantrags (§ 2 Abs. 3 Satz 1) oder von einem Viertel der Ausschußmitglieder oder von zwei Fraktionen, deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören, durch deren Sprecher im Ausschuß beantragt werden. Ein Beweisantrag nach Satz 1 kann nur abgelehnt werden, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist, wenn eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Untersuchung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder wenn es unerreichbar ist oder wenn der Antrag zum Zweck der Verschleppung des Untersuchungsverfahrens gestellt ist. Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann auch abgelehnt werden, wenn der Ausschuß die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen. Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Untersuchungsausschusses zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist.
(3) Absatz 2 gilt auch für alle herbeigeschafften Beweismittel.
(4) Der Untersuchungsausschuß kann die Erhebung einzelner Beweise einem Unterausschuß übertragen. Dem Unterausschuß muß, falls der Untersuchungsausschuß nicht einstimmig etwas anderes beschließt, von jeder Fraktion ein Mitglied angehören. Auf die Beweiserhebung durch den Unterausschuß finden die für den Untersuchungsausschuß geltenden Vorschriften Anwendung.
(5) Der Untersuchungsausschuß kann die Erhebung einzelner Beweise einem Richter übertragen, wenn die Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuß nicht oder nicht ohne Verzögerung des Verfahrens möglich ist oder wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann.
(6) Die Reihenfolge der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen soll im Untersuchungsausschuss möglichst einvernehmlich festgelegt werden. Bei Widerspruch eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses oder von zwei Fraktionen, deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören, gelten die Vorschriften der Geschäftsordnung des Landtags zur Reihenfolge der Reden entsprechend.
(7) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten für die Beweisaufnahme die Vorschriften über den Strafprozeß entsprechend.
§ 13a Richterliche Durchsicht
(1) Beschlagnahmte oder sonst sichergestellte sächliche Beweismittel sind nur in dem Umfang dem Untersuchungsausschuss zugänglich zu machen, in dem sie Informationen enthalten, die zum Untersuchungsgegenstand gehören, und keinen streng persönlichen Charakter haben. Beweismittel werden im Hinblick darauf zunächst durch den zuständigen Strafrichter (§ 16 Absatz 6) durchgesehen, sofern die Betroffenen die Beweiserhebung nicht genehmigen oder aufgrund der Umstände eine solche Sichtung nicht erforderlich ist. Die Teile, die nicht der Beweisaufnahme unterliegen, sind, soweit sie aussonderbar sind, der Person, die den Gewahrsam hatte, unverzüglich zurückzugeben; ist dies nicht möglich, sind sie gegen eine weitere Verwendung zu sichern beziehungsweise zu sperren.
(2) Durch öffentliche Stellen vorzulegende sächliche Beweismittel werden entsprechend Absatz 1 durch den zuständigen Strafrichter durchgesehen, wenn die zur Vorlage verpflichtete Stelle aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen eine Durchsicht nicht selbst vornehmen kann.
(3) Vor der richterlichen Entscheidung oder der Genehmigung aller Betroffenen dürfen die Beweismittel nicht durch den Untersuchungsausschuss erhoben oder verwendet werden.
(4) Die weiteren Vorschriften zum Daten- und Geheimschutz bleiben unberührt.
§ 14 Aktenvorlage, Auskunftserteilung, Aussagegenehmigung
(1) Alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, sind unmittelbar zur Vorlage von sächlichen Beweismitteln, insbesondere der Akten, die den Untersuchungsgegenstand betreffen, und zur Erteilung von Auskünften verpflichtet. Der Untersuchungsausschuss kann die Vorlage auch in geeigneter elektronischer Form verlangen. Die Datensicherheit nach dem Stand der Technik sowie der Daten- und Geheimschutz sind zu gewährleisten.
(2) Die Vorlage von sächlichen Beweismitteln, die Auskunftserteilung und die Aussagegenehmigung dürfen verweigert werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit des Staates geboten ist oder wenn ein Gesetz der Bekanntgabe an den Ausschuß entgegensteht. Für Richter und Beamte bleibt § 37
Abs. 4 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes unberührt. Über die Verweigerung der Vorlage sächlicher Beweismittel, insbesondere der Akten, und der Auskunftserteilung entscheidet die oberste Dienst- oder Aufsichtsbehörde.
(3) Werden sächliche Beweismittel, insbesondere die Akten, nicht vollständig vorgelegt, sind die Gründe hierfür anzugeben. Gleiches gilt, wenn eine Auskunft oder eine Aussagegenehmigung nicht im vollen Umfang erteilt wird.
§ 15 Zutrittsrecht
Der Untersuchungsausschuß hat Zutritt zu allen Einrichtungen des Landes und der unter seiner Aufsicht stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Der Zutritt darf nur verweigert werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit des Staates geboten ist oder wenn ein Gesetz dem Zutritt entgegensteht. § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
§ 16 Zwangsmittel bei der Beweiserhebung
(1) Zeugen und Sachverständige sind verpflichtet, auf Ladung des Ausschusses zu erscheinen. Sie sind in der Ladung auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens hinzuweisen.
(2) Gegen einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint oder ohne gesetzlichen Grund das Zeugnis oder die Eidesleistung verweigert, oder gegen einen zur Erstattung des Gutachtens verpflichteten Sachverständigen, der ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint oder ohne gesetzlichen Grund die Erstattung des Gutachtens oder die Eidesleistung verweigert, wird auf Antrag des Untersuchungsausschusses durch das zuständige Gericht Ordnungsgeld, Ordnungshaft oder Erzwingungshaft gemäß §§ 51, 70 und § 77 Abs. 1
der Strafprozeßordnung festgesetzt; die entstandenen Kosten werden ihm auferlegt.
(3) Auf Antrag des Untersuchungsausschusses ordnet das zuständige Gericht die zwangsweise Vorführung des Zeugen an.
(4) Der Untersuchungsausschuß kann beim zuständigen Gericht die Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen beantragen, wenn für die Untersuchung notwendige Beweise auf andere Weise nicht erhoben werden können. Die Vorschriften des Achten Abschnitts des Ersten Buchs der Strafprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. § 23 Abs. 4 und 5 und § 25
des Landespressegesetzes bleiben unberührt.
(5) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis bleiben unberührt.
(6) Zuständig zur Entscheidung über Anträge nach den Absätzen 2 bis 4 ist das Amtsgericht Stuttgart (Strafrichter). Die für den Strafprozeß geltenden Vorschriften über die Beschwerde sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses an die Stelle der Staatsanwaltschaft tritt.
(7) Anordnungen nach den Absätzen 2 bis 4 werden nach den für den Strafprozeß geltenden Vorschriften durchgeführt.
§ 17 Zeugnisverweigerung
(1) Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über das Recht des Zeugen zur Verweigerung der Aussage und der Auskunft sowie über das Recht des Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens finden Anwendung. § 52 Abs. 1, § 55 und § 76 Abs. 1
der Strafprozeßordnung gelten mit der Maßgabe, daß der Betroffene an die Stelle des Beschuldigten tritt. § 23 Abs. 1 bis 3 und § 25
des Landespressegesetzes bleiben unberührt.
(2) Ein Zeuge kann ferner die Auskunft auf solche Fragen verweigern, bei deren wahrheitsgemäßer Beantwortung er sich der Gefahr einer Abgeordnetenanklage oder einer Ministeranklage aussetzen würde.
(3) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Aussage nach §§ 52 und 55
der Strafprozeßordnung und über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft nach Absatz 2 zu belehren.
§ 18 Vereidigung
Zeugen und Sachverständige können vereidigt werden. Im übrigen gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend. Von der Vereidigung ist ferner abzusehen, wenn der Verdacht besteht, der Zeuge könne sich eines Verhaltens schuldig gemacht haben, das die Erhebung einer Abgeordnetenanklage oder einer Ministeranklage zur Folge haben kann.
§ 19 Rechtsstellung des Betroffenen
(1) Betroffene können sein
1.
Mitglieder der Regierung im Falle einer Untersuchung zur Vorbereitung einer Ministeranklage;
2.
Mitglieder des Landtags im Falle einer Untersuchung, die ihre Belastung oder Entlastung zum Ziele hat;
3.
Richter im Falle einer Untersuchung zur Vorbereitung einer Richteranklage;
4.
alle weiteren Personen, über die der Untersuchungsauschuß im Bericht eine Äußerung abgeben will, ob eine persönliche Verfehlung vorliegt.
(2) Die Rechtsstellung als Betroffener entsteht mit ihrer Feststellung. Die Feststellung trifft der Untersuchungsausschuss entweder auf Antrag eines Mitglieds oder einer Person, die geltend macht, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 bei ihr vorliegen. Der Untersuchungsausschuss hat den Betroffenen unverzüglich über seine Entscheidung und deren Gründe zu unterrichten.
(3) Die Rechtsstellung als Betroffener schließt die folgenden Rechte ein:
1.
Dem Betroffenen ist Gelegenheit zu geben, vor der nachfolgenden Beweisaufnahme eine zusammenhängende Sachdarstellung zu geben.
2.
Der Betroffene hat das Recht zur Anwesenheit bei der Beweisaufnahme. Ein Frage- oder Beweisantragsrecht steht ihm nicht zu.
3.
Der Betroffene hat das Recht, die sächlichen Beweismittel einzusehen, die Gegenstand der Beweisaufnahme waren oder sind. Ein darüber hinausgehendes Recht auf Einsicht in die beigezogenen sächlichen Beweismittel besteht nicht.
4.
Nach Abschluss der Beweisaufnahme ist dem Betroffenen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahme ist dem Bericht des Untersuchungsausschusses als Anlage anzufügen.
(4) Der Betroffene ist verpflichtet, auf Ladung des Ausschusses zu erscheinen. Für den Inhalt der Ladung sowie für die Folgen des Ausbleibens gilt § 16 Abs. 1 bis 3 entsprechend.
(5) Der Betroffene ist grundsätzlich zur Aussage verpflichtet. Er hat die Aussageverweigerungsrechte nach § 17. Darüber hinaus kann er die Auskunft auch auf solche Fragen verweigern, deren wahrheitsgemäße Beantwortung ihn oder einen seiner Angehörigen dem Vorwurf einer strafrechtlichen, dienstrechtlichen, berufsrechtlichen oder standesrechtlichen Verfehlung aussetzen würde. Über dieses Aussageverweigerungsrecht ist der Betroffene zu belehren. Der Betroffene hat die sein Aussageverweigerungsrecht rechtfertigenden Tatsachen glaubhaft zu machen.
(6) Der Betroffene kann sich eines Beistandes bedienen.
(7) Der Betroffene und der Beistand können von den nichtöffentlichen Beweiserhebungen ausgeschlossen werden, wenn Gründe der Sicherheit des Staates ihrer Anwesenheit entgegenstehen oder wenn es zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich erscheint. Der Vorsitzende hat den Betroffenen, sobald er wieder vorgelassen ist, über den wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist, soweit nicht Gründe der Sicherheit des Staates entgegenstehen.
(8) Erhält jemand erst im Verlauf der Untersuchung die Rechtsstellung als Betroffener, so bleiben alle vor dieser Feststellung durchgeführten Untersuchungshandlungen wirksam. Der Betroffene ist über die wesentlichen Ergebnisse der bisherigen Beweiserhebungen zu unterrichten, soweit sie sich auf ihn beziehen und nicht Gründe der Sicherheit des Staates entgegenstehen. Der Pflicht zur Unterrichtung kann genügt werden, indem Ablichtungen der stenografischen Protokolle über die Beweisaufnahmen zugänglich gemacht werden. Vor der Fortsetzung der Beweisaufnahme ist dem Betroffenen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
§ 20 Ersuchen um Rechtshilfe
(1) Das Ersuchen um Rechtshilfe zur Erhebung von Beweisen (§ 13 Abs. 5) ist an das Amtsgericht zu richten, in dessen Bereich die Untersuchungshandlung vorgenommen werden soll.
(2) Dem Ersuchen ist der Beweisbeschluß und der Untersuchungsauftrag beizufügen. Die an den Zeugen oder Sachverständigen zu stellenden Fragen sind, soweit erforderlich, näher zu bezeichnen und zu erläutern. Der Ausschuß gibt an, ob der Zeuge oder Sachverständige vereidigt werden soll.
(3) Über die Untersuchungshandlung ist eine Niederschrift zu fertigen.
§ 21 Verlesen von Protokollen und Schriftstücken
(1) Protokolle über Beweiserhebungen ersuchter Gerichte (§ 13 Abs. 5) werden vor dem Untersuchungsausschuß verlesen. Andere als Beweismittel dienende Schriftstücke sind vor dem Untersuchungsausschuß zu verlesen, wenn sie nicht allen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses und den Betroffenen zugänglich gemacht werden oder wenn der Ausschuß die Verlesung beschließt.
(2) Die Verlesung erfolgt in nichtöffentlicher Sitzung, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 gegeben sind.
§ 22 Aussetzung und Einstellung des Verfahrens
(1) Das Untersuchungsverfahren kann ausgesetzt werden, wenn eine alsbaldige Aufklärung auf andere Weise zu erwarten ist oder die Gefahr besteht, daß gerichtliche Verfahren oder Ermittlungsverfahren beeinträchtigt werden. Über die Aussetzung entscheidet der Landtag auf Antrag des Untersuchungsausschusses; ist der Untersuchungsausschuß auf Grund eines Minderheitsantrags eingesetzt worden, so bedarf die Aussetzung der Zustimmung der Antragsteller. Ein ausgesetztes Verfahren kann jederzeit durch Beschluß des Landtags wieder aufgenommen werden. Der Beschluß muß gefaßt werden, wenn es von einem Viertel der Mitglieder des Landtags oder von zwei Fraktionen, deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören, beantragt wird; § 2 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
(2) Der Landtag kann einen Untersuchungsausschuß vor Abschluß der Untersuchung auflösen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 23 Bericht
(1) Nach Abschluß der Untersuchung erstattet der Untersuchungsausschuß dem Landtag einen schriftlichen Bericht.
(2) Jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses hat das Recht, einen abweichenden Bericht vorzulegen. Dieser Bericht ist dem Bericht des Untersuchungsausschusses anzuschließen.
(3) Der Landtag kann während der Untersuchung von dem Untersuchungsausschuß jederzeit einen Zwischenbericht über den Stand des Verfahrens verlangen.
§ 23a Geheim- und Datenschutz
Es gelten die Richtlinien für die Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Angelegenheiten im Bereich des Landtags und die Datenschutzordnung für den Landtag in ihrer jeweiligen Fassung.
§ 24 Kosten und Auslagen
(1) Die Kosten der Untersuchung trägt das Land. Zeugen und Sachverständige werden nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz entschädigt. Die Entschädigung wird von der Verwaltung des Landtags festgesetzt. Der Zeuge und Sachverständige kann beim Amtsgericht Stuttgart die gerichtliche Festsetzung beantragen; § 4
des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes gilt entsprechend.
(2) Dem Betroffenen können die notwendigen Auslagen, welche durch die Wahrnehmung der ihm nach diesem Gesetz zustehenden Rechte entstanden sind, ganz oder teilweise erstattet werden. Hierüber entscheidet der Untersuchungsausschuß auf Antrag des Betroffenen nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Höhe der erstattungsfähigen Auslagen wird von der Verwaltung des Landtags festgesetzt; die Entschädigung nach Absatz 1 ist anzurechnen. Zu den notwendigen Auslagen eines Betroffenen gehören auch die Gebühren und Auslagen eines anwaltlichen Beistands. Es gelten die Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes über die Gebühren für die Tätigkeit als Beistand eines Zeugen oder Sachverständigen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
§ 25 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Stuttgart, den 3. März 1976
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:
Dr. Filbinger Dr. Hahn Schiess
Gleichauf Dr. Eberle Dr. Brünner
Griesinger Dr. Mahler
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