Gesetz über die Beauftragte oder den Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
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Gesetz über die Beauftragte oder den Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen

Gesetz über die Beauftragte oder den Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
Vom 13. April 2022 (Fn 1)

§ 1 Aufgabenübertragung, Rechtsstellung

(1) Die Landesregierung bestellt für die Dauer von fünf Jahren eine Beauftragte oder einen Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Amts- und Funktionsbezeichnung lautet „die Beauftragte für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen“ oder „der Beauftragte für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen“.
(2) Das Amt der oder des Beauftragten für den Opferschutz ist organisatorisch bei dem für Justiz zuständigen Ministerium angesiedelt. Die beauftragte Person ist in Ausübung des Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
(3) Das Land stellt die für die Erfüllung der Aufgaben nach § 2 notwendige Personal- und Sachausstattung nach Maßgabe des Haushalts zur Verfügung. Die Landesbehörden und alle sonstigen öffentlichen Stellen des Landes unterstützen die Beauftragte oder den Beauftragten für den Opferschutz bei der Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben.

§ 2 Aufgaben

(1) An die Beauftragte oder den Beauftragten für den Opferschutz können sich Opfer von Straftaten und ihnen nahestehende Personen mit allen Anliegen unmittelbar oder durch von ihnen beauftragte Dritte wenden. Dritte Personen können in grundsätzlichen Angelegenheiten des Opferschutzes Anregungen und Hinweise anbringen. Die oder der Beauftragte für den Opferschutz wird ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig. Ein Rechtsanspruch darauf, dass sie oder er sich mit einer an sie oder ihn gerichteten Eingabe befasst, besteht nicht.
(2) Die oder der Beauftragte für den Opferschutz informiert Opfer von Straftaten und ihnen nahestehende Personen über ihre Rechte und im Rahmen einer Lotsenfunktion über psychosoziale, finanzielle und sonstige Hilfsmöglichkeiten. Sie oder er unterstützt Opfer bei der Wahrnehmung ihrer Ansprüche nach § 16 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S.   555) in der jeweils geltenden Fassung. Ferner fördert sie oder er die Kooperation der Opferhilfeeinrichtungen untereinander, leistet Netzwerkarbeit und bündelt Hilfsangebote Dritter. Hierzu arbeitet sie oder er bei Bedarf auch mit anderen Opferschutzeinrichtungen und -zentralstellen zusammen.
(3) Im Falle eines Terroranschlags oder in Großeinsatzlagen wirkt die oder der Beauftragte für den Opferschutz nach pflichtgemäßem Ermessen in enger Abstimmung mit den weiteren beteiligten Behörden bei der Koordinierung opferschutzbezogener Maßnahmen mit. Sie oder er unterstützt die behördlichen und ehrenamtlichen Einsatzkräfte der psychosozialen Notfallversorgung im Anschluss an die von diesen zu leistende psychosoziale Akuthilfe bei der Vermittlung der Betroffenen in mittel- und langfristige Hilfsangebote und bietet Opfern, ihnen nahestehenden Personen und weiteren Betroffenen dazu Unterstützung an. Dies schließt die eigenständige wie die Mitwirkung bei der Organisation und Durchführung von Gedenkfeiern ein.
(4) Die Landesregierung kann die oder den Beauftragten für den Opferschutz zu grundsätzlichen Angelegenheiten des Opferschutzes anhören und an der Weiterentwicklung des Opferschutzes beteiligen.

§ 3 Befugnisse zur Datenverarbeitung und Pflicht zur Verschwiegenheit

(1) Die oder der Beauftragte für den Opferschutz kann für die Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies erforderlich ist, um unter Zuhilfenahme dieser Daten mit einem Opfer oder ihm nahestehenden Personen in Kontakt zu treten. Personenbezogene Daten nach Satz 1 sind Name und Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht, Anschrift und E-Mail-Adresse, Telefonnummer sowie die Art der Betroffenheit von einem Ereignis (verletzte, ersthelfende, vermissende oder sonstige nahestehende Person). Die Verarbeitung weiterer personenbezogener Daten zur Wahrnehmung der in § 2 Absatz 2 und 3 genannten Aufgaben bedarf der Einwilligung der betroffenen Person. Die oder der Beauftragte für den Opferschutz kann ferner personenbezogene Daten verarbeiten, soweit und solange dies im Rahmen ihrer oder seiner Unterstützung von Opfern bei der Wahrnehmung der Ansprüche nach § 16 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen unerlässlich ist. In diesem Umfang können Daten im Sinne von Satz 4 an das Opfer oder in dessen Auftrag an eine Opferschutzeinrichtung übermittelt werden.
(2) Die oder der Beauftragte für den Opferschutz kann Justizbehörden, Gerichte und die in § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) in der jeweils geltenden Fassung genannten Stellen, die im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130) in der jeweils geltenden Fassung personenbezogene Daten verarbeiten, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften um Auskünfte nach Absatz 1 ersuchen. Die in Satz 1 genannten Stellen haben der oder dem Beauftragten für den Opferschutz Zutritt zu den von ihnen verwalteten öffentlichen Einrichtungen zu gestatten.
(3) Andere öffentliche Stellen des Landes sind verpflichtet der oder dem Beauftragten für den Opferschutz auf ihr oder sein Ersuchen die zur Unterstützung der Tätigkeit erforderlichen personenbezogenen Daten nach Absatz 1 zu übermitteln. Die Übermittlung von personenbezogenen Daten ist unzulässig, wenn die betroffene Person einen gegenteiligen Willen kundgetan hat oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Unterrichtung ihren schutzwürdigen Interessen widerspricht.
(4) Erfolgt die Übermittlung aufgrund eines Ersuchens der oder des Beauftragten für den Opferschutz, trägt diese oder dieser die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung. Die übermittelnde Stelle hat zu prüfen, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der oder des Beauftragten für den Opferschutz liegt. Die Rechtmäßigkeit des Ersuchens prüft sie nur, wenn hierzu im Einzelfall Anlass besteht. Die oder der Beauftragte für den Opferschutz hat in dem Ersuchen die für diese Prüfung erforderlichen Angaben zu machen.
(5) Der oder dem Beauftragten für den Opferschutz ist es untersagt, personenbezogene Daten zu anderen als den § 2 Absatz 2 und 3 genannten Aufgaben zu verarbeiten. Nach Erfüllung des der Verarbeitung zugrundeliegenden Zwecks sind die personenbezogenen Daten zu löschen oder zu anonymisieren. Im Übrigen wird auf die Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten nach der Datenschutz-Grundverordnung vom 27. April 2016 (Abl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1; L 314 vom 22. November 2016, S. 72; L 127 vom 23. Mai 2018, S. 2; L 74 vom 4. März 2021, S. 35) und auf das Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244, ber. S. 278 und S. 404) in der jeweils geltenden Fassung verwiesen.
(6) Die oder der Beauftragte für den Opferschutz sowie ihre oder seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind verpflichtet, über amtlich bekannt gewordene Angelegenheiten Stillschweigen zu bewahren, soweit nicht die Mitteilungen zur Erfüllung der übertragenen Aufgaben, insbesondere im dienstlichen Verkehr, geboten sind. Die Pflicht zur Verschwiegenheit gilt auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit, es sei denn, es handelt sich um Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

§ 4 Bericht

Die oder der Beauftragte für den Opferschutz erstattet dem für Justiz zuständigen Ministerium bis zum 31. März jedes dritten Jahres, erstmalig am 31. März 2023, einen schriftlichen Tätigkeitsbericht. Das für Justiz zuständige Ministerium leitet den Bericht dem Landtag zum Zwecke der Unterrichtung zu. Die oder der Beauftragte für den Opferschutz kann dem für Justiz zuständigen Ministerium daneben anlassbezogen weitere Berichte vorlegen, soweit dies aus ihrer oder seiner Sicht zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben zweckmäßig ist.

§ 5 Inkrafttreten, Evaluation

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Dieses Gesetz ist fünf Jahre nach Inkrafttreten zu evaluieren. Über das Ergebnis der Evaluation ist dem Landtag zu berichten.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen
Der Ministerpräsident
Für den Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie
Der Minister des Innern Zugleich für den Minister der Finanzen sowie Für den Minister für Arbeit Gesundheit und Soziales und Für die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Der Minister der Justiz

Fussnoten

Fn 1

In Kraft getreten am 27. April 2022 (GV. NRW. S. 521).

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