Erlaß des Ministerpräsidenten über die Ausübung des Rechts der Begnadigung
DE - Landesrecht NRW

Erlaß des Ministerpräsidenten über die Ausübung des Rechts der Begnadigung

Erlaß des Ministerpräsidenten über die Ausübung des Rechts der Begnadigung
Vom 12. November 1951 (Fn 1)
Auf Grund des Artikels 59 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen bestimme ich über die Ausübung des mir zustehenden Rechts der Begnadigung folgendes:

Artikel 1 (Fn 4)

Ich behalte mir die Entscheidungen in den Gnadensachen vor, die zum Gegenstand haben:
1. lebenslange Zuchthausstrafen,
2. Strafen, die vom Oberlandesgericht im ersten Rechtszug wegen Hochverrats, Staatsgefährdung oder Landesverrats verhängt sind,
3. den Verlust oder die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, wenn der Verurteilte Beamter war,
4. den Amts- und Ruhegehaltsverlust, der als beamtenrechtliche oder amtsrechtliche Folge einer strafgerichtlichen Verurteilung eingetreten ist,
5. Disziplinarmaßnahmen, soweit auf Entlassung, Entfernung aus dem Dienst oder Amt oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt worden ist,
6. die ehrengerichtliche Maßnahme der Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft oder dem anwaltlichen Anwärterdienst.

Artikel 2 (Fn 2)

Im übrigen übertrage ich mit dem Recht der Weiterübertragung die Ausübung des Rechts der Begnadigung:
1. für die von den Strafgerichten verhängten Strafen und für die von den Gerichten auf Grund des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten festgesetzten Geldbußen dem Justizminister;
2. für Ordnungsstrafen, die von einem Gericht verhängt worden sind,
dem Minister, welcher die Dienstaufsicht über das Gericht führt;
3. für Geldbußen, die von einer Verwaltungsbehörde festgesetzt worden sind,
dem für die Angelegenheit fachlich zuständigen Minister,
jedoch für Geldbußen bis zur Höhe von 1000,- DM, die von Gemeinden oder Gemeindeverbänden festgesetzt worden sind, dem Regierungspräsidenten, soweit er die allgemeine Aufsicht über die Gemeinde oder den Gemeindeverband ausübt und keiner anderen Landesbehörde die Sonderaufsicht zusteht,
mit der Maßgabe, daß der für die Angelegenheit fachlich zuständige Minister
a) sich die Entscheidung der Gnadenfrage oder die Bewilligung eines Gnadenerweises allgemein oder im Einzelfall vorbehalten kann,
b) über Einwendungen gegen ablehnende Gnadenentscheidungen des Regierungspräsidenten entscheidet.
4. für Disziplinarmaßnahmen
a) bei den Beamten des Landtags
dem Präsidenten des Landtags;
b) bei den Beamten des Landesrechnungshofs
dem Präsidenten des Landesrechnungshofs;
c) bei allen übrigen unmittelbaren Landesbeamten
dem für die Dienstaufsicht über den Beamten zuständigen Minister;
d) bei den Beamten der Körperschaften. Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts
dem für die staatliche Aufsicht zuständigen Minister;
e) bei den Notaren und Notarassessoren
dem Justizminister;
5. für ehrengerichtliche Maßnahmen bei Rechtsanwälten und Anwaltsassessoren
dem Justizminister.

Artikel 3

Soweit ich bedingte Strafaussetzung unter Zubilligung einer Bewährungsfrist gewährt habe, übertrage ich das Recht zum endgültigen Straferlaß dem Justizminister für seinen Geschäftsbereich, behalte mir jedoch die Befugnis vor, die Strafaussetzung zu widerrufen.

Artikel 4

Ich übertrage das Recht, ehemaligen Beamten und ihren Hinterbliebenen einen Unterhaltsbeitrag oder eine Unterstützung weiterzugewähren, die ich durch eine Gnadenentscheidung auf Zeit gewährt habe, den in Artikel 2 Ziff. 4 bestimmten Stellen.

Artikel 5

Auf Grund der Verordnung des Präsidenten des Zentral-Justizamts für die Britische Zone zur Regelung des Gnadenwesens gegenüber Entscheidungen der Spruchgerichte vom 3. Dezember 1947 (VOBIBZ 1947 S. 170) übe ich das Recht der Begnadigung für Strafen und Gesamtstrafen aus, die von Spruchgerichten im Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen verhängt worden sind.
Darüber hinaus behalte ich mir vor, das Recht der Begnadigung selbst auszuüben, wenn von Spruchgerichten verhängte Strafen in Gesamtstrafen enthalten sind, die ein Strafgericht gebildet hat.

Artikel 6

Die Vorbereitung der mir vorbehaltenen Entschließungen und die Ausführung meiner Gnadenentscheidungen obliegt den in Artikel 2 bestimmten Stellen.

Artikel 7

Meine früheren Erlasse über die Ausübung des Rechts der Begnadigung hebe ich hiermit auf. (Fn 3)
Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen

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