Richtlinien für die Sendungen des „ZWEITEN DEUTSCHEN FERNSEHENS“ vom 11. Juli 1963
Richtlinien für die Sendungen des „ZWEITEN DEUTSCHEN FERNSEHENS“ vom 11. Juli 1963
Vom 19. März 2004 (Fn 1)
Der Fernsehrat des ZDF hat in seiner Sitzung am 19. März 2004 in Umsetzung von § 11 Abs. 4 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag vom 31. August 1991 (GV. NRW. S. 408), zuletzt geändert durch 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 29. Dezember 2003 (GV. NRW. 2004 S. 34), die o.g. Richtlinien beschlossen:
Die Programme und Mediendienste sind dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet.
Für die Gestaltung und Beurteilung der Programme sind neben den in den §§ 5-11 aufgestellten Grundsätzen des ZDF-Staatsvertrages – ZDF-StV – und den in den §§ 3, 4, 5 und 11 des Rundfunkstaatsvertrages – RfStV – geregelten Anforderungen die Richtlinien unter nachfolgenden Ziffern I bis VII maßgebend.
Die Bestimmungen für die Gestaltung und Beurteilung von Mediendiensten sind in nachfolgenden Ziffern VIII und IX enthalten.
I.
(1) Die Würde des Menschen, seine Freiheit und Eigenverantwortlichkeit sind in allen Sendungen zu wahren.
(2) Jeder Mensch hat ein Recht auf Eigenleben. Das Persönlichkeitsrecht, insbesondere die Intimsphäre sind in den Sendungen zu achten.
(3) Die Programme sollen dem Einzelnen die eigene Urteilsbildung ermöglichen. Sie sollen das Gewissen schärfen, eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern, Hintergründe und Zusammenhänge erhellen und Orientierungshilfen zur Einordnung und Gewichtung der Informationen geben.
(4) Die Berichterstattung muss von vorbehaltlosem Willen zur Wahrhaftigkeit und Sachlichkeit bestimmt sein. Zweifel an der Zuverlässigkeit einer Nachricht sind zum Ausdruck zu bringen.
(5) Nachrichten und Kommentare sind zu trennen; Kommentare sind als persönliche Stellungnahme zu kennzeichnen.
II.
(1) Die Programme werden vorwiegend in der Familiengemeinschaft von Menschen verschiedenen Alters, Geschlechts und unterschiedlicher Bildungs- und Reifestufen empfangen. Die Gestalter der Sendungen haben deshalb der Familie gegenüber eine besondere Verantwortung. Dem Jugendschutz ist Rechnung zu tragen, insbesondere sind die Jugendschutzrichtlinien des ZDF zu beachten.
(2) Die Programme sollen umfassend informieren, anregend unterhalten und zur Bildung beitragen. Sie sollen zu kritischem Denken ermutigen, zu Gespräch und Eigenständigkeit anregen.
(3) Ehe und Familie dürfen als Institution nicht in Frage gestellt, herabgewürdigt oder verhöhnt werden. In diesem Rahmen sind analytische und kritische Auseinandersetzungen mit Ehe- und Familienproblemen sinnvoll, wenn sie nicht im Übermaß gesendet werden, künstlerisch dramatische Behandlungen, wenn die Zerrüttung von Ehe und Familie als mögliche individuelle Realität, nicht als Normalfall erscheint.
(4) Der Gleichstellung von Mann und Frau ist in den Sendungen Rechnung zu tragen.
III.
(1) Die Grundsätze des demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes sind in den Programmen überzeugend zu vertreten. Die Programme sind zu einer kritischen Haltung allen undemokratischen Erscheinungen gegenüber verpflichtet.
(2) In den Programmen sollen gemeinschaftlicher Wille zur Demokratie und übereinstimmende Überzeugung ebenso Ausdruck finden wie unterschiedliche Meinungen. Die Programme sollen das Verstehen zwischen den verschiedenen politischen, sozialen und landsmannschaftlichen Gruppierungen unseres Volkes fördern. Ethnische Minderheiten sind zu achten. Durch sachgemäße Information ist die politische Urteilsfähigkeit zu stärken, durch Darstellung von Aufgaben und Entscheidungsmöglichkeiten die Verantwortungsfähigkeit und die Verantwortungswilligkeit zu fördern. Die Pluralität im politischen Meinungsbildungsprozess ist sowohl auf nationaler Ebene als auch in europäischer Hinsicht zu sichern.
(3) Die Programme sollen allen Teilen der Gesellschaft zugänglich sein, über die deutsche Wirklichkeit umfassend informieren und einen objektiven Überblick über das Weltgeschehen bieten. Hierzu gehören Darstellungen der deutschen Geschichte, des geschichtlichen Weges des deutschen Volkes, der Mannigfaltigkeit der deutschen Länder und Kulturkreise. Die Sendungen sollen dabei vor allem die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland fördern und der gesamtgesellschaftlichen Integration in Frieden und Freiheit dienen. Themen, Geschehen, Persönlichkeiten, Gedanken, Sprache und Schauplätze der neuen Länder haben im Programm hinreichendes Gewicht zu erhalten.
(4) Die Informationssendungen müssen durch Darstellung der wesentlichen Materialien der eigenen Meinungsbildung dienen. Sie dürfen dabei nicht durch Weglassen wichtiger Tatsachen, durch Verfälschung oder durch Suggestivmethoden die persönliche Entscheidung zu bestimmen versuchen.
(5) Die Anstalt ist zur Überparteilichkeit verpflichtet. Die Ausgewogenheit der einzelnen Gesamtprogramme bedingt jedoch nicht Überparteilichkeit in jeder Einzelsendung der Programme. Sendungen, in denen bei strittigen Fragen ein Standpunkt allein oder überwiegend zur Geltung kommt, bedürfen eines entsprechenden Ausgleichs. Wenn in Einzelsendungen zu strittigen Fragen eine bestimmte Meinung vertreten wird, so ist in ihnen möglichst auf die ergänzende(n) Sendung(en) hinzuweisen.
(6) Es ist darauf zu achten, dass gegensätzliche Standpunkte möglichst gleichwertig behandelt werden. Werturteile über Personen und Tatbestände müssen als persönliche oder redaktionelle Meinung zu erkennen sein. Sie haben dem Gebot journalistischer Fairness zu entsprechen.
(7) Bei der Wiedergabe von Meinungsumfragen, die vom ZDF durchgeführt werden, ist ausdrücklich anzugeben, ob sie repräsentativ sind.
IV.
(1) Die Programme sollen sich an qualitativ hochstehenden programmlichen Standards orientieren, einen wesentlichen Anteil an Eigenproduktionen sowie Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen aus dem deutschsprachigen und europäischen Raum enthalten.
(2) Zur Darstellung der Vielfalt im deutschsprachigen und europäischen Raum sowie zur Förderung von europäischen Film- und Fernsehproduktionen soll der Hauptteil der insgesamt für Spielfilme, Fernsehspiele, Serien, Dokumentarsendungen und vergleichbare Produktionen vorgesehenen Sendezeit europäischen Werken entsprechend dem europäischen Recht vorbehalten werden.
(3) Die Programme sollen das kulturelle Leben der Gegenwart widerspiegeln und die Vielfalt des kulturellen Erbes wahren.
V.
(1) Die Programme sollen dem Frieden und der Verständigung unter den Völkern dienen und die gegenseitige Achtung zwischen allen Menschen und Gruppen ohne Rücksicht auf ihre Abstammung und soziale und kulturelle Eigenart fördern.
(2) In den Programmen ist für das Selbstbestimmungsrecht der Völker einzutreten, das der in dem Grundgesetz begründeten Eigenverantwortlichkeit des Menschen entspricht.
(3) Die Programme sollen die Bemühungen um die Einigung Europas fördern. Sie sollen ausländischen Zuschauern die Möglichkeit bieten, sich ein Bild über die deutsche Wirklichkeit zu verschaffen.
VI.
(1) Die Programme haben das gegenseitige Verstehen zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften zu fördern. Gemeinsames in ihrer gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Wirksamkeit ist besonders zu berücksichtigen.
(2) Es ist darauf zu achten, dass Sendungen den religiösen Glauben nicht verächtlich machen oder herabwürdigen.
(3) Religiöse Themen und kultische Handlungen müssen mit der ihnen gebührenden Ehrfurcht und Sorgfalt dargestellt werden.
VII.
(1) Die Programme sollen einen wesentlichen Beitrag zur allgemeinen Anerkennung der vom Grundgesetz geschützten sittlichen Wertordnung leisten. Besondere Beachtung verdienen die Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben, die Achtung von Freiheit und körperlicher Unversehrtheit des Menschen, die Förderung und Erhaltung der natürlichen Grundlagen des Lebens sowie die Bereitschaft zum Dienst am Gemeinwohl.
(2) Die Programme sollen die Toleranz im Sinne der Achtung von Glauben, Meinung und Überzeugung der Mitmenschen sowie die Anerkennung der Rechtsordnung fördern. Die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten.
(3) Ethische Grundforderungen sollen möglichst am Beispiel aufgezeigt werden.
(4) Die Sendungen dürfen keine verrohende oder verhetzende Wirkung haben.
Die Darstellung von kriminellen Handlungen, von Sucht, Laster, Gewalt oder Verbrechermilieu darf nicht vorbildlich wirken, zur Nachahmung anreizen oder in der Durchführung strafbarer Handlungen unterweisen. Auch darf nicht der Eindruck hervorgerufen werden, dass derartige Erscheinungen eine über das Maß der Wirklichkeit hinausgehende Verbreitung haben. Hinweise auf Strafe, Reue oder Sühne, auf Behandlung und Heilung sollen in der Darstellung nicht fehlen. Die Wirkung der Sendungen auf Jugendliche ist zu berücksichtigen.
VIII.
(1) Mediendienste haben der Erfüllung des Programmauftrages zu dienen. Sie sind daher thematisch, inhaltlich und strukturell auf die Förderung und Ergänzung der programmlichen Hauptaufgaben auszurichten. Sie enthalten keine auf regionale Räume zielenden Inhalte. Mediendienste erfordern eine eigenständige journalistische Leistung und haben öffentlich-rechtlichem Programmstandard zu entsprechen.
Neben den in den §§ 4 Abs. 3, 5 und 6 ZDF-StV aufgestellten Grundsätzen unterliegen Mediendienste den Bestimmungen des Mediendienste-Staatsvertrages. Im Übrigen finden auf die Mediendienste die vorstehenden Ziffern I, II, III, V-VII entsprechende Anwendung.
Für die Gestaltung und Beurteilung von Online-Diensten gemäß § 4 Abs. 3 ZDF-StV sind außerdem die nachfolgenden Richtlinien maßgebend.
IX.
(1) Online-Dienste vermitteln programmbegleitend Angebote mit programmbezogenem Inhalt. Kriterien für den Programmbezug sind Struktur, Themenauswahl und inhaltliche Ausrichtung der Angebote. Das Merkmal „programmbegleitend“ bezieht sich auf den zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang der Angebote mit dem Programm.
Online-Dienste sollen insgesamt einen Beitrag zur Sicherung der Vielfalt, Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit der neuen Medien leisten sowie insbesondere auch die jüngeren Bevölkerungsgruppen an die Programme und Angebote des ZDF heranführen. Sie unterrichten auch über das ZDF, seine Grundlagen, Organisation, Service-Leistungen und sonstigen Tätigkeiten.
(2) Online-Dienste sind technisch in der Weise zu erstellen, dass sie für alle gängigen Software-Plattformen (Browser) verfügbar sind. Online-Dienste können in Zusammenarbeit mit Dritten erstellt, bereitgehalten und wirtschaftlich verwertet werden.
(3) Die Präsentation von Online-Diensten soll deren vorwiegenden Programmbezug deutlich werden lassen. Die Präsentation kann dabei alle Online-spezifischen Möglichkeiten nutzen.
(4) Das Setzen inhaltsbezogener Links, mit denen auf Angebote Dritter verwiesen wird, bedarf besonderer redaktioneller Sorgfalt. Inhaltsbezogene Links haben der unmittelbaren Ergänzung, Vertiefung oder Erläuterung eines Eigeninhalts zu dienen. Dabei ist auf Wechselwirkungen zwischen dem Drittangebot einerseits und dem Ansehen sowie der Glaubwürdigkeit der ZDF-Online-Dienste andererseits Bedacht zu nehmen. Inhaltsbezogene Links auf Drittangebote sollen möglichst auf anerkannte Quellen verweisen. Im Übrigen soll bei der Anbringung von Links stets deutlich gemacht werden, dass der Nutzer das Angebot des ZDF verlässt. Links, die unmittelbar zu Inhalten führen, die nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag unzulässig oder entwicklungsbeeinträchtigend sind, sind in jedem Fall zu unterlassen.
(5) Die inhaltliche Richtigkeit der vom ZDF verbreiteten Online-Dienste ist durch regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung zu gewährleisten. Sollen in den Online-Diensten Inhalte auf Dauer dokumentiert werden, ist ein möglicher Aktualitätsverlust, soweit zweckmäßig, durch Angabe des Erstellungszeitpunkts deutlich zu machen.
(6) Chats sind während ihres gesamten Verlaufs durch einen Moderator redaktionell zu begleiten. Sie sind mit Teilnahmeregeln und zahlenmäßigen Teilnehmerbegrenzungen zu versehen, soweit dies zur Gewährleistung der redaktionellen Überwachungsaufgabe geboten erscheint. Foren und elektronische Gästebücher sind regelmäßig dahingehend redaktionell zu überprüfen, dass keine Verbreitung unzulässiger oder entwicklungsbeeinträchtigender Angebote nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag erfolgt. Werden solche Inhalte festgestellt, so sind sie unverzüglich zu beseitigen. Chats, Foren und elektronische Gästebücher haben deutlich zu machen, dass es sich bei den darin niedergelegten Äußerungen Dritter um deren persönliche Stellungnahmen und nicht um solche des ZDF handelt.
(7) Es ist bei Online-Diensten durch interne elektronische Archivierung sicherzustellen, dass der Beweissicherung angemessen Rechnung getragen wird. Die elektronisch archivierten Inhalte sind für die Dauer von acht Wochen verfügbar zu halten. Wird innerhalb dieser Frist ein Inhalt beanstandet, so ist dieser solange weiter verfügbar zu halten, bis die Beanstandung abschließend erledigt ist.
Mainz, den 12. Dezember 2004
Der Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens
Markus S c h ä c h t e r
Fussnoten
GV. NRW. 2005 S. 142. |
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