Kommunikationsunterstützungsverordnung Nordrhein-Westfalen - KHV NRW
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Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (Kommunikationsunterstützungsverordnung Nordrhein-Westfalen - KHV NRW)

Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (Kommunikationsunterstützungsverordnung Nordrhein-Westfalen - KHV NRW) (Fn 3)
Vom 15. Juni 2004 (Fn 1)
Auf Grund des § 8 Abs. 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (BGG NRW) vom 16. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 766) (Fn 2) wird verordnet:

§ 1 (Fn 4) Anwendungsbereich

Die Verordnung gilt für alle natürlichen Personen, die zur Wahrnehmung eigener Rechte als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens oder zur Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen der elterlichen Sorge gemäß § 1626 des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen einer Behinderung für die mündliche Kommunikation im Verwaltungsverfahren einen Anspruch nach § 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 766), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442) geändert worden ist, auf Nutzung von geeigneten Kommunikationsunterstützungen haben (Berechtigte). Satz 1 gilt auch für die mündliche Kommunikation außerhalb eines Verwaltungsverfahrens, soweit dies zur Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen der elterlichen Sorge nach § 1626 des Bürgerlichen Gesetzbuches erforderlich ist,
1. in schulischen Belangen an öffentlichen Schulen und entsprechend an Ersatzschulen,
2. in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege.

§ 2 (Fn 5) Umfang des Anspruches

(1) Der Anspruch besteht in dem durch die Behinderung bedingten erforderlichen Umfang. Dieser bestimmt sich insbesondere nach dem individuellen Bedarf der berechtigten Person.
(2) Die Entscheidung, welche Kommunikationsunterstützung genutzt werden soll, treffen die Berechtigten. Diese teilen dem Träger öffentlicher Belange möglichst frühzeitig die Art der Behinderung sowie die gewählte Kommunikationsunterstützung mit. Der Träger öffentlicher Belange kann von der Wahl der Berechtigten hinsichtlich der Kommunikationsunterstützung nur aus wichtigem Grund abweichen. Eine Abweichung durch den Träger öffentlicher Belange ist insbesondere dann möglich, wenn durch die Wahl das Verwaltungsverfahren erheblich verzögert würde oder für das Verfahren maßgebliche Fristen gefährdet werden. Sofern die Berechtigten den Einsatz von bestimmten Personen als Kommunikationsunterstützer wünschen, sollen die Träger dem Wunsch entsprechen, sofern durch die gewählte Kommunikationsunterstützung im konkreten Fall die erforderliche Verständigung sichergestellt ist.
Die Behinderung sowie die Entscheidung über die Kommunikationsunterstützung sind aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.
(3) Erhält der Träger im Verwaltungsverfahren Kenntnis von der Behinderung der Berechtigten im Sinne des § 8 Abs. 1 BGG NRW, so sind diese von ihm auf ihr Recht auf barrierefreie Kommunikation hinzuweisen.
(4) Zur Abwehr von unmittelbar bevorstehenden Gefahren für bedeutsame Rechtsgüter, wie Leben, Gesundheit, Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte kann im Einzelfall von dem Einsatz einer Kommunikationsunterstützung abgesehen werden.

§ 3 (Fn 6) Kommunikationsunterstützungen

(1) Eine Kommunikationsunterstützung ist als geeignete Kommunikationsform anzusehen, wenn sie im konkreten Fall die nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 erforderliche Verständigung sicherstellt.
(2) Zur Kommunikationsunterstützung kommen Personen zur Kommunikationsunterstützung, Kommunikationsmethoden und Kommunikationsmittel in Betracht:
1. Personen zur Kommunikationsunterstützung sind insbesondere
a) gebärdensprachdolmetschende Personen,
b) schriftdolmetschende Personen,
c) oraldolmetschende Personen,
d) kommunikationsassistierende Personen,
e) lautsprachbegleitend gebärdende Personen oder
f) in taktil wahrnehmbare Sprache oder Gebärden übersetzende Personen,
g) in gestützter Kommunikation übersetzende Personen oder
h) sonstige Personen des Vertrauens
2. Kommunikationsmethoden sind insbesondere
a) Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden,
b) gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung,
c) lautsprachbegleitende Gebärden,
d) die Deutsche Gebärdensprache oder
e) die Leichte Sprache
3. Kommunikationsmittel sind insbesondere
a) akustisch-technische Hilfen oder
b) grafische Symbol-Systeme.

§ 4 (Fn 4) Art und Weise der Bereitstellung von geeigneter Kommunikationsunterstützung

(1) Die Berechtigten können ihren Anspruch gegenüber den in § 2 des Inklusionsgrundsätzegesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442) genannten Trägern öffentlicher Belange geltend machen. Die Träger öffentlicher Belange haben die geeigneten Kommunikationsunterstützungen kostenfrei zur Verfügung zu stellen oder auf Antrag der Berechtigten die notwendigen Auslagen, die aus der entgeltlichen Nutzung von geeigneten Kommunikationshilfen entstehen, zu erstatten.
(2) Für den Bereich der mündlichen Kommunikation
1. nach § 1 Satz 1 und Satz 2 Nummer 1 hat
a) die Schule im Rahmen ihrer Möglichkeiten die geeigneten Kommunikationsunterstützungen bereitzustellen oder
b) die für die Schule zuständige Aufsichtsbehörde die entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten,
2. nach § 1 Satz 1 und Satz 2 Nummer 2 haben die zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 69 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl I S. 10), geändert worden ist, die geeigneten Kommunikationsunterstützungen bereitzustellen oder die entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

§ 5 (Fn 7) Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder Erstattung

(1) Die Höhe der Vergütung für kommunikationsunterstützende Personen richtet sich nach dem Honorar für Simultandolmetscher gemäß dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776) in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Es erhalten
1. Personen zur Kommunikationsunterstützung gemäß § 3 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a bis c mit nachgewiesener abgeschlossener Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld eine Vergütung in voller Höhe des Honorars für Simultandolmetscher;
2. Personen zur Kommunikationsunterstützung gemäß § 3 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe e mit nachgewiesener abgeschlossener Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld 75 Prozent der Vergütung nach Absatz 1;
3. Personen zur Kommunikationsunterstützung gemäß § 3 Absatz 2 Nummer 1 Buchstaben a bis f ohne nachgewiesene abgeschlossene Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld eine pauschale Abgeltung in Höhe von 25 Prozent der Vergütung nach Absatz 1.
Die Träger öffentlicher Belange können abweichende Rahmenvereinbarungen hinsichtlich der Vergütung treffen.
(3) Fahrtkosten und Wegstreckenentschädigung werden in entsprechender Anwendung des Landesreisekostengesetzes Nordrhein-Westfalen vom 1. Juli 1974 (GV. NRW. S. 214), in der jeweils geltenden Fassung, erstattet.
(4) Wird ein Einsatztermin nicht rechtzeitig abgesagt und ist die Absage nicht durch einen in der Person zur Kommunikationsunterstützung liegenden Grund veranlasst, so wird zur Abgeltung aller in Betracht kommenden Kosten auf Antrag pauschal ein Betrag erstattet, der dem Honorar für eine volle Stunde nach Absatz 2 Nummer 1 bis 3 entspricht. Für Personen nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 wird der Pauschalbetrag entsprechend Absatz 2 anteilig berechnet. Die Aufhebung eines Termins erfolgt nicht rechtzeitig, wenn dies der Person zur Kommunikationsunterstützung am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist.
(5) Die Träger öffentlicher Belange vergüten die Leistungen unmittelbar denjenigen, die sie erbracht haben. Stellen die Berechtigten die kommunikationsunterstützende Person selbst bereit, tragen die Träger die Kosten nach § 5, soweit sie nach Maßgabe des § 2 Absatz 1 erforderlich sind. In diesem Fall dürfen die Berechtigten nicht auf eine Erstattung verwiesen werden, es sei denn, sie wünschen dies oder es liegt ein besonderer Grund vor.

§ 6 (Fn 8) In-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen
Der Ministerpräsident
Die Ministerin für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie

Fussnoten

Fn 1

GV. NRW. S. 336, in Kraft getreten am 1. Juli 2004; geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), in Kraft getreten am 1. Juli 2016.

Fn 2

SGV. NRW. 201.

Fn 3

Überschrift geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), in Kraft getreten am 1. Juli 2016.

Fn 4

§§ 1 und 4 neu gefasst durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), in Kraft getreten am 1. Juli 2016.

Fn 5

§ 2 Absatz 1 und 2 neu gefasst, Absatz 3 und 4 geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), in Kraft getreten am 1. Juli 2016.

Fn 6

§ 3 Überschrift und Absatz 1 geändert, Absatz 2 neu gefasst durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), in Kraft getreten am 1. Juli 2016.

Fn 7

§ 5 Absatz 1 und 2 neu gefasst, Absatz 4 Satz 1 geändert, Satz 2 eingefügt, Satz 3 geändert, Absatz 5 bis 7 aufgehoben, Absatz 8 umbenannt in Absatz 5 und neu gefasst durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), in Kraft getreten am 1. Juli 2016.

Fn 8

§ 6 aufgehoben und § 7 umbenannt in § 6 durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), in Kraft getreten am 1. Juli 2016.

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