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Thüringer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Amtsanwaltslaufbahn (ThürAAnwAPO) Vom 20. Juni 1997
Thüringer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Amtsanwaltslaufbahn (ThürAAnwAPO) Vom 20. Juni 1997
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Artikel 32 des Gesetzes vom 20. März 2009 (GVBl. S. 238, 275) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Thüringer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Amtsanwaltslaufbahn (ThürAAnwAPO) vom 20. Juni 1997 | 01.02.1996 |
Eingangsformel | 01.02.1996 |
Erster Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 1 - Kreis der Bewerber | 01.04.2009 |
§ 2 - Bewerbung | 01.02.1996 |
§ 3 - Auswahl | 01.02.1996 |
Zweiter Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 4 - Ziel und Grundsätze der Ausbildung | 01.02.1996 |
§ 5 - Dauer und Gliederung der Ausbildung | 01.02.1996 |
§ 6 - Ausbildungsbehörde, Ausbildungsleiter, Ausbilder | 01.02.1996 |
§ 7 - Ausbildungsabschnitt I | 01.02.1996 |
§ 8 - Ausbildungsabschnitt II | 01.02.1996 |
§ 9 - Ausbildungsabschnitt III | 01.02.1996 |
§ 10 - Beurteilungen, Bewertung der Leistungen | 01.02.1996 |
§ 11 - Ausscheiden aus der Ausbildung | 01.02.1996 |
Dritter Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 12 - Zeitpunkt und Einteilung der Prüfung | 01.02.1996 |
§ 13 - Prüfungsausschuß | 01.02.1996 |
§ 14 - Prüfungsgebiete | 01.02.1996 |
§ 15 - Schriftliche Prüfung | 01.02.1996 |
§ 16 - Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten | 01.02.1996 |
§ 17 - Ausschluß von der mündlichen Prüfung | 01.02.1996 |
§ 18 - Mündliche Prüfung | 01.02.1996 |
§ 19 - Bewertung der Prüfungsleistung, Abschlußnote | 01.02.1996 |
§ 20 - Prüfungsniederschrift | 01.02.1996 |
§ 21 - Verstöße gegen die Prüfungsordnung | 01.02.1996 |
§ 22 - Prüfungszeugnis | 01.02.1996 |
§ 23 - Erkrankung, Versäumnis | 01.02.1996 |
§ 24 - Wiederholung der Prüfung | 01.02.1996 |
Vierter Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 25 - Ausbildung in einem anderen Bundesland | 01.02.1996 |
§ 26 - Gleichstellungsklausel | 01.02.1996 |
§ 27 - Inkrafttreten | 01.02.1996 |
Aufgrund des § 17 Abs. 2 Satz 1 des Thüringer Beamtengesetzes vom 10. Juni 1994 (GVBl. S. 589), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 1996 (GVBl. S. 320), verordnet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten im Einvernehmen mit dem Innenminister unter Mitwirkung des Landespersonalausschusses:
Erster Abschnitt
§ 1 Kreis der Bewerber
(1) Zur Ausbildung für den Amtsanwaltsdienst kann zugelassen werden, wer
1.
die Rechtspflegerprüfung bestanden und sich danach mindestens zwei Jahre im Rechtspflegerdienst bewährt hat,
2.
nach seiner Persönlichkeit und seinen bisherigen Leistungen für den Amtsanwaltsdienst besonders geeignet erscheint und
3.
höchstens 35 Jahre alt ist.
(2) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann Ausnahmen von den Bestimmungen des Absatzes 1 Nr. 1 und 3 zulassen.
§ 2 Bewerbung
(1) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten setzt die Zahl der Bewerber fest, die zur Ausbildung zugelassen werden sollen.
(2) Die Bewerbungen sind auf dem Dienstweg an den Generalstaatsanwalt zu richten.
§ 3 Auswahl
(1) Der Leiter der Beschäftigungsbehörde des Bewerbers prüft unter Anlegung eines strengen Maßstabes, ob der Bewerber nach seiner Persönlichkeit, seinen Anlagen, seinen bisherigen Leistungen und seiner Führung für den Amtsanwaltsdienst geeignet erscheint. Er legt das Ergebnis der Prüfung unter Hervorhebung etwaiger Bedenken dar und leitet das Bewerbungsgesuch unter Beifügung der vollständigen Personalakten und eines eingehenden Dienstleistungszeugnisses auf dem Dienstweg an den Generalstaatsanwalt weiter.
(2) Der Generalstaatsanwalt berichtet dem Minister für Justiz und Europaangelegenheiten über sämtliche Bewerbungen und schlägt Bewerber vor, die für die Ausbildung in Frage kommen.
(3) Über die Zulassung zur Ausbildung entscheidet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
Zweiter Abschnitt
§ 4 Ziel und Grundsätze der Ausbildung
(1) Ziel der Ausbildung ist es, Amtsanwälte heranzubilden, die in der Lage sind, selbständig und mit sozialem Verständnis die ihnen zugewiesenen Aufgaben in der Strafrechtspflege wahrzunehmen.
(2) Die Amtsanwaltsausbildung ist eine praxisbezogene Fachausbildung auf wissenschaftlicher Grundlage. Der Bewerber ist in allen anfallenden Geschäften zu unterweisen und mit geeigneten Aufgaben zu betrauen.
§ 5 Dauer und Gliederung der Ausbildung
(1) Die Ausbildung dauert 15 Monate.
(2) Sie gliedert sich in
1.
die praktische Ausbildung mit einer Dauer von sechs Monaten bei einer Staats- oder Amtsanwaltschaft (Ausbildungsabschnitt I),
2.
den fachwissenschaftlichen Lehrgang mit einer Dauer von vier Monaten (Ausbildungsabschnitt II) und
3.
die weitere praktische Ausbildung mit einer Dauer von fünf Monaten bei einer Staats- oder Amtsanwaltschaft (Ausbildungsabschnitt III).
(3) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann den fachwissenschaftlichen Lehrgang bis zur Dauer von fünf Monaten verlängern, die Ausbildungsabschnitte I und III entsprechend verkürzen und die zeitliche Einordnung der Ausbildungsabschnitte abweichend festsetzen.
(4) In der praktischen Ausbildung darf der Bewerber mit einfacheren, regelmäßig wiederkehrenden Arbeiten nur insoweit beschäftigt werden, als dies der Ausbildung dient.
(5) Über die Anrechnung von Zeiten einer für die Ausbildung förderlichen Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft entscheidet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
§ 6 Ausbildungsbehörde, Ausbildungsleiter, Ausbilder
(1) Der Generalstaatsanwalt leitet die Ausbildung als obere Ausbildungsbehörde. Er überweist die Bewerber zur Ausbildung in den Ausbildungsabschnitten I und III an eine Staatsanwaltschaft oder eine Amtsanwaltschaft (untere Ausbildungsbehörden).
(2) Für die Ausbildungsabschnitte I und III bestimmt der Generalstaatsanwalt nach Anhörung der Leiter der unteren Ausbildungsbehörden einen Ausbildungsleiter. Dieser betreut die Bewerber, sorgt für deren sachgemäße Ausbildung und schlägt dem Leiter der Ausbildungsbehörde die Ausbilder und die bei ihnen abzuleistende Ausbildungszeit vor.
(3) Der Leiter der Ausbildungsbehörde und der Ausbildungsleiter ziehen den Bewerber von Zeit zu Zeit zu Besprechungen heran und überzeugen sich dabei vom Stand der Ausbildung. An den Besprechungen nimmt der Ausbilder auf seinen Wunsch teil.
(4) Der Ausbildungsleiter stellt dem Bewerber während des Ausbildungsabschnitts I mindestens vier und während des Ausbildungsabschnitts III mindestens drei schriftliche Arbeiten zur Anfertigung unter Aufsicht oder zur häuslichen Bearbeitung. Er bewertet die Arbeiten und bespricht sie mit dem Bewerber.
§ 7 Ausbildungsabschnitt I
(1) Der Ausbildungsabschnitt I dient der praktischen Einführung des Bewerbers in die Geschäfte des Amtsanwalts. Der Bewerber soll in mindestens zwei Hauptverhandlungen in Anwesenheit des Leiters der unteren Ausbildungsbehörde und des Ausbildungsleiters die Anklagebehörde vertreten.
(2) Der Generalstaatsanwalt überweist den Bewerber für die Dauer eines Monats an eine größere Polizeibehörde, um ihm Gelegenheit zur Unterrichtung über die Tätigkeit der Polizei zu geben. Von dieser Zeit sollen je eine Woche auf den Dienst bei einem Revier und bei einem Verkehrsunfallkommando entfallen. Die übrige Zeit soll der Information bei einer Dienststelle der Kriminalpolizei dienen.
(3) Spätestens zwei Wochen vor Beendigung des Ausbildungsabschnitts I berichtet der Leiter der unteren Ausbildungsbehörde nach Anhörung des Ausbildungsleiters unter Beifügung eines mit einer Punktzahl nach § 10 abschließenden Gesamtzeugnisses dem Generalstaatsanwalt, ob der Bewerber das Ziel der Ausbildung voraussichtlich erreichen wird. Nach dem Ergebnis der Einschätzung entscheidet der Generalstaatsanwalt, ob der Bewerber zu dem fachwissenschaftlichen Lehrgang abgeordnet wird oder eine Verlängerung des Ausbildungsabschnitts I erfolgt oder die Zulassung zur Ausbildung nach § 11 widerrufen wird.
§ 8 Ausbildungsabschnitt II
(1) Der fachwissenschaftliche Lehrgang soll die theoretischen Kenntnisse des Bewerbers vertiefen.
(2) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten bestellt den Lehrgangsleiter und die Dozenten, genehmigt den vom Generalstaatsanwalt zu erstellenden Lehrplan und erläßt die näheren Bestimmungen zur Durchführung des Lehrgangs. Der Lehrgang kann auch an der Ausbildungsstätte eines anderen Bundeslandes durchgeführt werden.
(3) Der Unterricht wird in Form von Vorträgen sowie Lehrgesprächen mit Übungen durchgeführt. Er soll von der Erörterung entlegener Arbeitsgebiete freigehalten werden und sich vornehmlich mit der Ausbildung in den Wissensgebieten befassen, die nach § 14 Gegenstand der Prüfung sind. Dabei sollen dem Bewerber auch die notwendigen Grundkenntnisse der Kriminologie einschließlich der Kriminalpsychologie und -psychiatrie, der Rechts- und Kriminalsoziologie, der Rechtsphilosophie und der Rechtsgeschichte vermittelt werden.
(4) Der Bewerber fertigt schriftliche Arbeiten unter Aufsicht an; auch sollen ihm häusliche Arbeiten zur schriftlichen Bearbeitung gestellt werden. Die Arbeiten sind zu begutachten und mit dem Bewerber zu besprechen.
(5) Nach Beendigung des Lehrgangs werden die Leistungen des Bewerbers von der Dozentenkonferenz schriftlich beurteilt. Die Dozentenkonferenz beschließt aufgrund der in dem Lehrgang gezeigten schriftlichen und mündlichen Leistungen eine Punktzahl und die sich daraus ergebende Note (Lehrgangsnote) nach § 10 Abs. 2. Die Beurteilungen mit der Lehrgangsnote werden dem Generalstaatsanwalt übersandt.
§ 9 Ausbildungsabschnitt III
(1) Im Ausbildungsabschnitt III soll der Bewerber lernen, die im Ausbildungsabschnitt II erworbenen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden.
(2) Der Bewerber wird zur selbständigen Entscheidung angeleitet und so gefördert, daß er am Ende dieses Ausbildungsabschnitts in der Lage ist, die dem Amtsanwalt obliegenden Geschäfte zu übernehmen.
(3) Spätestens zwei Monate vor Ende des Ausbildungsabschnitts III prüft der Leiter der unteren Ausbildungsbehörde gemeinsam mit dem Ausbildungsleiter in mindestens zwei Hauptverhandlungen, ob der Bewerber die für den Amtsanwaltsdienst erforderliche Redegabe, Gewandtheit und Sicherheit besitzt. Sie stellen hierüber ein besonderes Zeugnis aus.
(4) Gegen Ende des Ausbildungsabschnitts III bewertet der Leiter der Ausbildungsbehörde auf Vorschlag des Ausbildungsleiters die Gesamtleistungen des Bewerbers in diesem Ausbildungsabschnitt mit einer Punktzahl nach § 10 Abs. 2. Der Leiter der Ausbildungsbehörde legt die Bewertung mit der Personalakte und den schriftlichen Arbeiten dem Generalstaatsanwalt vor.
(5) Während des Ausbildungsabschnitts III, in Ausnahmefällen während des Ausbildungsabschnitts I, können Bewerber, die in der Ausbildung genügend fortgeschritten sind, bis zur Dauer von insgesamt sechs Wochen mit der selbständigen Wahrnehmung von Amtsanwaltsgeschäften betraut werden. Die Entscheidung trifft der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
§ 10 Beurteilungen, Bewertung der Leistungen
(1) Jeder Ausbilder gibt über den Bewerber eine eingehende Beurteilung ab und legt sie dem Ausbildungsleiter und dem Leiter der Ausbildungsbehörde vor.
(2) Die Leistungen in der Ausbildung und in der Amtsanwaltsprüfung sind mit einer der folgenden Punktzahlen und der sich daraus ergebenden Note zu bewerten:
15 bis 14 Punkte | = sehr gut (1) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen in besonderem Maße entspricht; |
13 bis 11 Punkte | = gut (2) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen voll entspricht; |
10 bis 8 Punkte | = befriedigend (3) | = | für eine Leistung, die im allgemeinen den Anforderungen entspricht; |
7 bis 5 Punkte | = ausreichend (4) | = | für eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im ganzen den Anforderungen noch entspricht; |
4 bis 2 Punkte | = mangelhaft (5) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen läßt, daß die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten; |
1 bis 0 Punkte | = ungenügend (6) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht und bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, daß die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können. |
(3) Soweit in der Amtsanwaltsprüfung Durchschnittspunktzahlen zu ermitteln sind, wird dazu die Summe der Punktzahlen der Einzelbewertungen durch die Anzahl der Einzelbewertungen geteilt; eine dritte Dezimalstelle bleibt unberücksichtigt.
(4) Sämtliche Beurteilungen in der Ausbildung sind dem Bewerber zur Kenntnis zu bringen und mit ihm zu besprechen. Die Beurteilungen und etwaige Äußerungen des Bewerbers dazu sind zum Zeugnisheft zu nehmen.
§ 11 Ausscheiden aus der Ausbildung
(1) Entsprechen die Leistungen des Bewerbers nicht den an ihn gestellten Anforderungen, insbesondere weil sie in den Ausbildungsabschnitten I und II überwiegend mit "mangelhaft" oder "ungenügend" bewertet wurden, oder liegt sonst ein wichtiger Grund vor, kann die Zulassung zur Ausbildung widerrufen werden.
(2) Über den Widerruf der Zulassung zur Ausbildung entscheidet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
(3) Der Bewerber tritt nach dem Widerruf der Zulassung zur Ausbildung in seine frühere Tätigkeit zurück.
Dritter Abschnitt
§ 12 Zeitpunkt und Einteilung der Prüfung
(1) Die Amtsanwaltsprüfung wird in unmittelbarem Anschluß an die Ausbildung abgelegt. Sie besteht aus einem schriftlichen und einem nachfolgenden mündlichen Teil.
(2) Der Generalstaatsanwalt bestimmt im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses die Prüfungstermine.
§ 13 Prüfungsausschuß
(1) Zur Abnahme der Prüfung wird beim Generalstaatsanwalt ein Prüfungsausschuß gebildet.
(2) Der Prüfungsausschuß besteht aus drei Mitgliedern. Ihm gehören ein Beamter des höheren Justizdienstes, mindestens im Amt eines Oberstaatsanwalts, als Vorsitzender sowie Staatsanwälte oder Amtsanwälte als Beisitzende an. Nach Möglichkeit sollen jeweils ein Staatsanwalt und ein Amtsanwalt Beisitzende sein.
(3) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten bestellt die Mitglieder des Prüfungsausschusses sowie ihre Stellvertreter jeweils auf die Dauer von drei Jahren. Ausbildungsleiter und Ausbilder sollen nicht zu Mitgliedern oder zu stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestellt werden.
(4) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind in ihren Prüfungsentscheidungen unabhängig.
(5) Der Prüfungsausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit.
§ 14 Prüfungsgebiete
In der Prüfung soll der Bewerber nachweisen, daß er das Ausbildungsziel erreicht hat. In diesem Rahmen werden verlangt:
1.
Gründliche Kenntnisse
a)
des materiellen Strafrechts einschließlich der strafrechtlichen Nebengesetze,
b)
des Strafverfahrensrechts,
c)
des Rechts der Ordnungswidrigkeiten,
d)
des Gerichtsverfassungsrechts und
e)
des Jugendstrafrechts;
2.
Kenntnisse der Grundzüge
a)
des bürgerlichen Rechts,
b)
des Wirtschafts- und Handelsrechts,
c)
des Verfassungs- und Verwaltungsrechts,
d)
des Polizei-, Zoll- und Steuerrechts und
e)
der Rechtsgeschichte.
§ 15 Schriftliche Prüfung
(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Bewerber an vier Tagen je eine Aufsichtsarbeit anzufertigen. Die Bearbeitungszeit soll bei zwei der Aufsichtsarbeiten je fünf Stunden und bei den beiden weiteren Aufsichtsarbeiten je drei Stunden nicht überschreiten.
(2) In den Aufsichtsarbeiten sind Rechtsfälle, vornehmlich nach Strafprozeßakten, zu behandeln. Dabei hat der Bewerber den Akteninhalt in tatsächlicher Hinsicht kurz, aber erschöpfend wiederzugeben und in rechtlicher Hinsicht zu würdigen. Er hat die nach der Sachlage gebotenen Anordnungen zu entwerfen.
(3) Die Prüfungsarbeiten werden vom Generalstaatsanwalt auf Vorschlag des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses gestellt.
(4) Dem Bewerber werden die zur Bearbeitung erforderlichen Hilfsmittel, die der Generalstaatsanwalt bestimmt, zur Verfügung gestellt. Die Benutzung anderer Hilfsmittel ist unzulässig.
(5) Die Aufsicht bei der Anfertigung der Arbeiten führt ein Amtsanwalt oder ein Beamter des gehobenen Justizdienstes, der vom Generalstaatsanwalt bestimmt wird.
(6) Der Bewerber versieht jede Arbeit anstelle seines Namens mit einer ihm zugeteilten Kennziffer, die bei jeder Prüfungsarbeit wechselt. Er hat die Arbeit spätestens bis zum Ablauf der Bearbeitungsfrist mit seiner Kennziffer zu versehen und ohne auf seine Person deutende besondere Kennzeichen an den Aufsichtführenden abzuliefern. Beizufügen sind alle Entwürfe und Arbeitsbogen.
(7) Der Aufsichtführende fertigt eine Niederschrift an und vermerkt jede Unregelmäßigkeit. Er verzeichnet auf jeder Arbeit den Zeitpunkt der Ablieferung und übersendet die Arbeiten in einem versiegelten Umschlag dem vom Vorsitzenden bestimmten Mitglied des Prüfungsausschusses.
§ 16 Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten
(1) Jede Prüfungsarbeit ist von zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses unabhängig voneinander zu korrigieren und mit einer Punktzahl nach § 10 Abs. 2 zu bewerten. Prüfer und Reihenfolge der Bewertung werden vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestimmt. Weichen die Beurteilungen um mehr als drei Punkte voneinander ab, so setzt der Prüfungsausschuß eine Punktzahl im Rahmen der Abweichung fest, die als Durchschnittspunktzahl gilt.
(2) Vor der endgültigen Bewertung dürfen den Prüfern die Namen der Prüflinge nicht bekanntgegeben werden.
(3) Nach der endgültigen Bewertung werden die Prüfungsarbeiten und Bewertungen allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses zur Einsichtnahme vorgelegt.
(4) Dem Bewerber werden die Bewertungen der schriftlichen Prüfungsarbeiten mit der Ladung zur mündlichen Prüfung bekanntgegeben.
§ 17 Ausschluß von der mündlichen Prüfung
Der Bewerber, von dessen schriftlichen Prüfungsarbeiten mehr als zwei mit einer Durchschnittspunktzahl von weniger als fünf Punkten bewertet worden sind, ist von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.
§ 18 Mündliche Prüfung
(1) Die mündliche Prüfung gliedert sich in einen Aktenvortrag und mindestens drei Prüfungsgespräche.
(2) In der mündlichen Prüfung sollen in der Regel fünf Bewerber gleichzeitig geprüft werden. Für jeden Bewerber ist eine Gesamtprüfungsdauer von 50 Minuten vorzusehen. Die mündliche Prüfung ist durch eine angemessene Pause zu unterbrechen.
(3) Vor der mündlichen Prüfung soll der Prüfungsausschuß mit den Bewerbern ein Vorgespräch führen, um ein Bild von deren Persönlichkeit zu gewinnen.
(4) Der Aktenvortrag dient der Feststellung, ob der Bewerber fähig ist, in beschränkter Zeit für einen Entscheidungsvorgang unter Darstellung der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte einen Vorschlag für die zu treffenden rechtlichen Maßnahmen in den Formen der Rechtspraxis zu machen und verständlich und überzeugend begründet vorzutragen.
(5) Zur Vorbereitung des Aktenvortrags wird dem Bewerber die Akte 60 Minuten vor Beginn der mündlichen Prüfung ausgehändigt. Die Dauer des Vortrags soll zehn Minuten nicht übersteigen.
(6) Die Prüfungsgespräche dienen der Feststellung, ob der Bewerber fähig ist, rechtliche Fragestellungen aus der Praxis mit Verständnis auch für ihre gesellschaftlichen Voraussetzungen und Folgen und für wirtschaftliche Zusammenhänge zu erfassen, einzuordnen und die für ihre Lösung tragenden Gesichtspunkte verständlich und überzeugend zu entwickeln.
(7) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann einen Vertreter zu der Prüfung entsenden. Dieser Vertreter nimmt nicht an der Beratung des Prüfungsausschusses teil.
(8) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Bewerbern für die Amtsanwaltslaufbahn, die noch nicht unmittelbar zur Prüfung heranstehen, und sonstigen Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, die Anwesenheit bei der mündlichen Prüfung mit Ausnahme der Beratung und der Bekanntgabe des Ergebnisses gestatten.
§ 19 Bewertung der Prüfungsleistung, Abschlußnote
(1) Der Prüfungsausschuß beschließt im Anschluß an die mündliche Prüfung in geheimer Sitzung über das Ergebnis der mündlichen Prüfung und der Prüfung insgesamt. Dabei ist für die mündliche Prüfung eine Gesamtdurchschnittspunktzahl zu bilden. Hierzu ist die durch die Anzahl der Prüfungsgespräche geteilte Summe der Durchschnittspunktzahlen für die Prüfungsgespräche mit drei, die Durchschnittspunktzahl für den Aktenvortrag mit eins zu multiplizieren und die Summe der Produkte durch vier zu teilen.
(2) Über das Gesamtergebnis der schriftlichen und der mündlichen Prüfung ist die Abschlußpunktzahl in der Weise zu bilden, daß die Summe der Durchschnittspunktzahlen der vier schriftlichen Prüfungsarbeiten (§ 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1), der mit drei zu multiplizierenden Gesamtdurchschnittspunktzahl der mündlichen Prüfung (Absatz 1), der mit zwei zu multiplizierenden Punktzahl für den Lehrgang (§ 8 Abs. 5) und der Punktzahl für den Ausbildungsabschnitt III (§ 9 Abs. 4) durch zehn geteilt wird.
(3) Die Abschlußnote lautet
sehr gut | bei einer Abschlußpunktzahl von | 15 | bis | 14, |
gut | bei einer Abschlußpunktzahl von | 13,99 | bis | 11, |
befriedigend | bei einer Abschlußpunktzahl von | 10,99 | bis | 8, |
ausreichend | bei einer Abschlußpunktzahl von | 7,99 | bis | 5, |
mangelhaft | bei einer Abschlußpunktzahl von | 4,99 | bis | 2, |
ungenügend | bei einer Abschlußpunktzahl von | 1,99 | bis | 0. |
(4) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn der Bewerber nicht mindestens die Abschlußnote "ausreichend" (5,00 Punkte) erreicht hat.
(5) Der Prüfungsausschuß erklärt die Prüfung für nicht bestanden, wenn der Bewerber
1.
ohne triftigen Grund der schriftlichen oder mündlichen Prüfung fernbleibt oder Prüfungsteile unterbricht,
2.
ohne Genehmigung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktritt.
(6) Die Abschlußnote und die ihr zugrunde liegenden Noten sind dem Bewerber nach der Prüfung bekanntzugeben. Auf schriftlichen Antrag, der innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses an den Generalstaatsanwalt zu richten ist, ist dem Bewerber Einsicht in seine Prüfungsarbeiten einschließlich der Beurteilungen zu gewähren. Die Einsicht wird nur einmal, und zwar in der Regel in der Geschäftsstelle der Generalstaatsanwaltschaft, gewährt und soll den Zeitraum von fünf Stunden nicht überschreiten. Abschriften dürfen nicht angefertigt werden.
§ 20 Prüfungsniederschrift
Über den Verlauf und das Ergebnis der mündlichen Prüfung ist eine Niederschrift anzufertigen und zu den Prüfungsakten zu nehmen. Die Niederschrift enthält
1.
Angaben über Art, Tag und Dauer der Prüfung,
2.
die Namen der Mitglieder des Prüfungsausschusses,
3.
die Namen der Prüfungsteilnehmer,
4.
die Namen der sonstigen Anwesenden,
5.
den Prüfungsstoff und
6.
die vollständigen Notenlisten aller Teilnehmer.
§ 21 Verstöße gegen die Prüfungsordnung
Versucht ein Bewerber, das Ergebnis der Prüfung durch Täuschung zu beeinflussen, so entscheidet der Prüfungsausschuß, ob, je nach Schwere der Verfehlung, die Prüfung für nicht bestanden zu erklären ist, oder einzelne Prüfungsleistungen mit "ungenügend" (0 Punkte) zu bewerten sind.
§ 22 Prüfungszeugnis
(1) Der Generalstaatsanwalt erteilt dem Bewerber über die bestandene Prüfung ein Prüfungszeugnis mit der erzielten Abschlußnote.
(2) Ist die Prüfung nicht bestanden oder für nicht bestanden erklärt worden, so erhält der Bewerber vom Generalstaatsanwalt einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenen schriftlichen Bescheid.
§ 23 Erkrankung, Versäumnis
(1) Ist der Bewerber durch Krankheit oder aus sonstigen von ihm nicht zu vertretenden Gründen an der Ablegung der Prüfung oder einzelner Prüfungsabschnitte verhindert, so hat er dies unverzüglich nachzuweisen. In Krankheitsfällen ist ein ärztliches Zeugnis, auf Verlangen das eines Amtsarztes, vorzulegen.
(2) Eine aus triftigem Grund abgebrochene oder nicht angetretene schriftliche oder mündliche Prüfung gilt als nicht abgelegt; sie ist an einem von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu bestimmenden Termin nachzuholen. Der Prüfungsausschuß entscheidet, ob und in welchem Umfang bereits angefertigte schriftliche Prüfungsarbeiten anzurechnen sind.
§ 24 Wiederholung der Prüfung
(1) Hat der Bewerber die Amtsanwaltsprüfung nicht bestanden oder ist sie für nicht bestanden erklärt worden, so verbleibt er in der Ausbildung. Er kann die Prüfung frühestens nach sechs Monaten einmal wiederholen. Der Prüfungsausschuß legt fest, wann der Bewerber zur Wiederholung der Prüfung zugelassen werden kann. Der Generalstaatsanwalt bestimmt, wie die weitere Ausbildung zu gestalten ist.
(2) Der Bewerber, der die Prüfung endgültig nicht bestanden hat, tritt in seine frühere Tätigkeit zurück. Die Zulassung zur Ausbildung erlischt. Eine Wiederholung der Ausbildung ist nicht möglich.
Vierter Abschnitt
§ 25 Ausbildung in einem anderen Bundesland
Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann bestimmen, daß die gesamte Ausbildung oder Teile davon sowie die Amtsanwaltsprüfung in einem anderen Bundesland abzuleisten sind. In diesem Falle gelten vorrangig die Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen des anderen Bundeslandes. § 5 Abs. 1 bleibt unberührt. Soweit die in Satz 2 genannten Bestimmungen eine andersartige Bewertung von Ausbildungsleistungen vorsehen und diese Bewertung bei der Berechnung der Abschlußnote nach § 19 zu berücksichtigen ist, hat eine angemessene Umrechnung unter Beachtung des Verhältnisses des Bewertungsmaßstabs des anderen Bundeslandes zur Bewertung nach § 10 Abs. 2 zu erfolgen.
§ 26 Gleichstellungsklausel
Status- und Funktionszeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 27 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Februar 1996 in Kraft.
Erfurt, den 20. Juni 1997
Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten
Kretschmer
Thüringer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Amtsanwaltslaufbahn (ThürAAnwAPO) Vom 20. Juni 1997
Thüringer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Amtsanwaltslaufbahn (ThürAAnwAPO) Vom 20. Juni 1997
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Artikel 32 des Gesetzes vom 20. März 2009 (GVBl. S. 238, 275) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
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Thüringer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Amtsanwaltslaufbahn (ThürAAnwAPO) vom 20. Juni 1997 | 01.02.1996 |
Eingangsformel | 01.02.1996 |
Erster Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 1 - Kreis der Bewerber | 01.04.2009 |
§ 2 - Bewerbung | 01.02.1996 |
§ 3 - Auswahl | 01.02.1996 |
Zweiter Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 4 - Ziel und Grundsätze der Ausbildung | 01.02.1996 |
§ 5 - Dauer und Gliederung der Ausbildung | 01.02.1996 |
§ 6 - Ausbildungsbehörde, Ausbildungsleiter, Ausbilder | 01.02.1996 |
§ 7 - Ausbildungsabschnitt I | 01.02.1996 |
§ 8 - Ausbildungsabschnitt II | 01.02.1996 |
§ 9 - Ausbildungsabschnitt III | 01.02.1996 |
§ 10 - Beurteilungen, Bewertung der Leistungen | 01.02.1996 |
§ 11 - Ausscheiden aus der Ausbildung | 01.02.1996 |
Dritter Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 12 - Zeitpunkt und Einteilung der Prüfung | 01.02.1996 |
§ 13 - Prüfungsausschuß | 01.02.1996 |
§ 14 - Prüfungsgebiete | 01.02.1996 |
§ 15 - Schriftliche Prüfung | 01.02.1996 |
§ 16 - Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten | 01.02.1996 |
§ 17 - Ausschluß von der mündlichen Prüfung | 01.02.1996 |
§ 18 - Mündliche Prüfung | 01.02.1996 |
§ 19 - Bewertung der Prüfungsleistung, Abschlußnote | 01.02.1996 |
§ 20 - Prüfungsniederschrift | 01.02.1996 |
§ 21 - Verstöße gegen die Prüfungsordnung | 01.02.1996 |
§ 22 - Prüfungszeugnis | 01.02.1996 |
§ 23 - Erkrankung, Versäumnis | 01.02.1996 |
§ 24 - Wiederholung der Prüfung | 01.02.1996 |
Vierter Abschnitt | 01.02.1996 |
§ 25 - Ausbildung in einem anderen Bundesland | 01.02.1996 |
§ 26 - Gleichstellungsklausel | 01.02.1996 |
§ 27 - Inkrafttreten | 01.02.1996 |
Aufgrund des § 17 Abs. 2 Satz 1 des Thüringer Beamtengesetzes vom 10. Juni 1994 (GVBl. S. 589), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 1996 (GVBl. S. 320), verordnet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten im Einvernehmen mit dem Innenminister unter Mitwirkung des Landespersonalausschusses:
Erster Abschnitt
§ 1 Kreis der Bewerber
(1) Zur Ausbildung für den Amtsanwaltsdienst kann zugelassen werden, wer
1.
die Rechtspflegerprüfung bestanden und sich danach mindestens zwei Jahre im Rechtspflegerdienst bewährt hat,
2.
nach seiner Persönlichkeit und seinen bisherigen Leistungen für den Amtsanwaltsdienst besonders geeignet erscheint und
3.
höchstens 35 Jahre alt ist.
(2) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann Ausnahmen von den Bestimmungen des Absatzes 1 Nr. 1 und 3 zulassen.
§ 2 Bewerbung
(1) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten setzt die Zahl der Bewerber fest, die zur Ausbildung zugelassen werden sollen.
(2) Die Bewerbungen sind auf dem Dienstweg an den Generalstaatsanwalt zu richten.
§ 3 Auswahl
(1) Der Leiter der Beschäftigungsbehörde des Bewerbers prüft unter Anlegung eines strengen Maßstabes, ob der Bewerber nach seiner Persönlichkeit, seinen Anlagen, seinen bisherigen Leistungen und seiner Führung für den Amtsanwaltsdienst geeignet erscheint. Er legt das Ergebnis der Prüfung unter Hervorhebung etwaiger Bedenken dar und leitet das Bewerbungsgesuch unter Beifügung der vollständigen Personalakten und eines eingehenden Dienstleistungszeugnisses auf dem Dienstweg an den Generalstaatsanwalt weiter.
(2) Der Generalstaatsanwalt berichtet dem Minister für Justiz und Europaangelegenheiten über sämtliche Bewerbungen und schlägt Bewerber vor, die für die Ausbildung in Frage kommen.
(3) Über die Zulassung zur Ausbildung entscheidet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
Zweiter Abschnitt
§ 4 Ziel und Grundsätze der Ausbildung
(1) Ziel der Ausbildung ist es, Amtsanwälte heranzubilden, die in der Lage sind, selbständig und mit sozialem Verständnis die ihnen zugewiesenen Aufgaben in der Strafrechtspflege wahrzunehmen.
(2) Die Amtsanwaltsausbildung ist eine praxisbezogene Fachausbildung auf wissenschaftlicher Grundlage. Der Bewerber ist in allen anfallenden Geschäften zu unterweisen und mit geeigneten Aufgaben zu betrauen.
§ 5 Dauer und Gliederung der Ausbildung
(1) Die Ausbildung dauert 15 Monate.
(2) Sie gliedert sich in
1.
die praktische Ausbildung mit einer Dauer von sechs Monaten bei einer Staats- oder Amtsanwaltschaft (Ausbildungsabschnitt I),
2.
den fachwissenschaftlichen Lehrgang mit einer Dauer von vier Monaten (Ausbildungsabschnitt II) und
3.
die weitere praktische Ausbildung mit einer Dauer von fünf Monaten bei einer Staats- oder Amtsanwaltschaft (Ausbildungsabschnitt III).
(3) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann den fachwissenschaftlichen Lehrgang bis zur Dauer von fünf Monaten verlängern, die Ausbildungsabschnitte I und III entsprechend verkürzen und die zeitliche Einordnung der Ausbildungsabschnitte abweichend festsetzen.
(4) In der praktischen Ausbildung darf der Bewerber mit einfacheren, regelmäßig wiederkehrenden Arbeiten nur insoweit beschäftigt werden, als dies der Ausbildung dient.
(5) Über die Anrechnung von Zeiten einer für die Ausbildung förderlichen Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft entscheidet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
§ 6 Ausbildungsbehörde, Ausbildungsleiter, Ausbilder
(1) Der Generalstaatsanwalt leitet die Ausbildung als obere Ausbildungsbehörde. Er überweist die Bewerber zur Ausbildung in den Ausbildungsabschnitten I und III an eine Staatsanwaltschaft oder eine Amtsanwaltschaft (untere Ausbildungsbehörden).
(2) Für die Ausbildungsabschnitte I und III bestimmt der Generalstaatsanwalt nach Anhörung der Leiter der unteren Ausbildungsbehörden einen Ausbildungsleiter. Dieser betreut die Bewerber, sorgt für deren sachgemäße Ausbildung und schlägt dem Leiter der Ausbildungsbehörde die Ausbilder und die bei ihnen abzuleistende Ausbildungszeit vor.
(3) Der Leiter der Ausbildungsbehörde und der Ausbildungsleiter ziehen den Bewerber von Zeit zu Zeit zu Besprechungen heran und überzeugen sich dabei vom Stand der Ausbildung. An den Besprechungen nimmt der Ausbilder auf seinen Wunsch teil.
(4) Der Ausbildungsleiter stellt dem Bewerber während des Ausbildungsabschnitts I mindestens vier und während des Ausbildungsabschnitts III mindestens drei schriftliche Arbeiten zur Anfertigung unter Aufsicht oder zur häuslichen Bearbeitung. Er bewertet die Arbeiten und bespricht sie mit dem Bewerber.
§ 7 Ausbildungsabschnitt I
(1) Der Ausbildungsabschnitt I dient der praktischen Einführung des Bewerbers in die Geschäfte des Amtsanwalts. Der Bewerber soll in mindestens zwei Hauptverhandlungen in Anwesenheit des Leiters der unteren Ausbildungsbehörde und des Ausbildungsleiters die Anklagebehörde vertreten.
(2) Der Generalstaatsanwalt überweist den Bewerber für die Dauer eines Monats an eine größere Polizeibehörde, um ihm Gelegenheit zur Unterrichtung über die Tätigkeit der Polizei zu geben. Von dieser Zeit sollen je eine Woche auf den Dienst bei einem Revier und bei einem Verkehrsunfallkommando entfallen. Die übrige Zeit soll der Information bei einer Dienststelle der Kriminalpolizei dienen.
(3) Spätestens zwei Wochen vor Beendigung des Ausbildungsabschnitts I berichtet der Leiter der unteren Ausbildungsbehörde nach Anhörung des Ausbildungsleiters unter Beifügung eines mit einer Punktzahl nach § 10 abschließenden Gesamtzeugnisses dem Generalstaatsanwalt, ob der Bewerber das Ziel der Ausbildung voraussichtlich erreichen wird. Nach dem Ergebnis der Einschätzung entscheidet der Generalstaatsanwalt, ob der Bewerber zu dem fachwissenschaftlichen Lehrgang abgeordnet wird oder eine Verlängerung des Ausbildungsabschnitts I erfolgt oder die Zulassung zur Ausbildung nach § 11 widerrufen wird.
§ 8 Ausbildungsabschnitt II
(1) Der fachwissenschaftliche Lehrgang soll die theoretischen Kenntnisse des Bewerbers vertiefen.
(2) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten bestellt den Lehrgangsleiter und die Dozenten, genehmigt den vom Generalstaatsanwalt zu erstellenden Lehrplan und erläßt die näheren Bestimmungen zur Durchführung des Lehrgangs. Der Lehrgang kann auch an der Ausbildungsstätte eines anderen Bundeslandes durchgeführt werden.
(3) Der Unterricht wird in Form von Vorträgen sowie Lehrgesprächen mit Übungen durchgeführt. Er soll von der Erörterung entlegener Arbeitsgebiete freigehalten werden und sich vornehmlich mit der Ausbildung in den Wissensgebieten befassen, die nach § 14 Gegenstand der Prüfung sind. Dabei sollen dem Bewerber auch die notwendigen Grundkenntnisse der Kriminologie einschließlich der Kriminalpsychologie und -psychiatrie, der Rechts- und Kriminalsoziologie, der Rechtsphilosophie und der Rechtsgeschichte vermittelt werden.
(4) Der Bewerber fertigt schriftliche Arbeiten unter Aufsicht an; auch sollen ihm häusliche Arbeiten zur schriftlichen Bearbeitung gestellt werden. Die Arbeiten sind zu begutachten und mit dem Bewerber zu besprechen.
(5) Nach Beendigung des Lehrgangs werden die Leistungen des Bewerbers von der Dozentenkonferenz schriftlich beurteilt. Die Dozentenkonferenz beschließt aufgrund der in dem Lehrgang gezeigten schriftlichen und mündlichen Leistungen eine Punktzahl und die sich daraus ergebende Note (Lehrgangsnote) nach § 10 Abs. 2. Die Beurteilungen mit der Lehrgangsnote werden dem Generalstaatsanwalt übersandt.
§ 9 Ausbildungsabschnitt III
(1) Im Ausbildungsabschnitt III soll der Bewerber lernen, die im Ausbildungsabschnitt II erworbenen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden.
(2) Der Bewerber wird zur selbständigen Entscheidung angeleitet und so gefördert, daß er am Ende dieses Ausbildungsabschnitts in der Lage ist, die dem Amtsanwalt obliegenden Geschäfte zu übernehmen.
(3) Spätestens zwei Monate vor Ende des Ausbildungsabschnitts III prüft der Leiter der unteren Ausbildungsbehörde gemeinsam mit dem Ausbildungsleiter in mindestens zwei Hauptverhandlungen, ob der Bewerber die für den Amtsanwaltsdienst erforderliche Redegabe, Gewandtheit und Sicherheit besitzt. Sie stellen hierüber ein besonderes Zeugnis aus.
(4) Gegen Ende des Ausbildungsabschnitts III bewertet der Leiter der Ausbildungsbehörde auf Vorschlag des Ausbildungsleiters die Gesamtleistungen des Bewerbers in diesem Ausbildungsabschnitt mit einer Punktzahl nach § 10 Abs. 2. Der Leiter der Ausbildungsbehörde legt die Bewertung mit der Personalakte und den schriftlichen Arbeiten dem Generalstaatsanwalt vor.
(5) Während des Ausbildungsabschnitts III, in Ausnahmefällen während des Ausbildungsabschnitts I, können Bewerber, die in der Ausbildung genügend fortgeschritten sind, bis zur Dauer von insgesamt sechs Wochen mit der selbständigen Wahrnehmung von Amtsanwaltsgeschäften betraut werden. Die Entscheidung trifft der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
§ 10 Beurteilungen, Bewertung der Leistungen
(1) Jeder Ausbilder gibt über den Bewerber eine eingehende Beurteilung ab und legt sie dem Ausbildungsleiter und dem Leiter der Ausbildungsbehörde vor.
(2) Die Leistungen in der Ausbildung und in der Amtsanwaltsprüfung sind mit einer der folgenden Punktzahlen und der sich daraus ergebenden Note zu bewerten:
15 bis 14 Punkte | = sehr gut (1) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen in besonderem Maße entspricht; |
13 bis 11 Punkte | = gut (2) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen voll entspricht; |
10 bis 8 Punkte | = befriedigend (3) | = | für eine Leistung, die im allgemeinen den Anforderungen entspricht; |
7 bis 5 Punkte | = ausreichend (4) | = | für eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im ganzen den Anforderungen noch entspricht; |
4 bis 2 Punkte | = mangelhaft (5) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen läßt, daß die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten; |
1 bis 0 Punkte | = ungenügend (6) | = | für eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht und bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, daß die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können. |
(3) Soweit in der Amtsanwaltsprüfung Durchschnittspunktzahlen zu ermitteln sind, wird dazu die Summe der Punktzahlen der Einzelbewertungen durch die Anzahl der Einzelbewertungen geteilt; eine dritte Dezimalstelle bleibt unberücksichtigt.
(4) Sämtliche Beurteilungen in der Ausbildung sind dem Bewerber zur Kenntnis zu bringen und mit ihm zu besprechen. Die Beurteilungen und etwaige Äußerungen des Bewerbers dazu sind zum Zeugnisheft zu nehmen.
§ 11 Ausscheiden aus der Ausbildung
(1) Entsprechen die Leistungen des Bewerbers nicht den an ihn gestellten Anforderungen, insbesondere weil sie in den Ausbildungsabschnitten I und II überwiegend mit "mangelhaft" oder "ungenügend" bewertet wurden, oder liegt sonst ein wichtiger Grund vor, kann die Zulassung zur Ausbildung widerrufen werden.
(2) Über den Widerruf der Zulassung zur Ausbildung entscheidet der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten.
(3) Der Bewerber tritt nach dem Widerruf der Zulassung zur Ausbildung in seine frühere Tätigkeit zurück.
Dritter Abschnitt
§ 12 Zeitpunkt und Einteilung der Prüfung
(1) Die Amtsanwaltsprüfung wird in unmittelbarem Anschluß an die Ausbildung abgelegt. Sie besteht aus einem schriftlichen und einem nachfolgenden mündlichen Teil.
(2) Der Generalstaatsanwalt bestimmt im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses die Prüfungstermine.
§ 13 Prüfungsausschuß
(1) Zur Abnahme der Prüfung wird beim Generalstaatsanwalt ein Prüfungsausschuß gebildet.
(2) Der Prüfungsausschuß besteht aus drei Mitgliedern. Ihm gehören ein Beamter des höheren Justizdienstes, mindestens im Amt eines Oberstaatsanwalts, als Vorsitzender sowie Staatsanwälte oder Amtsanwälte als Beisitzende an. Nach Möglichkeit sollen jeweils ein Staatsanwalt und ein Amtsanwalt Beisitzende sein.
(3) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten bestellt die Mitglieder des Prüfungsausschusses sowie ihre Stellvertreter jeweils auf die Dauer von drei Jahren. Ausbildungsleiter und Ausbilder sollen nicht zu Mitgliedern oder zu stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestellt werden.
(4) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind in ihren Prüfungsentscheidungen unabhängig.
(5) Der Prüfungsausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit.
§ 14 Prüfungsgebiete
In der Prüfung soll der Bewerber nachweisen, daß er das Ausbildungsziel erreicht hat. In diesem Rahmen werden verlangt:
1.
Gründliche Kenntnisse
a)
des materiellen Strafrechts einschließlich der strafrechtlichen Nebengesetze,
b)
des Strafverfahrensrechts,
c)
des Rechts der Ordnungswidrigkeiten,
d)
des Gerichtsverfassungsrechts und
e)
des Jugendstrafrechts;
2.
Kenntnisse der Grundzüge
a)
des bürgerlichen Rechts,
b)
des Wirtschafts- und Handelsrechts,
c)
des Verfassungs- und Verwaltungsrechts,
d)
des Polizei-, Zoll- und Steuerrechts und
e)
der Rechtsgeschichte.
§ 15 Schriftliche Prüfung
(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Bewerber an vier Tagen je eine Aufsichtsarbeit anzufertigen. Die Bearbeitungszeit soll bei zwei der Aufsichtsarbeiten je fünf Stunden und bei den beiden weiteren Aufsichtsarbeiten je drei Stunden nicht überschreiten.
(2) In den Aufsichtsarbeiten sind Rechtsfälle, vornehmlich nach Strafprozeßakten, zu behandeln. Dabei hat der Bewerber den Akteninhalt in tatsächlicher Hinsicht kurz, aber erschöpfend wiederzugeben und in rechtlicher Hinsicht zu würdigen. Er hat die nach der Sachlage gebotenen Anordnungen zu entwerfen.
(3) Die Prüfungsarbeiten werden vom Generalstaatsanwalt auf Vorschlag des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses gestellt.
(4) Dem Bewerber werden die zur Bearbeitung erforderlichen Hilfsmittel, die der Generalstaatsanwalt bestimmt, zur Verfügung gestellt. Die Benutzung anderer Hilfsmittel ist unzulässig.
(5) Die Aufsicht bei der Anfertigung der Arbeiten führt ein Amtsanwalt oder ein Beamter des gehobenen Justizdienstes, der vom Generalstaatsanwalt bestimmt wird.
(6) Der Bewerber versieht jede Arbeit anstelle seines Namens mit einer ihm zugeteilten Kennziffer, die bei jeder Prüfungsarbeit wechselt. Er hat die Arbeit spätestens bis zum Ablauf der Bearbeitungsfrist mit seiner Kennziffer zu versehen und ohne auf seine Person deutende besondere Kennzeichen an den Aufsichtführenden abzuliefern. Beizufügen sind alle Entwürfe und Arbeitsbogen.
(7) Der Aufsichtführende fertigt eine Niederschrift an und vermerkt jede Unregelmäßigkeit. Er verzeichnet auf jeder Arbeit den Zeitpunkt der Ablieferung und übersendet die Arbeiten in einem versiegelten Umschlag dem vom Vorsitzenden bestimmten Mitglied des Prüfungsausschusses.
§ 16 Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten
(1) Jede Prüfungsarbeit ist von zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses unabhängig voneinander zu korrigieren und mit einer Punktzahl nach § 10 Abs. 2 zu bewerten. Prüfer und Reihenfolge der Bewertung werden vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestimmt. Weichen die Beurteilungen um mehr als drei Punkte voneinander ab, so setzt der Prüfungsausschuß eine Punktzahl im Rahmen der Abweichung fest, die als Durchschnittspunktzahl gilt.
(2) Vor der endgültigen Bewertung dürfen den Prüfern die Namen der Prüflinge nicht bekanntgegeben werden.
(3) Nach der endgültigen Bewertung werden die Prüfungsarbeiten und Bewertungen allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses zur Einsichtnahme vorgelegt.
(4) Dem Bewerber werden die Bewertungen der schriftlichen Prüfungsarbeiten mit der Ladung zur mündlichen Prüfung bekanntgegeben.
§ 17 Ausschluß von der mündlichen Prüfung
Der Bewerber, von dessen schriftlichen Prüfungsarbeiten mehr als zwei mit einer Durchschnittspunktzahl von weniger als fünf Punkten bewertet worden sind, ist von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.
§ 18 Mündliche Prüfung
(1) Die mündliche Prüfung gliedert sich in einen Aktenvortrag und mindestens drei Prüfungsgespräche.
(2) In der mündlichen Prüfung sollen in der Regel fünf Bewerber gleichzeitig geprüft werden. Für jeden Bewerber ist eine Gesamtprüfungsdauer von 50 Minuten vorzusehen. Die mündliche Prüfung ist durch eine angemessene Pause zu unterbrechen.
(3) Vor der mündlichen Prüfung soll der Prüfungsausschuß mit den Bewerbern ein Vorgespräch führen, um ein Bild von deren Persönlichkeit zu gewinnen.
(4) Der Aktenvortrag dient der Feststellung, ob der Bewerber fähig ist, in beschränkter Zeit für einen Entscheidungsvorgang unter Darstellung der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte einen Vorschlag für die zu treffenden rechtlichen Maßnahmen in den Formen der Rechtspraxis zu machen und verständlich und überzeugend begründet vorzutragen.
(5) Zur Vorbereitung des Aktenvortrags wird dem Bewerber die Akte 60 Minuten vor Beginn der mündlichen Prüfung ausgehändigt. Die Dauer des Vortrags soll zehn Minuten nicht übersteigen.
(6) Die Prüfungsgespräche dienen der Feststellung, ob der Bewerber fähig ist, rechtliche Fragestellungen aus der Praxis mit Verständnis auch für ihre gesellschaftlichen Voraussetzungen und Folgen und für wirtschaftliche Zusammenhänge zu erfassen, einzuordnen und die für ihre Lösung tragenden Gesichtspunkte verständlich und überzeugend zu entwickeln.
(7) Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann einen Vertreter zu der Prüfung entsenden. Dieser Vertreter nimmt nicht an der Beratung des Prüfungsausschusses teil.
(8) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Bewerbern für die Amtsanwaltslaufbahn, die noch nicht unmittelbar zur Prüfung heranstehen, und sonstigen Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, die Anwesenheit bei der mündlichen Prüfung mit Ausnahme der Beratung und der Bekanntgabe des Ergebnisses gestatten.
§ 19 Bewertung der Prüfungsleistung, Abschlußnote
(1) Der Prüfungsausschuß beschließt im Anschluß an die mündliche Prüfung in geheimer Sitzung über das Ergebnis der mündlichen Prüfung und der Prüfung insgesamt. Dabei ist für die mündliche Prüfung eine Gesamtdurchschnittspunktzahl zu bilden. Hierzu ist die durch die Anzahl der Prüfungsgespräche geteilte Summe der Durchschnittspunktzahlen für die Prüfungsgespräche mit drei, die Durchschnittspunktzahl für den Aktenvortrag mit eins zu multiplizieren und die Summe der Produkte durch vier zu teilen.
(2) Über das Gesamtergebnis der schriftlichen und der mündlichen Prüfung ist die Abschlußpunktzahl in der Weise zu bilden, daß die Summe der Durchschnittspunktzahlen der vier schriftlichen Prüfungsarbeiten (§ 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1), der mit drei zu multiplizierenden Gesamtdurchschnittspunktzahl der mündlichen Prüfung (Absatz 1), der mit zwei zu multiplizierenden Punktzahl für den Lehrgang (§ 8 Abs. 5) und der Punktzahl für den Ausbildungsabschnitt III (§ 9 Abs. 4) durch zehn geteilt wird.
(3) Die Abschlußnote lautet
sehr gut | bei einer Abschlußpunktzahl von | 15 | bis | 14, |
gut | bei einer Abschlußpunktzahl von | 13,99 | bis | 11, |
befriedigend | bei einer Abschlußpunktzahl von | 10,99 | bis | 8, |
ausreichend | bei einer Abschlußpunktzahl von | 7,99 | bis | 5, |
mangelhaft | bei einer Abschlußpunktzahl von | 4,99 | bis | 2, |
ungenügend | bei einer Abschlußpunktzahl von | 1,99 | bis | 0. |
(4) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn der Bewerber nicht mindestens die Abschlußnote "ausreichend" (5,00 Punkte) erreicht hat.
(5) Der Prüfungsausschuß erklärt die Prüfung für nicht bestanden, wenn der Bewerber
1.
ohne triftigen Grund der schriftlichen oder mündlichen Prüfung fernbleibt oder Prüfungsteile unterbricht,
2.
ohne Genehmigung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktritt.
(6) Die Abschlußnote und die ihr zugrunde liegenden Noten sind dem Bewerber nach der Prüfung bekanntzugeben. Auf schriftlichen Antrag, der innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses an den Generalstaatsanwalt zu richten ist, ist dem Bewerber Einsicht in seine Prüfungsarbeiten einschließlich der Beurteilungen zu gewähren. Die Einsicht wird nur einmal, und zwar in der Regel in der Geschäftsstelle der Generalstaatsanwaltschaft, gewährt und soll den Zeitraum von fünf Stunden nicht überschreiten. Abschriften dürfen nicht angefertigt werden.
§ 20 Prüfungsniederschrift
Über den Verlauf und das Ergebnis der mündlichen Prüfung ist eine Niederschrift anzufertigen und zu den Prüfungsakten zu nehmen. Die Niederschrift enthält
1.
Angaben über Art, Tag und Dauer der Prüfung,
2.
die Namen der Mitglieder des Prüfungsausschusses,
3.
die Namen der Prüfungsteilnehmer,
4.
die Namen der sonstigen Anwesenden,
5.
den Prüfungsstoff und
6.
die vollständigen Notenlisten aller Teilnehmer.
§ 21 Verstöße gegen die Prüfungsordnung
Versucht ein Bewerber, das Ergebnis der Prüfung durch Täuschung zu beeinflussen, so entscheidet der Prüfungsausschuß, ob, je nach Schwere der Verfehlung, die Prüfung für nicht bestanden zu erklären ist, oder einzelne Prüfungsleistungen mit "ungenügend" (0 Punkte) zu bewerten sind.
§ 22 Prüfungszeugnis
(1) Der Generalstaatsanwalt erteilt dem Bewerber über die bestandene Prüfung ein Prüfungszeugnis mit der erzielten Abschlußnote.
(2) Ist die Prüfung nicht bestanden oder für nicht bestanden erklärt worden, so erhält der Bewerber vom Generalstaatsanwalt einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenen schriftlichen Bescheid.
§ 23 Erkrankung, Versäumnis
(1) Ist der Bewerber durch Krankheit oder aus sonstigen von ihm nicht zu vertretenden Gründen an der Ablegung der Prüfung oder einzelner Prüfungsabschnitte verhindert, so hat er dies unverzüglich nachzuweisen. In Krankheitsfällen ist ein ärztliches Zeugnis, auf Verlangen das eines Amtsarztes, vorzulegen.
(2) Eine aus triftigem Grund abgebrochene oder nicht angetretene schriftliche oder mündliche Prüfung gilt als nicht abgelegt; sie ist an einem von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu bestimmenden Termin nachzuholen. Der Prüfungsausschuß entscheidet, ob und in welchem Umfang bereits angefertigte schriftliche Prüfungsarbeiten anzurechnen sind.
§ 24 Wiederholung der Prüfung
(1) Hat der Bewerber die Amtsanwaltsprüfung nicht bestanden oder ist sie für nicht bestanden erklärt worden, so verbleibt er in der Ausbildung. Er kann die Prüfung frühestens nach sechs Monaten einmal wiederholen. Der Prüfungsausschuß legt fest, wann der Bewerber zur Wiederholung der Prüfung zugelassen werden kann. Der Generalstaatsanwalt bestimmt, wie die weitere Ausbildung zu gestalten ist.
(2) Der Bewerber, der die Prüfung endgültig nicht bestanden hat, tritt in seine frühere Tätigkeit zurück. Die Zulassung zur Ausbildung erlischt. Eine Wiederholung der Ausbildung ist nicht möglich.
Vierter Abschnitt
§ 25 Ausbildung in einem anderen Bundesland
Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten kann bestimmen, daß die gesamte Ausbildung oder Teile davon sowie die Amtsanwaltsprüfung in einem anderen Bundesland abzuleisten sind. In diesem Falle gelten vorrangig die Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen des anderen Bundeslandes. § 5 Abs. 1 bleibt unberührt. Soweit die in Satz 2 genannten Bestimmungen eine andersartige Bewertung von Ausbildungsleistungen vorsehen und diese Bewertung bei der Berechnung der Abschlußnote nach § 19 zu berücksichtigen ist, hat eine angemessene Umrechnung unter Beachtung des Verhältnisses des Bewertungsmaßstabs des anderen Bundeslandes zur Bewertung nach § 10 Abs. 2 zu erfolgen.
§ 26 Gleichstellungsklausel
Status- und Funktionszeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 27 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Februar 1996 in Kraft.
Erfurt, den 20. Juni 1997
Der Minister für Justiz und Europaangelegenheiten
Kretschmer
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